Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.04.2010, Az. V ZR 218/09

5. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 7008

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Gegenstand

Offene Vermögensfragen: Haftung des Verfügungsberechtigten nach Erteilung einer Belastungsvollmacht zugunsten eines Dritten im Grundstückskaufvertrag


Leitsatz

Ein Verfügungsberechtigter haftet nicht wegen Verletzung de s Unterlassungsgebots aus § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG, wenn er einem Dritten eine Belastungsvollmacht erteilt, von de r dieser erst nach Erteilung de r Grundstücksverkehrsgenehmigung für de n zugrun de liegen de n schuldrechtlichen Vertrag Gebrauch machen kann. Das gilt auch dann, wenn die Belastungsvollmacht nach einem Wi de rruf o de r einer Rücknahme de r Genehmigung wirksam bleibt .

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 14. Zivilsenats des [X.] vom 3. November 2009 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 177.673,93 €.

Gründe

I.

1

Der Kläger macht hinsichtlich eines in [X.] belegenen Grundstücks [X.] nach dem [X.] geltend, über die bislang nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Im Oktober 1999 schloss die Beklagte als Verfügungsberechtigte einen Kaufvertrag über eine unvermessene Teilfläche des Grundstücks mit [X.] und bewilligte die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu dessen Gunsten. Die Grundstücksverkehrsgenehmigung wurde 2004 erteilt.

2

2005 wurde eine Grundschuld in das Grundbuch eingetragen, die [X.] in Ausübung einer in dem Kaufvertrag enthaltenen [X.] im [X.] zu Gunsten einer Sparkasse bestellt hatte. 2007 nahm die zuständige Behörde die Grundstücksverkehrsgenehmigung zurück.

3

Der Kläger, der seit 2006 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, verlangt von der Beklagten die Beibringung von [X.] für die Auflassungsvormerkung und die Grundschuld. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Revision nicht zugelassen; dagegen richtet sich die Beschwerde des [X.].

II.

4

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.

5

1. a) Soweit der Anspruch auf Beibringung einer Löschungsbewilligung für die Grundschuld in Rede steht, rügt die Beschwerde allerdings zu Recht, dass der Anspruch des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt worden ist. Zwar konnte das Berufungsgericht der Beklagten Gelegenheit geben, sich nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung näher zu den Umständen der Grundschuldbestellung zu erklären (§§ 296a, 139 Abs. 5 ZPO). Nachdem die Beklagte aber aus Sicht des Berufungsgerichts Entscheidungserhebliches vorgetragen hatte, musste der Kläger Gelegenheit erhalten, dazu Stellung zu nehmen; hierzu hätte die mündliche Verhandlung wiedereröffnet (§ 156 ZPO) oder das schriftliche Verfahren (§ 128 Abs. 2 ZPO) angeordnet werden müssen (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl., § 296a [X.]. 4).

6

b) Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG. Hätte der Kläger Gelegenheit zu einer Stellungnahme erhalten, hätte er darauf hingewiesen, dass die Anweisung an die Notarin, die Eintragung der Grundschuld erst zu beantragen, wenn die Grundschuldgläubigerin zugesichert hatte, dass sie "bis zum grundbuchamtlichen Vollzug" des Kaufvertrages, "d.h. bis nach Vermessung des Flurstücks 82a …. keine Vollstreckungsmaßnahmen in das gesamte Grundstück einleiten" werde, nicht den Zweck hatte, eine Belastung des Grundstücks vor Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung zu verhindern. Vermieden werden sollte lediglich, dass die Grundschuldgläubigerin vor der Vermessung des Flurstücks 82a und der Abschreibung der verkauften Teilfläche in das Gesamtgrundstück und damit auch in den nicht mitverkauften Grundstücksteil vollstreckte. Das Berufungsgericht hätte dann erkannt, dass es die Anweisung missverstanden hat.

7

c) Die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist jedoch nicht geboten, denn das angefochtene Urteil stellt sich aus anderen Gründen als richtig dar.

8

aa) Eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB scheitert daran, dass ihr der - objektiv gegebene - Verstoß gegen das Unterlassungsgebot des § 3 Abs. 3 Satz 1 [X.] nicht vorgeworfen werden kann, weil sie bei Erteilung der [X.] an den Käufer im Jahr 1999 die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht außer [X.] gelassen und damit nicht schuldhaft gehandelt hat (§ 276 Abs. 2 BGB). Ein Anspruch aus § 3 Abs. 3 S. 6 Halbsatz 2 [X.] i.V.m. § 678 BGB scheidet ebenfalls aus, da die Beklagte nicht zu erkennen vermochte, dass die Erteilung der [X.] den Interessen des [X.] widersprach. Das ergibt sich aus folgender Überlegung:

9

Die Beklagte hätte nach Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung das Grundstück belasten bzw. einem Käufer eine [X.] erteilen dürfen, ohne einem Vorwurf ausgesetzt zu sein. Denn sie durfte dann annehmen, dass ein Restitutionsantrag nicht mehr vorlag und sie deshalb keine Rücksicht auf die Belange eines möglichen Restitutionsberechtigten nehmen musste. Ebensowenig liegt ein schuldhafter Verstoß gegen § 3 Abs. 3 [X.] vor, wenn die [X.] zu einem früheren Zeitpunkt erteilt und gleichzeitig sichergestellt wird, dass von der Vollmacht erst bei Vorliegen einer Grundstücksverkehrsgenehmigung Gebrauch gemacht werden kann. So liegt es hier.

Die Beklagte hatte dadurch Vorsorge gegen eine mit § 3 Abs. 3 [X.] unvereinbare Belastung des Grundstücks getroffen, dass aufgrund der [X.] bestellte Grundpfandrechte bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung nur zur Sicherung des finanzierten und tatsächlich an den Verkäufer ausbezahlten Kaufpreises dienen durften. Da die Fälligkeit des Kaufpreises von der Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung abhängig war, stellte diese Einschränkung sicher, dass der Käufer - wie geschehen - zuvor kein Grundpfandrecht bestellen würde.

Dass die [X.] und damit auch die Grundschuldschuldbestellung trotz Rücknahme der Grundstücksverkehrsgenehmigung wirksam geblieben sind, begründet keine Haftung der Beklagten. Zwar ist die in dem Kaufvertrag enthaltene [X.] nur deshalb nicht schwebend unwirksam (§ 139 BGB), weil der [X.] enthält, dass die Vollmacht ausgeübt werden kann, bevor erforderliche behördliche Genehmigungen erteilt sind, und auch dann wirksam ist, wenn der Kaufvertrag nicht zur Durchführung kommt. Diese Vertragsgestaltung könnte der Beklagten aber nur vorgeworfen werden, wenn sie gehalten war, Vorkehrungen für den Fall des Widerrufs oder der Rücknahme einer einmal erteilten Grundstücksverkehrsgenehmigung zu treffen. Eine solche Verpflichtung bestand für sie jedoch nicht. Da ein Verfügungsberechtigter darauf vertrauen darf, dass eine Grundstücksverkehrsgenehmigung zu Recht erteilt werden wird, muss er einen Kaufvertrag nicht so gestalten, dass eine darin enthaltene [X.] bei Widerruf oder Rücknahme der Genehmigung unwirksam wird. Das gilt auch dann, wenn dem Verfügungsberechtigten, wie hier, bekannt ist, dass ein Restitutionsantrag (zunächst) gestellt war.

bb) Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch im Hinblick auf § 16 Abs. 10 Satz 3 [X.] (vgl. dazu Senat, Urt. v. 17. Oktober 2008, [X.], [X.], 1813) als richtig. Da ein Anspruch nach dieser Vorschrift erst entsteht, wenn es zu einer Rückübertragung des Grundstücks auf den Berechtigten nach dem [X.] gekommen ist, und hier nicht feststeht, ob diese erfolgen wird, ist er von dem Berufungsgericht zu Recht nicht erwogen worden.

2. Soweit der Kläger die Beibringung einer Löschungsbewilligung für die Auflassungsvormerkung verlangt, hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des [X.] ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

[X.]                            Schmidt-Räntsch

                Stresemann                              Czub

Meta

V ZR 218/09

29.04.2010

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Dresden, 3. November 2009, Az: 14 U 720/09, Urteil

§ 3 Abs 3 S 1 VermG, § 5 GrdstVV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.04.2010, Az. V ZR 218/09 (REWIS RS 2010, 7008)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7008

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