Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.01.2023, Az. 30 W (pat) 9/21

30. Senat | REWIS RS 2023, 2234

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 12. Januar 2023 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, des [X.] [X.] und der Richterin kraft Auftrags Wagner

beschlossen:

I. Auf die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 09 des [X.] vom 20. Oktober 2020 aufgehoben.

[X.] Der Widerspruch aus der geschäftlichen Bezeichnung Abbildung

Gründe

I.

1

Die am 23. März 2017 angemeldete [X.]

Abbildung

2

ist am 10. April 2017 unter der Nummer … für die Waren

3

„Klasse 09: Prüf- und Qualitätskontrollgeräte“

4

in das beim [X.] geführte Register für den Markeninhaber eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 12. Mai 2017.

5

Der Markeninhaber war alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der durch Gesellschaftsvertrag vom 30. Januar 2006 gegründeten und seit dem 12. Mai 2006 im [X.]andelsregister des [X.] unter der Nummer … eingetragenen [X.] Gmb[X.]. Über deren Vermögen wurde mit Beschluss des [X.] vom 19. Juni 2017 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Widersprechende wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.

6

In seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der [X.] Gmb[X.] (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin) hat er gegen die Eintragung der obengenannten Marke mit zwei am 5. Juli 2017 und am 11. August 2017 beim [X.] eingegangenen Schreiben Widerspruch erhoben, den er auf die geschäftliche Bezeichnung

Abbildung

7

stützt.

8

Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die vorgenannte geschäftliche Bezeichnung von der Insolvenzschuldnerin seit 2006 als Unternehmenskennzeichen für den Tätigkeits- und Geschäftsbereich „Vertrieb von Laborgeräten für chemische Laboratorien zur Bestimmung von Getreidemehleigenschaften zwecks Teigzubereitung und deren Montage aus vorgefertigten Baugruppen“ genutzt werde.

9

Der Markeninhaber hat unter Vorlage von zwei mit „Übertragung der Nutzungsrechte“ überschriebenen und allein von ihm unterzeichneten Schriftstücken, welche mit unterschiedlichen Daten, nämlich 23. November 2006 und 24. Februar 2006 versehen sind, geltend gemacht, dass ihm „im Jahre 2006“ der „Rechtsanspruch an dem Namen“ übertragen worden sei.

Der Widersprechende hat jegliche Übertragung von Rechten an dem Unternehmenskennzeichen auf den Inhaber der angegriffenen Marke bestritten.

Die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 09 des [X.]s hat mit Beschluss vom 20. Oktober 2020 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass der vom Insolvenzverwalter der [X.] Gmb[X.] fristgerecht erhobene und auch ansonsten zulässige Widerspruch in der Sache begründet sei, da zwischen der angegriffenen Marke und der prioritätsälteren geschäftlichen Bezeichnung der Insolvenzschuldnerin [X.] im Sinne von § 42 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 5 Abs. 2 Satz 1, § 12, § 15 Abs. 4, Abs. 2 [X.] bestehe.

Aufgrund der seitens des Widersprechenden vorgelegten Rechnungen wie auch ihrer nachgewiesenen Teilnahme an Messen und Ausstellungen sei davon auszugehen, dass die am 12. Mai 2006 im [X.]andelsregister eingetragene Insolvenzschuldnerin das Zeichen Abbildung

Anhaltspunkte für ein zwischenzeitliches Erlöschen des [X.] seien nicht ersichtlich. Die durch Beschluss des [X.] vom 19. Juni 2017 erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der [X.] Gmb[X.] bedeute nicht, dass das Unternehmen zusammen mit dem Unternehmenskennzeichen nicht fortgeführt werden könne.

Soweit der Inhaber der angegriffenen Marke unter Vorlage verschiedener von ihm unterzeichneter Dokumente mit den Daten 23. November 2006 und 1. Februar 2006 – deren Echtheit von dem Widersprechenden bestritten werde – behaupte, dass ihm eine Nutzung des [X.] der Insolvenzschuldnerin gestattet worden sei, sei bereits in rechtlicher [X.]insicht fraglich, ob der Inhaber der angegriffenen Marke als Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin überhaupt sich selbst eine solche Gestattung der Nutzung des [X.] einräumen konnte. Aber auch wenn man zugunsten des Inhabers der angegriffenen Marke unterstelle, dass ihm jedenfalls aufgrund der von ihm vorgelegten Vereinbarung mit dem Datum 1. Februar 2006 die Nutzung des [X.] wirksam gestattet worden ist, sei nicht erkennbar, dass diese Gestattung auch die Anmeldung des [X.] als Marke umfasse.

Keine Bedeutung komme weiterhin dem zuletzt vom Inhaber der angegriffenen Marke vorgelegten Dokument zu, wonach eine in [X.] angemeldete und mit der angegriffenen Marke identische Wort-/Bildmarke „[X.] Gmb[X.]“ am 24. Juni 2016 von ihm als Geschäftsführer an einen [X.]errn [X.] verkauft worden sei. Die verfahrensgegenständliche Marke sei erst am 23. März 2017 angemeldet worden, so dass hieraus keine weiteren Rückschlüsse gezogen werden könnten.

Zwischen der jüngeren angegriffenen Marke und der prioritätsälteren geschäftlichen Bezeichnung der Insolvenzschuldnerin bestehe [X.] im Sinne von § 15 Abs. 2 [X.].

Die [X.] seien sowohl schriftbildlich als auch klanglich identisch.

Die Kennzeichnungskraft des älteren [X.] sei hinsichtlich der Branche „Vertrieb von Laborgeräten für chemische Laboratorien zur Bestimmung von Getreidemehleigenschaften zwecks Teigzubereitung und deren Montage aus vorgefertigten Baugruppen“ als durchschnittlich anzusehen, da insbesondere der Bestandteil „[X.]aubelt“ keine Bedeutung im [X.]inblick auf die Laborgeräte habe.

Ferner bestehe zwischen den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren „Prüf- und Qualitätskontrollgeräte“ und dem Tätigkeitsgebiet „Vertrieb von Laborgeräten für chemische Laboratorien zur Bestimmung von Getreidemehleigenschaften zwecks Teigzubereitung und deren Montage aus vorgefertigten Baugruppen“ der Insolvenzschuldnerin eine ausgeprägte Branchennähe, da es sich bei Laborgeräten zur Bestimmung der Mehleigenschaften letztlich um Prüf- und Qualitätskontrollgeräte handele.

Die angegriffene Marke und die ältere geschäftliche Bezeichnung in Form eines [X.] stünden sich folglich in verwechslungsfähiger Art und Weise gegenüber, so dass die angegriffene Marke zu löschen sei.

[X.]iergegen richtet sich die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke. Mit dieser macht er geltend, dass weder die Insolvenzschuldnerin noch der Insolvenzverwalter bzw. sein Vertreter ab dem 24. Juni 2016 „Eigentümer der Marke“ gewesen seien. Dazu nimmt er Bezug

- auf ein bereits mit Schreiben vom 9. September 2019 vorgelegtes Dokument mit Datum 24. Juni 2016 betreffend einen Verkauf einer mit dem Unternehmenskennzeichen der Insolvenzschuldnerin bzw. der angegriffenen Marke identischen „Marke“ an [X.]errn [X.] sowie

- eine mit der Beschwerdeschrift vorgelegte, mit dem Datum 22. März 2017 versehene und von einem [X.]errn [X.] unterzeichnete „Einverständniserklärung“, mit welcher dieser sich mit einer Anmeldung der in dem Schriftstück vom 24. Juni 2016 genannten „Marke“ durch den Inhaber der angegriffenen Marke einverstanden erklärt.

Einen Antrag hat der Inhaber der angegriffenen Marke bisher nicht gestellt.

Der Widersprechende hat sich im Beschwerdeverfahren weder zur Sache geäußert noch einen Antrag gestellt.

Dem Widersprechenden ist mit Verfügung des Vorsitzenden vom 10. Oktober 2022 unter Fristsetzung bis zum 2. Dezember 2022 aufgegeben worden, Nachweise dafür vorzulegen, dass der mit dem widersprechenden Unternehmenskennzeichen gekennzeichnete Geschäftsbetrieb noch existiert bzw. nicht endgültig aufgegeben worden ist.

Eine Reaktion seitens des Widersprechenden auf die Verfügung erfolgte nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Für die Zulässigkeit der Beschwerde ist ein konkreter Antrag nicht erforderlich. Fehlt wie vorliegend ein Antrag, muss von einer Anfechtung des Beschlusses in vollem Umfang ausgegangen werden (vgl. [X.]/[X.]acker/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 66 Rdnr. 40).

In der Sache hat die Beschwerde im Ergebnis auch Erfolg. Der Widerspruch aus der geltend gemachten geschäftlichen Bezeichnung Abbildung

A. Im Laufe des Verfahrens haben sich die Vorschriften des [X.]es mit Wirkung vom 14. Januar 2019 geändert. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht. Da die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht worden ist, ist für den gegen diese Eintragung erhobenen Widerspruch gemäß § 158 Abs. 3 [X.] in der seit dem 14. Januar 2019 geltenden Fassung weiterhin § 42 Abs. 1 und 2 [X.] in der bis zum 13. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden.

B. Der Widerspruch aus der geltend gemachten geschäftlichen Bezeichnung ist zulässig; insbesondere wurden die nach§65 Abs.1 Nr.4 [X.] iV m. § 30 Abs. 1 Satz 2 [X.] zur Spezifizierung des geltend gemachten Widerspruchskennzeichen erforderlichen Angaben spätestens mit dem am 11. August 2017 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz und damit innerhalb der Widerspruchsfrist gemacht.

C. Der Widerspruch ist jedoch unbegründet, da die Voraussetzungen für die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der geschäftlichen Bezeichnung Abbildung

1. Ein solcher Löschungsanspruch besteht, wenn ein anderer vor dem für den Zeitrang der eingetragenen Marke maßgeblichen Tag Rechte an einer geschäftlichen Bezeichnung im Sinne des § 5 [X.] erworben hat und diese ihn berechtigen, die Benutzung der eingetragenen Marke im gesamten Gebiet der Bundesrepublik [X.] zu untersagen (BPatG 26 W (pat) 49/16 – [X.]/Kraftwerk; 29 W (pat) 25/13 – ned tax/NeD Tax/NeD Tax Kanzlei Günter [X.]eenen; 26 W (pat) 2/14 – WEIN[X.]ANDLUNG MÜLLER/Weinhandlung Müller). Nach § 5 Abs. 1 [X.] werden als geschäftliche Bezeichnungen neben Werktiteln auch Unternehmenskennzeichen geschützt. Das sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden (§ 5 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Das ältere Kennzeichenrecht muss wirksam entstanden sein, zum Kollisionszeitpunkt, also im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke, noch bestanden haben und im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch noch fortbestehen (BPatG 26 W (pat) 49/16 – [X.]/Kraftwerk; 30 (pat) 26/12 – eSPIRIT/E-SPIRIT/e-Spirit).

Ungeachtet des im patentgerichtlichen Verfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes obliegt es in Fällen, in denen ein Widerspruch aus einem nicht registrierten, sondern durch Benutzung entstandenen Recht erhoben wurde, dem Widersprechenden, die Voraussetzungen für das Bestehen des älteren Rechts, seinen Zeitrang und seine Inhaberschaft an diesem Recht darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen. Soweit vorgetragene Tatsachen nicht liquide sind, sind diese also durch die in den §§ 371 ff. ZPO vorgesehenen Beweismittel zu belegen (vgl. BPatG 25 W (pat) 94/14 – [X.]/[X.]; 29 W (pat) 25/13 – ned tax/NeD Tax/NeD Tax Kanzlei Günter [X.]eenen; 24 W (pat) 25/14 – [X.]; 26 W (pat) 88/13 – [X.]/[X.] am Stadtrand Dirk [X.]).

2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist zwar mit der Markenstelle davon auszugehen, dass das Widerspruchszeichen Abbildung

a. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen der Markenstelle Bezug genommen werden, gegen die der Inhaber der angegriffenen Marke keine Einwände erhoben hat. Danach ist anhand der vorgelegten Rechnungen wie auch ihrer nachgewiesenen Teilnahme an Messen und Ausstellungen davon auszugehen, dass die am 12. Mai 2006 im [X.]andelsregister eingetragene Insolvenzschuldnerin die Bezeichnung Abbildung

Da die Insolvenzschuldnerin ihren Geschäftsbetrieb bis ins [X.] fortgeführt hat, kann ferner ohne weiteres von einem (bundesweiten) Bestand des [X.] zum Kollisionszeitpunkt (23. März 2017) ausgegangen werden.

b. Soweit der Inhaber der angegriffenen Marke unter [X.]inweis auf zwei allein von ihm unterzeichnete und mit den Daten 23. November 2006 und 24. Februar 2006 versehene Schriftstücke geltend macht, dass ihm „im Jahre 2006“ der „Rechtsanspruch an dem Namen“ übertragen worden sei, ist dieser Vortrag ungeachtet des Umstands, dass der Widersprechende die Abgabe entsprechender Erklärungen zu den genannten Zeitpunkten bestritten hat, bereits aus Rechtsgründen unerheblich.

Falls der Inhaber der angegriffenen Marke sich damit nicht nur auf eine Nutzungsgestattung – wovon offenbar die Markenstelle ausgeht –, sondern (weitergehend) auf eine Übertragung der Unternehmenskennzeichnung auf sich berufen möchte und damit letztlich einen „befugten Gebrauch“ der Bezeichnung durch die Insolvenzschuldnerin in Abrede stellen möchte, verkennt er bereits, dass ein Unternehmenskennzeichen – im Gegensatz zu einer Marke – nicht unabhängig von dem Unternehmen übertragbar ist. Denn anders als für die Marke gilt für Unternehmenskennzeichen nach wie vor das Akzessorietätsprinzip. Sie können nur zusammen mit dem Geschäftsbetrieb veräußert werden (vgl: Ströbele/[X.]acker/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 27 Rdnr. 77). Ein Unternehmenskennzeichen ist daher – im Gegensatz zu einer Marke – nicht isoliert übertragbar. Möglich ist allenfalls eine schuldrechtliche Gestattung.

Aber auch eine Benutzungsgestattung berechtigt – worauf die Markenstelle zutreffend hingewiesen hat – grundsätzlich nicht zu einer Anmeldung der benutzten Unternehmenskennzeichnung als Marke, so dass vorliegend offenbleiben kann, ob der Inhaber der angegriffenen Marke sich mit seinem Vorbringen zur „Übertragung der Nutzungsrechte“ (zumindest) auf eine schuldrechtliche Gestattung der Nutzung des [X.] berufen möchte. Dass dem Inhaber der angegriffenen Marke durch die Insolvenzschuldnerin eine Anmeldung dieses Zeichens als Marke erlaubt worden ist, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Ungeachtet dessen handelt es bei den von ihm dazu vorgelegten Schriftstücke um schlichte schriftliche Erklärungen des Inhabers der angegriffenen Marke mit von ihm selbst eingesetzten Daten, die keinen Beweis für die darin behaupteten Erklärungen zu den darin benannten Zeitpunkten erbringen.

Unerheblich ist auch die seitens des Inhabers der angegriffenen Marke im Beschwerdeverfahren erstmalig vorgelegte – und seitens des Widersprechenden nicht bestrittene – „Einverständniserklärung“ mit Datum 22. März 2017, wonach ein [X.]err [X.] sein Einverständnis mit der Anmeldung einer von ihm am 24. Juni 2016 gekauften und mit dem Unternehmenskennzeichen der Insolvenzschuldnerin bzw. der angegriffenen Marke identischen „Marke“ durch den Inhaber des angegriffenen Zeichens erklärt. Denn die angegriffene Marke wurde erst 23. März 2017 angemeldet und konnte daher bereits aus diesem Grunde nicht Gegenstand der vorgenannten behaupteten Vereinbarungen vom 24. Juni 2016 und 22. März 2017 sein, da zu diesen Zeitpunkten jedenfalls die verfahrensgegenständliche Marke noch nicht bestand. Zudem wird die Inhaberschaft des Beschwerdeführers an der angegriffenen Marke bzw. – wie er es in seiner Beschwerde ausdrückt – sein „Eigentum“ an der angegriffenen Marke auch nicht in Zweifel gezogen. Möglicherweise bezieht sich die „Einverständniserklärung“ vom 22. März 2017 – ihre Echtheit unterstellt – auf eine in der [X.] angemeldete/eingetragene Marke.

Eine abweichende Beurteilung kommt insoweit auch dann nicht in Betracht, wenn mit der in den vorgelegten Schriftstücken bezeichneten „Marke“ wiederum das Unternehmenskennzeichen der Insolvenzschuldnerin gemeint sein sollte, da dieses – wie bereits dargelegt – nicht gesondert auf Dritte übertragen werden kann.

3. Der Widersprechende hat jedoch weder dargelegt noch nachgewiesen, dass sein Unternehmenskennzeichen zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch noch fortbestanden hat. Als „Entscheidung“ in diesem Sinne ist die das jeweilige Verfahren abschließende Entscheidung einer Tatsacheninstanz zu verstehen (vgl. Ströbele/[X.]acker/Thiering, aaO, § 43 Rdnr. 21), vorliegend demnach der Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke.

a. Wie die Firma sind auch die anderen Unternehmenskennzeichen in Entstehung und Fortbestand an ein konkretes lebendes Unternehmen gebunden (Akzessorietätsprinzip: BG[X.] GRUR 2002, 967 – [X.]otel Adlon; BG[X.] GRUR 2002, 972 – [X.]; [X.], 419, 420 – [X.]). Die prioritätswahrende Erhaltung des Kennzeichenschutzes nach § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] setzt daher grundsätzlich die Fortbenutzung des Kennzeichens für das Unternehmen oder den Geschäftsbetrieb voraus, für den der Schutz begründet worden ist. Der Schutz endet mit der endgültigen Aufgabe des [X.] bzw. mit der endgültigen Aufgabe des Geschäftsbetriebs (BG[X.] GRUR 2016, 1066 Nr. 22. – [X.]; GRUR 2013, 1150 Nr. 29 – [X.]; GRUR 1997, 749, 752 – L'Orange; GRUR 1985, 567 – [X.]ydair; [X.], 419, 420 – [X.]; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2003, 8, 10 – [X.]; [X.], 80, 81 – [X.]). Einer Betriebsaufgabe steht eine wesentliche Änderung des Betriebs gleich, die dazu führt, dass der Verkehr den neuen Betrieb nicht mehr als Fortsetzung des alten ansieht. Ausnahmsweise geht der Schutz nicht verloren, wenn der Geschäftsbetrieb nur zeitweise stillgelegt wird, jedoch in seinem für die Wiedereröffnung wesentlichen Bestand erhalten bleibt und die Absicht sowie die Möglichkeit bestehen, ihn innerhalb eines solchen Zeitraums fortzusetzen, dass die Stilllegung nach der dafür maßgeblichen Verkehrsauffassung noch als vorübergehende Unterbrechung erscheint (st. Rspr.; vgl. BG[X.] aaO. Rdnr. 29 – [X.] I). Die Frage, ob eine nur vorübergehende Nutzungsunterbrechung vorliegt, ist nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden. [X.]ierfür sind der Zeitraum, der Umfang und die Umstände der vorherigen Verwendung der Kennzeichnung sowie die Dauer und der Grund der Unterbrechung von Bedeutung sowie der Umstand, ob sich der Fortsetzungswille in entsprechenden [X.]andlungen manifestiert hat oder aufgrund besonderer Umstände für den Verkehr nahelag (BG[X.] aaO Rdnr. 22 – [X.]).

b. Ausgehend davon kann zwar von einer endgültigen Aufgabe des [X.] nicht allein aufgrund der mit Beschluss des Amtsgerichts C… vom 19. Juni 2017 angeordneten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin ausgegangen werden; vielmehr begründet dies grundsätzlich zunächst einmal nur eine den Bestand des [X.] nicht beeinträchtigende Unterbrechung der Benutzung, zumal ein Insolvenzverfahren auch den Zweck verfolgt, ein insolventes Unternehmen nach Möglichkeit zu sanieren und fortzuführen.

Jedoch bedarf es vorliegend aufgrund des seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetretenen Zeitablaufs von mehr als 5 ½ Jahren konkreter Anhaltspunkte dafür, dass der Widersprechende und Insolvenzverwalter noch die Möglichkeit und die Absicht hat, den Geschäftsbetrieb der Insolvenzschuldnerin oder zumindest Teile davon unter der bisherigen Firma fortzuführen und/oder zu veräußern (vgl. dazu auch BPatG 30 W (pat) 32/12 v. 17. April 2014 – [X.], BeckRS 2014,124608).

Der Widersprechende hat jedoch auf die entsprechende Verfügung vom 10. Oktober 2022, mit der er aufgefordert worden ist, Nachweise dafür vorzulegen, dass der mit dem widersprechenden Unternehmenskennzeichen gekennzeichnete Geschäftsbetrieb „Vertrieb von Laborgeräten für chemische Laboratorien zur Bestimmung von Getreidemehleigenschaften zwecks Teigzubereitung und deren Montage aus vorgefertigten Baugruppen“ noch existiert bzw. nicht endgültig aufgegeben worden ist, nicht reagiert. Entsprechende [X.]andlungen, in denen sich ein solcher Fortsetzungswille manifestiert haben könnte, sind ebenfalls nicht erkennbar. Es bestehen daher keine Anhaltspunkte, dass der unter dem Unternehmenskennzeichen Abbildung

Aufgrund dieser Umstände kann daher zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch nicht (mehr) nur von einer zeitweisen Stilllegung bzw. vorübergehenden Unterbrechung des unter dem Unternehmenskennzeichen Abbildung

4. Das Unternehmenskennzeichen des Widersprechenden hat daher keinen Bestand mehr, so dass der angefochtene Beschluss aufzuheben und der auf die geschäftliche Bezeichnung Abbildung

D. [X.]insichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 [X.], da Billigkeitsgründe eine Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.

Meta

30 W (pat) 9/21

12.01.2023

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.01.2023, Az. 30 W (pat) 9/21 (REWIS RS 2023, 2234)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 2234 GRUR 2023, 976 REWIS RS 2023, 2234

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