Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2011, Az. I ZR 41/10

I. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 5861

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I [X.]
Verkündet am:
9.
Juni 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Werbegeschenke
[X.] § 26 Abs. 1, § 49 Abs. 1, § 55 Abs. 1 und 2; ZPO § 128 Abs. 2, § 524 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2
a)
Die [X.] wegen bösgläubiger Markenanmeldung und wegen Verfalls mangels rechtserhaltender Benutzung sind unterschiedliche Streit-gegenstände.
b)
[X.] die in erster Instanz mit dem [X.] der bösgläubigen Marken-anmeldung erfolgreiche Partei die Klage in der Berufungsinstanz (auch) auf einen Verfall der Marke wegen fehlender rechtserhaltender Benutzung stüt-zen, muss sie sich dem Rechtsmittel der Gegenseite anschließen.
c)
Hat das Berufungsgericht das schriftliche Verfahren nach §
128 Abs.
2 ZPO ohne Zustimmung der Parteien angeordnet, kann eine [X.]berufung im Rahmen des schriftlichen Verfahrens nicht wirksam eingelegt werden.
d)
Eine rechtserhaltende Benutzung im Sinne von §
26 Abs.
1 [X.] liegt nicht vor, wenn Werbegeschenke als Belohnung für den Kauf anderer Waren und zur Förderung des Absatzes dieser Waren verteilt werden, es sei denn, dies geschieht auch, um für die als Werbegeschenke verteilten Waren einen Absatzmarkt zu erschließen.
[X.], Urteil vom 9. Juni 2011 -
I [X.] -
[X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 9.
Juni 2011
durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Bornkamm
und
die Richter Pokrant, Prof.
Dr. Büscher, [X.] und Dr.
Löffler
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.], 3.
Zivilsenat, vom 28.
Januar 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, eine Gesellschaft der Metro-Unternehmensgruppe, ist In-haberin der mit
Priorität vom 22.
September 2003 angemeldeten farbigen (gel-be Schrift auf blauem Grund) Wort-/Bildmarke Nr.
303
48
717

Die Marke ist seit
27.
April 2004 unter anderem eingetragen für
Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; elektronische, magnetische und optische Speicher; ROM-,
PROM-, [X.], [X.], CD-ROM-Speicher, Chips (integrierte Schaltkreise), Disketten, Mag-1
2
-
3
-
netplatten; elektrische Schaltplatten mit Speicherbausteinen, sämtliche vorge-nannte Waren ohne und mit darin aufgezeichneten Informationen; Microprozes-soren; Peripheriegeräte für Computer, insbesondere Drucker, Bildschirme, elektromechanische, elektronische, optische und akustische Ein-
und [X.], Tastaturen, Schnittstellengeräte;
Computerhardware, insbesondere Cursor-Steuerungsgeräte für die Verwendung von Computeranzeigegeräten und Computer-Schaltplatten; Geräte, Verbindungskabel und -stecker zum [X.] oder Vernetzen von Datenverarbeitungsgeräten und Geräten der Nach-richtentechnik; Unterhaltungsgeräte als Zusatzgeräte für Fernsehgeräte oder Computer; Computerprogramme, Datenbanken; Feuerlöschgeräte; Warndrei-ecke; elektrische Kabel, Drähte, Leiter-
und Verbindungsarmaturen hierzu so-wie Schalter und Verteilertafeln
oder -schränke; Batterien, Tachometer, Trans-formatoren;
Entwurf und Entwicklung von Computerhardware
und -software; Aktualisieren von [X.]seiten, Beratung bei der Gestaltung von Homepages und [X.]-seiten, Beratung für Telekommunikationstechnik; Beratung in Fragen gewerbli-cher Schutzrechte; Bereitstellung von Computerprogrammen in Datennetzen, Betrieb von Suchmaschinen für das [X.]; Datensicherung; Datenspeiche-rung; Datenverwaltung auf Servern; Design von Computersoftware, [X.] und Web-Seiten; Dienstleistungen einer Datenbank und eines [X.]; digitale Datenaufbereitung und Datenverarbeitung; EDV-Beratung; Entwicklungsdienste und [X.] bezüglich neuer Produk-te (für Dritte); Implementierung von EDV-Programmen in Netzwerken; Installie-ren von Computerprogrammen; Konfiguration von [X.] durch Software; Lizenzierung von Software; Nachforschungen, Recherchen in [X.] und im [X.] für Dritte; Pflege und Installation von Software; redakti-onelle Betreuung von [X.]auftritten; Vergabe und Registrierung von Do-mainnamen; Vermietung von Speicherplätzen, Computersoftware, Datenverar-beitungsgeräten, Speicherplatz im [X.], Web-Servern.
Die Klägerin ist weiterhin Inhaberin der am 15.
April 1995 angemeldeten unter anderem für Waren der Klasse
9 und Dienstleistungen
der Klassen
38 und 42 eingetragenen farbigen (gelb) Wort-/Bildmarke Nr.
395
16
389
Die Beklagte ist ein bedeutender europäischer
Anbieter von Telekommu-nikationstechnologie.
Im Revisionsverfahren ist
nur noch der von der [X.] im Wege der Widerklage gegen die Marke Nr.
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717 der Klägerin gerichtete Löschungs-3
4
5
-
4
-
antrag von Bedeutung. Zu dessen Begründung hat die Beklagte erstinstanzlich geltend gemacht, die Klägerin habe die angegriffene Marke zur Umgehung des Benutzungszwangs erneut angemeldet. Die ältere Marke Nr.
395
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389
sei für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38 und 42 löschungsreif gewesen. Die wiederholte Markenanmeldung sei rechtsmiss-bräuchlich erfolgt und von der Klägerin deshalb bösgläubig vorgenommen [X.].
Die Beklagte hat widerklagend beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, gegenüber dem Deutschen Patent-
und Markenamt in die
Löschung der deutschen Wort-/Bildmarke Nr.
303
48
717 METRO

für die Waren in Klasse
9 und die Dienstleistungen in Klasse 38 und 42, nämlich (es folgt das vorstehend wiedergegebene Waren-
und Dienstleistungsverzeich-nis) einzuwilligen.
Das [X.] hat der Widerklage stattgegeben. Dagegen hat die Klä-gerin Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte nach Ablauf der [X.]sfrist
und nach Anordnung des schriftlichen Verfah-rens den Löschungsantrag auch darauf gestützt, dass die angegriffene Marke mangels rechtserhaltender Benutzung für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen verfallen sei. Das Berufungsgericht hat die Berufung [X.] ([X.],
[X.], 379).
Mit ihrer vom
[X.] zugelassenen Revision begehrt die Klägerin weiter-hin,
den Löschungsantrag abzuweisen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der [X.] stehe ein [X.]
gegen die Klägerin
nach §§
3, 4 Nr.
10, §
8 Abs.
1 UWG, 6
7
8
9
-
5
-
§
826 BGB wegen sittenwidriger Behinderung nicht zu; die Marke sei jedoch nach §
49 Abs.
1, §
55 Abs.
1 und 2 Nr.
1 [X.] wegen Verfalls zu löschen. Dazu hat es ausgeführt:
Der Anmelder einer Marke handele unlauter und sittenwidrig im Sinne von §§
3, 4 Nr.
10 UWG und §
826 BGB, wenn er in Kenntnis eines schutzwür-digen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne hinreichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren eine gleiche oder eine zum Verwechseln ähnli-che Bezeichnung in
der Absicht eintragen lasse, den Gebrauch für den Vorbe-nutzer zu sperren oder die an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes
einzusetzen. Die danach erforderliche Behin-derungsabsicht der Klägerin lasse sich nicht mit hinreichender Sicherheit fest-stellen.
Der [X.] stehe aber mangels rechtserhaltender Benutzung der an-gegriffenen Marke der geltend gemachte Löschungsanspruch wegen Verfalls zu. Die Beklagte habe diesen [X.] nach Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und Anordnung des schriftlichen Verfahrens in zuläs-siger Weise in den Rechtsstreit eingeführt. Die Klägerin habe die angegriffene Marke nicht ernsthaft rechtserhaltend im Sinne von §
26 Abs.
1 [X.] be-nutzt. Die Klägerin habe die Marke zwar zur Kennzeichnung von Taschenrech-nern, USB-Sticks und mobilen Ladegeräten verwandt. Die Zeichenbenutzung sei aber nicht ernsthaft erfolgt. Die Klägerin habe die mit der Marke gekenn-zeichneten Produkte nicht als Teil ihres Handelssortiments, sondern nur unent-geltlich zu Werbezwecken in den Verkehr gebracht. Dies reiche für eine [X.] Markenbenutzung nicht aus.
Die Kennzeichnung der von der Klägerin vertriebenen CD-ROM mit der Bezeichnung METRO LINK

sei keine rechtserhaltende Benutzung der ange-10
11
12
-
6
-
griffenen Marke. Deren kennzeichnender Charakter werde entgegen §
26 Abs.
3 Satz
1 [X.] verändert.
Die Klägerin habe die Marke METRO

für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen auch nicht rechtserhaltend in [X.] benutzt. [X.] darin abgebildeten Produkte seien mit den jeweiligen Herstellermarken [X.]. Die in den [X.] angeführte Marke der Klägerin weise kei-nen Bezug zur Herkunft der abgebildeten Produkte auf.
Die zwischen den [X.] der Parteien geschlossene [X.] stehe der [X.] nicht entgegen.
[X.] Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
[X.] Die Annahme des Berufungsgerichts, der [X.] stehe ein An-spruch auf Einwilligung in die Löschung der Marke Nr.
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für die fraglichen Waren und Dienstleistungen nach §§
26, 49 Abs.
1, §
55 Abs.
1 und 2 Nr.
1 [X.] zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1.
Das Berufungsgericht durfte über den Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der angegriffenen Marke wegen Verfalls nicht in der [X.]. Die Beklagte hat diesen Anspruch nicht wirksam in den Rechtsstreit einge-führt. Sie konnte ihren erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemachten Löschungsanspruch wegen Verfalls der Marke der Klägerin nur im Wege der [X.]berufung verfolgen. Eine [X.]berufung hat die Beklagte jedoch nicht wirksam eingelegt.
2.
Die Beklagte hat die Löschungswiderklage in der Berufungsinstanz auf einen weiteren Streitgegenstand gestützt.
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15
16
17
18
-
7
-
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] wird der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehr-te Rechtsfolge herleitet (vgl. [X.], Urteil vom 3.
April 2003
-
I
ZR
1/01, [X.]Z 154, 342, 347 f.
-
Reinigungsarbeiten; Beschluss vom 24.
März 2011

I
ZR
108/09, [X.], 521 Rn.
3 =
[X.], 878
-
TÜV
I).
Bei den [X.]n
wegen bösgläubiger Markenanmeldung nach §§
3, 4 Nr.
10, §
8 Abs.
1 UWG, §
826 BGB (vgl.
hierzu
[X.], Urteil vom 10.
August 2000
-
I
ZR
283/97, [X.], 1032, 1034 =
[X.], 1293

EQUI 2000; Urteil vom 10.
Januar 2008
-
I
ZR
38/05, [X.], 621 Rn.
20
f. =
[X.], 785
-
AKADEMIKS) auf der einen und wegen Verfalls
mangels rechtserhaltender Benutzung auf der anderen Seite handelt es sich um zwei verschiedene Streitgegenstände. Dies ist sowohl für das Verhältnis der verschiedenen Verfallsgründe nach §
49 [X.] zueinander als auch im [X.] zum [X.] des Bestehens älterer Rechte nach §
51 [X.] anerkannt (vgl. v. Gamm in Büscher/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechts-schutz,
Urheberrecht,
Medienrecht, 2.
Aufl., §
55 [X.] Rn.
4; [X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
55 Rn.
11; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 9.
Aufl., §
55 Rn.
10). Nichts anderes gilt für das Verhältnis des [X.] wegen bösgläubiger Marken-anmeldung zum [X.] wegen Verfalls aufgrund mangelnder rechts-erhaltender Benutzung.
b) Im erstinstanzlichen Verfahren hat die Beklagte den im Wege der [X.] verfolgten Löschungsanspruch gegen die angegriffene Marke aus-schließlich aus
dem
außerkennzeichenrechtlichen [X.] der
bös-gläubigen
Markenanmeldung hergeleitet. In der Berufungsinstanz hat die Be-19
20
21
-
8
-
klagte den von ihr verfolgten Löschungsanspruch zusätzlich auf den [X.] wegen mangelnder Benutzung der Marke Nr.
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gestützt. Dadurch hat die Beklagte
-
wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist
-
einen weiteren Streitgegenstand (pro-zessualen Anspruch) in den Rechtsstreit eingeführt.
3.
Einen neuen Klagegrund konnte die Beklagte in der Berufungsinstanz nur im Wege eines [X.]rechtsmittels in den Rechtsstreit einführen. Der [X.], der die in erster Instanz erfolgreiche Klage
erweitern oder auf einen neuen Klagegrund stellen will, muss sich gemäß §
524 ZPO der Beru-fung der Gegenseite anschließen (vgl. [X.], Großer [X.] für Zivilsachen, Be-schluss vom 17.
Dezember 1951
-
GSZ
2/51, [X.]Z 4, 229, 234; [X.], Urteil vom 20.
Januar 2011
-
I
ZR
10/09, [X.], 831 Rn.
40 =
[X.], 1174
-
BCC; [X.]/[X.], ZPO, 28.
Aufl., §
524 Rn.
33; [X.]/Schütze/[X.], ZPO, 3.
Aufl., §
524 Rn.
7). Von der Notwendigkeit, [X.]berufung einzu-legen, ist auch dann auszugehen, wenn die Einführung eines neuen [X.] eine Änderung des [X.] nicht erforderlich macht (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Dezember 2006
-
I
ZR
166/03, [X.], 605 Rn.
24 =
[X.], 772
-
Umsatzzuwachs). Der [X.], der im [X.] seine Klage auf einen anderen Klagegrund stützt, will damit mehr erreichen als die bloße Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung über den mit
der ([X.] verfolgten Anspruch (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Dezember 2007

V
ZR
210/06, [X.], 1953 Rn.
15).
4.
Die [X.]berufung, die danach vorliegend erforderlich war, um den Löschungsanspruch auch auf den Verfall der angegriffenen Marke wegen
mangelnder Benutzung stützen zu können (§§
26, 49 Abs.
1 [X.]), hat die Beklagte nicht in zulässiger Weise eingelegt. Die Anschließung ist nicht wirk-sam erfolgt.
22
23
-
9
-
a) Ohne Erfolg bleibt allerdings die Rüge der Revision, die Beklagte habe die Anschließung nicht innerhalb der Frist des §
524 Abs.
2 Satz
2 ZPO erklärt. Nach dieser Bestimmung kann sich der [X.] der Berufung des Gegners nur bis zum Ablauf der Frist zur [X.] anschließen. Die der [X.] nach einer Verlängerung gesetzte Frist zur Berufungserwide-rung lief am Montag, dem 11.
Mai 2009
ab.

aa) Die Beklagte hat es freilich versäumt, sich der Berufung der
Klägerin innerhalb der ihr gesetzten [X.]sfrist anzuschließen. [X.] ist
die nach §
524 Abs.
1 Satz
2 ZPO erforderliche Anschließung durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift nicht durch die am selben Tag bei Gericht eingegangene
[X.] vom 11.
Mai 2009 erfolgt.
(1)
Für die Einlegung eines [X.]rechtsmittels ist nicht
die ausdrück-liche Erklärung erforderlich, es werde [X.]berufung oder [X.] eingelegt (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Juli 1989
-
IX
ZR
280/88, NJW-RR 1990, 318). Vielmehr genügt jede Erklärung, die sich ihrem Sinn nach als Begehren auf Abänderung des Urteils erster Instanz darstellt (vgl. [X.], Urteil vom 28.
Oktober 1953
-
VI
ZR
217/52, NJW 1954, 266, 267, insoweit in [X.]Z 11, 27 nicht abgedruckt). Der [X.] an das Rechtsmittel der Gegenseite kann daher auch konkludent in der Weise erfolgen, dass der Kläger sein im Übrigen unverändertes Klagebegehren auf einen weiteren Klagegrund stützt.
(2)
Mit Schriftsatz vom 11.
Mai 2009 hat die Beklagte den weiteren Lö-schungsgrund wegen Verfalls aufgrund mangelnder Benutzung der [X.] nicht in den Rechtsstreit eingeführt. Vielmehr hat die Beklagte sich in diesem Schriftsatz zur Begründung des bereits in erster Instanz geltend ge-machten [X.]es der bösgläubigen Markenanmeldung auf einen fehlenden [X.]en der Klägerin berufen, die Marken Nr.
395
16
389
und 24
25
26
27
-
10
-
303
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717 METRO

für die fraglichen Waren und Dienstleistungen zu benut-zen, und als Indiz hierfür geltend macht, die Klägerin habe die beiden Marken in der Vergangenheit nicht verwendet. Weder hat sich die Beklagte in dem von der Revisionserwiderung herangezogenen Vorbringen, in dem sie eine Begründung des [X.]rechtsmittels sehen will, auf einen Ablauf der [X.] gestützt, noch ist dem in Bezug genommenen Vortrag der [X.] sonst etwas für die Geltendmachung des Verfalls nach §§
26, 49 Abs.
1 [X.] zu entnehmen. Dieser Sachvortrag der [X.] genügt danach nicht den [X.], die an die Geltendmachung eines weiteren selbständigen [X.] zu stellen sind. [X.] die Partei
einen weiteren selbständigen
Klage-grund in den Rechtsstreit einführen und den bereits geltend gemachten Klage-grund nicht nur durch weiteren Sachvortrag zusätzlich abstützen, muss sich
dies eindeutig und zweifelsfrei aus ihrem Vorbringen ergeben
(vgl. [X.], Urteil vom 2.
April 1992
-
I
ZR
146/90, [X.], 552, 554 =
[X.], 557

Stundung ohne Aufpreis; Urteil vom 20.
September 2007
-
I
ZR
171/04, [X.], 443 Rn.
24 =
[X.], 666
-
Saugeinlagen). Dies erfordert insbeson-dere der Schutz des Gegners, für den erkennbar sein muss, welche prozessua-len Ansprüche gegen ihn erhoben werden, um seine Rechtsverteidigung [X.] ausrichten zu können (vgl. [X.]Z 154, 342, 349
-
Reinigungsarbeiten).
bb) Gleichwohl bleibt die Rüge der Revision, die Beklagte habe sich in-nerhalb der [X.]sfrist dem Rechtsmittel der Klägerin nicht [X.],
ohne Erfolg. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Frist zur Beru-fungserwiderung wirksam bestimmt und die Beklagte über die Rechtsfolgen einer Fristversäumnis gemäß §
524 Abs.
3 Satz
2, §
521 Abs.
2 Satz
2, §
277 Abs.
2 ZPO belehrt worden ist. Der [X.] kann dem Akteninhalt nicht entneh-men, dass eine beglaubigte Abschrift der richterlichen Verfügung, mit der die Frist für die [X.] gesetzt worden ist, gemäß §
329 Abs.
2 Satz
2, §
169 Abs.
2 ZPO zugestellt worden ist (vgl.
hierzu
[X.], Urteil vom 28
-
11
-
13.
März 1980
-
VII
ZR
147/79, [X.]Z 76, 236, 241). Gleiches gilt für die Frage, ob die Beklagte über die Rechtsfolgen einer Fristversäumnis nach §
524 Abs.
3 Satz
2, §
521 Abs.
2 Satz
2, §
277 Abs.
2 ZPO belehrt worden ist.
In der Rechtsprechung des [X.] ist anerkannt, dass bei einem Verstoß gegen die [X.] nach §
277 Abs.
2 ZPO eine An-wendung der Präklusionsvorschriften nicht in Betracht kommt (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Januar 1983
-
IVa
ZR
135/81, [X.]Z 86, 218, 225). Das hat auch für die Frage der Rechtzeitigkeit der [X.]berufung zu gelten, wenn die Frist zur [X.] nicht wirksam bestimmt und die erforderliche Beleh-rung nach §
524 Abs.
3 Satz
2, §
521 Abs.
2 Satz
2, §
277 Abs.
2 ZPO unter-blieben ist (vgl. [X.], Beschluss vom 23.
September 2008
-
VIII
ZR
85/08, NJW
2009, 515 Rn.
4 und 6; [X.], 831 Rn.
45
-
BCC).
b)
Mit Recht macht die Revision aber geltend, die Beklagte habe sich auch nach Ablauf der [X.]sfrist nicht wirksam der Berufung der Klägerin angeschlossen.
aa) Nachdem die [X.]sfrist nicht wirksam bestimmt worden war, konnte sich die Beklagte bis zum Schluss der mündlichen [X.] in der Berufungsinstanz am 8.
Oktober 2009 dem Rechtsmittel der Klägerin anschließen ([X.], NJW
2009, 515 Rn.
7; [X.], 831 Rn.
46

BCC). Dies ist jedoch nicht geschehen. Vielmehr hat die Beklagte den [X.] wegen mangelnder Benutzung der angegriffenen Marke erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungs-instanz mit Schriftsatz vom 16.
November 2009 und erneut nach Anordnung des schriftlichen Verfahrens durch das Berufungsgericht mit Schriftsatz vom 10.
Dezember 2009 geltend gemacht. Nach Schluss der mündlichen Verhand-lung konnte die Beklagte den weiteren Klagegrund des Verfalls im Streitfall 29
30
31
-
12
-
nicht mehr wirksam im Wege der [X.]berufung in den Rechtsstreit einfüh-ren.
bb) Das Berufungsgericht hat zwar in dem auf die mündliche Verhand-lung vom 8.
Oktober 2009 anberaumten [X.] am 19.
November 2009 die mündliche Verhandlung wiedereröffnet und das schriftliche Verfahren angeordnet. Die Anordnung des schriftlichen Verfahrens durch das Berufungs-gericht ist jedoch nicht wirksam erfolgt. Nach §
128 Abs.
2 Satz
1 ZPO setzt die Anordnung des schriftlichen Verfahrens die Zustimmung der Parteien voraus, die
zweifelsfrei erklärt werden muss ([X.], Urteil vom 20.
März 2007

VI
ZR
254/05, NJW
2007, 2122 Rn.
8). Dies ist vorliegend nicht geschehen.
Die Klägerin hat mit dem Schriftsatz vom 16.
Dezember 2009, mit dem sie die Verlängerung der ihr gesetzten Frist zur Stellungnahme beantragt hat, entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung der Anordnung des schriftlichen Verfahrens nicht zugestimmt. Die Bitte um Fristverlängerung ist auch nach An-ordnung des schriftlichen Verfahrens im vermuteten Einverständnis der [X.] keine schlüssige Zustimmung zur Anordnung des schriftlichen Verfahrens. Auch nachfolgend hat die Klägerin dem
schriftlichen Verfahren nicht zuge-stimmt. Sie hat vielmehr der Entscheidung über den Verfall der angegriffenen Marke ohne mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom 15.
Januar 2010 wi-dersprochen.
Hatte danach das Berufungsgericht das schriftliche Verfahren wegen feh-lender Zustimmung der Klägerin nicht wirksam angeordnet, konnte die Beklagte sich dem Rechtsmittel nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 8.
Oktober 2009 nicht mehr wirksam anschließen.
32
33
34
-
13
-
cc) Das angefochtene Urteil beruht auch auf diesem
Verfahrensfehler. Das Berufungsgericht durfte die [X.]berufung nicht berücksichtigen, weil die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 16.
November 2009 erstmals erklärte Anschließung der [X.] an die Beru-fung der Klägerin unzulässig war.
C.
Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur End-entscheidung reif ist (§
563 Abs.
1 Satz
1 und Abs.
3 ZPO).
[X.] Zwar ist es grundsätzlich
nicht Aufgabe des [X.], einem
Kläger durch die Zurückverweisung an das Berufungsgericht die Möglichkeit zu bieten, einen neuen Streitgegenstand in das Verfahren einzuführen (vgl. [X.], Urteil vom 27.
Juni 2002
-
I
ZR
103/00, GRUR
2003, 436, 439 = WRP
2003, 384
-
Feldenkrais). Im Streitfall ist die Zurückverweisung aber ausnahmsweise geboten, weil das Berufungsgericht durch eine fehlerhafte Verfahrensgestaltung die Beklagte daran gehindert hat, den Klagegrund des Verfalls wegen man-gelnder Benutzung der angegriffenen Marke durch eine [X.]berufung in den Rechtsstreit einzuführen. Nachdem das Berufungsgericht die mündliche Verhandlung gemäß §
156 ZPO wiedereröffnet hatte, hätte es
-
mangels Zu-stimmung der Parteien nach §
128 Abs.
2 Satz
1 ZPO
-
nicht in das schriftliche Verfahren übergehen dürfen. Hätte das Berufungsgericht stattdessen eine mündliche Verhandlung anberaumt, wäre die mit den Schriftsätzen der Beklag-ten vom 16.
November und 10.
Dezember 2009 (schlüssig erklärte) [X.]-berufung wirksam gewesen.
In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob das Berufungs-gericht die am 8.
Oktober 2009 zunächst geschlossene mündliche Verhandlung am 19.
November 2009 zu Recht gemäß §
156 ZPO wiedereröffnet oder dabei
-
35
36
37
38
-
14
-
wie die Revision meint
-
den Anspruch der Klägerin auf ein faires Gerichtsver-fahren und auf richterliche Neutralität verletzt hat. Die Anordnung der Wiederer-öffnung der mündlichen Verhandlung ist unanfechtbar und der Überprüfung durch das Revisionsgericht entzogen.
I[X.]
Für das weitere Verfahren weist der [X.] auf folgendes hin:
1.
Die Beklagte hat den gegen die Marke Nr.
303
48
717 gerichteten [X.] neben dem bislang nicht wirksam in den Rechtsstreit einge-führten [X.] wegen Verfalls auch auf eine bösgläubige Markenan-meldung gestützt. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren muss die Beklagte
-
sofern sie beide Löschungsgründe geltend machen will
-
angeben, in welcher Reihenfolge sie die verschiedenen Streitgegenstände zur Entscheidung stellt, weil eine alternative Klagehäufung nicht (mehr) in Betracht kommt (vgl. [X.], [X.], 521 Rn.
10
f.
-
TÜV
I). Zwar ist grundsätzlich auch eine kumulative Verfolgung mehrerer Streitgegenstände möglich. Vorliegend ist jedoch nichts für ein Interesse der [X.] ersichtlich, die verschiedenen Streitgegenstände nicht im Wege einer eventuellen, sondern einer kumulativen Klagehäufung zu verfolgen.
Die Beklagte
ist mit dem [X.] der bösgläubigen Markenan-meldung
im wiedereröffneten Berufungsverfahren
auch nicht ausgeschlossen. Das käme im Streitfall nur in Betracht, wenn das Berufungsgericht über den außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruch nach §§
3, 4 Nr.
10, §
8 Abs.
1 UWG, §
826 BGB bereits abschließend entschieden hätte. Das [X.] hat über diesen
prozessualen
Anspruch bislang jedoch keine der Rechtskraft fähige Entscheidung getroffen. Es ist zwar davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen dieses Löschungsanspruchs nicht vorliegen. Diese Ausführungen sind aber für das Berufungsurteil nicht tragend; sie stellen nur ein 39
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-
15
-
Begründungselement des Berufungsurteils und keine der Rechtskraft fähige Entscheidung über den Streitgegenstand dar. Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel der Klägerin gegen ihre erstinstanzliche Verurteilung aufgrund des außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruchs in vollem Umfang [X.]. Hätte das Berufungsgericht über den außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruch abschließend entscheiden wollen, hätte es der Berufung der Klägerin teilweise stattgeben und die
Widerklage in diesem Umfang abwei-sen müssen.
2.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] und des [X.]s setzt die rechtserhaltende Benutzung (Art.
10 Abs.
1, Art.
12 Abs.
1 [X.], §
26 Abs.
1 [X.]) voraus, dass die Marke für Waren oder
Dienstleistungen verwendet wird, um für diese Produkte einen Absatz-markt zu erschließen oder zu sichern (vgl. [X.], Urteil vom 11.
März 2003

[X.]/01, Slg.
2003, [X.] =
GRUR
2003, 425 Rn.
43
-
Ansul/Ajax; Urteil vom 15.
Januar 2009
-
C-495/07, Slg.
2009, I-137
= GRUR
2009, 410 Rn.
16
-
Sil-berquelle/[X.]; [X.], Urteil vom 10.
April 2008
-
I
ZR167/05, GRUR
2009, 60 Rn.
37
ff. = WRP
2008, 1544
-
LOTTOCARD). Darauf, ob die Waren oder Dienstleistungen mit
Gewinnerzielungsabsicht angeboten oder
erbracht wer-den, kommt es dagegen nicht an (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Dezember 2008

C-442/07, Slg.
2008, [X.] = GRUR
2009, 156 Rn.
16
-
Verein [X.]). Nicht ausreichend ist eine nur symbolische Benutzung, die allein zu dem Zweck erfolgt, das Markenrecht zu sichern (vgl. [X.], GRUR
2009, 156 Rn.
13
-
Verein [X.]). Eine rechtserhaltende Benutzung liegt [X.] nicht vor, wenn Werbegegenstände als Belohnung für den Kauf anderer Waren und zur Förderung des
Absatzes dieser Waren verteilt werden (vgl. [X.], GRUR
2009, 410
Rn.
20
-
Silberquelle/[X.]). Allerdings schließt nicht jede Verteilung als Werbegeschenk eine rechtserhaltende Benutzung aus. Aus einem solchen Verhalten kann sich im Einzelfall ergeben, dass der [X.]
-
16
-
haber damit einen
Absatzmarkt erschließen
möchte. Die Verteilung kann etwa zu dem Zweck erfolgen, zu ermitteln, ob für die Waren ein Publikumsinteresse besteht oder um den Verkehr an neue mit der Marke gekennzeichnete Produkte zu gewöhnen und Marktanteile zu gewinnen (vgl.
[X.], WRP
2009, 922, 928; weitergehend [X.], MarkenR
2008, 309, 313). Denkbar ist auch, dass mehrere Produkte beim Vertrieb zusammengefasst werden und die [X.] zu einem Produkt der Erschließung oder Sicherung beider Absatzmärkte
-
17
-
dient. Dagegen, dass diese Voraussetzungen vorliegen, spricht vorliegend al-lerdings
-
wovon das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen ist
-, dass nach seinen bislang getroffenen Feststellungen die angegriffene Marke nur für typi-scherweise zu Werbe-
oder Anerkennungszwecken verteilte Ware benutzt [X.] ist und es der Klägerin nicht darum ging, für die vertriebenen Produkte ei-nen Absatzmarkt zu schaffen.
Bornkamm
Pokrant
Büscher

Koch
Löffler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.09.2008 -
408 [X.]/06 -

[X.], Entscheidung vom 28.01.2010 -
3 U 212/08 -

Meta

I ZR 41/10

09.06.2011

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2011, Az. I ZR 41/10 (REWIS RS 2011, 5861)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5861

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