Bundessozialgericht, Urteil vom 28.06.2022, Az. B 12 KR 11/20 R

12. Senat | REWIS RS 2022, 3280

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Krankenversicherung - Beitragsbemessung freiwillig Versicherter - Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen - Abzug von Werbungskosten bei Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen ist im Hinblick auf zu wahrende Belastungsgleichheit freiwillig Versicherter auch bei Unterhaltsleistungen geboten - keine einnahmemindernde Berücksichtigung des Versicherungsbeitrags zur Altersvorsorge


Leitsatz

Der in den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen geregelte Abzug von Werbungskosten bei Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen ist mit Rücksicht auf das Gebot der Belastungsgleichheit auch bei Unterhaltsleistungen geboten.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des [X.] vom 19. Februar 2020 und des [X.] vom 15. September 2017 sowie der Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2016 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 28. Juli 2016 und des Widerspruchsbescheids vom 23. August 2016, der Bescheid vom 19. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. April 2017 sowie der Bescheid vom 19. Dezember 2017 insoweit aufgehoben, als die Beklagte die Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung für die [X.] vom 1. Juni 2016 bis zum 31. Januar 2017 nach höheren beitragspflichtigen Einnahmen als 1/90stel der monatlichen Bezugsgröße je Kalendertag und für die [X.] vom 1. Februar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 nach höheren monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen als 1048,50 Euro festgesetzt hat. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in allen Rechtszügen zu drei Vierteln.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) über die Beitragsfestsetzung zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) für den [X.]raum von Juni 2016 bis Dezember 2017 oberhalb des [X.].

2

Die Klägerin ist freiwilliges Mitglied der beklagten Krankenkasse. Im Mai 2014 schloss sie in einem familiengerichtlichen Verfahren einen Vergleich über den an sie zu zahlenden nachehelichen Unterhalt. Danach ist ua ab April 2013 ein Betrag von monatlich 1000 [X.] zu zahlen, in dem ein "Versicherungsbeitrag von monatlich 419,19 [X.] enthalten" ist (Ziffer 1 Satz 2 des Vergleichs).

3

Auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheids vom [X.] für das [X.] ([X.] 2014) berücksichtigte die Beklagte bei der Festsetzung der Beiträge zur [X.] von 195,39 [X.] monatlich für die [X.] die monatlichen Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb in Höhe von ([X.]) 34,08 [X.], aus Vermietung und Verpachtung [X.] 101 [X.] sowie die Einnahmen aus Unterhaltsleistungen [X.] 1150,42 [X.] (13 805 [X.] jährlich); die im [X.] 2014 ausgewiesenen Werbungskosten für Unterhaltsleistungen [X.] 5836 [X.] (486,34 [X.] monatlich) wurden nicht in Abzug gebracht (Bescheid vom 7.6.2016; rechnerische Korrektur um 0,69 [X.] durch Abhilfebescheid vom 28.7.2016, Widerspruchsbescheid vom [X.]). Während des Klageverfahrens setzte die Beklagte die Beiträge zur [X.] unter Berücksichtigung der im Einkommensteuerbescheid vom [X.] für das [X.] ([X.] 2015) ausgewiesenen Unterhaltsleistungen [X.] 12 000 [X.] (1000 [X.] monatlich) erneut ohne Abzug der Werbungskosten [X.] 724 [X.] (60,33 [X.] monatlich) für die [X.] ab 1.2.2017 [X.] 168,55 [X.] neu fest (Bescheid vom 19.1.2017; Widerspruchsbescheid vom [X.]). Mit Bescheid vom 19.12.2017 stellte die Beklagte nach Auswertung einer aktuellen [X.] fest, dass der Beitrag unverändert bleibe. Für die [X.] ab 1.1.2018 wurden die Beiträge neu festgesetzt.

4

Klage und Berufung gegen die Erhebung von Beiträgen zur [X.] für die [X.] vom 1.6.2016 bis zum 31.12.2017 oberhalb des [X.] sind erfolglos geblieben ([X.] vom 15.9.2017; L[X.] vom 19.2.2020). Das [X.] hat zur Begründung ausgeführt, es sei nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die aus Ziffer 1 Satz 2 des Vergleichs eventuell folgende Zweckbindung eines Teils des vereinbarten Unterhaltsanspruchs unberücksichtigt gelassen habe. Der insoweit vereinbarte Altersvorsorgeunterhalt sei nicht mit den zur Kompensation eines besonderen persönlichen Bedarfs dienenden Leistungen, "Hilfe in besonderen Lebenslagen“ und Leistungen des [X.] Entschädigungsrechts vergleichbar. Auch seien die steuerrechtlich berücksichtigten Werbungskosten bei der Feststellung der beitragspflichtigen Einnahmen nicht in Abzug zu bringen. Die Beitragserhebung bei sonstigen, nicht hauptberuflich selbstständig erwerbstätigen freiwillig Versicherten wie der Klägerin folge konzeptionell dem [X.]. Werbungskosten seien nach den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler (BeitrVerfGrsSz) nur ausnahmsweise bei Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sowie bei Einnahmen aus Kapitalvermögen abzuziehen. Für eine analoge Anwendung fehle es daher schon an einer ungewollten Regelungslücke. Die unterschiedliche Behandlung von Unterhaltsleistungen einerseits sowie Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen andererseits sei sachlich gerechtfertigt. Letztere Einkünfte würden aus vorhandenen Vermögenswerten erzielt und gingen zwingend mit Aufwendungen einher. Unterhaltsleistungen resultierten hingegen aus einer ehelichen Verantwortung und seien nicht zwangsläufig mit Aufwendungen verbunden. Darüber hinaus seien Unterhaltsansprüche im Bereich der Krankenversicherung typischerweise ein Ersatz für die entfallene Teilhabe am Arbeitsentgelt des Unterhaltsverpflichteten. Auch das spreche dafür, bei Unterhaltsberechtigten vergleichbar mit abhängig Beschäftigten und Rentnern das [X.] heranzuziehen.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 240 Abs 1 und 2 sowie § 223 Abs 2 SGB V und Art 3 Abs 1 GG. Die Altersvorsorgebeiträge stünden für ihren Lebensunterhalt nicht zur Verfügung. Die Beitragserhebung folge bei freiwillig Versicherten nicht generell dem [X.]. Das sowohl bei Arbeitseinkommen als auch bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen geltende Nettoprinzip sei aus [X.] auch auf Unterhaltsleistungen als sonstige Überschusseinkünfte anzuwenden. Für eine Ungleichbehandlung fehle ein sachlicher Grund.

6

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des [X.] vom 19. Februar 2020 und des [X.] vom 15. September 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2016 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 28. Juli 2016 und des Widerspruchsbescheids vom 23. August 2016, den Bescheid vom 19. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. April 2017 sowie den Bescheid vom 19. Dezember 2017 insoweit aufzuheben, als die Beklagte die Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung für die [X.] vom 1. Juni 2016 bis zum 31. Dezember 2017 nach höheren beitragspflichtigen Einnahmen als 1/90stel der monatlichen Bezugsgröße je Kalendertag festgesetzt hat.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

8

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist teilweise begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 [X.]G). Das [X.] hat zu Unrecht in vollem Umfang die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des [X.] zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 19.12.2017 abgewiesen. Das mit der (Teil-)Anfechtungsklage verfolgte Begehren der Klägerin richtet sich noch gegen die Festsetzung der Beiträge zur [X.] nach höheren kalendertäglichen beitragspflichtigen Einnahmen als 1/90stel der monatlichen Bezugsgröße (Mindesteinnahmen). Die Revision hat insoweit Erfolg, als die Beklagte bei der Beitragsbemessung für die [X.] vom 1.6.2016 bis zum 31.1.2017 - wie beantragt - nur die Mindesteinnahmen und für die [X.] vom 1.2. bis zum 31.12.2017 nur Einnahmen [X.] monatlich 1048,50 Euro hätte heranziehen dürfen. In Bezug auf den Differenzbetrag zu den Mindesteinnahmen (991,67 Euro monatlich) hat die Revision keinen Erfolg (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G).

Die angegriffenen Bescheide sind im Umfang ihrer Aufhebung rechtswidrig und verletzen die Klägerin insoweit in ihren Rechten. Die Unterhaltsleistungen sind zwar nach beitragsrechtlichen Maßstäben (dazu [X.]) - unabhängig von den besonderen steuerrechtlichen Voraussetzungen des [X.]s (dazu I[X.]) - beitragspflichtig. Die Beklagte hat von den Unterhaltszahlungen auch zutreffend nicht den im [X.] benannten "Versicherungsbeitrag" abgesetzt (dazu II[X.]). Sie hätte jedoch die in den [X.] und 2015 ausgewiesenen Werbungskosten einkommensmindernd berücksichtigen müssen (dazu [X.]). Infolgedessen waren Beiträge zur [X.] für die [X.] vom 1.6.2016 bis zum 31.1.2017 nach Mindesteinnahmen und für die [X.] danach bis zum 31.12.2017 nach Einnahmen [X.] 1048,50 Euro festzusetzen (dazu V.).

[X.] Unterhaltsleistungen sind bei der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der [X.] grundsätzlich als Einnahmen zu berücksichtigen. Nach § 240 Abs 1 und Abs 2 Satz 1 [X.]B V in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der [X.] vom 21.7.2014 ([X.] 1133) wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der [X.] einheitlich durch den [X.] ([X.]) geregelt; dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (§ 240 Abs 2 Satz 1 [X.]B V in der Fassung des [X.] des [X.] in der [X.] vom 26.3.2007, [X.] 378). Diesem Regelungsauftrag ist der [X.] durch Erlass der BeitrVerfGrsSz vom 27.10.2008 (Die Beiträge 2009, 183 ff; für die hier streitige [X.] vom 1.6.2016 bis zum 31.12.2017 idF der sechsten Änderung vom 10.12.2014 - eBAnz vom 15.12.2014) grundsätzlich im Einklang mit höherrangigem Gesetzes- und Verfassungsrecht (B[X.] Urteil vom 10.10.2017 - [X.] KR 16/16 R - [X.] 4-2500 § 240 [X.] Rd[X.] 15 mwN) nachgekommen.

Gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BeitrVerfGrsSz werden die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds bemessen, wobei die Beitragsbemessung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen hat. Als beitragspflichtige Einnahmen sind das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen (§ 3 Abs 1 Satz 1 BeitrVerfGrsSz). Die Grenzziehung zwischen beitragspflichtigen und von der Beitragspflicht ausgenommenen Einnahmen erfordert regelmäßig eine wertende Entscheidung dazu, ob sie dem Bestreiten des Lebensunterhalts zugeordnet werden können oder ausnahmsweise eine besondere eigenständige Zweckbestimmung außerhalb des allgemeinen Lebensunterhalts aufweisen (B[X.] Urteil vom 10.10.2017 - [X.] KR 16/16 R - [X.] 4-2500 § 240 [X.] Rd[X.] 18 mwN). Danach gehören die Unterhaltsleistungen zu den beitragspflichtigen Einnahmen im Sinne (iS) des § 3 Abs 1 Satz 1 BeitrVerfGrsSz. Denn sie stehen der Klägerin grundsätzlich zum Verbrauch für den allgemeinen Lebensunterhalt zur Verfügung und prägen daher wesentlich ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit iS von § 240 Abs 1 Satz 2 [X.]B V. Dieser Zweck ergibt sich ungeachtet des tatsächlichen Verbrauchs aus den Vorschriften des Familienrechts. Danach umfasst der nacheheliche Unterhalt den gesamten Lebensbedarf (§ 1578 Abs 1 Satz 2 BGB). Der Unterhaltsanspruch entsteht nach Rechtskraft des Scheidungsurteils, wenn der bedürftige Ehegatte wegen fehlender angemessener Erwerbstätigkeit (§ 1573 Abs 1 BGB) nicht selbst für seinen Unterhalt sorgen kann (§ 1569 Abs 1 Satz 1 BGB).

I[X.] Auf die Steuerpflicht von Unterhaltsleistungen im Rahmen des begrenzten [X.]s (dazu 1.) kommt es für die beitragsrechtliche Qualifizierung als Einnahme nicht an (dazu 2.).

1. Unterhaltsleistungen unterliegen nach § 22 [X.] 1a Einkommensteuergesetz (EStG; idF des [X.] an den [X.] und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014, [X.] 2417) in Verbindung mit (iVm) § 10 Abs 1a [X.] 1 EStG (idF des [X.] 2015 vom 2.11.2015, [X.] 1834) als sonstige Überschusseinkünfte bis zu einem Höchstbetrag von grundsätzlich 13 805 Euro nur dann der Einkommensteuer, wenn und soweit die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug beim Unterhaltspflichtigen erfüllt sind (Korrespondenzprinzip). Dafür ist insbesondere erforderlich, dass der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt. Die vom Unterhaltsberechtigten zu zahlende Einkommensteuer hat der Unterhaltsleistende in der Regel zivilrechtlich auszugleichen. Solche Ausgleichszahlungen sind wiederum Unterhaltsleistungen iS der genannten Vorschriften, die der Empfänger gegebenenfalls zu versteuern hat (vgl [X.] Beschluss vom 28.11.2007 - [X.]/07 - juris Rd[X.] 4). Fehlt die Zustimmung des Empfängers, kann der Unterhaltspflichtige die Unterhaltsleistungen nur als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a EStG geltend machen, beim Empfänger bleiben sie steuerfrei. Es obliegt somit der gemeinsamen Entscheidung der [X.], ob die Unterhaltsleistungen beim Unterhaltsberechtigten versteuert werden. Die einvernehmliche Besteuerung von Unterhaltsleistungen führt insgesamt betrachtet zumeist zu einer Minderung der Steuerlast. Wirtschaftlich wird so das bis zum Kalenderjahr der Trennung in Betracht kommende Ehegattensplitting nach § 32a Abs 5 EStG in begrenztem Umfang fortgesetzt ("begrenztes [X.]", vgl dazu ausführlich [X.] Urteil vom [X.] - [X.]/07 - juris). Die gesetzliche Regelung entspricht insoweit dem Prinzip der materiell-rechtlichen Korrespondenz und beruht auf dem Konzept des Transfers von Einkünften.

2. Die Qualifizierung einer Unterhaltsleistung als Einnahme iS des § 240 [X.]B V ist nicht davon abhängig, ob und inwieweit diese auch steuerpflichtig ist (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.]B V, § 240, 5. EL 2018, Rd[X.] 80). Anders als § 10 [X.]B V stellen weder § 240 [X.]B V noch die BeitrVerfGrsSz ausdrücklich auf den Begriff des Gesamteinkommens ab, der nach der Legaldefinition des § 16 [X.]B IV auf die Summe der Einkünfte iS des Einkommensteuerrechts 2 Abs 1 und 2 EStG) verweist (zu § 10 [X.]B V iVm § 16 [X.]B IV vgl B[X.] Urteil vom [X.] KR 2/20 R - B[X.]E 132, 245 = [X.] 4-2500 § 10 [X.] 13, Rd[X.] 15; zur Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen und Werbungskosten beim Gesamteinkommen nach § 10 Abs 1 [X.] 5 [X.]B V iVm § 16 [X.]B IV vgl B[X.] Urteil vom 3.2.1994 - 12 RK 5/92 - [X.] 3-2500 § 10 [X.] 4 - juris Rd[X.] 21 ff). Vielmehr ist in § 3 Abs 1 Satz 1 BeitrVerfGrsSz geregelt, dass beitragspflichtige Einnahmen "ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung" zugrunde zu legen sind. Dadurch wird zwar nicht die Außerachtlassung des Steuerrechts an sich angeordnet, sondern lediglich klargestellt, dass im Beitragsrecht der [X.] eine strikte Bindung weder an die steuerrechtlichen Einkunftsarten noch deren jeweilige Besteuerung besteht (B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] KR 31/19 R - [X.] 4-2500 § 240 [X.] 37 Rd[X.] 16; vgl auch B[X.] Urteil vom [X.] KR 12/13 R - [X.] 4-2500 § 240 [X.] 26 Rd[X.] 15). Fehlt es im Sozialversicherungsrecht an einer Geltungsanordnung hinsichtlich des Steuerrechts, ist in der Regel den Besonderheiten der jeweiligen Rechtsmaterie Rechnung zu tragen (vgl B[X.] Urteil vom [X.] KR 2/20 R - aaO Rd[X.] 16 mwN). Für die Heranziehung steuerrechtlicher Regelungen ist daher nur Raum, soweit das Steuerrecht auch mit beitragsrechtlichen Wertungen übereinstimmt. Das ist im Hinblick auf das begrenzte [X.] nicht der Fall.

Für die Beitragspflicht kommt es nicht auf die Zustimmung des Unterhaltsempfängers zum Sonderausgabenabzug des Unterhaltsverpflichteten an. Denn das Beitragsrecht kennt keinen mit dem Einkommensteuerrecht vergleichbaren Grundsatz, wonach eine einmal versteuerte Einkunft bei Weiterleitung an Dritte zur Unterhaltsgewährung [X.] herangezogen werden darf. Vielmehr muss nach einer Ehescheidung der unterhalts- und versicherungspflichtige Ehegatte seinen Beitragsanteil nach dem [X.] gegebenenfalls aus seinem Arbeitsentgelt tragen, während sein früherer, nicht mehr familienversicherter Ehegatte Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung aus dem Unterhalt zahlen muss, und zwar unabhängig davon, ob sich die geschiedenen Ehegatten für ein begrenztes [X.] entschieden haben oder nicht (so bereits B[X.] Urteil vom 3.2.1994 - 12 RK 5/92 - [X.] 3-2500 § 10 [X.] 4 S 20 - juris Rd[X.] 28; vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.]B V, § 240, 5. EL 2018, Rd[X.] 80). Dass der unterhaltspflichtige Ehegatte sein Einkommen für die Unterhaltszahlung verwenden muss, ist für ihn und auch die Unterhaltsberechtigte, deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch die Unterhaltszahlungen zunimmt, beitragsrechtlich unerheblich. Die Anwendung unterschiedlicher Grundsätze im Steuer- und im Beitragsrecht ist insoweit verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl [X.] Beschluss vom 15.4.1986 - 1 BvR 1304/85 - [X.] 2200 § 385 [X.] 15 S 73 f).

Für die Beitragspflicht der Unterhaltsleistungen ist daher auch grundsätzlich nicht der steuerrechtliche Höchstbeitrag des § 10 Abs 1a [X.] 1 Satz 1 EStG [X.] 13 805 Euro maßgeblich. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird durch die tatsächlich erbrachten Leistungen bestimmt, die gegebenenfalls höher sein können als der in Anspruch genommene Sonderausgabenabzug im Fall der Steuerpflicht. Dennoch kann der Einkommensteuerbescheid zum Nachweis der Unterhaltsleistungen im Fall der Steuerpflicht auch bezüglich deren Höhe herangezogen werden, wenn sich - wie hier aus dem [X.] - keine Anhaltspunkte für tatsächlich darüber hinausgehende Leistungen im streitgegenständlichen [X.]raum ergeben.

II[X.] Der im familiengerichtlichen Vergleich gesondert ausgewiesene Versicherungsbeitrag ist nicht aufgrund einer besonderen Stellung in der Rechtsordnung einnahmemindernd zu berücksichtigen. Der [X.] hat nur in seltenen Ausnahmefällen bestimmte Einnahmen, die nicht in erster Linie auf die Befriedigung des allgemeinen Lebensunterhalts ausgerichtet sind, wegen ihres speziellen Zwecks von der Beitragsbemessung ausgenommen. Das sind zum einen (Sozial-)Leistungen, die gerade der Kompensation eines besonderen persönlichen Bedarfs dienen oder als "Hilfe in besonderen Lebenslagen" nicht für den "allgemeinen" Lebensbedarf des Betroffenen bestimmt sind, sondern dem Betroffenen ungekürzt erhalten bleiben sollen. Zum anderen sind nicht zu verbeitragen Geldleistungen des [X.] Entschädigungsrechts, die in Ansehung eines in der Verantwortung der staatlichen Gemeinschaft erlittenen Sonderopfers gewährt werden und in nahezu der gesamten Rechtsordnung nicht als Einkommen gelten (B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] KR 31/19 R - [X.] 4-2500 § 240 [X.] 37 Rd[X.] 26 mwN). Solchen Einnahmen ist gemein, dass sie auf einer förmlichen gesetzlichen Grundlage beruhen, aus der sich unmittelbar oder ausnahmsweise mittelbar eine beitragsrechtliche Privilegierung durch eine anerkennenswerte ([X.]) Zwecksetzung ableiten lässt (vgl B[X.] Urteil vom 7.6.2018 - [X.] KR 1/17 R - [X.] 4-2500 § 240 [X.] 35 Rd[X.] 23; § 3 Abs 1 Satz 3 Halbsatz 2 BeitrVerfGrsSz). Der Versicherungsbeitrag dient nicht einem solchen besonderen Zweck.

Die familienrechtliche Vorschrift des § 1578 BGB stellt klar, dass die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und Pflegebedürftigkeit (Abs 2) sowie - bei einem Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit - auch für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit (Abs 3) zum Lebensbedarf gehören. Entsprechend wird auch aus dem vor dem [X.] abgeschlossenen Vergleich deutlich, dass der Versicherungsbeitrag Bestandteil des nachehelichen Unterhalts sein soll ("In den ... [X.]enthalten"), der monatlich in einer Summe ausgezahlt wird. Die Klägerin ist als Unterhaltsberechtigte rein faktisch in der tatsächlichen Verwendung der für den Lebensunterhalt gewährten Unterhaltsleistungen frei. [X.] Konsequenzen hat eine zweckwidrige Verwendung der Versicherungsbeiträge erst in einem späteren Versicherungsfall, wenn sich der Berechtigte gegebenenfalls nach § 1579 [X.] 4 BGB so behandeln lassen muss, als hätten die Zahlungen zu einem entsprechenden Versicherungsanspruch geführt (vgl zum Kranken- und Pflegevorsorgeunterhalt B[X.] Urteil vom 19.8.2015 - [X.] KR 11/14 R - [X.] 4-2500 § 240 [X.] 29 Rd[X.] 19 ff mwN).

Selbst wenn die Klägerin den Versicherungsbeitrag zur Altersvorsorge an ein Versicherungsunternehmen abgetreten hätte, läge darin nur eine für die Beitragsbemessung unbeachtliche Verwendung der Einnahmen. Eine Minderung der beitragsrechtlichen Leistungsfähigkeit liegt nicht vor, wenn durch die Abtretung die Befreiung von einer Verbindlichkeit eintritt oder es sich um eine freiwillige Zuwendung handelt (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] KR 4/09 R - [X.] 4-2500 § 240 [X.] 14 Rd[X.] 20; B[X.] Urteil vom 21.12.1993 - 12 RK 28/93 - [X.] 3-2500 § 237 [X.] 3 S 9 - juris Rd[X.] 24). Das [X.] weist außerdem zutreffend darauf hin, dass durch die Einzahlungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auch deshalb nicht geschmälert wird, weil daraus ein Gegenanspruch erwächst.

[X.] Von den Unterhaltsleistungen sind die Werbungskosten einnahmemindernd abzusetzen. Werbungskosten sind nach § 3 Abs 1b Satz 1 BeitrVerfGrsSz ausdrücklich zwar nur von den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen abzuziehen. Dieser Abzug ist im Hinblick auf die regelmäßig zu wahrende Belastungsgleichheit freiwillig Versicherter aber grundsätzlich auch bei Unterhaltsleistungen geboten (dazu 1.). Die Beklagte hätte daher die in den [X.] und 2015 ausgewiesenen Werbungskosten berücksichtigen müssen (dazu 2.).

1. Aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG iVm § 3 Abs 1b BeitrVerfGrsSz folgt, dass der Werbungskostenabzug nicht nur für freiwillig Versicherte mit Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen gilt (zum Abzug von Schuldzinsen bei Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung vgl B[X.] Urteil vom 23.9.1999 - [X.] KR 12/98 R - [X.] 3-2500 § 240 [X.] 31 S 141 ff - juris Rd[X.] 15 ff; s auch bereits B[X.] Urteil vom 24.10.1978 - 12 RK 53/76 - [X.] 2200 § 313a [X.] 6 S 26 f - juris Rd[X.] 22; zur parallelen Wertung hinsichtlich § 62 [X.]B V vgl B[X.] Urteil vom 19.9.2007 - B 1 KR 7/07 R - [X.] 4-2500 § 62 [X.] 3 Rd[X.] 17; zum Nettoprinzip bei Kapitalvermögen unter Ausschluss rein steuerrechtlicher Privilegierungen wie dem vertikalen Verlustausgleich vgl B[X.] Urteil vom [X.] KR 12/13 R - [X.] 4-2500 § 240 [X.] 26 Rd[X.] 27 ff und Sparerfreibetrag B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] KR 8/06 R - B[X.]E 97, 41 = [X.] 4-2500 § 240 [X.] 8, Rd[X.] 19), sondern auch für Versicherte, die Einnahmen aus Unterhaltsleistungen beziehen. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Insbesondere soll ausgeschlossen werden, dass eine Gruppe von Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des [X.]; zB [X.] Beschluss vom 19.12.2012 - 1 BvL 18/11 - [X.]E 133, 1 Rd[X.] 44 mwN).

Nach § 3 Abs 1b Satz 2 BeitrVerfGrsSz handelt es sich bei Werbungskosten - entsprechend der gleichlautenden Definition des § 9 Abs 1 Satz 1 EStG - um Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Als solche mindern sie unmittelbar das wirtschaftliche Ergebnis; sie stehen somit für den Lebensunterhalt nicht zur Verfügung. Im Steuerrecht gilt insoweit für alle steuerpflichtigen Einnahmen das objektive Nettoprinzip (vgl § 2 Abs 2 EStG; vgl [X.] Urteil vom [X.] - 2 BvL 1/07 - [X.]E 122, 210 - juris Rd[X.] 63; [X.] Beschluss vom 30.1.1995 - [X.] - [X.]E 176, 267 - juris Rd[X.] 40), nach dem die erwerbssichernden Aufwendungen von den Einnahmen abgezogen werden. Die Werbungskosten haben bei den Überschusseinkünften systematisch die gleiche Funktion wie die Betriebsausgaben bei den Gewinneinkünften ([X.] in EStG, [X.], § 9 Werbungskosten - Fassung vom 1.1.2019 - Rd[X.] 20). Die Vorschrift des § 240 [X.]B V und die BeitrVerfGrsSz gehen - ähnlich wie das Steuerrecht von der finanziellen Leistungsfähigkeit - von der "wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" des freiwillig Versicherten aus (vgl oben [X.]1.). Für die Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen gilt das aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art 3 Abs 1 GG resultierende Gebot der Belastungsgleichheit, das sich auf alle staatlichen Abgaben erstreckt (vgl [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvL 3/18 - juris Rd[X.] 240 mwN). Dies erfordert nicht nur eine besondere Rechtfertigung für die Erhebung von Beiträgen dem Grunde nach (vgl B[X.] Urteil vom [X.] KR 5/10 R - B[X.]E 110, 130 = [X.] 4-4200 § 46 [X.] 2, Rd[X.] 58) dafür, dass freiwillig Versicherte im Unterschied zu anderen freiwillig Versicherten in höherem Maße zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen werden. Eine solche Rechtfertigung ist für den Ausschluss von Werbungskosten bei Unterhaltsleistungen nicht ersichtlich (dazu a bis e). Insoweit ist eine erweiternde Auslegung der Regelung des § 3 Abs 1b Satz 1 BeitrVerfGrsSz geboten (dazu f).

a) Aus § 240 [X.]B V und den BeitrVerfGrsSz lässt sich kein grundsätzlicher Vorrang des [X.]s bei der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der [X.] ableiten. Anders als in dem nicht zweckgebundenen Steuersystem darf zwar in einem auf Zwangsmitgliedschaft und Beitragspflicht beruhenden Versicherungssystem auf das Bruttoeinkommen und damit eine typisierte Leistungsfähigkeit (vgl zuletzt [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvL 3/18 ua - juris Rd[X.] 253) mit der Folge abgestellt werden, dass Werbungskosten nicht in Abzug zu bringen sind (vgl [X.] Beschluss vom 22.5.2001 - 1 BvL 4/96 - [X.]E 103, 392 = [X.] 3-2500 § 240 [X.] 39 S 194 - juris Rd[X.] 29). Es ist verfassungsrechtlich daher nicht zu beanstanden, dass Arbeitsentgelt, Renten und Versorgungsbezüge einheitlich mit ihrem Bruttobetrag der Beitragsberechnung zugrunde gelegt werden und damit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nur eingeschränkt berücksichtigt wird (vgl bereits B[X.] Urteil vom 28.1.1999 - [X.] KR 24/98 R - [X.] 3-2500 § 237 [X.] 7 S 22 - juris Rd[X.] 22). Entsprechendes gilt für freiwillig Versicherte allerdings nur wegen der Grundsatznorm des § 240 Abs 2 Satz 1 [X.]B V, wonach bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen sind, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (vgl bereits B[X.] Urteil vom [X.] - 12 RK 46/95 - B[X.]E 79, 133, 137 f = [X.] 3-2500 § 240 [X.] 27 S 102 f - juris Rd[X.] 25). Der für Versicherungspflichtige geltende Maßstab ist aus Gründen der Solidarität auch im Rahmen des § 240 [X.]B V heranzuziehen, weil ein freiwilliges Mitglied bei der Beitragsbemessung nicht geringer belastet werden darf als ein vergleichbarer versicherungspflichtig Beschäftigter (vgl für das Arbeitsentgelt iS von § 14 [X.]B IV bereits B[X.] Urteil vom 10.5.1990 - 12 RK 62/87 - [X.] 3-2500 § 240 [X.] 1 S 3 - juris Rd[X.] 14). Aus dieser Übertragung des für Einnahmen versicherungspflichtig Beschäftigter geltenden [X.]s auf freiwillig Versicherte mit entsprechenden Einnahmen lässt sich aber nicht die Anwendung des [X.]s auch für solche Einnahmen ableiten, die - wie hier - gerade nicht zu den beitragspflichtigen Einnahmen [X.] gehören. Denn § 240 [X.]B V und die BeitrVerfGrsSz legen nicht einheitlich das [X.] zugrunde. Vielmehr gilt das Nettoprinzip für die in § 3 Abs 1b Satz 1 BeitrVerfGrsSz genannten Überschusseinkünfte und für das Arbeitseinkommen, das nach § 15 Abs 1 [X.]B IV als der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit definiert ist (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] KR 5/01 R - [X.] 3-2500 § 240 [X.] 40 S 204 - juris Rd[X.] 20). Dadurch ist gewährleistet, dass als [X.] nicht der Umsatz unbereinigt zugrunde gelegt wird, ohne die mit der Einkunftserzielung zwangsläufig verbundenen Betriebsausgaben zu berücksichtigen (B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] KR 31/19 R - [X.] 4-2500 § 240 [X.] 37 Rd[X.] 16).

Ein grundsätzlicher Vorrang des [X.]s lässt sich - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch nicht aus dem Beschluss des [X.] zur besonderen [X.] hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger vom 22.5.2001 (1 BvL 4/96 - [X.]E 103, 392 = [X.] 3-2500 § 240 [X.] 39) ableiten. Den Ausführungen in Abgrenzung zu Einkünften aus hauptberuflich selbstständiger Tätigkeit ([X.] aaO - juris Rd[X.] 29), es würden "die Beiträge der sonstigen freiwillig Versicherten im Wesentlichen nach den Bruttoeinnahmen bemessen (§ 240 Abs. 2 Satz 2 [X.]B V; vgl. B[X.]E 78, 224 <226>)", ist ein tragender Rechtssatz über die abschließende Zuordnung aller Einkunftsarten nicht zu entnehmen. Das [X.] bezieht sich nur auf § 240 Abs 2 [X.]B V sowie Entscheidungen zur Verbeitragung von Arbeitsentgelt und zur fehlenden Abzugsfähigkeit von erbrachten Unterhaltszahlungen bei der Beitragsbemessung ([X.] vom 15.4.1986 - 1 BvR 1304/85 - [X.] 2200 § 385 [X.] 15 S 15).

b) Die Maßgeblichkeit des [X.]s folgt auch nicht daraus, dass Unterhaltsansprüche im Bereich der [X.] typischerweise ein Ersatz für die entgangene Teilhabe am Arbeitsentgelt des Unterhaltsverpflichteten seien. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre deshalb für Unterhaltsleistungen nicht die entsprechende Anwendung des für Arbeitsentgelt geltenden [X.]s nach § 240 Abs 2 Satz 1 [X.]B V geboten. Maßgebend ist grundsätzlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Individuums ("des freiwilligen Mitglieds", vgl B[X.] Urteil vom 30.10.2013 - [X.] KR 21/11 R - [X.] 4-2500 § 240 [X.] 19 Rd[X.] 20). Die Einnahmen eines [X.] werden nur ausnahmsweise nach § 2 Abs 4 BeitrVerfGrsSz berücksichtigt. Danach sind bei Mitgliedern, deren Ehegatte oder Lebenspartner nicht einer Krankenkasse (§ 4 Abs 2 [X.]B V) angehört, bei der Beitragsbemessung auch deren Einnahmen heranzuziehen. Auf diese Einnahmen des Ehegatten oder Lebenspartners sind (ua) die Grundsätze zur Bestimmung der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder sinngemäß anzuwenden (vgl § 2 Abs 4 Satz 2 BeitrVerfGrsSz idF vom [X.]). Bei dem nachehelichen Unterhaltsanspruch handelt es sich dagegen um eine eigene individuelle Einnahme der geschiedenen Klägerin. Aus welchen Einnahmequellen des Unterhaltsverpflichteten sich die nachehelichen Unterhaltsleistungen zusammensetzen, ist für die Beitragsbemessung nicht erheblich. Es kommt - anders als im Steuerrecht - gerade nicht zu einer Verschiebung der Bemessungsgrundlagen (s I[X.]2.). Vielmehr entstehen gegebenenfalls zwei getrennt voneinander zu betrachtende Beitragsansprüche der [X.] gegenüber Unterhaltsberechtigter und Unterhaltsverpflichtetem, unabhängig davon, ob diese - wirtschaftlich betrachtet - auf derselben Einkunftsquelle beruhen.

c) Soweit das [X.] auf die familienrechtliche Grundlage der Unterhaltsleistungen hinweist, während Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitaleinkünften aus vorhandenen Vermögenswerten erzielt würden, handelt es sich um kein relevantes Unterscheidungsmerkmal. Es spricht weder gegen die Qualifizierung als beitragspflichtige Einnahme (s dazu [X.]) noch ist ersichtlich, wieso aus diesem Grund Werbungskosten generell unbeachtlich sein sollten. Eine Differenzierung kann allenfalls dann von Bedeutung sein, wenn sie auch mit unterschiedlichen Auswirkungen auf die "wirtschaftliche Leistungsfähigkeit" einhergeht. Das ist aber nicht ersichtlich.

d) Dass Aufwendungen bei einem gesetzlichen Unterhaltsanspruch nicht zwangsläufig anfallen müssen, führt im Einzelfall zu einer fehlenden Einkommensminderung, hindert aber nicht deren grundsätzliche Berücksichtigungsfähigkeit als Werbungskosten, wenn sie tatsächlich entstanden sind. Die Zwangsläufigkeit ist - anders als bei außergewöhnlichen Belastungen iS des § 33 Abs 1 EStG - kein gesetzliches Tatbestandsmerkmal von Werbungskosten.

e) Für die Anwendung des [X.]s spricht schließlich auch nicht der zu erwartende Verwaltungsaufwand. Unterhaltsleistungen sind im Einkommensteuerbescheid zwar nur unter den Voraussetzungen des begrenzten [X.]s erfasst (s I[X.]1.). Damit kann die Beklagte - anders etwa als bei Arbeitseinkommen oder bei Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung - nicht in allen Fällen auf das Ergebnis eines verwaltungsmäßig rechtssicheren und dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung tragenden Verfahrens zurückgreifen. Es ist aber nicht ersichtlich, dass die gegebenenfalls erforderliche eigenständige Ermittlung und Bewertung von bereinigten Unterhaltsleistungen für die Träger der [X.] einen unzumutbaren Verwaltungsaufwand bedeuten würden, zumal Aufwendungen zur Erlangung des Unterhalts nicht immer entstehen dürften; insoweit dürfte auch nicht - wie etwa bei Kapitaleinkünften - mit regelmäßig komplexen Finanzvorgängen zu rechnen sein.

f) Mangels eines die Privilegierung von freiwillig Versicherten mit Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen rechtfertigenden sachlichen Grundes ist § 3 Abs 1b Satz 1 BeitrVerfGrsSz erweiternd dahin auszulegen, dass auch die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einschränkenden Werbungskosten in Bezug auf Unterhaltsleistungen zu berücksichtigen sind. Für die erweiternde Auslegung einer untergesetzlichen Regelung kommt es - anders als bei der analogen Anwendung von förmlichen Gesetzen - nicht darauf an, ob insoweit eine planvolle oder planwidrige Regelungslücke vorliegt. Zwar überlässt § 240 Abs 1 Satz 1 [X.]B V dem [X.] die einheitliche Regelung der Beitragsbemessung. Dieser Regelungsbefugnis sind aber durch höherrangiges Recht Grenzen gesetzt (B[X.] Urteil vom 19.12.2012 - [X.] KR 20/11 R - B[X.]E 113, 1 = [X.] 4-2500 § 240 [X.] 17, Rd[X.] 43 mwN). Die nach Art 3 Abs 1 GG gebotene erweiternde Auslegung des § 3 Abs 1b Satz 1 BeitrVerfGrsSz ist jedenfalls kein Eingriff, der den Fachgerichten wegen Art 100 Abs 1 GG verwehrt oder dem Normgeber wegen seines Gestaltungsspielraums (vgl hierzu etwa BVerwG Urteil vom 11.10.1996 - 3 C 29/96 - BVerwGE 102, 113 - juris Rd[X.] 36) vorbehalten bleiben müsste. Ein normatives Ermessen ist insoweit nicht ersichtlich; die Alternative einer (rückwirkenden) Änderung in dem Sinne, dass der Abzug von Werbungskosten auch für Versicherte mit Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen ausgeschlossen würde, wäre schon mit den Geboten der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes unvereinbar.

2. Die Beklagte hätte daher die Unterhaltsleistungen erst nach Abzug der in den [X.] und 2015 ausgewiesenen Werbungskosten als beitragspflichtige Einnahmen berücksichtigen dürfen. Auch hinsichtlich des Verfahrens zur Feststellung der abzugsfähigen Werbungskosten sind die für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen geltenden Vorschriften entsprechend heranzuziehen.

Nach § 5 Abs 2 Satz 1 BeitrVerfGrsSz sind laufende beitragspflichtige Einnahmen grundsätzlich dem Beitragsmonat zuzuordnen, in dem der Anspruch auf sie entsteht oder sie zufließen. Hiervon abweichend ist das Arbeitseinkommen dem jeweiligen Beitragsmonat mit einem Zwölftel des dem vorliegenden aktuellen Einkommensteuerbescheid zu entnehmenden [X.] zuzuordnen (§ 5 Abs 2 Satz 2 Halbsatz 1 BeitrVerfGrsSz). Dies gilt für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie grundsätzlich auch für Einnahmen aus Kapitalvermögen entsprechend, wobei für letztere an die Stelle des Einkommensteuerbescheids auch andere Beweismittel iS des § 6 Abs 3 Satz 2 BeitrVerfGrsSz für die Gesamtheit der innerhalb eines Kalenderjahres erzielten Einnahmen treten können (vgl § 5 Abs 2 Satz 3 und 4 BeitrVerfGrsSz). Nach § 6 Abs 3 BeitrVerfGrsSz entscheidet die Krankenkasse grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts, welche Beweismittel (Nachweise) sie für erforderlich hält (Satz 2); der Nachweis ist für Arbeitseinkommen sowie Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung immer über den aktuellen Einkommensteuerbescheid zu führen, sofern eine Veranlagung zur Einkommensteuer bereits erfolgt ist (Satz 2 [X.] 1).

Diesen Regelungen liegen die Erwägungen aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung zugrunde, dass die genannten Einkünfte im Jahresverlauf erheblichen Schwankungen unterliegen können und daher eine jahresweise Betrachtung angezeigt ist. Außerdem sprechen Gründe der Verwaltungsvereinfachung für die grundsätzliche Parallelität von sozialversicherungs- und steuerrechtlicher Einkommensermittlung. Dadurch wird auch vermieden, dass Gestaltungsmöglichkeiten unterschiedlich ausgenutzt werden könnten. Diese Überlegungen (vgl hierzu B[X.] Urteil vom 30.10.2013 - [X.] KR 21/11 R - [X.] 4-2500 § 240 [X.] 19 Rd[X.] 21 ff; B[X.] Urteil vom [X.] KR 12/13 R - [X.] 4-2500 § 240 [X.] 26 Rd[X.] 19 ff) sprechen grundsätzlich auch hier dafür, die in den [X.] und 2015 konkret ausgewiesenen Werbungskosten als nachgewiesen anzusehen. Die Beklagte kann zwar wegen der Höhe der Unterhaltsleistungen gegebenenfalls auch andere Unterlagen heranziehen. Legt sie aber - wie hier - den Einkommensteuerbescheid für die Höhe der Unterhaltsleistungen (vgl oben [X.]2.) zugrunde, so muss sie sich auch hinsichtlich der Höhe der darin ausgewiesenen Werbungskosten daran festhalten lassen.

Dass mit den [X.] und 2015 die jeweiligen Änderungen erst ab Beginn des auf die Ausfertigung der Bescheide folgenden Monats und damit zeitversetzt berücksichtigt werden konnten, ist hier - auch insoweit vergleichbar zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (§ 6 Abs 6 iVm § 7 Abs 7 BeitrVerfGrsSz; vgl B[X.] Urteil vom 30.10.2013 - [X.] KR 21/11 R - [X.] 4-2500 § 240 [X.] 19 Rd[X.] 21; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] KR 21/08 R - B[X.]E 104, 153 = [X.] 4-2500 § 240 [X.] 12, Rd[X.] 16) - aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung hinzunehmen. Die für Arbeitseinkommen sowie Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung geregelte vorläufige Beitragsfestsetzung nach § 240 Abs 4a [X.]B V ist erst durch das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung vom [X.] ([X.] 778) mit Wirkung ab 1.1.2018 eingeführt worden und spielt daher für den vorliegenden Streitzeitraum noch keine Rolle.

V. Unter Berücksichtigung der im [X.] ausgewiesenen Einkünfte und Werbungskosten waren für Juni 2016 bis Januar 2017 der Beitragsbemessung beitragspflichtige Einnahmen [X.] 799,17 Euro monatlich (13 805 Euro Unterhalt - 5836 Euro Werbungskosten + 409 Euro Arbeitseinkommen + 1212 Euro Mieteinkünfte = 9590 Euro jährlich : 12) zugrunde zu legen und damit "Mindestbeiträge" nach dem neunzigsten Teil der monatlichen Bezugsgröße je Kalendertag (§ 240 Abs 4 Satz 1 [X.]B V; monatlich 968,33 Euro <2016> und 991,67 Euro <2017>) festzusetzen. Ab Februar 2017 waren bei der Beitragsbemessung beitragspflichtige Einnahmen [X.] 1048,50 Euro monatlich (12 000 Euro Unterhalt - 724 Euro Werbungskosten + 42 Euro Arbeitseinkommen + 1264 Euro Mieteinkünfte = 12 582 Euro jährlich : 12) heranzuziehen.

V[X.] Die Kostenentscheidung nach § 193 [X.]G berücksichtigt, dass die Klägerin für 8 Monate voll und für 11 Monate nur etwa zur Hälfte und damit insgesamt zu ca drei Vierteln obsiegt hat.

[X.]

Meta

B 12 KR 11/20 R

28.06.2022

Bundessozialgericht 12. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Köln, 15. September 2017, Az: S 23 KR 2081/16, Urteil

§ 240 Abs 1 SGB 5, § 240 Abs 2 S 1 SGB 5, § 2 Abs 1 S 1 SzBeitrVfGrs, § 2 Abs 1 S 2 SzBeitrVfGrs, § 3 Abs 1 S 1 SzBeitrVfGrs, § 3 Abs 1b S 1 SzBeitrVfGrs, § 3 Abs 1b S 2 SzBeitrVfGrs, § 5 Abs 2 S 1 SzBeitrVfGrs, § 6 Abs 3 SzBeitrVfGrs, § 1578 Abs 1 S 2 BGB, § 9 Abs 1 S 1 EStG, § 10 Abs 1a Nr 1 EStG, § 22 Nr 1a EStG, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 28.06.2022, Az. B 12 KR 11/20 R (REWIS RS 2022, 3280)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 3280

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1 BvL 18/11

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