Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.05.2017, Az. XII ZB 337/15

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10396

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:240517BXIIZB337.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 337/15

vom

24. Mai 2017

in der Personenstandssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
EGBGB Art. 10 Abs. 2; ZPO § 293; FamFG § 26
Der [X.] Tatrichter hat ausländisches Recht (hier: [X.]s Recht in Bezug auf den Ehenamen) im Wege des [X.] zu ermitteln. In welcher Weise er sich die notwendigen Kenntnisse verschafft, liegt in seinem pflichtgemäßen Er-messen. Das Rechtsbeschwerdegericht überprüft insoweit nur, ob der Tatrichter sein Ermessen
rechtsfehlerfrei ausgeübt, insbesondere die sich anbietenden [X.] unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls hinreichend [X.] hat (im [X.] an Senatsbeschluss vom 26.
April 2017

XII
ZB
177/16

zur [X.] bestimmt; [X.] Beschluss vom 4.
Juli 2013

V
ZB
197/12

NJW
2013, 3656).
[X.], Beschluss vom 24. Mai 2017 -
XII ZB 337/15 -
Kammergericht [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 24. Mai 2017
durch den
Vor-sitzenden
Richter Dose, [X.]
Klinkhammer, Dr.
Günter und Guhling
und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss
des 1.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 9.
Juli
2015
wird auf Kosten der Antragsteller
zurückgewiesen.
Wert: 5.000

Gründe:
I.
Die Antragsteller (Beteiligte
zu
1 und 2)
schlossen im Januar 2014 die Ehe. Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) ist [X.] Staatsangehöri-ge, der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) besitzt die [X.] und die [X.] Staatsangehörigkeit.
Die Ehegatten hatten bei Eheschließung zunächst auf Anraten der Standesbeamtin
von einer Erklärung zur Namensführung in der Ehe abgese-hen. Nunmehr begehren sie, dass die Ehefrau ihrem Geburtsnamen ([X.]) [X.] mit der Präposition
"de"
den Nachnamen des Ehemanns (M.) nach [X.]m Recht anfügen könne,
und die Anweisung an das Standes-amt
(Beteiligter zu
4), eine entsprechende Erklärung entgegenzunehmen.
Das Amtsgericht hat das Standesamt antragsgemäß angewiesen, die von den Ehegatten gewünschte Namensführung der Ehefrau entgegenzuneh-1
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-
3
-
men. Das Beschwerdegericht
hat auf die Beschwerde der Standesamtsaufsicht (Beteiligte
zu
3) den Antrag der Ehegatten zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich deren zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der sie die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses erreichen wollen.

II.
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Nach Auffassung des [X.] konnte der empfangszu-ständige Standesbeamte die Beurkundung der Erklärung zur Namensführung ablehnen, weil die gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten die
gel-tend gemachte Rechtsfolge nicht zuließen. Die Erklärung enthalte zunächst schlüssig die Wahl des [X.]n Rechts. Diese sei hier zulässig und habe
grundsätzlich beurkundet werden können und müssen. Die Rechtswahl habe jedoch nur dem erklärten Ziel gedient, dass die Ehefrau den gewünschten Familiennamen "[X.] de M."
bilden könne. Die Erklärung sei mithin dahin auszu-legen, dass das [X.] Recht nur für den Fall gewählt werden solle, dass es den Erwerb des Namens "[X.] de M."
zulasse. Diese Bedingung sei [X.] nicht erfüllt.
Die gewünschte Namensführung stelle nach [X.]m Recht keinen Namen dar, den die Ehefrau rechtlich erwerben könne. Die in Art.
82 des [X.]n Gesetzes über Zivilregister, Identifikation und Registrie-rung vom 21.
April
1976 ([X.]) geregelte Möglichkeit, dass die verheiratete Frau ihrem Familiennamen jenen ihres Ehemanns unter Vorschaltung der Präposition
"de"
beifügen könne, stelle keine Änderung des Familiennamens, sondern eine bloße Gebrauchsbefugnis dar. Das ergebe eine Auslegung des 4
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-
4
-
ausländischen Gesetzes auf der Grundlage der Auskünfte der Botschaft von [X.] und stimme mit zahlreichen Rechtsordnungen des [X.] Rechtskreises, [X.] und [X.] überein, die zwischen dem rechtlichen [X.], der in ein Register eingetragen werde, und einem Gebrauchsnamen, der im gesellschaftlichen Bereich geführt werden könne, unterschieden.
Der [X.] sei typisch für Rechtsordnungen mit rechtlich getrennter Namens-führung der Ehegatten. Die eheliche Verbundenheit werde dadurch [X.], dass ein Ehegatte den Namen des anderen im Alltag gebrauche.
Dass es sich bei der Namensführung nach Art.
82 [X.] nicht um einen materiellrechtlichen Namenserwerb, sondern um die Befugnis zum Gebrauch eines fremden Namens handele, ergebe sich auch aus der Regelung in Art.
77 [X.], nach der Vor-
und Familienname
nach der Geburtsurkunde einer Person feststünden und bei öffentlichen und privaten Urkunden von rechtlicher Bedeu-tung gebraucht werden müssten. Die Geburtsurkunde werde nach einer Heirat weder geändert noch durch eine andere für die Namensführung maßgebliche Urkunde ersetzt. Nach Auskunft der Botschaft [X.]s habe eine Frau, die sich
für die Führung eines solchen zusammengesetzten Namens entscheide, auch keinen Anspruch auf Ausstellung von Ausweispapieren auf diesen [X.]. Das sei ein hinreichendes Indiz dafür, dass der (zusammengesetzte)
Na-me, mit dem man sich nicht legitimieren könne, der Ehefrau nicht materiellrecht-lich als eigener zustehen solle.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass das Standesamt die Entgegennahme einer Namenserklärung nach §
41 PStG ab-lehnen muss, die materiellrechtlich nicht zulässig und daher unwirksam ist (vgl. Senatsbeschluss vom 20.
Juli 2016

XII
ZB
609/14

FamRZ 2016, 1761 zur 7
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5
-
Ausstellung einer Bescheinigung über Erklärungen zur Namensführung nach §
46 Nr.
1 PStV).
b) Nach Art.
10 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 EGBGB können Ehegatten bei oder nach der Eheschließung gegenüber dem Standesamt ihren künftig zu [X.] Namen nach dem Recht eines Staates
wählen, dem einer der Ehegatten angehört. Das [X.] Ehenamensstatut steht ihnen aufgrund der ent-sprechenden Staatsangehörigkeit des
Ehemanns offen. Weil die Wahl des [X.] ungeachtet des Art.
5 Abs.
1 EGBGB
möglich ist, ist nicht von Bedeutung, dass der Ehemann außerdem die [X.] Staatsangehörig-keit besitzt, selbst wenn es sich dabei um dessen effektive Staatsangehörigkeit handeln sollte.
c) Das Beschwerdegericht hat die Regelungen des [X.]n Gesetzes über Zivilregister, Identifikation und Registrierung vom 21.
April
1976 ([X.]) dahin ausgelegt, dass es sich
bei der Möglichkeit der Ehefrau, den Namen
des Mannes verbunden mit der Präposition "de"
ihrem Namen an-zufügen, nicht um einen materiellrechtlichen Namenserwerb handelt,
der durch die Wahl des [X.]n Rechts
begründet werden kann. Es hat die in Art.
82 [X.] der Ehefrau ermöglichte Namensführung lediglich als eine Re-gelung
zum Gebrauchsnamen angesehen, der
vom rechtlichen Namen nach [X.]m Recht zu unterscheiden sei. Der rechtliche Name ergebe sich nach Art.
77 [X.] aus der Geburtsurkunde
und werde durch die Eheschlie-ßung nicht berührt.
Die dagegen von der Rechtsbeschwerde erhobenen [X.] sind unbe-gründet.
aa) Auf eine Verletzung ausländischen
Rechts
kann die Rechtsbe-schwerde nach dem FamFG nicht gestützt werden. Nur eine unzureichende 10
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oder fehlerhafte Ermittlung des ausländischen Rechts kann mit der Verfah-rensrüge
geltend gemacht werden
(vgl. Senatsbeschluss vom 26.
April 2017

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zur [X.] bestimmt; [X.]Z 198, 14 =
NJW 2013, 3656
Rn.
15
ff., 25; vgl. auch Senatsbeschluss [X.]Z 203, 372 =
FamRZ 2015, 479 Rn.
20; [X.], 74).
bb) Der [X.] Tatrichter hat ausländisches Recht im Wege des [X.] zu ermitteln. In welcher Weise er sich die notwendigen Kenntnisse verschafft, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Das Rechtsbeschwerde-gericht überprüft insoweit nur, ob der Tatrichter sein Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen unter Berück-sichtigung der Umstände des Einzelfalls hinreichend ausgeschöpft
hat. An die Ermittlungspflicht sind dabei umso höhere Anforderungen zu stellen, je komple-xer und je fremder im Vergleich zum [X.]n das anzuwendende Recht ist. Bei Anwendung einer dem [X.]n Recht verwandten Rechtsordnung und bei klaren Rechtsnormen
sind die Anforderungen geringer (vgl. Senatsbe-schluss vom 26.
April 2017

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177/16

zur [X.] bestimmt; [X.] Beschluss vom 4.
Juli 2013

V
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197/12

NJW 2013, 3656 Rn.
14
ff. und Urteil vom 13.
Dezember 2005

XI
ZR
82/05

NJW 2006, 762 Rn.
33 mwN).
cc) Das Beschwerdegericht hat seine Feststellung
auf eine von der [X.]n
Botschaft erteilte Rechtsauskunft gestützt. Zusätzlich hat es sich auf wissenschaftliche Quellen zu den Eigenheiten von Rechtsordnungen des [X.] Rechtskreises berufen, insbesondere des [X.] Rechts, das mit dem [X.]n Recht Gemeinsamkeiten aufweist. Die

wenn auch kurz gefasste

Auskunft der [X.]n Botschaft als für Perso-nenstandsangelegenheiten zuständiger Stelle ist zum Nachweis des [X.] besonders geeignet. Der Einholung eines vertiefenden Rechtsgutachtens 14
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bedurfte es wegen der überschaubaren und ersichtlich auch nicht außerge-wöhnlichen Fragestellung nicht.
Die Rechtsbeschwerde hat nichts für eine ab-weichende Rechtspraxis oder dafür vorgebracht, dass es sich um eine umstrit-tene oder ungeklärte Rechtsfrage handelte. Vielmehr handelt es sich um eine bei
jeder Eheschließung nach dem Recht [X.]s potenziell auftretende [X.], die in der dortigen Rechtspraxis offenbar nicht zweifelhaft ist. Die Rechtsbe-schwerde beschränkt sich insoweit auf die schon in den Instanzen vorgebrach-ten Behauptungen, die sich indessen nicht bestätigt haben und dem [X.] auch keine Veranlassung für weitere Ermittlungen geben mussten
(zu Gebrauchsnamen vgl. auch [X.], 65, 71
f.; [X.] 2010, 259, 260).
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d) Da die begehrte Namensführung nach [X.]m Recht nicht zu einer materiellrechtlichen Änderung des Familiennamens führt, ist sie somit weder in ein [X.]s noch in ein [X.]s Personenstandsregister einzutragen.

Dose

Klinkhammer

Günter

Guhling

Krüger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.01.2015 -
71 III 170/14 -

Kammergericht [X.], Entscheidung vom 09.07.2015 -
1 W 513/15 -

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Meta

XII ZB 337/15

24.05.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.05.2017, Az. XII ZB 337/15 (REWIS RS 2017, 10396)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10396

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZB 337/15

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