Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2007, Az. 2 StR 490/06

2. Strafsenat | REWIS RS 2007, 4049

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 490/06 vom 27. April 2007 Nachschlagewerk: ja [X.]St: ja Veröffentlichung: ja [X.] §§ 251 Abs. 1 Nr. 2, 250 Satz 2, 55 Wird ein Zeuge in der Hauptverhandlung nicht vernommen, weil er sich vorab auf ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 [X.] berufen hat, so darf seine Vernehmung nicht durch Verlesung von ihm stammender früherer schriftlicher Erklärungen gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ersetzt werden. [X.], Urteil vom 27. April 2007 - 2 StR 490/06 - [X.] in der Strafsache gegen - 2 - wegen Bestechlichkeit - 3 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat auf Grund der Hauptverhandlung vom 25. April 2007 in der Sitzung am 27. April 2007, an denen teilgenommen haben: Vorsitzende Richterin am [X.] Dr. [X.] und [X.] am [X.] Dr. Bode, [X.], Prof. Dr. [X.], [X.], Oberst[X.]tsanwalt beim [X.] in der Verhandlung, St[X.]tsanwalt bei der Verkündung als Vertreter der [X.], Rechtsanwalt , Rechtsanwalt , Rechtsanwalt in der Hauptverhandlung, Rechtsanwalt , Rechtsanwalt bei der Verkündung als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 4 - Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 13. Juni 2006 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Verfall eines Betrages von 50.000 • angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg. 1 I. Der Angeklagte war von 1998 bis 1999 Oberstadtdirektor der [X.] . Nach den Feststellungen des [X.] beauftragte er den [X.], [X.], [X.] mit der Beschaffung von Spenden von dem [X.].. Er äußerte dabei: "Ich kann das nicht ma[X.], ich bin ja Amtsträger". Das Geld sollte der Finanzierung des [X.] anstehenden Wahlkampfs um das Oberbürgermeisteramt in [X.]dienen, um das sich der Angeklagte bewerben wollte. [X.], der wusste, dass die Spendenanfrage vom Angeklagten ausging, übergab an [X.] insgesamt 2 - 5 - 150.000 DM in bar. Allen Beteiligten war klar, dass [X.] mit der Geldzahlung das Ziel verfolgte, der Angeklagte solle im Rahmen seiner Tätigkeit als Oberstadtdi-rektor bzw. als zukünftiger Oberbürgermeister Einfluss auf den Stadtrat und auf die [X.] nehmen, um eine Teilprivatisierung der [X.] Abfallentsor-gung unter Beteiligung von Unternehmen des [X.] zu errei[X.]. Das übergebene Geld floss teilweise direkt der Wahlkampfkasse des Angeklagten, teilweise in Form vorgetäuschter Kleinspenden der [X.] zu. [X.]Die neben anderen Verfahrensrügen und der Sachrüge zulässig [X.] der Verletzung der §§ 250, 251 [X.] führt zur Aufhebung des Urteils. 3 1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde: Das ge-gen den [X.]. wegen Vorteilsgewährung im Zu-sammenhang mit der hier abgeurteilten Tat geführte Ermittlungsverfahren war durch die St[X.]tsanwaltschaft [X.] im Dezember 2004 gemäß § 154 [X.] vor-läufig eingestellt worden. In diesem Verfahren hatten seine Verteidiger am 7. September 2004 eine schriftliche Stellungnahme zu dem hier abgeurteilten Tatgeschehen für ihn abgegeben. Nach der vorläufigen Einstellung gab [X.] am 4. Juli 2005 gegenüber der St[X.]tsanwaltschaft eine schriftliche —Zeugenerklä-rungfi ab, in der er ausführte, dass die Angaben in dem anwaltli[X.] Schreiben vom 7. September 2004 auf seinen Informationen beruhten, er sich den darin enthaltenen Tatsa[X.]vortrag zu eigen mache und als Zeuge bestätige. 4 Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens lud der Vorsitzende der [X.] im Mai 2006 [X.] sowie dessen Verteidiger als Zeugen zur [X.]. Letztere sollten dazu vernommen werden, welche Angaben ihr [X.] ihnen gegenüber zu dem im Schriftsatz vom 7. September 2004 behandel-ten Sachverhalt gemacht hatte. Die Rechtsanwälte teilten daraufhin in einem 5 - 6 - Schreiben an den Vorsitzenden mit, [X.] habe sie nicht von ihrer Verschwiegen-heitspflicht entbunden; sie seien daher nicht befugt, als Zeugen zu diesem [X.] auszusagen. Weiterhin teilten sie mit, dass [X.] im hier vorliegenden Verfahren von einem Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 [X.] umfas-send Gebrauch ma[X.] und zur Sache nichts aussagen werde. Der [X.] der [X.] lud daraufhin [X.] und seine Rechtsanwälte wieder ab. In der Hauptverhandlung am 18. Mai 2006 regte die [X.] an, das anwaltliche Schreiben vom 7. September 2004 sowie die "Zeugenerklärung" des [X.] zu verlesen. Ein Verteidiger des Angeklagten widersprach dieser Vorge-hensweise. Daraufhin ordnete die [X.] durch Beschluss die Verlesung der beiden Schriftstücke gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 2 [X.] mit der Begründung an, [X.] könne auf Grund der Geltendmachung seines Auskunftsverweigerungs-rechtes als Zeuge in absehbarer Zeit nicht vernommen werden. Da in einem sol[X.] Fall anerkanntermaßen [X.] als Zeugen zu dem Inhalt früherer Vernehmungen vernommen werden könnten, sei es —nicht erklär-lichfi, warum dann nicht auch von dem Zeugen stammende Erklärungen verle-sen werden könnten. Der Beschluss wurde ausgeführt. Die [X.] hat die verlesenen Urkunden im Urteil verwertet. 6 2. Die hiergegen erhobene Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen §§ 250, 251 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist zulässig. Entgegen der vom [X.] in der Hauptverhandlung vertretenen Ansicht bedurfte es gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht des Vortrags einer früheren Vernehmung des Zeugen [X.]. Die Frage, ob [X.] schon vor der schriftli[X.] Erklärung seiner Verteidiger einmal als Beschuldigter vernommen worden war und was er bei dieser Gele-genheit aussagte, konnte allenfalls hinsichtlich des Beruhens des Urteils auf der Verlesung der späteren Urkunden von Belang sein. Für den Vortrag und den Beweis des gerügten Rechtsfehlers selbst, also der nach Ansicht der Revision 7 - 7 - unzulässigen Verlesung jener Urkunden, war der Inhalt einer mögli[X.] frühe-ren Vernehmung ohne Belang. 3. Die Rüge ist auch begründet, denn die Verlesung des anwaltli[X.] Schriftsatzes und der "Zeugenerklärung" begegnet durchgreifenden rechtli[X.] Bedenken. 8 a) Hinsichtlich des anwaltli[X.] Schriftsatzes vom 7. September 2004 kann dahinstehen, ob sich ein [X.] und Verwertungsverbot schon aus § 252 [X.] ergeben könnte, weil sich die Anwälte der Sache nach auf ihr [X.] nach § 53 Abs. 1 Nr. 2 [X.] berufen haben (vgl. dazu [X.]R [X.] § 252 Verwertungsverbot 13; [X.] bei [X.] NStZ 1998, 25, 26). Bei einem anwaltli[X.] Schriftsatz, in dem Angaben des Mandanten wiederge-geben werden, handelt es sich zwar zunächst um eine Erklärung des [X.] selbst (vgl. [X.]R [X.] § 250 Satz 2 Schriftliche Erklärung 2). Der Zeuge [X.] hat sich aber den Inhalt dieses Schriftsatzes in seiner Zeugenerklä-rung ausdrücklich zu eigen gemacht. Damit ist der Inhalt des Schriftsatzes je-denfalls auch wie eine eigene Erklärung des [X.] zu werten. 9 b) Das [X.] hat die Verlesung der Urkunden zu Unrecht auf § 251 Abs. 1 Nr. 2 [X.] gestützt. Hierdurch hat es den in § 250 [X.] niedergelegten Grundsatz der Unmittelbarkeit verletzt. Der Vernehmung einer Auskunftsperson über deren Wahrnehmungen kommt gegenüber der Verlesung eines Protokolls über eine frühere Vernehmung oder von Erklärungen der Auskunftsperson [X.] zu, wenn hierdurch der Beweis entscheidungserheblicher Tatsa[X.] ge-führt werden soll. Von dieser Regel, die zu den tragenden Grundsätzen des geltenden Strafprozessrechts gehört, sind Ausnahmen nur unter bestimmten, in den §§ 251 ff. [X.] im Einzelnen aufgeführten Voraussetzungen möglich; grundsätzlich kann nur in diesen enumerativ aufgezählten Fällen die unmittelba-10 - 8 - re Aussage einer Vernehmungsperson durch die Verlesung von Niederschriften über frühere Vernehmungen oder von der [X.] herrührender schriftli-cher Erklärungen ersetzt werden. Ein solcher Ausnahmefall lag hier nicht vor. Der Umstand, dass der Zeuge [X.] sich auf das Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 [X.] berufen hatte, führte nicht dazu, dass er im Sinne des § 251 Abs. 1 Nr. 2 [X.] in absehbarer Zeit nicht vernommen werden konnte. [X.]) In der Rechtsprechung des [X.] ist über die Möglich-keit einer Verlesung nach § 251 Abs. 1 Nr. 2 [X.] (bzw. § 251 Abs. 2 Satz 2 [X.] a.F.) bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden bisher nicht ausdrück-lich entschieden worden. Vielmehr lagen den in diesem Zusammenhang ent-schiedenen Fällen jeweils Konstellationen zugrunde, in denen ein Zeuge in der Hauptverhandlung erschienen war und sich [X.] jedenfalls nach Vernehmung zur Person [X.] dann ganz oder teilweise auf ein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 [X.] berief, oder in denen eine Zeugenvernehmung aus anderen Grün-den, z. B. wegen eintretender [X.], unmöglich wurde. Als unzulässig erachtet hat der [X.] in diesen Konstellationen sowohl die Verlesung schriftlicher Erklärungen des sich auf § 55 [X.] berufenden Zeugen ([X.] NStZ 1988, 36: nur ergänzende Verlesung neben der Zeugen-vernehmung zulässig; vgl. auch [X.]St 20, 160, 161 f.; ebenso [X.] 49. Aufl. § 251 Rdn. 11; [X.] in [X.]. § 251 Rdn. 26) als auch die Verlesung nichtrichterlicher Protokolle über seine Vernehmung ([X.] NStZ 1982, 342 [X.] sogar dann, wenn alle Verfahrensbeteiligten in die Verlesung ein-gewilligt haben -; [X.] NJW 1984, 136; [X.] NStZ 1993, 350; [X.] NStZ 1996, 96; [X.], Urteil vom 28. Oktober 1975 [X.] 5 StR 407/75; [X.], Beschluss vom 5. Dezember 1978 [X.] 5 StR 767/78; [X.], Beschluss vom 26. Juli 1983 [X.] 5 StR 310/83; vgl. auch [X.], Urteil vom 29. Juni 1976 [X.] 5 StR 209/76). 11 - 9 - Soweit das [X.] sich auf die Entscheidung des [X.]s in NStZ 2002, 217 berufen hat, ergibt sich aus diesem Beschluss nicht, dass bei [X.] eines Zeugen eine Urkundenverlesung nach § 251 Abs. 2 Satz 2 a.F. (§ 251 Abs. 1 Nr. 2 [X.] heutiger Fassung) zulässig sei. [X.] des [X.]s zur Erweiterung des [X.] spielten in jener Ent-scheidung keine tragende Rolle, weil in dem seinerzeit zu Grunde liegenden Fall die Verfahrensbeteiligten einer [X.] zugestimmt hatten. 12 In eng umgrenzten Ausnahmefällen hat die Rechtsprechung Erweiterun-gen des § 251 [X.] zugelassen: So kann dann, wenn der Gesundheitszustand eines Zeugen zwar sein Erscheinen in der Hauptverhandlung nicht schlechthin unmöglich macht, aber zu einer erhebli[X.] Verschlechterung seines [X.] führen kann, ein Protokoll über eine frühere richterliche Vernehmung verle-sen werden ([X.]St 9, 297, 300). Ähnliches ist für den Fall angenommen [X.], dass einem Zeugen im Falle einer wahrheitsgemäßen Aussage eine rechtsst[X.]tswidrige Verfolgung ([X.]St 17, 337, 349 f.) oder dass dem Zeugen oder seiner Familie bei [X.] droht ([X.] NStZ 1993, 350 für Protokolle nichtrichterlicher Vernehmungen). Diesen Ausnahmen ist gemeinsam, dass das [X.] sich [X.] aus äußeren, nicht vom Zeugen beherrschbaren Umständen ergibt. [X.] dies von der Rechtsprechung nicht als allgemeiner Grundsatz formuliert wurde, hat die Literatur § 251 Abs. 1 Nr. 2 [X.] daher überwiegend dahin [X.], dass die Vorschrift nur bei tatsächli[X.], nicht aber bei rechtli[X.] [X.] eingreifen könne (vgl. etwa [X.] 49. Aufl. § 251 Rdn. 10 m.w.[X.]). 13 Anerkannt ist in der Rechtsprechung darüber hinaus, dass § 250 Satz 2 [X.] dann nicht eingreift, wenn ein Zeuge in der Hauptverhandlung teilweise vernommen werden konnte. In diesem Fall kann die Vernehmung unter [X.] - 10 - ständen durch Verlesung einer vom Zeugen stammenden schriftli[X.] Erklä-rung ergänzt werden; eine Ersetzung im Sinne von § 250 Satz 2 [X.] liegt dann nicht vor ([X.]St 20, 160, 161 ff.; [X.] NStZ 1988, 36). Auch ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. [X.]) Gegen die Annahme, eine Verlesung früherer Protokolle und Erklä-rungen könne, wenn sich ein Zeuge auf ein Auskunftsverweigerungsrecht [X.], auf § 251 Abs. 1 Nr. 2 [X.] gestützt werden, spricht der Wortlaut dieser Vorschrift, die voraussetzt, dass der Zeuge —nicht vernommen werden kannfi. Diese Voraussetzung ist bei einer Auskunftsverweigerung gemäß § 55 [X.] nicht gegeben. § 55 [X.] berechtigt grundsätzlich nur zur Verweigerung der Auskunft auf einzelne Fragen (vgl. [X.] in [X.]. § 55 Rdn. 2 m.w.[X.]). Selbst wenn [X.] wie hier [X.] die gesamte in Betracht kommende Aussage des Zeugen so eng mit einem möglicherweise strafbaren Verhalten zusammen-hängt und deswegen ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht besteht (vgl. [X.]St 10, 104, 105), ist aber eine Vernehmung möglich. Der Zeuge muss Angaben zur Person ma[X.]; ggf. muss er gemäß § 56 [X.] das Bestehen des Auskunftsverweigerungsrechts glaubhaft ma[X.] (vgl. [X.] NStZ 1982, 342). In vielen Fällen ergibt sich der Umfang eines mögli[X.] Auskunftsverwei-gerungsrechts auch erst während einer Vernehmung. Dass ein Zeuge, der sich schon im Vorfeld seiner geplanten Vernehmung auf ein umfassendes [X.]srecht beruft und mitteilt, er werde keinerlei Angaben zur Sache ma[X.], zur Hauptverhandlung gar nicht mehr geladen wird, stellt sich daher als eine aus praktis[X.] Gründen verfahrensvereinfa[X.]de Ausnahme dar; aus ihr ergibt sich nicht, dass der Zeuge überhaupt nicht vernommen wer-den könnte. 15 cc) Auch die [X.] spricht dagegen, § 251 Abs. 1 Nr. 2 [X.] anzuwenden, wenn sich ein Zeuge auf § 55 [X.] beruft. 16 - 11 - In der Strafprozessordnung von 1877 war die heute in § 251 [X.] ent-haltene Materie noch in § 250 geregelt. Nach dessen Absatz 1 konnte ein Pro-tokoll über eine frühere (richterliche) Vernehmung verlesen werden, wenn der Zeuge verstorben, in Geisteskrankheit verfallen oder sein Aufenthalt nicht zu ermitteln war. Nach Absatz 2 konnten Protokolle über kommissarische (richterli-che) Vernehmungen unter bestimmten Voraussetzungen in die Hauptverhand-lung eingeführt werden. Der Gesetzgeber der [X.] hat damals Ausnahmen vom [X.] bewusst nur in eng umgrenzten [X.] (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf in: [X.], [X.] zu den [X.] 3, 2. Aufl. [X.] ff.; vgl. ferner [X.]/[X.] StV 1996, 230, 233). In der [X.] wurde ein Antrag zur Erweiterung der [X.] auch auf die Fälle, in denen ein Zeuge oder Sachverständiger —in der Hauptverhandlung [X.] verweigert, ausdrücklich abgelehnt (vgl. Protokolle der [X.] in: [X.] [X.]O S. 856 ff.). 17 Erst durch Art. 4 der 3. Verordnung zur Vereinfachung der Strafrechts-pflege vom 29. Mai 1943 ([X.] I S. 342) erfuhren die [X.] des § 251 [X.] umfangreiche Erweiterungen. So wurde die dem heutigen § 251 Abs. 1 Nr. 2 [X.] entspre[X.]de Regelung in § 251 Abs. 2 [X.] a.F. eingeführt. Durch die Neuregelung sollte der Abzug von im Wehrdienst bzw. in der Kriegsproduktion benötigten Personen zum Zwecke einer Zeugenverneh-mung eingeschränkt werden; auch hier ging es somit lediglich um tatsächliche Hinderungsgründe (vgl. auch [X.] NStZ 1988, 6, 9; [X.], 174, 180). Die weiteren Änderungen durch das Gesetz zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiet der Gerichtsverfassung, der bürgerli[X.] Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts vom 12. September 1950 ([X.]) und durch das Strafverfahrensänderungsgesetz vom 27. Januar 1987 ([X.] I S. 475) haben den Inhalt der Regelung im [X.] - 12 - [X.] unberührt gelassen. Durch das [X.] vom 24. August 2004 ([X.] I S. 2198) erhielt die Möglichkeit der Verlesung (auch) nicht-richterlicher Urkunden wegen Unmöglichkeit der Vernehmung eines [X.] lediglich einen anderen Standort innerhalb der Norm; die neue Systematik der Regelung beruhte auf der Einfügung von § 251 Abs. 1 Nr. 3 [X.]. Der Wortlaut von § 251 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. [X.] a.F. ist mit dem von § 251 Abs. 1 Nr. 2 [X.] n.F. identisch. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Verschiebung dieser Verlesungsmöglichkeit innerhalb der Vorschrift auch eine inhaltliche Erweiterung verbinden wollte, ergeben sich aus den Ge-setzesmaterialien nicht (vgl. BT-Drucks. 15/1508 S. 25 f.). [X.]) Zu beachten ist auch, dass das Gesetz richterli[X.] [X.], deren Verlesbarkeit in § 251 Abs. 2 [X.] geregelt ist, eine größere Vertrauenswürdigkeit als nichtrichterli[X.] Vernehmungsprotokollen zuerkennt (BT-Drucks. 15/1508 S. 26). Es würde daher einen Wertungswiderspruch [X.], wenn die Verlesung nichtrichterlicher Protokolle und schriftlicher Erklä-rungen eines Zeugen unter geringeren Voraussetzungen möglich wäre als die Verlesung richterlicher Protokolle (vgl. [X.], 174, 179 f.). Dies könnte aber der Fall sein, wenn richterliche Protokolle nur bei einem Hindernis für das —[X.] des Zeugen in der Hauptverhandlung verlesen werden dürften, sonstige Protokolle und schriftliche Erklärungen aber schon dann, wenn der Zeuge von einem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch macht. 19 c) Entgegen Meinungen in der Literatur ([X.], [X.] in der Hauptverhandlung S. 124 f., 144 ff.; [X.], 174 ff.; vgl. auch [X.] in [X.]. § 250 Rdn. 20; [X.] 1987, 523, 524) sieht der [X.] keinen Anlass, die Verlesungsmöglichkeit nach § 251 Abs. 1 Nr. 2 [X.] auf Fallgestaltungen wie die vorliegende zu erweitern. Selbst wenn es in Einzel-fällen, in denen eine Vernehmungsperson oder der Empfänger einer [X.] - 13 - [X.] Erklärung als Zeuge nicht zur Verfügung stehen, zu einer Begrenzung der Beweismöglichkeiten und dadurch auch der Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 [X.] kommen kann, ist dies die notwendige Konsequenz der [X.]. Meist ist aber mit einem Beweisverlust nicht zu rechnen, weil eine dritte Person als Zeuge zur Verfügung steht, die zur Entstehung und zum Inhalt einer Urkunde vernommen werden kann. Im vorliegenden Fall hätte das [X.] den St[X.]tsanwalt, an den die Schreiben des Zeugen [X.] und seiner Rechtsan-wälte gerichtet waren, unschwer als Zeugen vernehmen können, so dass es auch aus Gründen der Aufklärungspflicht und der Verfahrensökonomie an Gründen für die vom Tatrichter angestrebte Rechtsfortbildung fehlte. Entgegen der Ansicht der Revision bestand insoweit auch kein Verwertungsverbot. 21 d) Das Urteil beruht auch auf dem Rechtsfehler. Das [X.] hat seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten ([X.]) sowie da-von, dass der wirtschaftliche Hintergrund der Spenden allen Beteiligten bekannt war ([X.]), ausdrücklich auch auf den Inhalt der zu Unrecht verlesenen Urkunden gestützt. Zwar führen die Urteilsgründe aus, dass die Angaben des Zeugen [X.] bereits —aus sich heraus [X.] seien ([X.]) und dass schon nach dem sonstigen Ergebnis der Beweisaufnahme —nurfi die Annahme einer Unrechtsvereinbarung zwis[X.] dem Angeklagten und [X.] —lebensnahfi sei ([X.]). Damit in einem gewissen Widerspruch steht aber, dass die [X.] sich ausführlich gerade auch mit dem Inhalt der Erklärung vom 7. September 2004 befassen. Das [X.] hat den Urkundeninhalt überdies an mehreren Stellen ([X.], 72, 78) ausdrücklich zum Beweis von Feststellungen na-mentlich zum wirtschaftli[X.] Hintergrund der Tat verwertet, weil sich die [X.] E. und [X.], soweit ihre Angaben im Urteil wiedergegeben sind, hierzu nicht 22 - 14 - verhielten. Ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler lässt sich daher, ent-gegen der Ansicht des [X.], nicht ausschließen. [X.] Bode [X.] [X.] Appl

Meta

2 StR 490/06

27.04.2007

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2007, Az. 2 StR 490/06 (REWIS RS 2007, 4049)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4049

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