Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.03.2009, Az. V ZR 166/08

V. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4686

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[X.][X.]/08vom 5. März 2009 in dem Rechtsstreit - 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 5. März 2009 durch den [X.] Richter Prof. Dr. [X.] und die Richter [X.], [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] wird das Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] Ham-burg vom 16. Juli 2008 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbe-schwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 33.144,38 •. Gründe: [X.] Der Kläger ist Verwalter in dem [X.] über das Vermögen der [X.] (Schuldne-rin), die dem Beklagten mit notariell beurkundetem Vertrag vom 3. Februar 1994 ein Grundstück in [X.]für 1,6 Mio. DM verkaufte. Die Übergabe erfolg-te einen Tag später. Der Kaufpreis war fällig, sobald die Genehmigung nach der 1 - 3 - Grundstücksverkehrsordnung dem Notar vorlag und unwiderruflich geworden sowie die Auflassungsvormerkung zugunsten des Käufers in das Grundbuch eingetragen worden war. Diese Eintragung erfolgte am 14. März 1994. Die Grundstückverkehrsgenehmigung wurde am 25. Februar 1997 erteilt und nach Ablauf eines Jahres unwiderruflich. 2 Nach § 3.2 des Kaufvertrags musste die Verkäuferin bis zum 30. Juni 1994 textiltechnische Anlagen einschließlich Be- und Entlüftungsanlagen ent-fernen und den Gebäudefußboden von Schmierstoffrückständen befreien. [X.] ist, in welchem Umfang die Schuldnerin diesen Verpflichtungen nachge-kommen ist. Jedenfalls wurden die zum Transport von [X.] bestimmte Aufzugsanlage, Fensterventilatoren sowie die zur Be- und Entlüftungsanlage gehörenden Rohre nicht ausgebaut. § 10 des Vertrags lautet: 3 "Sollte sich herausstellen, dass der vorliegende Vertrag endgültig nicht durchgeführt werden kann oder nach seiner Durchführung rückabzuwickeln ist, gilt zwischen den Parteien unter Berücksich-tigung der dann gegebenen rechtlichen und wirtschaftlichen [X.] eine angemessene, den Interessen beider Parteien Rechnung tragende Lösung. Über Einzelheiten verständigen sich die [X.]." Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Bezahlung des Kaufpreises nebst Verzugszinsen. Das [X.] hat der Klage Zug um Zug gegen [X.] der für den Transport von [X.] bestimmten Aufzugsanlage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückge-wiesen und auf die Berufung des Beklagten die Klage als zurzeit unbegründet abgewiesen. Die Revision gegen sein Urteil hat es nicht zugelassen. 4 - 4 - I[X.] 5 Das Berufungsgericht meint, der Beklagte könne dem Erfüllungsan-spruch des [X.] einen Einwand aus § 10 des Kaufvertrags entgegenhalten. Die Auslegung dieser Vertragsbestimmung ergebe nämlich, dass auch der hier eingetretene Fall einer erst nahezu drei Jahre nach Vertragsschluss erfolgten Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung und der daraus resultierenden Verzögerung der von dem Beklagten geplanten Entwicklung der Immobilie zum Eingreifen des § 10 führe. Der Vertragswortlaut erfasse "unproblematisch" auch Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, welche die [X.] aus Sicht des Beklagten nicht mehr sinnvoll bzw. sogar wirt-schaftlich unsinnig erscheinen ließen. Drastische Veränderungen der wirtschaft-lichen Rahmenbedingungen lösten die Pflicht zur Vereinbarung einer einver-ständlichen Lösung jedenfalls dann aus, wenn sie auf einer ganz unerwarteten Verzögerung der Vertragserfüllung beruhten. Die Klausel stelle sich somit als eine vertragliche Festschreibung des gesetzlichen Instituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage dar, wobei die möglichen Rechtsfolgen abweichend von dessen Regeln limitiert seien. Die zeitnahe Vertragsdurchführung sei [X.] Vorstellung der Parteien und damit subjektive Geschäftsgrundlage des Vertrages gewesen. Diese sei wegen der späten Erteilung der [X.] weggefallen. Das sich damit verwirklichende Risiko sei nicht dem Verantwortungsbereich des Beklagten zugewiesen, sondern dem der Schuldnerin. II[X.] Mit seiner Beschwerde will der Kläger die Zulassung der Revision gegen das Berufungsurteil erreichen, damit er seinen Klageantrag weiter verfolgen kann. 6 - 5 - [X.] 7 Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig und begründet. Das ange-fochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsge-richt den Anspruch des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Es nämlich Vortrag des [X.] zum Teil nicht zur Kenntnis genommen und zum Teil bei der Ent-scheidung nicht erwogen; dies bedeutet einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG (siehe nur [X.] NJW-RR 2002, 68, 69 m.w.N.). 1. Unbegründet ist allerdings die Rüge, das Berufungsgericht habe die von dem Kläger erhobene Einrede der Verjährung übergangen. Der Kläger hat nicht dargelegt, wann er im Laufe des Berufungsverfahrens die [X.] erhoben hat. 8 2. Das Berufungsgericht hat seine Auslegung der Regelung in § 10 des Kaufvertrags maßgeblich auf deren Sinn und Zweck gestützt, wonach auch drastische Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wenn sie auf einer ganz unerwarteten Verzögerung der Vertragserfüllung beruhten, die Pflicht zur Vereinbarung einer einverständlichen Lösung auslösen könnten. Obwohl das Berufungsurteil keine Feststellungen enthält, in welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang sich die wirtschaftlichen Verhältnisse zum Nachteil des Beklagten erheblich geändert haben und dass dies auf die späte Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung zurückzuführen ist, muss davon ausgegan-gen werden, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung eine solche Ände-rung zugrunde gelegt hat. Denn anders ist es nicht zu erklären, dass es von dem Wegfall der Geschäftsgrundlage ausgegangen ist. Dabei hat das [X.] jedoch den Vortrag des [X.] übergangen, dass sich die wirt-schaftlichen Verhältnisse zwischen Vertragsschluss und Erteilung der [X.] - 6 - stücksverkehrsgenehmigung nicht zum Nachteil des Beklagten verändert hätten (Schriftsatz vom 29. Oktober 2002, [X.], 242). Auch hat es sich nicht mit dem Vortrag des [X.] auseinandergesetzt, der Beklagte hätte selbst bei einer sofortigen Erteilung der Genehmigung keinen Gewinn aus der Verwertung des Objekts erzielt (Schriftsatz vom 1. März 2004, [X.], 319 ff.). Diese Fehler sind entscheidungserheblich; es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsge-richt bei Berücksichtigung und Abwägung des Vortrags zu dem Ergebnis ge-langt wäre, dass es keine drastischen Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zum Nachteil des Beklagten gegeben hat. 3. Das Berufungsgericht hat auch den Vortrag des [X.] übergangen, der Beklagte habe im Jahr 1998 - nachdem die [X.] unwiderruflich geworden sei - seine Pflicht zur Bezahlung des Kaufpreises anerkannt (Schriftsatz vom 29. Oktober 2002, [X.], 242). Dieser Fehler ist ebenfalls entscheidungserheblich; es ist nicht ausgeschlossen, dass das [X.] bei Berücksichtigung des Vortrags dem Beklagten den Einwand aus § 10 des Kaufvertrags nicht zugestanden hätte. 10 4. Weiter hat das Berufungsgericht den Vortrag des [X.] nicht [X.], dass seinerzeit die Bearbeitungsdauer für die Erteilung der Grund-stücksverkehrsgenehmigung mindestens zwei Jahre betragen habe und dies dem Beklagten bekannt gewesen sei (Schriftsatz vom 23. Dezember 2003, [X.], 282). Auch dieser Fehler ist entscheidungserheblich. Es ist nicht ausge-schlossen, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung dieses Vortrags nicht angenommen hätte, die zeitnahe Vertragsdurchführung sei gemeinsame Vorstellung der Parteien gewesen. 11 - 7 - V. 12 Weitere Gründe für die Zulassung der Revision gibt es nicht. Die von dem Kläger in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Fragen, welche zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache führen sollen, können nur für den jeweiligen Einzelfall beantwortet werden. Denn sie betreffen die Auslegung individueller Vertragsklauseln, wie sie das Berufungsgericht hier vorgenommen hat. Dass seine Auslegung von § 10 recht-lich angreifbar ist, wie der Kläger zutreffend aufzeigt, und zu einem eher fern liegenden Ergebnis geführt hat, stellt keinen Grund für die Zulassung der Revi-sion dar. [X.] Klein Lemke
Schmidt-Räntsch [X.]: [X.], Entscheidung vom [X.] - 318 O 134/01 - O[X.], Entscheidung vom 16.07.2008 - 10 U 30/02 -

Meta

V ZR 166/08

05.03.2009

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.03.2009, Az. V ZR 166/08 (REWIS RS 2009, 4686)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4686

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Offene Vermögensfragen: Haftung des Verfügungsberechtigten nach Erteilung einer Belastungsvollmacht zugunsten eines Dritten im Grundstückskaufvertrag


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