Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2008, Az. IX ZR 220/07

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 432

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 220/07 Verkündet am: 4. Dezember 2008 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf das am 5. November 2008 geschlossene schriftliche Verfahren durch [X.] Ganter, [X.] und Prof. Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.] Pape für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das [X.]eil der 13. Zivilkammer des [X.] vom 31. August 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Klägerin wurde in einer [X.] außergerichtlich durch die Rechtsanwälte [X.]und Kollegen vertreten. Die [X.] erteilte als Rechtsschutzversicherer der Klägerin für diese Angelegenheit Deckungsschutz. Die Rechtsanwälte [X.] und Kollegen traten ihren Vergütungsanspruch an die [X.] ab. Diese GmbH lässt ihre Forderungen durch die [X.] einziehen. 1 - 3 - Die Klägerin unterzeichnete im April 2006 eine ihr von den Rechtsanwäl-ten [X.] und Kollegen vorgelegte Zustimmungserklärung folgenden [X.]: 2 "Ich erkläre [X.] ausdrücklich einverstanden mit der - Weitergabe der zum Zwecke der Abrechnung und Geltendmachung jeweils erforderlichen Informationen, insbesondere von Daten aus der Mandanten-kartei (Name, Geburtsdatum, Anschrift, Gegenstandswert, Prozessdaten und -verlauf, Honorarsatz) an die [X.]

AG - [X.]und die [X.] - Abtretung der sich aus dem Mandat ergebenden Forderungen an die C.

GmbH. Diese Zustimmung gilt auch für alle laufenden und zukünftigen [X.]. Sofern ich rechtsschutzversichert bin, bevollmächtige und beauftra-ge ich hiermit die [X.]

GmbH und deren Prozessbevollmächtigte mit der Geltendmachung der Freistellungsansprüche aus dem [X.]. Hierdurch entstehen [X.] keine weiteren Kosten. Für den Fall der Gel-tendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Gegner [X.]und [X.]

mit der Beauftragung eines Rechts-anwalts in meinem Namen zur Einziehung der Forderung. Auch hierbei ent-stehen für [X.] keine Aufwände oder Kosten. Die [X.] GmbH kann bei der Entscheidung, ob sie die Honorarfor-derungen ankauft, meine Bonität (Zahlungsfähigkeit) prüfen; hierzu kann die [X.] GmbH eine Auskunft bei einer Auskunftei oder Kreditschutz-organisation ([X.], [X.] o.ä.) einholen. Ich wurde darüber aufgeklärt, dass die [X.] GmbH die Leistungen meines Rechtsanwalts [X.] gegenüber durch die [X.] in Rechnung stellen und für eigene Rechnung einziehen wird. Sollte es über die Berechnung der Forderung unterschiedliche Auffassungen geben, kann der Rechtsanwalt in einer etwaigen Auseinandersetzung als Zeuge gehört werden. Ich entbinde meinen Rechtsanwalt von seiner anwaltlichen Schweigepflicht, soweit dies für die Abrechnung und Geltendmachung der Forderungen erforderlich ist. Eine Ausfertigung dieser Einverständniserklärung habe ich erhalten." Die Parteien streiten über die Wirksamkeit dieser Abtretung. Die [X.] hat zudem weitere Einwendungen erhoben. In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ver-3 - 4 - folgt die Klägerin ihren Sachantrag weiter, von der auf [X.] • bezifferten Forderung der [X.] aus dem den Rechtsanwälten [X.] und Kollegen erteilten Mandat freigestellt zu werden. Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet. 4 I. Der Senat hat in seinem [X.]eil vom 24. April 2008 ([X.] ZR 53/07, [X.], 1229) bereits entschieden, dass entgegen der Ansicht des Berufungsge-richts schon vor dem 18. Dezember 2007 Vergütungsansprüche von Rechts-anwälten mit wirksamer Zustimmung des Schuldners auch an [X.] ab-getreten werden konnten, ohne dass es unter dieser Voraussetzung auf eine rechtskräftige Feststellung der Forderung und einen erfolglosen Vollstreckungs-versuch ankam. Dagegen rügt die Revisionserwiderung zu Unrecht, der Senat habe in Ansehung von § 49b Abs. 4 Satz 2 [X.] in der Fassung vom 2. September 1994 das Verwerfungsmonopol des [X.] gemäß Art. 100 Abs. 1 GG verletzt (ebenso [X.]. 2008, 177, 178; Glauben [X.], 289 f; Edelmann/[X.] WuB VIII B. - 1.08). Der Senat hat die [X.] weder verworfen noch angewendet, sondern auf-grund einer verfassungskonformen Auslegung von Art. 20 Satz 1 des [X.] vom 12. Dezember 2007 ([X.]), zu welcher er befugt ist, seiner Entscheidung § 49b Abs. 4 Satz 2 [X.] in der Fassung vom 12. Dezember 2007 zugrunde gelegt. Diese Auslegung stützt sich auf die deutliche und zutreffende Kritik des Altrechts in 5 - 5 - den Materialien zu Art. 4 Nr. 1 des [X.] des [X.]. Ihr Gewicht wird nicht dadurch verringert, dass die [X.] es in ihrer Entwurfsbegründung vermieden hat, die Verfassungswidrigkeit des § 49b Abs. 4 Satz 2 [X.] in der Fassung vom 2. September 1994 aus-drücklich anzusprechen. Umgekehrt wird dadurch deutlich, dass Art. 20 Satz 1 des [X.] des Rechtsberatungsrechts mit seinem einheit-lichen Inkrafttreten von Art. 4 Nr. 1 des Gesetzes eine planwidrige Lücke ent-hält. Die Annahme von [X.] (aaO), der Gesetzgeber habe sich bewusst für ein Inkrafttreten der Neufassung des gesamten § 49b Abs. 4 [X.] zum 18. Dezember 2007 entschieden, findet in den Gesetzesmaterialien an keiner Stelle Rückhalt. Die Bedenken von Glauben (aaO S. 290), die Rückwirkung von § 49b Abs. 4 Satz 2 [X.] in der Fassung vom 12. Dezember 2007 könne [X.] verfassungsrechtlich unzulässig sein, sind unbegründet. [X.] Vertrauen in die Verfassungsmäßigkeit der umstrittenen [X.] für die Mandanten nicht; für die beteiligten Verkehrskreise ergab sich hin-reichender Schutz aus § 407 Abs. 1 BGB (vgl. [X.], 278, 286 f Rn. 26; [X.], [X.]. v. 18. März 2004 - [X.] ZR 177/03, [X.], 981, 985 unter [X.] 4.). Die Neuregelung schränkt auch Grundrechte der Mandanten innerhalb des [X.] nicht stärker ein, sondern sichert deren im Hinblick auf § 402 BGB erforderliche Zustimmung durch die gesetzliche Verankerung der Aufklä-rungsobliegenheit des Rechtsanwaltes besser ab. Das in Art. 103 Abs. 2 GG ausgesprochene Verbot, [X.] rückwirkend zu schließen (siehe dazu [X.] 26, 31, 42; 64, 389, 393; 81, 132, 135), und die ebenfalls nicht rückwirkende Verschwiegenheitspflicht neuer Gläubiger gemäß § 49b Abs. 4 Satz 4 [X.] in der Fassung vom 12. Dezember 2007 stehen der vom Senat in seinem [X.]eil vom 24. April 2008 (aaO) vorgenommenen Auslegung von Art. 20 Satz 1 des Gesetzes zur Neure-6 - 6 - gelung des Rechtsberatungsrechts im Sinne eines rückwirkenden Inkrafttretens der mit Art. 4 Nr. 1 dieses Gesetzes angeordneten Anpassung von § 49b Abs. 4 Satz 2 [X.] an grundrechtliche Erfordernisse ebenfalls nicht entgegen. Die Ausdehnung der Verschwiegenheitspflicht auf Zessionare und ihre Strafbeweh-rung nach § 203 StGB ist keine verfassungsrechtlich gebotene Voraussetzung für die [X.] der gesetzlich zur [X.] verpflichteten Berufsangehörigen. Wäre dies anders, hätten solche [X.] auch nicht gepfändet werden können, was die Rechtsprechung schon früher als zulässig anerkannt hat (vgl. [X.]Z 141, 173, 177), ohne damit dem Gesetzgeber Anlass zu bieten, vermeintliche Pflichtendefizite und Strafbarkeits-lücken auszufüllen. Die Strafbarkeit von Geheimnisverletzungen ist durch Art. 17 des [X.] des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 auch nur für die Angehörigen anwaltlicher Verrechnungs-stellen begründet worden, ohne die Abtretung anwaltlicher Vergütungsansprü-che an andere Empfänger zu hindern. Die von der Klägerin unterzeichnete Zustimmung zu der Abtretung des anwaltlichen Honoraranspruchs ist mit derjenigen der Sache [X.] ZR 53/07 in-haltsgleich. Ihre Wirksamkeit ist daher aus den in jener Sache bereits darge-stellten Gründen zu bejahen. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und - mangels Spruchreife - zur Zurückverweisung der Sache. 7 [X.] Das Berufungsurteil ist nicht aus anderen Gründen richtig (§ 561 ZPO). 8 1. Die Einwendung der [X.] aus § 2 Abs. 1 Buchstabe a) [X.] ist unbegründet. Die Klägerin verlangt die Freistellung von einer anwaltlichen 9 - 7 - Gebührenforderung. An dieser Rechtsnatur des Streitgegenstandes ändert sich nichts, wenn der Anspruch, dem die Versicherte ausgesetzt ist, an einen Dritten abgetreten wird. Der nicht ganz klare Sachvortrag der Klägerin, wann sie eine Berechnung der Rechtsanwälte [X.] und Kollegen gemäß § 10 Abs. 1 [X.] erhalten hat, ist nicht entscheidungserheblich. Die [X.] beruft sich auch zu Unrecht auf ihre Leistungsfreiheit gemäß § 15 Abs. 2 [X.]. Leistungsfreiheit der [X.] wegen grob fahrlässiger [X.] scheidet schon deshalb aus, weil die vorgerichtlich versäumte Vorla-ge der anwaltlichen Gebührenberechnung nach unstreitigem Sachverhalt kei-nen Einfluss auf die Feststellung oder den Umfang der von der [X.] zu erbringenden Leistung gehabt hat. 10 Die [X.] ist auch nicht wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung von der Verpflichtung zur Leistung frei, weil die Vorsatzvermutung widerlegt ist. Es fehlen schon Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger die objektiv verletzte Vorlageobliegenheit des § 15 Abs. 1 Buchst. e) [X.] in [X.] bewusst war. Ohne dieses Bewusstsein scheidet ein entsprechender [X.] aus. Im Übrigen fehlt es an einem erheblichen Verschulden des [X.] im Sinne der Relevanzrechtsprechung (vgl. [X.], [X.]. v. 21. Januar 1998 - [X.], [X.], 447, 448 unter 2. b). Nach allgemeiner Erfah-rung will sich kein vernünftiger Rechtsschutzversicherter durch die vorsätzliche Nichterfüllung seiner Obliegenheit zur Vorlage der anwaltlichen Gebührenbe-rechnung dem Rechtsnachteil aussetzen, den zugesagten Deckungsschutz seiner anwaltlichen Rechtsbetreuung zu verlieren (vgl. [X.], [X.]. v. 3. Oktober 1979 - [X.], [X.], 1117, 1118 unter [X.] 5.; v. 8. Januar 1981 - [X.], [X.], 321, 322; v. 21. April 1993 - [X.], [X.], 830, 832 unter [X.] 2.; [X.] in [X.]/Langheid, [X.]. § 6 Rn. 76). 11 - 8 - Dieser von der Rechtsprechung für versicherte Haftpflichtrisiken entwickelte Gedanke gilt auch im Bereich der Rechtsschutzversicherung. Spätestens nach Vorlage des Schreibens der Rechtsanwälte [X.]und Kollegen vom 13. April 2006 an die [X.] in erster Instanz besitzt diese alle zur Prüfung ihrer Deckungspflicht notwendigen Informationen, [X.] kann sie ersehen, dass die beauftragten Rechtsanwälte, wie es mangels Zu-stimmung zu einer Delegation geboten war (siehe Senatsurteil vom heutigen Tage in der Sache [X.] ZR 219/07), ihr Billigkeitsermessen gemäß § 14 [X.] selbst ausgeübt hatten. Die Rechtsanwälte [X.] und Kollegen haben mit dem Schreiben vom 13. April 2006 die Verantwortung für die entsprechenden Ansätze in der Abrechnung der [X.] AG vom 16. Februar 2006 übernommen. 12 2. Der Freistellungsanspruch der Klägerin ist auch fällig. Nachdem die Klägerin das Begründungsschreiben ihrer Rechtsanwälte vom 13. April 2006 an die [X.] und die diesem Hinweis entsprechende Abrechnung der [X.] vom 16. Februar 2006 in den Rechtsstreit eingeführt hat, steht fest, dass sie oder ihre auch insoweit zuständigen Prozessbevollmächtigten spätes-tens zu diesem Zeitpunkt im Besitz einer ausreichenden anwaltlichen Berech-nung waren. Denn der Rechtsanwalt muss die nach § 10 Abs. 1 [X.] geschul-dete Berechnung nicht persönlich erstellen und unterzeichnen. Es genügt, wenn aus einem von ihm unterzeichneten Schreiben, wie hier dem Schreiben von 13. April 2006, hervorgeht, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung für eine mit diesem Inhalt aufgemachte Abrechnung eines [X.] (vgl. [X.] 1962, 63 f). 13 - 9 - 3. Indes hat die [X.] bestritten, dass der angenommene Geschäfts-wert zutreffe und sich die 2,0-fache Geschäftsgebühr von 2.862 • nach den Umständen der anwaltlichen Tätigkeit im Rahmen des gesetzlichen Billigkeits-ermessens bewege. Die Klägerin ist dem im Einzelnen entgegengetreten. Diese Streitpunkte bedürfen zunächst der bisher fehlenden tatrichterlichen Prüfung, zu welcher die wiedereröffnete Berufungsinstanz Gelegenheit bietet. 14 [X.]Raebel [X.] [X.] Pape Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.] - 461 C 10919/06 - [X.], Entscheidung vom 31.08.2007 - 13 S 22/07 -

Meta

IX ZR 220/07

04.12.2008

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2008, Az. IX ZR 220/07 (REWIS RS 2008, 432)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 432

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