Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2012, Az. III ZR 249/11

III. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 3187

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 249/11
vom

13. September 2012

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

ZPO § 945
a)
Durch die Vollziehung von (unrichtigen) Steuerbescheiden entstandene [X.] sind nicht nach § 945 ZPO zu ersetzen (im [X.] an Senatsurteil vom 31. Januar 1963 -
III ZR 138/61, [X.], 77).
b)
Dies gilt auch dann, wenn dem Erlass der Steuerbescheide ein [X.] vorausgegangen ist, das zur Pfändung einer Forderung geführt hat. Denn mit Erlass der Steuerbescheide ist das [X.] in das normale Vollstre-ckungsverfahren übergeleitet und als solches fortgesetzt worden mit der Folge, dass das Arrestpfandrecht sich in ein (rangwahrendes) Pfändungspfandrecht umgewandelt hat (im [X.] an [X.] 1987, 702; 2001, 458).
[X.], Beschluss vom 13. September 2012 -
III ZR 249/11 -
OLG [X.]

LG [X.]

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-

Der III. Zivilsenat des [X.] hat am 13. September 2012 durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und Dr. Remmert

beschlossen:

Die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revi-sion in dem Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 20. Oktober 2011 -
1 U 2268/11 -
wird zurückgewiesen.

Der
Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO) zu tragen.

Gründe:

Die Beschwerde des [X.] ist nicht begründet, weil weder die [X.] grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

1.
Der Kläger verlangt von dem beklagten Land Ersatz des Schadens (Kursverluste ab dem [X.]), der ihm dadurch entstanden sein soll, dass sich die Finanzverwaltung im [X.] 2001 weigerte, der Übertragung eines
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von ihr im Wege
des Steuerarrestes gepfändeten
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Wertpapierdepots des [X.] bei der H.

AG auf ein "aktiv gemanagtes"
Depot bei 1
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einer [X.] Bank zuzustimmen. Die Vorinstanzen haben die Klage ab-gewiesen. Dabei haben sie insbesondere einen -
von der Beschwerde in den Vordergrund gestellten -
Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO (analog) ver-neint.

a) Zu Unrecht rügt die Beschwerde, das Berufungsgericht habe über-sehen, dass nach der Rechtsprechung des [X.] § 945 ZPO auch auf Fälle des Steuerarrestes anzuwenden ist. Die von der Beschwerde zitierte (ältere) Rechtsprechung bezieht sich noch auf § 378 Abs. 2 der [X.], der auf die §§ 930 ff ZPO verwies (s. Senatsurteil vom 25.
Mai 1959 -
III ZR 39/58, [X.], 123, 128 ff unter Aufgabe der [X.] Rechtsprechung des [X.], vgl. [X.], 253, sowie [X.], Urteil vom 26. November 1974 -
VI [X.], [X.]Z 63, 277 f). Ob an dieser Rechtsprechung auch nach Inkrafttreten der Abgabenordnung 1977, die in § 324 Abs. 3 Satz 4 lediglich die §§ 930 bis 932 ZPO für entsprechend anwendbar erklärt, festzuhalten ist, hat der Senat bisher offen gelassen (vgl. Beschluss vom 18. Dezember 1986 -
III ZR 168/86, [X.]R ZPO § 945 Steuer-arrest
1; Urteil vom 3. Oktober 1985 -
III ZR 168/86, [X.], 289, 292). Der Gesetzgeber ist allerdings mit Einführung der Abgabenordnung ersichtlich von einer Anwendbarkeit ausgegangen. Denn er hat von einer ausdrücklichen Be-zugnahme (auch) auf § 945 ZPO zum einen mit der Begründung Abstand genommen, die entsprechende Anwendung dieser Bestimmung durch die Rechtsprechung sei gesichert, so dass eine Rechtsunsicherheit nicht zu befürchten sei. Zum anderen hat er auf die anstehende umfassende Reform

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des Staatshaftungsrechts hingewiesen und es für nicht angezeigt gehalten, der Arbeit der von der Bundesregierung Anfang 1970 eingesetzten [X.] vorzugreifen (BT-Drucks. VI/1982 S. 184 zu §§ 307 bis 309 [X.]-E).

b) Die Frage der analogen Anwendung des § 945 ZPO bedarf freilich auch im Streitfall keiner abschließenden Beantwortung. Denn das Berufungsge-richt ist mit Recht davon ausgegangen, dass Vollstreckungsmaßnahmen auf der Grundlage der Arrestanordnung den behaupteten Schaden nicht
herbeige-führt haben und schon deshalb ein Schadensersatzanspruch nach dieser Vor-schrift nicht gegeben ist.

aa) Vorliegend ergingen zwar aufgrund der Arrestanordnungen der Finanzverwaltung vom 15. Februar 1999 beziehungsweise 30. Mai 2000 (auch) das Wertpapierdepot erfassende Pfändungsverfügungen gegen die H.

AG als Drittschuldnerin. Aber noch vor der Verweigerung der Zu-stimmung durch die Finanzverwaltung und erst recht noch vor Entstehen der vom Kläger als Schaden geltend gemachten Kursverluste
sind im Juni und August 2000 Steuerbescheide ergangen, die auch die durch die Arrest-anordnung und Pfändungsverfügung gesicherten Steuerforderungen für das [X.] betrafen.

Durch diese Steuerbescheide ist das [X.] in das normale Vollstreckungsverfahren übergeleitet und als solches fortgeführt worden. Das Arrestpfandrecht wandelte sich in ein -
den Rang wahrendes -
Pfändungspfand-

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recht um, ohne dass es einer erneuten Pfändung und einer Aufhebung der Arrestanordnung bedurfte (vgl. ausführlich BFH, NV 1987, 702 f, NV 2001, 458, 459; ebenso [X.], in [X.]/[X.], [X.], Stand März 2009, §
324 Rn. 62 ff.).

bb) Da mithin vorliegend die Rechtslage nicht anders zu beurteilen ist, als wenn die Pfändung des Wertpapierdepots erst beziehungsweise nur auf-grund der Steuerbescheide ausgesprochen worden wäre, es also am Zurech-nungszusammenhang zwischen der vorausgegangenen (erledigten) Arrestpfän-dung und dem geltend gemachten Schaden fehlt, hat das Berufungsgericht zutreffend § 945 ZPO für nicht einschlägig erachtet.

Auf kraft Gesetzes (vgl. §§ 251, 361 [X.], § 69 FGO) sofort vollziehbare Steuerbescheide, deren Wirksamkeit durch die Einlegung eines Rechtsmittels nicht gehemmt wird, sind weder § 717 Abs. 2 ZPO noch § 945 ZPO anwendbar (vgl. Senatsurteile vom 31. Januar 1963 -
III ZR 138/61, [X.], 77, 79 f und vom 11. März 1982 -
III
ZR 174/80, [X.]Z 83, 190, 196 f).
Diesen Bestim-mungen liegt der allgemeine Rechtsgedanke zugrunde, dass der Gläubiger aus einem nur vorläufigen Titel auf eigenes Risiko vollstreckt und die Folgen zu tragen hat, falls der Titel letztlich keinen Bestand hat. Die Vollziehbarkeit eines Steuerbescheids beruht demgegenüber auf dem Vorrang des [X.] vor dem Einzelinteresse und lässt einen Vergleich mit vorläufig vollstreckbaren Titeln aus dem Bereich des Zivilprozesses nicht zu (Senats-urteile vom 11. März 1982, aaO; vom 31. Januar 1963, aaO sowie Urteil vom 16. November 2000 -
III ZR 1/00, NJW 2001, 1067, 1068).

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2.
Auch im Übrigen enthält die angefochtene Entscheidung keine zulas-sungsrelevanten Rechtsfehler. Von einer näheren Begründung wird gemäß §
544 Abs.
4 Satz
2 Halbsatz
2 ZPO abgesehen.

[X.]
[X.]
[X.]

[X.]

Remmert
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.05.2011 -
15 O 2549/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 20.10.2011 -
1 U 2268/11 -

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Meta

III ZR 249/11

13.09.2012

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2012, Az. III ZR 249/11 (REWIS RS 2012, 3187)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3187

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