Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.09.2016, Az. 1 StR 377/16

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 5733

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Gegenstand

Anforderungen an die Feststellungen in den Urteilsgründen bei einem Schuldspruch wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 4. März 2016

a) im Schuldspruch aufgehoben, soweit der Angeklagte [X.]wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht in zwei Fällen verurteilt worden ist;

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Erpressung, versuchter Erpressung, unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln, Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht in zwei Fällen und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Seine Revision hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht (§ 145a StGB) nicht.

3

a) Voraussetzung für eine Bestrafung nach § 145a StGB ist, dass die Weisungen, gegen die verstoßen wurde, hinreichend bestimmt sind (vgl. [X.], Urteil vom 7. Februar 2013 – 3 [X.], [X.]St 58, 136). Dies ist in den Urteilsgründen darzustellen ([X.], Beschluss vom 19. August 2015 – 5 StR 275/15, [X.], 471 f. mwN). In Anbetracht des Gebots aus Art. 103 Abs. 2 GG und der Tatsache, dass § 68b Abs. 2 StGB auch nicht strafbewehrte Weisungen zulässt, muss sich aus dem [X.] selbst ergeben, dass es sich bei den Weisungen, auf deren Verletzung die Verurteilung gestützt werden soll, um solche nach § 68b Abs. 1 StGB handelt, die gemäß § 145a Satz 1 StGB strafbewehrt sind. Der Umstand, dass eine Weisung strafbewehrt ist, muss in dem [X.] unmissverständlich klargestellt sein ([X.], Beschlüsse vom 19. August 2015 – 5 StR 275/15, [X.], 471 f. mwN und vom 11. Februar 2016 – 2 [X.]/15).

4

Dies ist dem [X.], soweit er im Urteil wörtlich mitgeteilt ist, nicht zu entnehmen.

5

Wegen der Gefahr von Missverständnissen und Unklarheiten kann die Klarstellung des Charakters der Weisungen im [X.] nicht durch eine mündliche Belehrung (vgl. § 268a Abs. 3 Sätze 2 und 3 StPO bzw. §§ 453a, 463 Abs. 1 StPO) ersetzt werden ([X.], Beschluss vom 19. August 2015 – 5 StR 275/15, [X.], 471 f.).

6

b) Ob der [X.] im Urteil vollständig wiedergegeben ist, lässt sich diesem nicht zweifelsfrei entnehmen. Der [X.] kann daher nicht ausschließen, dass ein neues Tatgericht ergänzende Feststellungen treffen kann, die zu einer Verurteilung des Angeklagten auch wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht führen. Für den vom [X.] beantragten Freispruch (§ 354 Abs. 1 StPO) war daher kein Raum.

7

2. Die teilweise Aufhebung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Anders als der [X.] kann der [X.] nicht ausschließen, dass die [X.] bei Wegfall der für die beiden Vergehen nach § 145a StGB verhängten [X.] von drei und sechs Monaten auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.

8

3. Der [X.] ist nicht gehindert, durch Beschluss gemäß § 349 Abs. 2, Abs. 4 StPO zu entscheiden und die Sache unter Teilaufhebung des Schuldspruchs und Aufhebung der Gesamtstrafe an eine andere [X.] zurückzuverweisen; denn der vom [X.] beantragte [X.] unter Aufrechterhaltung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe hätte sich im Ergebnis zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt.

     

Die Richter Prof. Dr. Jäger und
Prof. Dr. [X.] sind wegen
Urlaubs an der Unterschriftsleistung
gehindert.

Raum     

Graf     

Raum

Fischer     

Meta

1 StR 377/16

08.09.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Ulm, 4. März 2016, Az: 11 KLs 508 Js 116619/10

§ 68b Abs 1 StGB, § 68b Abs 2 StGB, § 145a StGB, § 267 StPO, Art 103 Abs 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.09.2016, Az. 1 StR 377/16 (REWIS RS 2016, 5733)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5733

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