Bundessozialgericht, Urteil vom 18.12.2013, Az. B 12 KR 24/12 R

12. Senat | REWIS RS 2013, 152

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Freiwillige Krankenversicherung - hauptberuflich selbständig Erwerbstätiger - Beitragsbemessung - beitragspflichtige Einnahmen - Berücksichtigung von Rentenzahlungen einer privaten Kfz-Haftpflichtversicherung - pauschalierter Mehrbedarfsausgleich


Leitsatz

Eine von einer Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung wegen der Folgen eines Unfalls gewährte Leibrente ist auch dann in voller Höhe der Beitragsbemessung in der freiwilligen Krankenversicherung zugrunde zu legen, wenn die Leibrente pauschalierend sowohl dem Ausgleich eines Verdienstausfallschadens als auch dem Ausgleich eines unfall-/behinderungsbedingten Mehraufwands dient.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 31. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Beitragspflicht von [X.] als "Leibrente aus privater Rentenversicherung" ausgewiesenen, in Ansehung eines erlittenen Verkehrsunfalls bezogenen laufenden Einnahmen im Rahmen der freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]).

2

Die 1954 geborene Klägerin ist als Logopädin hauptberuflich selbstständig erwerbstätig und bei der [X.] in der [X.] freiwillig versichert. Sie ist nach einem 1981 erlittenen [X.] querschnittsgelähmt und bezieht wegen der Unfallfolgen Leistungen von der [X.] des Unfallverursachers. Im [X.] Beitragsbescheid vom 7.3.2008 setzte die Beklagte den Krankenversicherungsbeitrag ab 1.2.2008 auf monatlich 326,38 [X.] fest. Zugrunde gelegt wurden hierbei monatliche beitragspflichtige Einkünfte in Höhe von 2250,92 [X.] gemäß einer [X.] der Klägerin von Januar 2008 und dem Einkommensteuerbescheid für 2005. Neben Einkünften aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 1608 [X.] monatlich gab die Klägerin in der [X.] in der Rubrik "Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung" auch monatliche Zahlungen in Höhe von 642 [X.] an. Auf eine erneute Einkommensanfrage der [X.] vom [X.] hin legte die Klägerin am [X.] die Einkommensteuerbescheide für 2006 (vom [X.]) sowie für 2007 (vom 31.3.2009) vor. Hierin waren als Einnahmen neben den Einkünften aus selbstständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen unter der Rubrik "Sonstige Einkünfte" "Leibrenten aus privaten Rentenversicherungen" in Höhe von 9000 [X.] (2006) bzw 21 600 [X.] (2007) ausgewiesen. Grundlage dieser Zahlungen ist ein zum 1.8.2006 von der Klägerin mit der [X.] geschlossener Abfindungsvergleich, wonach der Klägerin zum Ausgleich aller Ansprüche aus dem Verkehrsunfall eine lebenslange monatliche Rente in Höhe von 1800 [X.] gezahlt wird. Dieser Betrag setzte sich nach den im Berufungsverfahren getroffenen Feststellungen aus dem "unfallbedingten monatlichen Verdienstausfall der Klägerin in Höhe eines Anteils von 834,05 [X.]" sowie einem "monatlich pauschalierten Ausgleich für Pflege- und Haushaltsführungskosten, [X.], Kleider-, Kommunikations- und Wohnungsmehrbedarf" zusammen.

3

Die Beklagte legte mit mehreren Beitragsbescheiden vom [X.] neben den Einkünften der Klägerin aus selbstständiger Tätigkeit sowie aus Kapitalvermögen auch die Leibrentenzahlung der [X.] in Höhe von monatlich 1800 [X.] ab 1.6.2008 der Beitragsbemessung zur [X.] zugrunde. Sie ging von monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von 3051,42 [X.] ab 1.6.2008 aus und in Höhe von 3451,83 [X.] ab [X.]. Den monatlichen Beitrag zur [X.] setzte sie ab 1.6.2008 auf 442,46 [X.], ab 1.1.2009 auf 454,66 [X.] und ab [X.] auf 514,32 [X.] fest. Dem hiergegen erhobenen Widerspruch half die Beklagte durch Bescheid vom [X.] teilweise ab, indem sie die durch die Bescheide vom [X.] vorgenommene Beitragsneufestsetzung auf die [X.] ab [X.] beschränkte; ein weitergehender Vertrauensschutz sei nicht ersichtlich; auch unter Ermessensgesichtspunkten ergebe sich für die [X.] ab [X.] keine andere Entscheidung. Den weitergehenden Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 17.12.2009 zurück.

4

Das [X.] hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 16.1.2012). Im Berufungsverfahren hat die Beklagte weitere Beitragsbescheide vorgelegt (vom [X.]: ab 1.5.2010 - ausgehend von beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze - monatlicher Beitrag zur [X.] 536,25 [X.]; vom 8.5.2012: ab 1.5.2012 - ausgehend von beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von 3345,25 [X.] - monatlicher Beitrag zur [X.] 509,24 [X.]).

5

Das L[X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen: Es könne offen bleiben, ob sich die angefochtenen Bescheide wegen ursprünglicher Rechtswidrigkeit des letztmaßgeblichen [X.] vom 7.3.2008 auf § 45 [X.]B X stützen könnten. Da erst mit Erlass des Einkommensteuerbescheides vom [X.] eine Änderung der Verhältnisse eingetreten sei, seien die höheren beitragspflichtigen Einnahmen der Klägerin richtigerweise "wohl" auf Grund des § 48 Abs 1 S 1 [X.]B X zu berücksichtigen. Wegen einer Umdeutung des [X.] in eine Aufhebung nach § 48 Abs 1 S 1 [X.]B X berühre die Frage der Rechtsgrundlage für die Neufestsetzung der Beiträge der Klägerin die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der [X.] aber nicht. Im Übrigen habe die Klägerin keinen Anspruch darauf, die Rentenzahlungen der [X.] mit dem Anteil unberücksichtigt zu lassen, der als reine Kompensationszahlung zur Behebung unfallbedingter Schäden zu werten sei. Vielmehr sei nach § 240 Abs 1 S 2 [X.]B V auf die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abzustellen und nicht auf die sich aus gesundheitlichen Einschränkungen ergebende Bedarfssituation des freiwilligen Mitglieds (Urteil vom 31.10.2012).

6

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision, mit der sie eine Verletzung von § 240 [X.]B V und Art 3 GG rügt. Da im [X.] die baldige Erschöpfung der damals maximalen Versicherungssumme von [X.] gedroht habe, habe sie statt einer von der [X.] angebotenen Kapitalabfindung das Angebot einer lebenslangen monatlichen Rente in Höhe von 1800 [X.] angenommen. Diese Rente betreffe zu ca [X.] den [X.] und [X.] den unfallbedingten Mehrbedarf. Das müsse auch im Rahmen des § 240 [X.]B V bei der Bemessung ihrer Beiträge Berücksichtigung finden, weil sich aus Wortlaut, systematischem Kontext und Gesetzgebungsgeschichte der Regelung belegten, dass dafür nur Einkommen und Einkommensäquivalente (zB Erträge aus Vermögen) herangezogen werden dürften. Die monatlichen unfallbedingten Schadensersatzzahlungen der [X.] dienten aber in Höhe von 720 [X.] allein der Kompensation des behinderungsbedingten Mehraufwandes. In diesem Umfang steigerten die Rentenleistungen nicht ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, stünden ihr nicht für den Lebensunterhalt zur Verfügung und unterlägen daher nur bezüglich des Restbetrages von 1080 [X.] der Beitragspflicht. [X.] zweckbestimmte Zuwendungen, die den schädigungs- und behinderungsbedingten Mehraufwand des Beitragspflichtigen abdecken sollten, seien nämlich nicht geeignet, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beitragspflichtigen zu erhöhen (Hinweis auf B[X.]E 50, 243 = [X.] 2200 § 180 [X.] 5). Auch Art 3 Abs 1 und [X.] zwängen zu einer solchen Auslegung. Das berechtigte Interesse der Solidargemeinschaft an einer leistungsbezogenen Finanzierung der [X.] Sicherungssysteme ende dort, wo dem Einzelnen finanzielle Mittel entzogen würden, die er für seine Heilung und seine behinderungsbezogenen Auslagen benötige.

7

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Urteile des [X.] vom 31. Oktober 2012 und des [X.] vom 16. Januar 2012 sowie den Bescheid der [X.] vom 8. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2009, ferner die Bescheide vom 15. Juli 2010 und 8. Mai 2012 aufzuheben, soweit darin bei der Bemessung der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung ab 1. Juni 2009 Einkünfte aus Leibrente mit einem Betrag von mehr als 1080 [X.] berücksichtigt wurden.

8

Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

9

Sie verteidigt die angefochtenen Urteile.

Entscheidungsgründe

Der [X.] kann über die Revision der [X.]lägerin ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 S[X.]).

Die zulässige Revision der [X.]lägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht ihre [X.]lage abgewiesen bzw ihre Berufung zurückgewiesen. Die den Streitgegenstand des Verfahrens bildenden Beitragsbescheide der Beklagten sind nicht deshalb rechtswidrig, weil darin die der [X.]lägerin gewährte [X.] ab [X.] in vollem Umfang der Bemessung ihrer Beiträge zur freiwilligen Versicherung in der [X.] zugrunde gelegt wurde.

1. Zu entscheiden ist im Revisionsverfahren (nur noch) über den Bescheid der Beklagten vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2009 sowie über die nach § 96 Abs 1 S[X.] zum Gegenstand des Rechtsstreits gewordenen Bescheide vom [X.] und 8.5.2012, soweit sie die Beitragserhebung zur [X.] betreffen. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit hinsichtlich der Beitragserhebung zur Pflegeversicherung zuvor für erledigt erklärt.

2. Als Rechtsgrundlage für die Aufhebung des letztmaßgeblichen [X.] vom 7.3.2008 und die Beitragsneufestsetzung ab [X.] kommt nur § 48 Abs 1 S 1 [X.] in Betracht. Dessen Voraussetzungen sind in Bezug auf eine Aufhebung des zuletzt maßgebend gewesenen [X.] mit Wirkung für die Zukunft erfüllt.

a) Nach § 48 Abs 1 S 1 [X.] ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - darum handelt es sich bei einem Bescheid, der (wie hier) die Höhe der laufend monatlich zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge festsetzt - mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsakts vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs 1 S 2 [X.] (darüber hinausgehend) bereits mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, wenn die in [X.] bis [X.] näher umschriebenen Voraussetzungen vorliegen.

Es kann offenbleiben, ob der zuletzt maßgebend gewesene Beitragsbescheid vom 7.3.2008 iS von § 45 [X.] von Anfang an rechtswidrig war, weil darin die der [X.]lägerin gewährten Leistungen der [X.] (möglicherweise) nur teilweise berücksichtigt wurden; denn jedenfalls trat durch die ab 1.6.2008 erfolgte Gewährung einer [X.] der [X.] im Vergleich zu den Einkommensverhältnissen der [X.]lägerin, die dem [X.] Bescheid der Beklagten vom 7.3.2008 zugrunde lagen, eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse iS von § 48 Abs 1 S 1 [X.] ein, die - wie von der Beklagten angenommen - jedenfalls mit Wirkung für die Zukunft, dh jedenfalls ab dem Folgemonat des Zugangs der Bescheide vom [X.], also ab [X.], zu Recht zu höheren von der [X.]lägerin zu tragenden Beiträgen führte. Entsprechende Einkünfte der [X.]lägerin wurden hier erstmals im Einkommensteuerbescheid für das [X.] vom [X.] erfasst, welcher der Beklagten erst am 27.4.2009 zuging.

b) Grundlage für die Bemessung der Beiträge der [X.]lägerin für die Zeit ab [X.] ist § 3 Abs 1 der ab 1.1.2009 geltenden "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen [X.]rankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge" vom 27.10.2008 (idF vom 17.12.2008 - [X.] Selbstzahler; zu deren Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht allgemein: vgl [X.] vom 19.12.2012 - [X.] [X.]R 20/11 R - [X.] 4-2500 § 240 [X.]7, auch zur Veröffentlichung in [X.], 1 vorgesehen).

Die [X.] hat der [X.] seines [X.] aus § 240 Abs 1 S 1 und 2 [X.] (in der hier maßgebenden Fassung des [X.]-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007, [X.]) erlassen. Danach wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der [X.] ab 1.1.2009 nicht mehr durch die Satzung der jeweiligen [X.]rankenkasse, sondern einheitlich durch den [X.] geregelt; dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds berücksichtigt.

Durch die Bezugnahme auf die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in § 240 Abs 1 S 2 [X.] (zum [X.] eingeführt durch das [X.] <[X.]> vom 20.12.1988, [X.] 2477) sollte erreicht werden, dass der Beitragspflicht "alle Einnahmen und Geldmittel" zugrunde gelegt werden, "die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte", dies "ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung", jedoch auch "nicht automatisch …, ohne daß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit geprüft wird" (so Gesetzentwurf der Fraktionen der [X.] und [X.] zum [X.], BT-Drucks 11/2237 [X.] Zu § 249 Zu Absatz 1). Diese nach der Entstehungsgeschichte authentische inhaltliche Ausfüllung des Begriffs der "gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" durch die Heranziehung aller "Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte" (in diesem Sinne auch die stRspr des BSG, vgl zuletzt [X.], 62 = [X.] 4-2500 § 240 [X.]6, Rd[X.] 23; ferner zB [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 240 Rd[X.]5 ) hat der Bund der [X.]rankenkassen durch eine inhaltsgleiche Formulierung in § 3 Abs 1 der [X.] Selbstzahler übernommen.

Für freiwillige Mitglieder, die - wie die [X.]lägerin - hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, gilt nach § 240 Abs 4 S 2 [X.] als beitragspflichtige Einnahmen für den [X.]alendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 [X.]), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste, für freiwillige Mitglieder, die einen monatlichen Gründungszuschuss nach § 93 [X.] oder eine entsprechende Leistung nach § 16b [X.] erhalten, der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Nach § 240 Abs 4 S 3 [X.] bestimmt der [X.], unter welchen Voraussetzungen darüber hinaus der Beitragsbemessung hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger niedrigere Einnahmen, mindestens jedoch der sechzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße, zugrunde gelegt werden. Dabei sind insbesondere das Vermögen des Mitglieds sowie Einkommen und Vermögen von Personen, die mit dem Mitglied in Bedarfsgemeinschaft leben, zu berücksichtigen (§ 240 Abs 4 S 4 [X.]). Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach § 240 Abs 4 S 2 [X.] können nach § 240 Abs 4 S 6 [X.] nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden.

aa) Das Begehren der [X.]lägerin ist vor dem aufgezeigten Hintergrund nicht etwa schon deshalb unbegründet, weil es zu einem Unterschreiten der in § 240 Abs 4 S 2 [X.] vorgesehenen Mindesteinnahmen führen würde. Die von der Beklagten der Beitragserhebung ab [X.] zugrunde gelegten Einkünfte der [X.]lägerin übersteigen vielmehr die Mindestgrenze von [X.] der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV (alte Bundesländer: 2009: 1890 Euro, 2010 und 2011: 1916 Euro, 2012: 1969 Euro, 2013: 2021 Euro) auch im Fall ihrer Reduzierung um 720 Euro.

bb) Die [X.]lägerin kann allerdings nicht beanspruchen, dass ein Teil der ihr gewährten [X.] bei der Beitragserhebung unberücksichtigt bleiben soll.

Weil § 240 Abs 1 [X.] an die "gesamte" wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds anknüpft, ist nach der Rechtsprechung des [X.]s die Beitragspflicht nicht auf bestimmte, allein dem Arbeitsentgelt gleichstehende Einkunftsarten beschränkt, mögen die Einkünfte dem Versicherten auch als Sozialleistungen als Ausgleich für ein finanzielles Defizit zufließen (vgl zB BSG [X.] 4-2500 § 240 [X.] Rd[X.]4). Die Grenzziehung zwischen beitragspflichtigen und von der Beitragspflicht ausgenommenen Leistungen erfordert regelmäßig eine wertende Entscheidung dazu, ob die Leistungen der Bestreitung des Lebensunterhalts zugeordnet werden können oder ob sie ausnahmsweise - etwa weil sie Leistungen vergleichbar sind, für die das BSG in seiner Rechtsprechung zu § 240 [X.] Derartiges bereits anerkannt hat - eine besondere, eigenständige Zweckbestimmung außerhalb des allgemeinen Lebensunterhalts aufweisen (so bereits [X.], 62 = [X.] 4-2500 § 240 [X.]6, Rd[X.] 29 f). So differenziert der [X.] zB auch weiterhin bei den Leistungen nach dem [X.]II zur Befriedigung eines einen Heimaufenthalt erfordernden Pflegebedarfs zwischen der beitragspflichtigen Hilfe zum Lebensunterhalt (die ein außerhalb einer stationären Einrichtung lebender Hilfebedürftiger zur Befriedigung seines allgemeinen Lebensunterhalts erhalten hätte) einerseits und nicht beitragspflichtigen pflegebezogenen Zuwendungen, deren besondere Zweckbestimmung (vergleichbar der früheren Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem [X.]) ausschließlich in der [X.]ompensation der konkreten Auswirkungen der Pflegebedürftigkeit liegt, andererseits ([X.], 62 = [X.] 4-2500 § 240 [X.]6, Rd[X.] 27 ff; [X.] vom 19.12.2012 - [X.] [X.]R 20/11 R - [X.] 4-2500 § 240 [X.]7 Rd[X.]7, auch zur Veröffentlichung in [X.], 1 vorgesehen).

c) In Anwendung der vorstehend dargestellten Grundsätze kann die [X.]lägerin nicht beanspruchen, einen Teil der ihr gewährten [X.] von der Festsetzung ihrer zu verbeitragenden Einnahmen abzusetzen.

aa) Insoweit kann offenbleiben, ob dies bereits daraus folgt, dass in den maßgeblichen Einkommensteuerbescheiden ohnehin nur der Gesamtbetrag der als [X.] qualifizierten Leistungen in Höhe von insgesamt umgerechnet monatlich 1800 Euro ausgewiesen ist. So kann nach der Rechtsprechung des [X.]s der Nachweis von Einnahmen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen nur durch Einkommensteuerbescheide geführt werden, weil andere Unterlagen als der Einkommensteuerbescheid nicht geeignet sind, eine für die konkrete Beitragsbemessung verlässliche und für die Vergangenheit abschließende Datenbasis zu liefern (vgl [X.], 133 = [X.] 3-2500 § 240 [X.] 27; [X.], 153 = [X.] 4-2500 § 240 [X.]2, Rd[X.]5 ff). Dies hat der [X.] auch auf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von freiwilligen Mitgliedern ausgedehnt ([X.] vom 30.10.2013 - [X.] [X.]R 21/11 R - zur Veröffentlichung in [X.] 4 vorgesehen). Es könnte erwogen werden, ob eine entsprechende Nachweispflicht auch für sonstige Einkünfte iS von § 22 [X.] S 3 Buchst a bb EStG angezeigt ist; dies kann hier indessen offenbleiben.

bb) Jedenfalls sind die der [X.]lägerin von der [X.] gewährten monatlichen Rentenleistungen nicht - auch nicht teilweise - von der Beitragserhebung zur freiwilligen Versicherung in der [X.] auszunehmen. Den Rentenleistungen kommt trotz des ihnen innewohnenden Zwecks, mittels des Haftpflichtversicherungs- und des Versicherungsvertragsrechts anstelle eines Schädigers (bzw neben diesem) Ersatz für die eingetretenen gesundheitlichen und finanziellen Folgen eines [X.] erlittenen Verkehrsunfalls zu gewähren, weder allgemein nach ihrer Rechtsnatur noch im konkreten Fall eine dafür nötige, in der Rechtsordnung vorgesehene privilegierte Sonderstellung zu.

[X.]n sind wiederkehrende, regelmäßig bis zum Tod des Berechtigten zu leistende Zahlungen (vgl §§ 759 ff [X.]; BSG [X.] 2200 § 180 [X.]2). Eine besondere ([X.]) Zweckbestimmung, die wertungsmäßig den Stellenwert der og Leistungen der Beschädigtengrundrente nach § 31 [X.], Leistungen in Form der (früheren) Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem [X.], den (heutigen) Leistungen des [X.]II zur Befriedigung des einen stationären Heimaufenthalt erfordernden Pflegebedarfs oder der besonderen Zuwendung für [X.] nach dem [X.] erreicht, wohnt derartigen Leistungen nicht inne. Insbesondere wird die Leistung nicht für ein der Allgemeinheit zuzurechnendes, vom Betroffenen erlittenes Sonderopfer gewährt, sondern beruht auf zivilrechtlichen Vereinbarungen zwischen der [X.]lägerin und der [X.] im Rahmen des versicherungsmäßigen Ausgleichs der schadensersatzrechtlichen Ansprüche einer Privatperson, die schicksalhaft einen Verkehrsunfall erlitten hat und so gestellt werden soll, wie wenn es zu dem Schadensereignis nicht gekommen wäre.

Auch besteht im vorliegenden Fall kein Grund für eine gebotene beitragsrechtliche Privilegierung der Rentenleistungen unter dem Blickwinkel, dass das BSG in seiner Rechtsprechung zu § 240 [X.] bereits vor Inkrafttreten der [X.] Selbstzahler für die im Streit stehenden Einkünfte eine besondere, eigenständige und im Beitragsrecht der [X.] fortwirkende Zweckbestimmung anerkannt hätte (vgl zu diesem Gesichtspunkt erneut [X.], 62 = [X.] 4-2500 § 240 [X.]6, Rd[X.] 29; [X.] vom 3.7.2013 - [X.] [X.]R 27/12 R - [X.] 4-2500 § 240 [X.]8 Rd[X.]8, auch zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). Der [X.] hat vielmehr umgekehrt bereits unter Geltung der auf § 240 [X.] fußenden Regelungsbefugnis der [X.]rankenkassen durch Satzung entschieden, dass [X.] aus einem privatrechtlichen Versicherungsvertrag bei freiwillig versicherten Mitgliedern der [X.] mit dem Zahlbetrag beitragspflichtig sind (BSG [X.] 3-2500 § 240 [X.]1, insbes [X.] ff). Als Gründe für diese Behandlung hat er die im Rahmen des § 240 [X.] entscheidende bloße Eignung der der Abdeckung eines bestimmten Lebensrisikos dienenden privatrechtlichen [X.]leistungen hervorgehoben, zum Lebensunterhalt des Leistungsempfängers verbraucht zu werden und damit die Eignung der Leistungen, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betroffenen [X.]. Der [X.] hat in diesem Zusammenhang auch von einer zweckbezogenen Differenzierung bzw Privilegierung hinsichtlich eines Teils der Leistungen abgesehen.

An dieser Rechtsprechung hält der [X.] auch unter Geltung der [X.] Selbstzahler und trotz der von der [X.]lägerin für ihre gegenteilige Ansicht vorgetragenen Argumente fest. Der [X.]lägerin kann nicht darin gefolgt werden, dass diese Rechtsprechung nicht einschlägig sei, weil ihr von der [X.] keine private Unfallrente, sondern "vollständig individualisierbarer Schadensersatz" geleistet werde. Dagegen spricht hier schon, dass es sich bei den der Beitragserhebung zugrunde gelegten monatlichen Einnahmen um eine lebenslang gewährte monatliche [X.] handelt, die nach den nicht von der Revision angegriffenen und daher für den [X.] bindenden Feststellungen des [X.] (vgl § 163 S[X.]) nur in Bezug auf die Berechnungselemente für ihre konkrete Höhe (auch) an die behinderungsbedingten Mehrbelastungen anknüpft, insgesamt aber gleichwohl einen nur "pauschalierten Ausgleich" gewähren soll. Demzufolge handelt es sich bei der Leistung gerade nicht um den reinen Ausgleich exakt bestimmbarer Schäden im Sinne eines der Höhe nach konkreten Aufwendungsersatzes. Es bedarf bei alledem auch (weiterhin) keiner Beantwortung der vom [X.] in der [X.] (BSG [X.] 3-2500 § 240 [X.]1 S 209) offengelassenen Frage, ob unter Geltung des [X.] zu den "Einnahmen zum Lebensunterhalt" in § 61 Abs 2 [X.] [X.] eine Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung gehören würde, jedoch nicht der Teil, der der Grundrente nach dem [X.] entspräche ([X.] 71, 299, 303, 304 = [X.] 3-2500 § 61 [X.] 2 S 11). Zudem ist - nach wie vor - eine Rechtsgrundlage für die von der [X.]lägerin gewünschte Aufteilung der ihr in fixen monatlichen Beträgen gewährten [X.] in einen beitragspflichtigen "Verdienstausfall-Teil" und einen nicht beitragspflichtigen "Mehrbedarfs-Teil" nicht ersichtlich.

3. Das gewonnene Ergebnis verletzt keine Grundrechte der [X.]lägerin, insbesondere verstößt es nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art 3 [X.].

Ein Verstoß gegen den speziellen, Benachteiligungen wegen einer Behinderung verbietenden Gleichheitssatz nach Art 3 Abs 3 S 2 [X.] ist zu verneinen. Eine für die Bejahung eines solchen Verstoßes erforderliche Beeinträchtigung läge nur vor, wenn eine bestimmte nachteilige Rechtsfolge an die Behinderung direkt anknüpft (direkte Ungleichbehandlung, vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2012, Art 3 Rd[X.]44 f mwN). Daran fehlt es, weil die von der [X.]lägerin angegriffene Beitragserhebung zur freiwilligen Versicherung in der [X.] unmittelbar an ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Eignung der privaten [X.]leistungen für den Verbrauch zu ihrem Lebensunterhalt ansetzt. Zwar wird diese Leistungsfähigkeit auch durch die ihr von der [X.] wegen der eingetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigung gewährte [X.] mitgeprägt. Der Umstand der Behinderung der [X.]lägerin ist dabei jedoch - verfassungsrechtlich unbedenklich - beitragsrechtlich nur mittelbar und in pauschalierter Weise von Bedeutung, wobei sich aus dem Unfall ergebende besondere Beitragslasten ohnehin von der Ersatzpflicht des Schädigers mitumfasst und insoweit von diesem auszugleichen wären (vgl zB [X.] in [X.], [X.], 73. Aufl 2014, § 249 Rd[X.] 55 mwN).

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 [X.] liegt ebenfalls nicht vor. Soweit die [X.]lägerin rügt, dass sie im Falle der Vereinbarung einer einmaligen [X.]apitalabfindung zum Ausgleich des Unfallschadens durch die [X.] anstelle der Gewährung monatlicher Rentenleistungen in Form einer laufenden [X.] im Ergebnis niedrigere Beiträge für ihre freiwillige Versicherung in der [X.] zahlen müsste, vergleicht sie schon unterschiedliche Lebenssachverhalte, die für das Beitragsrecht im Zusammenhang mit § 240 [X.] auch zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen würden. Dabei lässt sie insbesondere außer Ansatz, dass bei einer (höher ausgefallenen) [X.]apitalabfindung Beiträge auf uU daraus resultierenden Zinseinkünften zu erheben wären. Dass angesichts der verschiedenen Lebenssachverhalte in verfassungswidriger Weise für eine unterschiedliche beitragsrechtliche Behandlung keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht mehr bestehen, dass sie hier ungleiche Rechtsfolgen rechtfertigen können (dazu allgemein zB [X.] 82, 126, 146; 88, 87, 97), ist nicht erkennbar.

4. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 S[X.].

Meta

B 12 KR 24/12 R

18.12.2013

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Speyer, 16. Januar 2012, Az: S 7 KR 21/10, Urteil

§ 240 Abs 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 240 Abs 4 SGB 5, Art 3 Abs 1 GG, Art 3 Abs 3 S 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 18.12.2013, Az. B 12 KR 24/12 R (REWIS RS 2013, 152)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 152

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 12 R 5/17 R (Bundessozialgericht)


B 12 KR 16/16 R (Bundessozialgericht)

(Krankenversicherung - freiwilliges Mitglied - Beitragspflicht einer auf einer Einmalleistung beruhenden Sofortrente - Beitragsbemessung aus …


B 12 KR 9/10 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - freiwilliges Mitglied - Beitragsbemessung - Satzungsregelung - Berücksichtigung von Ehegatten-Einkommen - Verfassungsmäßigkeit


B 12 KR 11/20 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Beitragsbemessung freiwillig Versicherter - Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen - Abzug von Werbungskosten bei Einnahmen …


B 12 KR 6/15 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - freiwillig Versicherte - Elterngeldbezug - Entrichtung von Mindestbeiträgen ist verfassungsgemäß - beitragsrechtliche Ungleichbehandlung …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.