Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.02.2014, Az. II ZR 174/11

II. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7838

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
II ZR
174/11
Verkündet am:

18. Februar 2014

Vondrasek

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der II.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Februar 2014
durch
den
Vorsitzenden
Richter Prof.
Dr.
Bergmann, die Richterin [X.] und [X.], [X.] und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels
das Urteil des 23. Zivilsenats des [X.] vom 28. Juli 2011 im Kostenpunkt mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des [X.] zu 2 und insoweit aufgehoben, als die auf Zahlung einer Abfindung gerichteten Hilfsanträge des [X.] ([X.] zu 4 bis 8) gegen die [X.] zu 1 abgewiesen worden sind.

Im Umfang der Aufhebung
wird die Sache zur neuen Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisions-
und des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des [X.] zu 2, die der Klä-ger zu tragen hat, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger war einer von drei [X.]ern der [X.] zu 1, einer mit der Planung und Herstellung von Tanküberwachungssystemen befassten 1
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GmbH, deren Geschäftsführer der [X.] zu 2 ist. Zugleich war der Kläger bei der [X.] zu 1 als Vertriebs-
und Projektleiter angestellt. Der [X.] enthält zum Ausscheiden einzelner [X.]er und der Ein-ziehung von Geschäftsanteilen keine Regelung. Nach § 4 des [X.] kann die auf unbestimmte Zeit errichtete [X.] von jedem Gesell-schafter mit einer Frist von einem Jahr zum Ende eines Kalenderjahres gekün-digt werden.
Mit Schreiben vom 20. Oktober 2006 erklärte der Kläger gegenüber der [X.] zu 1, er kündige das bestehende e-sellschaftsverhältnis mit der G.

(= Grund und mit sofortiger Wirkung unter Berufung darauf, dass er am Vortag aus der [X.] ausgeschlossen und sein Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt worden sei.
Nachdem der Kläger anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen und sei-[X.] zu 1 mit Anwaltsschreiben vom 22. Dezember 2006, am 19. Oktober 2006 sei kein Beschluss über den Ausschluss des [X.] aus der [X.] gefasst worden. Daher sei die fristlose Kündigung des [X.]svertrags durch den Kläger ohne wichtigen Grund erfolgt und insoweit unwirksam. Weiter Zerrüttung des [X.]erverhältnisses vorliegen, so hat allein Ihr Mandant durch sein schädigendes Verhalten diese verursacht. Die darauf gestützte Kün-
s-geführt,
ein Anspruch bestehe nicht, da der Geschäftsanteil des [X.] keinen positiven Verkehrswert habe.
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Am 8. Februar 2007 beschloss die [X.]erversammlung der [X.] zu 1, den Geschäftsanteil des [X.] einzuziehen. Im Protokoll wurde festgehalten, dass der Kläger mit der Kündigung des [X.]svertrages zugleich die Zustimmung zur Einziehung seines Geschäftsanteils erklärt habe.
Mit seiner im Juni 2010 erhobenen Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass der Einziehungsbeschluss nichtig ist, jedenfalls aber seine Wir-kung verloren hat. Hilfsweise hat der Kläger von den [X.] im Wege der Stufenklage -
und in zweiter Instanz höchst hilfsweise mit einem gegen die [X.] 2007 gerichteten Antrag
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die Zahlung einer Abfindung beansprucht. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom erkennenden Senat hinsichtlich des Hilfsbegehrens zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Abfindungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg, soweit sie sich gegen die [X.] zu 1 richtet. Sie führt hinsichtlich der gegen die [X.] zu 1 gerichteten Hilfsanträge des [X.] auf Zahlung einer Abfindung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Gegenüber dem [X.] zu 2 ist die Revision unbegründet.
I.
Das Berufungsgericht ([X.], [X.], 2148) hat zur Be-gründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren
noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
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In der mit Schreiben vom 20. Oktober 2006 erklärten Kündigung liege ein außerordentlicher Austritt des [X.], keine Kündigung der [X.]. Ob ein wichtiger Grund für den Austritt vorgelegen habe, könne offen bleiben, da die [X.] zu 1 den Austritt akzeptiert habe. Ansprüche des [X.] auf Ab-findung und vorbereitende Auskunft, die sich nur gegen die [X.] zu 1 rich-ten könnten, seien jedoch verjährt. Ein Abfindungsanspruch sei bereits mit Zu-gang
der Austrittserklärung des [X.] bei der [X.] zu 1 am 23. Oktober 2006 entstanden und sofort fällig geworden. Zudem habe die [X.] zu 1 den Austritt des [X.] bereits im Jahr 2006 akzeptiert, wie sich aus ihrem Schrei-ben vom 22. Dezember 2006 ergebe. Die dreijährige Verjährungsfrist habe so-mit am 31. Dezember 2009 geendet und durch die am 4. Juni 2010 bei Gericht eingegangene Klage nicht mehr gehemmt werden können.
II. Diese Ausführungen halten einer revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
1. Der Abfindungsanspruch des [X.] gegen die [X.] zu 1 ist nicht verjährt. Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts beruht auf der rechts-fehlerhaften Annahme, der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB) habe bereits mit dem Schluss des Jahres 2006 begonnen, da der Anspruch des [X.] auf Zahlung einer Abfindung noch in 2006 entstanden und fällig geworden sei.
a)
Die Erklärung des [X.] in seinem Schreiben vom 20. Oktober 2006, er kündige das [X.]sverhältnis mit der [X.] zu 1, führte noch nicht zur Entstehung eines Abfindungsanspruchs.
Allerdings ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das [X.] dieser Äußerung des [X.] in tatrichterlicher Auslegung eine (fristlose) Austrittserklärung entnommen hat; dies wird von den Parteien im Re-8
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visionsverfahren auch nicht angegriffen. Weiter ist das Berufungsgericht zutref-fend davon ausgegangen, dass der [X.]er einer GmbH das Recht hat, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes aus der [X.] auszutreten, sofern die zum Austritt führenden Umstände nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen bereinigt werden können. Dieses Recht besteht auch, wenn es im [X.]svertrag nicht vorgesehen ist; es kann dort auch nicht wirksam ausgeschlossen werden ([X.], Urteil vom 16. Dezember 1991 -
II ZR 58/91, [X.]Z 116, 359, 369).
Das Berufungsgericht hat jedoch offen gelassen, ob ein wichtiger Grund zum Austritt vorlag, und keine Feststellungen getroffen, die dem Senat eine ei-gene Beurteilung dieser Frage ermöglichen. [X.] ist daher zu Gunsten des [X.] zu unterstellen, dass kein wichtiger [X.] [X.]. Schon deshalb konnte die
Austrittserklärung noch keinen Abfindungsan-spruch begründen und die Verjährungsfrist nicht in Lauf setzen.
b) Ein Abfindungsanspruch des [X.] ist vor dem Ende des Jahres 2006 auch nicht dadurch entstanden und fällig geworden, dass die [X.] zu 1 mit dem Austritt des [X.] einverstanden war. Der [X.]er einer GmbH kann zwar auch unabhängig vom Vorliegen eines wichtigen Grundes wirksam aus der [X.] austreten, wenn die [X.] den Austritt [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 30. November 2009 -
II ZR 208/08, [X.], 324 Rn. 10). Dies ist aber bis
Ende 2006 nicht geschehen.
aa) Die erforderliche Annahmeerklärung der [X.] zu 1 ergibt sich nicht aus dem Anwaltsschreiben vom 22. Dezember 2006, wie das Berufungs-gericht rechtsfehlerhaft annimmt. Unabhängig von der Frage, ob der Annahme-erklärung ein [X.]erbeschluss zugrunde liegen muss und ob das hier 13
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der Fall war, lässt sich dem Schreiben schon inhaltlich nicht entnehmen, dass die [X.] zu 1 den Austritt des [X.] annimmt.
Das Berufungsgericht hat die an eine Annahmeerklärung zu stellenden Anforderungen verkannt. Die Annahme eines [X.]eraustritts, der ohne wichtigen Grund erklärt wurde, bewirkt, dass dem [X.]er eine Abfin-dung zu zahlen und sein Geschäftsanteil durch Einziehung oder Abtretung zu verwerten ist. Wegen dieser weitreichenden Folgen muss der Annahmewille der [X.] mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommen. Dem ge-nügt das Schreiben vom 22. Dezember 2006 nicht. Das Berufungsgericht hat angenommen, die [X.] zu 1 habe die Kündigung des [X.] akzeptiert, da e-nommen habe. Hierbei lässt das Berufungsgericht außer [X.], dass mit der schlichten Erklärung der Kenntnisnahme weder eine Ablehnung noch eine Zu-stimmung verbunden ist und eine Entscheidung für eine der beiden Optionen gerade vermieden wird.
bb) Die Annahme des Austritts durch die [X.] zu 1 kann sich aus der Einziehung des Geschäftsanteils ergeben, die aber erst nach Ablauf des Jahres 2006 am 8. Februar 2007
beschlossen wurde. Eine (etwa) auf den Zeitpunkt des Zugangs der Austrittserklärung zurückbezogene Wirkung ist dem hier ge-fassten Einziehungsbeschluss nicht zu entnehmen.
2. Die gegen den [X.] zu 2 gerichtete Stufenklage hat das [X.] zu Recht abgewiesen. Der [X.] zu 2 ist nicht Schuldner eines möglichen Abfindungsanspruchs des [X.].

[X.] Das Berufungsurteil ist danach unter Zurückweisung der gegen den [X.] zu 2 gerichteten Revision aufzuheben, soweit die auf Zahlung einer Abfindung gegen die [X.] zu 1 gerichteten Hilfsanträge des [X.] abge-16
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wiesen wurden (§ 562 Abs. 1 ZPO). Im Umfang der Aufhebung ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die noch erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die vom Be-rufungsgericht offengelassene Frage, ob ein wichtiger Grund zum Austritt tat-sächlich vorlag, keiner Klärung mehr bedarf. Denn die [X.] zu 1 kann sich hinsichtlich des [X.] gegenüber dem Kläger, der seinen Abfin-dungsanspruch nach dem Verkehrswert seines Geschäftsanteils zum Zeitpunkt des [X.] bemessen möchte, nicht darauf berufen, dass der Abfindungsanspruch durch eine wirksame
Austrittserklärung schon im Oktober 2006 entstanden und fällig geworden sei, so dass dem nachfolgenden Einzie-hungsbeschluss vom 8. Februar 2007 keine eigenständige anspruchsbegrün-dende Wirkung mehr zukomme. Andernfalls setzte sie sich in treuwidriger [X.] in Widerspruch zu ihrer Erklärung vom 22. Dezember 2006, mit der sie einen
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wichtigen Grund zum Austritt unter Berichtigung des vom Kläger damals zu-grunde gelegten Sachverhalts abgestritten und damit zugleich die Vorausset-zungen eines allein durch die Austrittserklärung begründeten Abfindungsan-spruchs des [X.] verneint hatte (§ 242 BGB).

Bergmann

[X.]

Drescher

[X.]

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.01.2011 -
7 O 1916/10 -

[X.], Entscheidung vom 28.07.2011 -
23 [X.] -

Meta

II ZR 174/11

18.02.2014

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.02.2014, Az. II ZR 174/11 (REWIS RS 2014, 7838)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7838

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23 U 750/11

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