Bundessozialgericht, Beschluss vom 31.08.2023, Az. B 11 AL 6/23 C

11. Senat | REWIS RS 2023, 9002

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Unbegründetheit einer Anhörungsrüge - Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör - Hauptrüge


Tenor

Die Anhörungsrüge des Klägers gegen das Urteil des Senats vom 15. Februar 2023 - [X.] AL 42/21 R - wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Senat hat die Revision des [X.], der sich als Rechtsanwalt im Revisionsverfahren selbst vertreten hat, nach mündlicher Verhandlung zurückgewiesen (Urteil vom 15.2.2023; dem Kläger zugestellt am 4.7.2023). Dagegen richtet sich die Anhörungsrüge des [X.], der zur Begründung geltend macht, seine [X.] sei nicht beachtet worden, das Urteil enthalte überraschende unrichtige Tatbestandsfeststellungen und weiterer Sachvortrag sei übergangen worden.

2

II. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Anhörungsrüge richtet sich nach den Geschäftsverteilungsplänen des BSG und des Senats, die zum Zeitpunkt dieser Entscheidung gelten. Nicht maßgeblich ist hingegen - anders als bei der Entscheidung über einen Tatbestandsberichtigungsantrag (§ 139 SGG) -, [X.] an der mit der Anhörungsrüge angegriffenen Entscheidung mitgewirkt haben ([X.] vom 18.2.2020 - 1 BvR 1750/19 - juris RdNr 13; [X.] in [X.], 2. Aufl 2022, § 178a RdNr 94).

3

Die Anhörungsrüge ist jedenfalls unbegründet und nach § 178a Abs 4 Satz 2 SGG durch Beschluss außerhalb der mündlichen Verhandlung ohne Mitwirkung [X.] (vgl BSG vom 8.11.2006 - B 2 U 5/06 C - [X.] 4-1500 § 178a [X.] RdNr 7 f) zurückzuweisen. Ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die angegriffene Entscheidung ist nicht gegeben (§ 178a Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG) und die Rüge ist auch innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der möglichen Verletzung des rechtlichen Gehörs erhoben worden (§ 178a Abs 2 Satz 1 SGG). Ob der Kläger eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung in der gebotenen Weise dargelegt hat (§ 178a Abs 2 Satz 5 SGG), kann dahinstehen.

4

Die Anhörungsrüge ist unbegründet, denn eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) liegt in der Sache nicht vor. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet nur, dass Beteiligte mit ihrem Vortrag "gehört", nicht jedoch "erhört" werden (BSG vom 13.7.2023 - B 11 [X.] 8/23 B - juris RdNr 8; Voelzke in [X.]/Voelzke, [X.], 2. Aufl 2022, § 160 RdNr 172 mwN). Die Gerichte werden durch Art 103 Abs 1 GG nicht dazu verpflichtet, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (vgl nur [X.] vom [X.] - 1 BvR 2933/13 - juris RdNr 12 f mwN). Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (stRspr; zuletzt [X.] vom 7.6.2023 - 2 BvR 2139/21 - juris RdNr 14 f, auch zum Folgenden). Das Gericht ist insbesondere nicht gehalten, namentlich nicht bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Entscheidungen, sich in den Gründen der Entscheidung mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nur anzunehmen, wenn sich aus den besonderen Umständen des Falls ergibt, dass das Gericht seiner Pflicht nicht nachgekommen ist. Besondere Umstände liegen etwa vor, wenn das Gericht auf [X.] des [X.] zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht eingeht, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstanziiert war.

5

Vorliegend sind solche besonderen Umstände nicht erkennbar. Der Senat hat sich, wie die ausführlichen Entscheidungsgründe des Urteils belegen, mit dem aus seiner Sicht bedeutsamen Revisionsvorbringen des [X.] auseinandergesetzt. Der Kläger beanstandet mit seiner Anhörungsrüge zunächst - teilweise unter wörtlicher Wiedergabe seiner Revisionsbegründung -, dass der Senat seine "[X.]" zwar im Tatbestand erwähnt, im Übrigen aber verkannt habe und deshalb seinen Schlussfolgerungen zur "Akzessorietät des unselbständigen [X.]" nicht gefolgt sei. Die abweichende Beurteilung, worin bei einer Vielzahl von Begründungsansätzen die "[X.]n" zu sehen sind, stellt aber ebenso wenig eine Gehörsverletzung dar, wie in der Sache den Rechtsauffassungen der Beteiligten nicht zu folgen. Der Senat hat die Auffassung des [X.], durch die Bescheide vom 15.5.2016 sei eine Regelung über die Fälligkeit des Nachzahlungsanspruchs getroffen worden, in RdNr 13 seines Urteils aufgegriffen, ist ihr aber nicht gefolgt. Weiterer Ausführungen bedurfte es nicht, zumal das vom Kläger als “[X.]“ eingestufte eigene Vorbringen damit auf einer Prämisse beruhte, die der Senat gerade nicht geteilt hat. Auch soweit der Kläger rügt, die Auslegung von § 131 Abs 1 [X.] durch den Senat sei fehlerhaft, weil weiterer Vortrag zu Rechtsprechung des Senats aus dem Jahre 1996 nicht beachtet worden sei, sind keine Umstände erkennbar, die Ausführungen über das in den Entscheidungsgründen Dargelegte hinaus erfordert hätten.

6

Eine Gehörsverletzung durch "überraschende unrichtige Tatbestandfeststellungen im Urteil" liegt ebenfalls nicht vor. Dem Kläger ist zwar zuzugestehen, dass im Urteil unter RdNr 13, in der Bezug genommen wird auf “die Formulierung unter '6.' der Bescheide…", nicht deutlich wird, dass diese Ziff 6 in besonderen, den Bescheid ergänzenden Informationen enthalten ist. Auf diese wird allerdings auf der ersten Seite des Bescheids ausdrücklich hingewiesen. Eine Würdigung dieser Informationen durch den Senat ist deshalb nicht zu beanstanden. Denn auch Anlagen zu einem Bescheid können für dessen Auslegung von Bedeutung sein (vgl etwa BSG vom 13.10.2020 - [X.] KR 8/20 B - juris RdNr 11 mwN). Vor dem Hintergrund, dass der Bescheid mit den ergänzenden Informationen in allen Rechtszügen Gegenstand des Verfahrens war, ist die Würdigung deshalb auch nicht überraschend.

7

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 178a Abs 4 Satz 4 SGG).

8

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.

        

Söhngen

B. Schmidt

Burkiczak

Meta

B 11 AL 6/23 C

31.08.2023

Bundessozialgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AL

vorgehend BSG, 15. Februar 2023, Az: B 11 AL 42/21 R, Urteil

§ 178a Abs 1 S 1 Nr 1 SGG, § 178a Abs 4 S 2 SGG, Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 31.08.2023, Az. B 11 AL 6/23 C (REWIS RS 2023, 9002)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9002

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2 BvR 2139/21

1 BvR 2933/13

1 BvR 1750/19

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