Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.09.2014, Az. XII ZB 111/13

12. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 2659

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Verfahren auf Kindesunterhalt: Versäumnisbeschluss des Beschwerdegerichts im schriftlichen Verfahren; Zumutbarkeit einer Nebentätigkeit des Unterhaltsschuldners zur Deckung des Mindestunterhalts


Leitsatz

1. Sieht das Beschwerdegericht in einer Familienstreitsache von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab und entscheidet im schriftlichen Verfahren, so ist der Erlass eines Versäumnisbeschlusses nicht zulässig.

2. Im Rahmen der gesteigerten Unterhaltspflicht ist vom Unterhaltsschuldner im Hinblick auf den nicht gesicherten Mindestunterhalt seines Kindes auch zu verlangen, dass er neben einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit eine ihm mögliche und zumutbare Nebentätigkeit ausübt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 22. Januar 2014, XII ZB 185/12, FamRZ 2014, 637).

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des [X.] in [X.] vom 23. Januar 2013 aufgehoben, soweit die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des [X.] vom 5. Oktober 2012 zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

I.

1

Die 2004 geborene Antragstellerin nimmt den Antragsgegner, ihren Vater, für die [X.] ab März 2012 auf Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe des [X.] in Anspruch.

2

Der Antragsgegner hat sich auf mangelnde Leistungsfähigkeit berufen. Er ist Vater von drei weiteren minderjährigen Kindern und lebt mit deren Mutter und deren drei weiteren Kindern aus früheren Beziehungen zusammen. Der Antragsgegner hat ein Schlagzeugstudium absolviert. Er erteilt Schlagzeugunterricht und arbeitet in einem Restaurant; daraus erzielt er nach seinen Angaben [X.] von ca. 700 € netto monatlich. Das Amtsgericht hat den Antrag abgewiesen, weil der Antragsgegner auch bei einem fiktiven Einkommen aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit nur wenige Euro über dem - seinerzeitigen - notwendigen Selbstbehalt von 950 € verdienen könne. Da die Einkünfte auf insgesamt vier minderjährige Kinder zu verteilen seien, komme eine Unterhaltsverpflichtung wegen Geringfügigkeit nicht in Betracht.

3

Die Antragstellerin hat dagegen Beschwerde eingelegt und ihr Unterhaltsbegehren aufrechterhalten. Der Antragsgegner hat im Beschwerdeverfahren keine Stellung genommen. Das [X.] hat über die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung entschieden. Es hat den Antragsgegner unter teilweiser Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses zu monatlichen Unterhaltszahlungen von 36 € von März 2012 bis Dezember 2012 und 21 € ab Januar 2013 verpflichtet und die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen.

4

Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, die ihr Unterhaltsbegehren, soweit noch nicht zuerkannt, weiterverfolgt.

II.

5

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

6

1. Das [X.] hat die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zugelassen, weil es in der Sache entschieden habe, obwohl der Antragsgegner sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und insbesondere keinen Antrag gestellt habe. Eine Säumnisentscheidung, die die Möglichkeit des Einspruchs für den Antragsgegner eröffnet hätte, habe nicht getroffen werden können, da eine Säumnissituation im Sinne der §§ 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG, 539 Abs. 2 ZPO im Verfahren nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG nicht gegeben sei.

7

In der Sache hat das [X.] die Verpflichtung zur Unterhaltszahlung im ausgesprochenen Umfang darauf gestützt, dass der Antragsgegner seiner gesteigerten Unterhaltspflicht nicht hinreichend nachgekommen sei. Anstelle des unzureichenden Einkommens aus seiner Tätigkeit als Musiklehrer und im Schichtbetrieb in einem Restaurant sei er verpflichtet, sich nach einer besser bezahlten Vollzeitstelle umzusehen. Trotz seines abgeschlossenen Studiums als Schlagzeuger komme aber nur eine ungelernte Tätigkeit in Betracht. Ein Stundenlohn von brutto 9 € sei entsprechend den tariflichen Mindestlöhnen gemäß dem Arbeitnehmerentsendegesetz, z.B. für Tätigkeiten im Gebäudereinigerhandwerk, erzielbar. Mehr als ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.071,58 € könne der Antragsgegner hingegen auch daraus nicht erzielen, was zu einer Deckungsquote von 12,92 % (bis Dezember 2012) und 7,61 % (ab 2013) und dementsprechendem Unterhalt von monatlich 36 € (März 2012 bis Dezember 2012) und 21 € (ab Januar 2013) führe.

8

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.

9

a) Die Wahl des schriftlichen Verfahrens durch das [X.] und die [X.] als streitiger Endbeschluss statt als [X.] sind nicht zu beanstanden.

aa) Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Erlass eines [X.]es im schriftlichen Beschwerdeverfahren nicht zulässig ist. Ein [X.] gegen den Beschwerdegegner ist vom Gesetz zwar in § 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG iVm § 539 Abs. 2 Satz 1 ZPO für [X.] vorgesehen. Er setzt indessen nach § 539 Abs. 2 ZPO voraus, dass der Beschwerdegegner im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erscheint. Ein [X.] kann demnach nur erlassen werden, wenn das Beschwerdegericht eine mündliche Verhandlung durchführt. Für den Erlass eines [X.]es besteht also kein Raum, wenn das Beschwerdegericht nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absieht.

bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das Verfahren nicht mit dem sogenannten [X.] nach § 495 a ZPO vergleichbar. Ob in diesem Verfahren der Erlass eines Versäumnisurteils ohne mündliche Verhandlung zulässig und geboten ist (dagegen [X.]/[X.] 4. Aufl. § 495 a Rn. 45; dafür [X.] NJW 1997, 2222; vgl. auch [X.] NJW 2007, 3486), kann hier offen bleiben. Denn es mangelt bereits an der Vergleichbarkeit der beiden Verfahrensarten. Anders als beim Verfahren nach § 495 a ZPO ist dem Beschwerdeverfahren bereits ein streitiges Verfahren vorausgegangen. Der Beschwerdegegner ist in diesem Verfahren nicht untätig geblieben, sondern hat in der Sache vorgetragen und einen Antrag gestellt, was vom erstinstanzlichen Gericht in seiner Entscheidung auch berücksichtigt worden ist.

Für zivilprozessuale [X.] bestand im Berufungsverfahren bis zu der am 1. September 2009 in [X.] getretenen Reform des Familienverfahrensrechts ([X.] vom 17. Dezember 2008; [X.] I S. 2586) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO die Möglichkeit, eine unbegründete Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Die Zurückweisung erfolgte unabhängig davon, ob der [X.] in der Berufungsinstanz in der Sache vorgetragen oder einen Antrag angekündigt hatte. Ein Versäumnisurteil konnte im schriftlichen (Beschluss-)Verfahren nicht erlassen werden. Vielmehr entschied das Gericht auf der Grundlage der erstinstanzlichen Feststellungen unter Berücksichtigung der hiergegen in der Berufungsinstanz vorgebrachten Angriffe nach §§ 513 Abs. 1, 529 ZPO (vgl. [X.] Urteil vom 28. Juli 2011 - [X.]/10 - NJW-RR 2011, 1528 Rn. 13 zum anstelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung maßgeblichen [X.]punkt).

Die Zurückweisung der Beschwerde entsprechend § 522 Abs. 2 ZPO ist seit dem 1. September 2009 in [X.] nicht mehr vorgesehen. An deren Stelle ist die Regelung des § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG getreten (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 225, 412), die dem Beschwerdegericht ebenfalls ermöglicht, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, und hierfür voraussetzt, dass von einer erneuten Verhandlung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Dem gesetzlich vorgeschriebenen Hinweis des Gerichts gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO entspricht in [X.] nunmehr der Hinweis nach § 117 Abs. 3 FamFG (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 225).

Die Vorschrift des § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG dient nach der Begründung des zugrunde liegenden Gesetzentwurfs der effizienten Nutzung gerichtlicher Ressourcen in der Beschwerdeinstanz. Hierdurch sollen etwa unnötige doppelte Beweisaufnahmen verhindert werden; des Weiteren werde die Durchführung eines Termins entbehrlich, wenn die Sache bereits in der ersten Instanz im erforderlichen Umfang mit den Beteiligten erörtert worden sei (BT-Drucks. 16/6308 S. 167, 207). Dementsprechend entscheidet das Beschwerdegericht bei - ermessensfehlerfreier - Wahl des schriftlichen Verfahrens nach Lage der Akten unter Berücksichtigung der Feststellungen des [X.]. Dass das schriftliche Verfahren zu einer anderen [X.] führt als eine mündliche Verhandlung, welche beiden Beteiligten auch den Erlass eines [X.]es eröffnen würde, ist die Folge der vom Gesetzgeber mit der Regelung in § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ermöglichten flexibleren Verfahrenshandhabung durch das Beschwerdegericht. Sie stimmt im Übrigen mit dem allgemeinen Zivilprozessrecht überein, wenn etwa - wie ausgeführt - im Berufungsverfahren durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO oder (in erster oder zweiter Instanz) im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO entschieden wird. Das schriftliche Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO ermöglicht - im Gegensatz zum schriftlichen Vorverfahren (§§ 276 Abs. 1 Satz 1, 331 Abs. 3 ZPO) - ebenfalls nicht den Erlass eines Versäumnisurteils ([X.]/[X.]/[X.] ZPO 35. Aufl. § 128 Rn. 34).

Die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG bleibt ferner nicht auf den Fall beschränkt, dass die Beschwerde insgesamt zurückzuweisen ist. Denn das Absehen von einer mündlichen Verhandlung setzt lediglich voraus, dass von einer erneuten Verhandlung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind, weil die vom erstinstanzlichen Gericht getroffenen Feststellungen auch unter Berücksichtigung der vorgebrachten [X.] ausreichend sind. Dementsprechend ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Zurückweisung eines insgesamt erfolglosen Rechtsmittels nur einen Teil der § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG unterfallenden Fallgestaltungen ausmacht (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 412).

cc) Die angefochtene Entscheidung erweist sich schließlich auch nicht deswegen als verfahrensfehlerhaft, weil das [X.] im schriftlichen Verfahren entschieden hat. Die Rechtsbeschwerde erhebt dagegen keine Einwände. Die von der Rechtsbeschwerde erhobenen Sachrügen betreffen ausschließlich die Anwendung des materiellen Rechts und sind daher im Rahmen der Begründetheit zu prüfen.

b) In der Sache begegnet der angefochtene Beschluss indessen durchgreifenden Bedenken. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass das [X.] zu geringe Anforderungen an die Darlegung einer begrenzten Leistungsfähigkeit des Antragsgegners gestellt hat.

aa) Nach § 1603 Abs. 1 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Eltern, die sich in dieser Lage befinden, sind gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (sog. gesteigerte Unterhaltspflicht). Darin liegt eine Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Unterhaltsrecht. Aus diesen Vorschriften und aus Art. 6 Abs. 2 GG folgt auch die Verpflichtung der Eltern zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft. Wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte, können deswegen nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden. Die Zurechnung fiktiver Einkünfte, in die auch mögliche Nebenverdienste einzubeziehen sind, setzt neben den nicht ausreichenden Erwerbsbemühungen eine reale Beschäftigungschance des Unterhaltspflichtigen voraus (Senatsurteile [X.]Z 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 Rn. 29 ff. und vom 3. Dezember 2008 - [X.]/06 - [X.], 314 Rn. 20, 28; Senatsbeschlüsse vom 22. Januar 2014 - [X.]/12 - FamRZ 2014, 637 Rn. 9 und vom 19. Juni 2013 - [X.] 39/11 - FamRZ 2013, 1378 Rn. 17 f. mwN). Schließlich darf dem Unterhaltspflichtigen auch bei einem Verstoß gegen seine Erwerbsobliegenheit nur ein Einkommen zugerechnet werden, welches von ihm realistischerweise zu erzielen ist ([X.] FamRZ 2010, 793, 794; Senatsurteil vom 3. Dezember 2008 - [X.]/06 - [X.], 314 Rn. 24 ff. und Senatsbeschluss vom 22. Januar 2014 - [X.]/12 - FamRZ 2014, 637 Rn. 14).

Auch wenn der Unterhalt aufgrund eines - wegen Verletzung der Erwerbsobliegenheit - lediglich fiktiven Einkommens aus einer Vollzeiterwerbstätigkeit festzusetzen ist, trifft den Antragsgegner grundsätzlich zudem eine Obliegenheit zur Ausübung einer Nebentätigkeit im selben Umfang wie einen seine Erwerbsobliegenheit erfüllenden Unterhaltsschuldner (Senatsbeschluss vom 22. Januar 2014 - [X.]/12 - FamRZ 2014, 637 Rn. 18). Trotz der gesteigerten Unterhaltspflicht ergeben sich die Grenzen der vom Unterhaltspflichtigen zu verlangenden Tätigkeiten aus den Vorschriften des Arbeitsschutzes und den Umständen des Einzelfalls. Die Anforderungen dürfen nicht dazu führen, dass eine Tätigkeit trotz der Funktion des [X.], das Existenzminimum des Kindes zu sichern, unzumutbar erscheint (vgl. Senatsurteile [X.]Z 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 Rn. 29 ff. und vom 3. Dezember 2008 - [X.]/06 - [X.], 314 Rn. 20, 28).

bb) Diesen Grundsätzen genügt die angefochtene Entscheidung nicht in vollem Umfang.

Zwar ist das [X.] zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsgegner in Anbetracht des von ihm vorgetragenen - und vom [X.] unterstellten - Einkommens (monatlich 568 € brutto aus seiner Tätigkeit im Restaurant mit einem rechnerischen Stundenlohn von ca. 4,70 € und 240 € aus Schlagzeugunterricht) durch die bisher ausgeübten Tätigkeiten seiner Obliegenheit zur bestmöglichen Ausnutzung seiner Erwerbsfähigkeit nicht genügt hat.

Die Rechtsbeschwerde rügt aber insoweit zu Recht, dass das [X.] auf das Vorbringen der Antragstellerin, der Antragsgegner habe zu [X.]en des Zusammenlebens mit ihrer Mutter aus seiner Tätigkeit in der Gastronomie ein wesentlich höheres Einkommen erzielt, nicht eingegangen ist. Damit hat die Antragstellerin hinreichend bestritten, dass der Antragsgegner in der Gastronomie jedenfalls nicht deutlich mehr als den vorgetragenen Lohn von nur 568 € brutto bei 28 Wochenstunden erzielen kann. Da der Mindestunterhalt in § 1612 a Abs. 1 BGB gesetzlich festgelegt ist, liegt die Darlegungs- und Beweislast für seine mangelnde oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit beim Antragsgegner als Unterhaltsschuldner.

Abgesehen von der Frage, ob der Antragsgegner aus seiner Tätigkeit im Restaurant und als Musiker nicht ein höheres Einkommen erzielt oder erzielen kann, hätte das [X.] jedenfalls erwägen müssen, ob ihm neben der unterstellten Vollzeittätigkeit auch die Ausübung einer Nebentätigkeit möglich ist, die vom Unterhaltspflichtigen im Rahmen der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB zur Sicherung des Existenzminimums seines Kindes grundsätzlich zu verlangen ist (Senatsbeschluss vom 22. Januar 2014 - [X.]/12 - FamRZ 2014, 637 Rn. 18). Auch die Unzumutbarkeit einer Nebentätigkeit fällt in die Darlegungs- und Beweislast des Antragsgegners. Allein aus der Tatsache, dass er mit weiteren eigenen Kindern und Kindern seiner Partnerin zusammenlebt, folgt für sich genommen noch nicht, dass ihm eine Nebentätigkeit nicht zumutbar sei. Demnach ist nicht ausgeschlossen, dass der Antragsgegner das bislang bezogene Einkommen etwa aus Schlagzeugunterricht auch neben einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit weiter erzielen kann.

Die vom [X.] getroffenen Feststellungen tragen die von ihm angenommene eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Antragsgegners somit nicht.

3. Der angefochtene Beschluss ist im angegriffenen Umfang aufzuheben. Der Senat ist gehindert, in der Sache abschließend zu entscheiden, weil - nach einer den Beteiligten noch [X.] Möglichkeit ergänzenden Vortrags - weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind. Die Sache ist daher an das [X.] zurückzuverweisen.

Dose                 [X.]

          [X.]

Meta

XII ZB 111/13

24.09.2014

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 23. Januar 2013, Az: 10 UF 233/12

§ 1603 Abs 2 BGB, § 68 Abs 3 S 2 FamFG, § 117 Abs 2 FamFG, § 117 Abs 3 FamFG, § 539 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.09.2014, Az. XII ZB 111/13 (REWIS RS 2014, 2659)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2659

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 111/13 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 185/12 (Bundesgerichtshof)

Leistungsfähigkeit beim Kindesunterhalt: Reale Beschäftigungschance bei gesteigerter Unterhaltspflicht; Absetzung von titulierten Unterhaltspflichten bei der Berechnung …


7 UF 196/21 (OLG Bamberg)

Einkommen, Beschwerde, Kindesunterhalt, Erwerbsobliegenheit, Mindestunterhalt, Unterhalt, Unterhaltsanspruch, Antragsgegner, Stundenlohn, Mindestlohn, Aufwendungen, Bandscheibenvorfall, Selbstbehalt, Verfahrenskostenhilfe, berufsbedingte …


XII ZB 580/18 (Bundesgerichtshof)

Abänderung eines Unterhaltsvergleichs bei konkurrierenden gleichrangigen Kindesunterhaltsverpflichtungen


6 UF 96/18 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.