Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.05.2011, Az. VIII ZR 289/09

8. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6845

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Gegenstand

Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen unter Nutzung eines fremden eBay-Mitgliedskontos: Zurechnung unter den Voraussetzungen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht; Haftung des Kontoinhabers gegenüber Auktionsteilnehmern


Leitsatz

1. Werden unter Nutzung eines fremden eBay-Mitgliedskontos auf den Abschluss eines Vertrages gerichtete Erklärungen abgegeben, liegt ein Handeln unter fremdem Namen vor, auf das die Regeln über die Stellvertretung sowie die Grundsätze der Anscheins- oder der Duldungsvollmacht entsprechend anzuwenden sind (im Anschluss an BGH, Urteile vom 3. März 1966, II ZR 18/64, BGHZ 45, 193; vom 18. Januar 1988, II ZR 304/86, NJW-RR 1988, 814; vom 8. Dezember 2005, III ZR 99/05, NJW-RR 2006, 701) .

2. Ohne Vollmacht oder nachträgliche Genehmigung des Inhabers eines eBay-Mitgliedskontos unter fremdem Namen abgegebene rechtsgeschäftliche Erklärungen sind dem Kontoinhaber nur unter den Voraussetzungen der Duldungs- oder der Anscheinsvollmacht zuzurechnen. Für eine Zurechnung reicht es nicht bereits aus, dass der Kontoinhaber die Zugangsdaten nicht hinreichend vor dem Zugriff des Handelnden geschützt hat (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 11. März 2009, I ZR 114/06, BGHZ 180, 134 - Halzband) .

3. Eine von eBay gestellte und von jedem registrierten Nutzer akzeptierte Formularklausel, wonach Mitglieder grundsätzlich für sämtliche Aktivitäten haften, die unter Verwendung ihres Mitgliedskontos vorgenommen werden, begründet keine Haftung des Kontoinhabers gegenüber Auktionsteilnehmern .

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 20. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte unterhielt beim Internetauktionshaus [X.] ein passwortgeschütztes Konto unter dem Mitgliedsnamen "[X.]". Am 3. März 2008 wurde unter Nutzung dieses [X.] eine komplette "VIP-Lounge/Bar/Bistro/Gastronomieeinrichtung", die aus zahlreichen gebrauchten [X.] bestand, mit einem Eingangsgebot von 1,00 € zum Verkauf angeboten. Neun Tage vor Ablauf der Auktion gab der Kläger am 4. März 2008 unter seinem Nutzernamen "m." ein Maximalgebot von 1.000 € zum Kauf der Einrichtungsgegenstände ab. Einen Tag später wurde die Auktion vorzeitig durch die Rücknahme des Angebots beendet. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt der Höchstbietende.

2

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von [X.], denen jedes registrierte Mitglied zustimmen muss, heißt es in § 2 Ziffer 9:

"Mitglieder haften grundsätzlich für sämtliche Aktivitäten, die unter Verwendung ihres Mitgliedskontos vorgenommen werden." (…)

3

Zwischen den Parteien steht im Streit, ob das Angebot über den Verkauf von Einrichtungsgegenständen für den Gastronomiebedarf von der [X.] oder - ohne deren Beteiligung und Wissen - von ihrem damaligen Verlobten und jetzigen Ehemann auf der Internetplattform von [X.] eingestellt worden ist. Der Kläger, der die Auffassung vertritt, wirksam mit der [X.] einen Kaufvertrag abgeschlossen zu haben, macht - nach vergeblicher Zahlungsaufforderung - Schadensersatzansprüche in Höhe von 32.820 € geltend, wobei er den Zeitwert der nicht gelieferten Gegenstände auf 33.820 € beziffert und hiervon den von ihm gebotenen Kaufpreis von 1.000 € in Abzug bringt.

4

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des [X.] ist vor dem [X.] ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weite[X.]

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

6

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe gegen die [X.] kein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung zu, da zwischen den Parteien kein wirksamer Kaufvertrag über die Gastronomieeinrichtung zustande gekommen sei. Der Kläger habe für seine Behauptung, die [X.] selbst habe das Angebot bei [X.] eingestellt, keinen Beweis angeboten. Es bestehe auch kein Anscheinsbeweis dahin, dass ein über ein Mitgliedskonto bei [X.] abgegebenes Verkaufsangebot von dem jeweiligen Kontoinhaber unterbreitet werde. Der [X.]n sei ferner ein Einstellen des [X.] durch ihren damaligen Verlobten und jetzigen Ehemann (im Folgenden: Ehemann der [X.]n) nicht nach [X.] zuzurechnen, da dieser ohne ihr Wissen und Einverständnis gehandelt und von ihren Zugangsdaten nur zufällig Kenntnis erlangt habe. Die vom [X.] für den gewerblichen Rechtsschutz entwickelten Grundsätze der Zurechnung fremden Verhaltens (Urteil vom 11. März 2009 - I ZR 114/06) seien nicht auf die Zurechnung vertraglicher Erklärungen übertragbar, da sie an andere Voraussetzungen als eine vertragliche Haftung anknüpften. Auch aus der Bestimmung in § 2 Ziffer 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von [X.] lasse sich nicht entnehmen, dass eine unter dem Namen des Kontoinhabers abgegebene Erklärung diesem als eigene Erklärung zugerechnet werde.

II.

7

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei einen Schadensersatzanspruch des [X.] aus § 433 Abs. 1, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1 [X.] verneint. Zwischen den Parteien ist über die unter Verwendung des [X.]-Mitgliedskontos der [X.]n zum Verkauf angebotene Gastronomieeinrichtung kein Kaufvertrag zustande gekommen. Ihr hat daher nicht die Verpflichtung oblegen, dem Kläger das Eigentum an diesen Gegenständen zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 [X.]), so dass sie nicht wegen Nichterfüllung dieser Pflicht auf Schadensersatz haftet.

8

Der Abschluss eines Kaufvertrags erfolgt auch in den Fällen, in denen über eine [X.]plattform Gegenstände an den Höchstbietenden zum Verkauf angeboten werden, regelmäßig nach den Bestimmungen der §§ 145 [X.] [X.] (vgl. Senatsurteil vom 7. November 2001 - [X.], [X.], 129 [X.]). Daher setzt das Zustandekommen eines Kaufvertrags zwischen den Parteien voraus, dass der Kläger als Höchstbietender entweder ein von der [X.]n selbst abgegebenes oder ihr jedenfalls zurechenbares Verkaufsangebot (wirksam) angenommen hat. Davon ist nach den vom Berufungsgericht getroffenen und im Revisionsverfahren unangegriffen gebliebenen tatsächlichen Feststellungen nicht auszugehen.

9

1. Die [X.] selbst hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kein Angebot über die Veräußerung einer Gastronomieeinrichtung auf die [X.]plattform [X.] eingestellt. Dies nimmt die Revision hin. Sie macht aber geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht davon abgesehen, der [X.]n die von ihrem Ehemann unter Verwendung ihres Mitgliedsnamens abgegebenen Erklärungen zuzurechnen. Damit hat sie keinen Erfolg.

a) Anders als die [X.] meint, ist eine Zurechnung des von ihrem Ehemann auf der [X.]plattform [X.] eingestellten [X.] allerdings nicht bereits deswegen ausgeschlossen, weil dieser erkennbar selbst als Verkäufer aufgetreten wäre. Zwar kann auch bei einem Handeln unter dem Namen einer anderen - existierenden - Person der Handelnde selbst berechtigt und verpflichtet sein, wenn sich das getätigte Geschäft aus der insoweit maßgeblichen Sicht der anderen Vertragspartei als Eigengeschäft des Handelnden darstellt, bei diesem also keine Fehlvorstellung über die Identität des Handelnden hervorgerufen wird (vgl. [X.], Urteile vom 3. März 1966 - [X.], [X.]Z 45, 193, 195 f.; vom 18. Januar 1988 - [X.], NJW-RR 1988, 814 unter 2 c; vom 8. Dezember 2005 - [X.], NJW-RR 2006, 701 Rn. 12). So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Denn der Ehemann der [X.]n hat den Willen, die Gastronomieeinrichtung im eigenen Namen zum Verkauf anzubieten, nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht. Er hat das Verkaufsangebot unter Nutzung des für die [X.] eingerichteten passwortgeschützten Nutzerkontos und unter Verwendung ihres Mitgliedsnamens auf der [X.]plattform [X.] platziert. Aus Sicht der potentiellen Käufer war die [X.] Urheberin des [X.]. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus der im Angebotstext erfolgten Angabe der E-Mail-Adresse und der Mobilfunknummer des Ehemanns der [X.]n ableiten. Hieraus erschließt sich für einen Kaufinteressenten noch nicht, dass der Ehemann der [X.]n selbst als Verkäufer in Erscheinung trat. Denn für einen objektiven Empfänger erschöpft sich der Gehalt der gemachten Angaben in der bloßen Mitteilung von Kontaktadressen und -daten. Tragfähige Rückschlüsse auf die Identität des Verkäufers lassen diese Angaben nicht zu. Vielmehr sind insoweit für einen potentiellen Vertragspartner die auf der [X.]-Plattform [X.] abrufbaren Angaben zur Person und Anschrift des Kontoinhabers ausschlaggebend (vgl. auch [X.], NJW 2004, 1328; [X.], [X.], 605, 606).

b) Obwohl der Ehemann der [X.]n damit ein Fremdgeschäft für die [X.] als Namensträgerin getätigt hat, ist durch das vom Kläger abgegebene Höchstgebot zwischen den Parteien kein Kaufvertrag über die Gastronomieeinrichtung zustande gekommen. Denn der [X.]n ist das Verhalten ihres Ehemanns nicht zuzurechnen. Entgegen der Auffassung der Revision genügt hierfür nicht schon der Umstand, dass sie nach eigenem Vorbringen ihre Zugangsdaten nicht gesichert und es dadurch ihrem Ehemann ermöglicht habe, die Daten in Erfahrung zu bringen.

aa) Wird bei der Nutzung eines fremden Namens beim Geschäftspartner der Anschein erweckt, es solle mit dem Namensträger ein Geschäft abgeschlossen werden, und wird dabei eine falsche Vorstellung über die Identität des Handelnden hervorgerufen, finden die Regeln über die Stellvertretung (§§ 164 [X.] [X.]) und die hierzu entwickelten Grundsätze entsprechend Anwendung, obwohl dem Handelnden ein Vertretungswille fehlte ([X.], Urteile vom 3. März 1966 - [X.], aaO; vom 8. Dezember 2005 - [X.], aaO Rn. 11). Dies gilt auch für Geschäfte, die über das [X.] abgewickelt werden ([X.], aaO S. 1328 f.; [X.], NJW 2006, 1676; [X.], NJW 2007, 611, 612; [X.]/[X.], [X.], 70. Aufl., § 164 Rn. 10 f., § 172 Rn. 18). Eine rechtsgeschäftliche Erklärung, die unter solchen Voraussetzungen unter dem Namen eines anderen abgegeben worden ist, verpflichtet den Namensträger daher regelmäßig nur dann, wenn sie in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht erfolgt (§ 164 Abs. 1 Satz 1 [X.] analog; vgl. hierzu [X.], Urteile vom 3. März 1966 - [X.], aaO, und vom 8. Dezember 2005 - [X.], aaO) oder vom Namensinhaber nachträglich genehmigt worden ist (§ 177 Abs. 1 [X.] analog) oder wenn die Grundsätze über die Anscheins- oder die Duldungsvollmacht eingreifen (vgl. [X.], aaO; [X.], aaO S. 1677; [X.], [X.], 218, 219; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 164 Rn. 44 mwN; vgl. ferner [X.], [X.], 554, sowie [X.], [X.], 705, 706). Gemessen an diesen Maßstäben hat die [X.] keinen [X.] verwirklicht.

bb) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen hat die [X.] ihren Ehemann weder im Vorfeld zur Abgabe entsprechender Erklärungen bevollmächtigt noch dessen Verhalten nachträglich genehmigt. Ihr sind daher die von ihrem Ehemann abgegebenen Erklärungen weder nach § 164 Abs. 1 Satz 1 [X.] analog noch nach § 177 Abs. 1 [X.] analog zuzurechnen.

cc) Auch nach den Grundsätzen der [X.] oder der [X.] hat die [X.] für die unter Verwendung ihres passwortgeschützten Mitgliedskontos abgegebenen Erklärungen nicht einzustehen.

(1) Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es willentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt, und der Geschäftspartner dieses Dulden nach [X.] und Glauben dahin versteht und auch verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde zu den vorgenommenen Erklärungen bevollmächtigt ist (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Urteile vom 14. Mai 2002 - [X.], NJW 2002, 2325 unter [X.] (1); vom 10. März 2004 - [X.], NJW-RR 2004, 1275 unter [X.] (1); Senatsurteil vom 10. Januar 2007 - [X.], NJW 2007, 987 Rn. 19; jeweils mwN). Bei einem unter Verwendung einer fremden Identität getätigten Geschäft des Namensträgers finden diese Grundsätze mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass hierbei auf dessen Verhalten abzustellen ist. Einen solchen Duldungstatbestand hat die [X.] jedoch nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalt nicht geschaffen. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen hatte die [X.] ihrem Ehemann die Zugangsdaten für ihr Mitgliedskonto bei [X.] nicht offen gelegt und von dessen Vorgehen auch keine Kenntnis; vielmehr hat dieser das von ihr eingerichtete Mitgliedskonto während einer Ortsabwesenheit der [X.]n ohne deren Wissen und Einverständnis unter Verwendung der ihm zufällig bekannt gewordenen Zugangsdaten zum Verkauf des Gaststätteninventars genutzt.

(2) Eine [X.] ist dagegen gegeben, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kennt, er es aber bei [X.] hätte erkennen und verhindern können, und wenn der Geschäftspartner annehmen durfte, der Vertretene kenne und billige das Handeln des Vertreters (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 13. Juli 1977 - [X.], [X.], 1169 unter [X.]; vom 10. Januar 2007 - [X.], aaO Rn. 25; [X.], Urteile vom 5. März 1998 - [X.], [X.], 1854 unter [X.]; vom 16. März 2006 - [X.], [X.]Z 166, 369 Rn. 17). Allerdings greifen die Rechtsgrundsätze der [X.] in der Regel nur dann ein, wenn das Verhalten des einen Teils, aus dem der Geschäftsgegner auf die Bevollmächtigung des [X.] glaubt schließen zu können, von einer gewissen Dauer und Häufigkeit ist (Senatsurteile vom 13. Juli 1977 - [X.], aaO; vom 10. Januar 2007 - [X.], aaO; [X.], Urteile vom 5. März 1998 - [X.], aaO; vom 16. März 2006 - [X.], aaO). Bei einem mit einer Identitätstäuschung verbundenen Handeln unter fremdem Namen ist bei Anwendung dieser Grundsätze auf das Verhalten des Namensträgers abzustellen (vgl. etwa [X.], aaO).

Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist der [X.]n, die sich zum Zeitpunkt der unbefugten Nutzung ihres [X.]-Mitgliedskontos bei ihrer Mutter in [X.] aufhielt, bereits nicht zum Vorwurf zu machen, sie hätte bei Anwendung [X.] erkennen und verhindern können, dass sich ihr Ehemann während ihrer Abwesenheit ihres [X.]-Kontos bedienen würde. Hiergegen bringt die Revision nichts vor. Sie macht lediglich geltend, die [X.] habe nach eigenem Vorbringen die Zugangsdaten nicht hinreichend vor dem Zugriff ihres Ehemanns geschützt. Der Umstand, dass sich der Ehemann der [X.]n von deren Zugangsdaten auf nicht näher bekannte Weise Kenntnis verschafft hat, besagt aber noch nicht, dass die [X.] mit einer unbefugten Nutzung ihres Mitgliedskontos durch ihren Ehemann hätte rechnen müssen.

Unabhängig davon scheidet eine [X.] auch deswegen aus, weil der Ehemann der [X.]n deren [X.]-Zugang nach den - von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall zum [X.] genutzt hat. Es fehlt daher an einem von der [X.]n geschaffenen Vertrauenstatbestand, auf den sich der Kläger hätte stützen können (vgl. hierzu auch Senatsurteile vom 13. Juli 1977 - [X.], aaO; vom 10. Januar 2007 - [X.], aaO; [X.], Urteil vom 16. März 2006 - [X.], aaO). Auf das Erfordernis einer gewissen Häufigkeit oder Dauer der unbefugten Verwendung ihres Mitgliedskontos kann nicht schon deswegen verzichtet werden, weil dieses im [X.]verkehr aufgrund der bei [X.] erfolgten Registrierung allein der [X.]n zugeordnet wird. Denn auch wenn den Zugangsdaten für die [X.]plattform [X.] eine Identifikationsfunktion zukommt, weil das Mitgliedskonto nicht übertragbar und das ihm zugeordnete Passwort geheim zu halten ist (vgl. [X.], Urteil vom 11. März 2009 - I ZR 114/06, [X.]Z 180, 134 Rn. 18 - [X.]), kann hieraus angesichts des [X.] gegebenen und auch derzeit vorhandenen Sicherheitsstandards im [X.] auch bei einem [X.]-Account (vgl. zu den vielfältigen Möglichkeiten des [X.] und "Diebstahls" von Zugangsdaten [X.], NJW 2005, 3313 [X.]) nicht zuverlässig geschlossen werden, dass unter einem registrierten Mitgliedsnamen ausschließlich dessen tatsächlicher Inhaber auftritt (so auch [X.], aaO S. 611; [X.], aaO; [X.], aaO; aA [X.], aaO S. 708).

dd) Anders als die Revision meint, muss sich die [X.] nicht allein schon deswegen die von ihrem Ehemann unter Nutzung ihres [X.]-Kontos abgegebenen Erklärungen zurechnen lassen, weil sie keine ausreichende Sicherheitsvorkehrungen gegen einen Zugriff ihres Ehemanns auf die maßgeblichen Kontodaten getroffen hat. Zwar hat der [X.] im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und Urheberrechts eine unsorgfältige Verwahrung der Kontaktdaten eines [X.]-Mitgliedskontos als eigenständigen Zurechnungsgrund für von einem Ehegatten unter Verwendung dieses Kontos begangene Urheberrechts- und/oder Markenrechtsverletzungen und Wettbewerbsverstöße genügen lassen ([X.], Urteile vom 11. März 2009 - I ZR 114/06, aaO Rn. 16 [X.] - [X.]; vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, [X.]Z 185, 330 Rn. [X.] unseres Lebens). Diese für den Bereich der deliktischen Haftung entwickelten Grundsätze lassen sich jedoch nicht auf die Zurechnung einer unter unbefugter Nutzung eines Mitgliedskontos von einem [X.] abgegebenen rechtsgeschäftlichen Erklärung übertragen. Denn während im Deliktsrecht der Schutz absoluter Rechte Vorrang vor den Interessen des Schädigers genießt, ist bei der Abgabe von auf den Abschluss eines Vertrages gerichteten Erklärungen eine Einstandspflicht desjenigen, der eine unberechtigte Nutzung seines passwortgeschützten Mitgliedskontos ermöglicht hat, nur dann gerechtfertigt, wenn die berechtigten Interessen des Geschäftspartners schutzwürdiger sind als seine eigenen Belange (vgl. [X.], Urteil vom 11. März 2009 - I ZR 114/06, aaO Rn. 19). Dies ist nicht schon allein deswegen der Fall, weil der Kontoinhaber bei [X.] ein passwortgeschütztes Mitgliedskonto eingerichtet und sich den Betreibern dieser Plattform zur Geheimhaltung der Zugangsdaten verpflichtet hat (aA [X.], aaO S. 708 f.).

Das Gesetz (vgl. §§ 164, 177, 179 [X.] [analog]) weist das Risiko einer fehlenden Vertretungsmacht des Handelnden dem Geschäftsgegner und nicht demjenigen zu, in oder unter dessen Namen jemand als Vertreter oder scheinbarer Namensträger auftritt (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 1977 - [X.], aaO). Eine Durchbrechung dieser Risikozuweisung ist nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn der "Vertretene" das Handeln des [X.] bei [X.] hätte erkennen und verhindern können (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 1977 - [X.], aaO). Vielmehr ist in diesen Fällen für eine Zurechnung der von dem [X.] abgegebenen Erklärungen weiter zu fordern, dass der Geschäftsgegner annehmen durfte, der "Vertretene" kenne und billige das Verhalten des [X.]. Nur unter dieser zusätzlichen Voraussetzung verdient ein vom "Vertretenen" oder Namensträger möglicherweise schuldhaft mit verursachter Rechtsschein im Rechtsverkehr in der Weise Schutz, dass das Handeln des [X.] dem "Vertretenen" zugerechnet wird (Senatsurteil vom 13. Juli 1977 - [X.], aaO). Ein solcher Vertrauenstatbestand lässt sich - wie oben unter II 1 b cc (2) ausgeführt - jedoch nicht allein daraus ableiten, dass den Zugangsdaten eines bei [X.] registrierten Mitgliedskontos eine Identifikationsfunktion zukommt ([X.], aaO; [X.], aaO; [X.], aaO; aA [X.], aaO S. 707 [X.]).

2. Eine Haftung der [X.]n lässt sich schließlich auch nicht aus § 2 Ziffer 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von [X.] ableiten. Diese sehen zwar vor, dass Mitglieder grundsätzlich für "sämtliche Aktivitäten" haften, die unter Verwendung ihres Mitgliedskontos vorgenommen werden. Da diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedoch jeweils nur zwischen [X.] und dem Inhaber eines Mitgliedskontos vereinbart sind, kommt ihnen keine unmittelbare Geltung zwischen Anbieter und Bieter zu. Sie können allenfalls für die Auslegung der vor ihrem Hintergrund erfolgten Erklärungen Bedeutung gewinnen. Die vom Ehemann der [X.]n unter ihrem Namen abgegebenen Erklärungen können aber der [X.]n nur über die - vorliegend nicht eingreifenden - Grundsätze der [X.] oder der [X.] zugerechnet werden. Eine darüber hinausgehende Haftung könnte die Klausel nur dann begründen, wenn hierin zugunsten zukünftiger Vertragspartner ein Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 [X.] oder ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte zu sehen wäre (zum [X.] vgl. [X.], aaO S. 3315; vgl. ferner [X.], aaO S. 709 f.). Ob dies der Fall ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn eine solche in ihrem Umfang unbegrenzte Haftungsverpflichtung des Kontoinhabers gegenüber beliebig vielen potentiellen Auktionsteilnehmern ginge weit über die Rechtsgrundsätze der Rechtsscheinhaftung hinaus und hielte einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht stand, da sie bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung auch für die Fälle Geltung beanspruchen würde, in denen der Kontoinhaber die unbefugte Nutzung des Mitgliedskontos weder kannte noch diese hätte verhindern können ([X.] auch [X.], aaO, allerdings ohne [X.] Anknüpfung). Die in § 2 Ziffer 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von [X.] vorgesehene Haftungsregelung kann daher allenfalls - ähnlich wie dies bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Herausgeber von EC-Karten der Fall ist (vgl. hierzu etwa [X.], Urteil vom 5. Oktober 2004 - [X.], [X.]Z 160, 308, 312) - eine Einstandspflicht des Kontoinhabers gegenüber dem Plattformbetreiber für diesem entstandene Schäden begründen.

[X.]                                             Dr. Milger                                            Dr. Hessel

                     Dr. Fetzer                                             Dr. Bünger

Meta

VIII ZR 289/09

11.05.2011

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Hamm, 20. Juli 2009, Az: I-2 U 50/09, Urteil

§ 164 BGB, § 177 Abs 1 BGB, § 307 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.05.2011, Az. VIII ZR 289/09 (REWIS RS 2011, 6845)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6845

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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