Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.09.2022, Az. IV ZB 34/21

4. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 5177

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

ERBRECHT VOLLMACHT TESTAMENTE

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Testamentsauslegung: Verhältnis von postmortaler Vollmacht zu einer vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung


Leitsatz

Das Verhältnis von postmortaler Vollmacht zu einer vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung kann nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall aufgrund einer Auslegung der Vollmachtsurkunde und der letztwilligen Verfügung unter Berücksichtigung des Erblasserwillens ermittelt werden.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] - 1. Familiensenat - vom 18. März 2021 wird auf Kosten der Rechtsbeschwerdeführerin zurückgewiesen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 237.485 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer von der Enkeltochter der am 27. April 2020 verstorbenen ursprünglichen Antragstellerin (im Folgenden: Erblasserin) erklärten [X.] in einem Güterrechtsverfahren.

2

In diesem Verfahren begehrte die Erblasserin von ihrem getrenntlebenden Ehemann (im Folgenden: Antragsgegner) die Übertragung von Miteigentumsanteilen an näher beschriebenen Grundstücken, Zahlung und Herausgabe von bestimmten Unterlagen.

3

Die Erblasserin erteilte am 31. Januar 2020 ihrer Enkeltochter eine Vorsorgevollmacht, die auch nach dem Tod der Erblasserin in [X.] bleiben sollte und die Enkelin unter anderem bevollmächtigte, die Erblasserin in allen persönlichen Angelegenheiten sowie in Vermögensangelegenheiten gerichtlich zu vertreten.

4

Mit eigenhändigem Testament vom 11. Februar 2020 setzte die Erblasserin ihre Enkeltochter zu ihrer Alleinerbin ein, ordnete [X.]vollstreckung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der Erbin an und bestellte die Beschwerdeführerin zur [X.]vollstreckerin. Am selben Tag erteilte die Erblasserin der Beschwerdeführerin eine Vollmacht auf den Todesfall, um sie nach ihrem Tod "in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten gegenüber jedermann und in jeder Weise zu vertreten".

5

Außerdem existiert eine Kopie einer handschriftlichen "Letztwillige(n) Verfügung" mit Datum vom 22. Februar 2020, in der die Erblasserin unter anderem anordnete:

"Meine Enkelin … soll meine Alleinerbin sein.

Wegen der Geltendmachung und Durchsetzung meiner Ansprüche gegen … [den Antragsgegner], die derzeit beim [X.] rechtshängig sind, ordne ich [X.]vollstreckung an. …

Ich weise den [X.]vollstrecker an, den Rechtsstreit durch die von [X.] beauftragte Kanzlei … nach deren pflichtgemäßem Ermessen fortführen zu lassen. …

Zum [X.]vollstrecker für die vorgenannten Aufgaben ernenne ich Rechtsanwalt … [den Antragsteller], der das Recht hat, einen Nachfolger zu bestimmen. …

Für die von der vorstehenden [X.]vollstreckung nicht betroffenen [X.] und Vermögenswerte bleibt es im Übrigen bei der von [X.] angeordneten [X.]vollstreckung durch die … [die Beschwerdeführerin]."

6

Nach dem Tod der Erblasserin hat ihre Enkelin als Alleinerbin durch von ihr beauftragte Rechtsanwälte mit am 5. Mai 2020 beim Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz die [X.] erklärt. Dieser hat der Antragsgegner am selben Tag zugestimmt und beantragt, der Erblasserin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Das Amtsgericht hat mit Beschluss der "Antragstellerin", als die noch die Erblasserin im Rubrum genannt ist, die Kosten des Verfahrens auferlegt und zur Begründung ausgeführt, dass die [X.] mit Blick auf die der Enkelin erteilte [X.] Vollmacht wirksam sei.

7

Diesen ihm zugestellten Beschluss hat der mit der letztwilligen Verfügung vom 22. Februar 2020 zum [X.]vollstrecker ernannte Antragsteller, der frühere Verfahrensbevollmächtigte der Erblasserin, an die Beschwerdeführerin weitergeleitet. Die von dieser eingelegte sofortige Beschwerde hat das [X.] mit dem angefochtenen Beschluss verworfen. Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde.

8

II. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts sei nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 269 Abs. 5 Satz 1 ZPO statthaft. Dies gelte auch dann, wenn das Amtsgericht nicht nur eine Kostengrundentscheidung getroffen, sondern - wie nach den Gründen der angefochtenen Entscheidung erkennbar gewollt - auch über die Wirksamkeit der von der Enkeltochter erklärten [X.] entschieden habe und sich die Beschwerde - wie aus dem Beschwerdevorbringen ersichtlich - auch gegen diese Entscheidung richte. Auch über einen Streit über die Wirksamkeit einer [X.] in einer Familienstreitsache sei nicht durch eine mit der Beschwerde gemäß §§ 58 ff., 117 FamFG anfechtbare Endentscheidung, sondern durch einen nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 269 Abs. 5 Satz 1 ZPO mit der sofortigen Beschwerde anfechtbaren Beschluss zu entscheiden. Die Beschwerdeführerin sei jedoch nicht beschwerdeberechtigt. Für die streitbefangenen Ansprüche gegen den Antragsgegner habe die Erblasserin die Ernennung der Beschwerdeführerin zur [X.]vollstreckerin mit ihrer nachfolgenden letztwilligen Verfügung vom 22. Februar 2020 nach § 2258 Abs. 1 [X.] wieder aufgehoben und insoweit allein den Antragsteller zum [X.]vollstrecker berufen. Nur für die davon nicht betroffenen Aufgabenbereiche und Vermögenswerte sei es bei der angeordneten [X.]vollstreckung durch die Beschwerdeführerin geblieben.

9

Eine Beschwerdeberechtigung könne die Beschwerdeführerin auch nicht aus der ihr am 11. Februar 2020 erteilten Vollmacht auf den Todesfall herleiten. Von dieser Vollmacht werde die Durchsetzung der hier streitbefangenen Ansprüche gegen den Antragsgegner - nachdem die Erblasserin für diese mit ihrer letztwilligen Verfügung vom 22. Februar 2020 [X.]vollstreckung durch den Antragsteller angeordnet habe - nicht mehr erfasst. Zwar könne eine trans- oder postmortale Generalvollmacht selbständig neben der [X.]vollstreckung stehen und dem Vollmachtnehmer eigenständige, vom Erblasser und nicht vom [X.]vollstrecker abgeleitete Befugnisse verleihen. Bei der Auslegung der Erklärungen des Erblassers und Vollmachtgebers werde es allerdings im Allgemeinen dessen maßgeblicher Wille sein, dass keine voneinander unabhängigen Machtbefugnisse verschiedener Personen mit gegenseitiger Störungsmöglichkeit nebeneinander bestünden. Ausgehend von diesem Grundsatz umfasse die postmortale Vollmacht vom 11. Februar 2020 nicht die Durchsetzung der hier streitbefangenen Ansprüche gegen den Antragsgegner. Schon aus dem mit dem Testament vom 11. Februar 2020 identischen Datum der Vollmacht werde deutlich, dass sie der Beschwerdeführerin im inneren Zusammenhang mit ihren Aufgaben als [X.]vollstreckerin erteilt worden sei und ihr keine über ihr diesbezügliches Amt hinausgehenden Befugnisse habe verleihen sollen.

III. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.

a) Sie ist aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft.

aa) Allerdings ist die Rechtsbeschwerde nur eröffnet, wenn zuvor die sofortige Beschwerde statthaft war. Ist dies nicht der Fall, ist eine gegen die Beschwerdeentscheidung eingelegte Rechtsbeschwerde selbst dann unstatthaft, wenn das Beschwerdegericht sie zugelassen hat. War die sofortige Beschwerde unstatthaft, fehlt es für das Verfahren vor dem Rechtsbeschwerdegericht an einer Grundlage. Ein für den Beschwerdeführer vom Gesetz nicht vorgesehener Rechtsmittelzug kann auch durch eine Fehlentscheidung des ersten Rechtsmittelgerichts nicht eröffnet werden. Die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde hat das Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu prüfen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 5. März 2015 - [X.], [X.], 728 Rn. 4; vom 25. Juni 2009 - [X.] 161/08, [X.], 3653 Rn. 5; jeweils m.w.N).

bb) Im Streitfall ist die Rechtsbeschwerde eröffnet. Dabei bedarf die vom Beschwerdegericht für klärungsbedürftig erachtete Frage, ob gegen die Entscheidung des Amtsgerichts die sofortige Beschwerde nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 269 Abs. 5 Satz 1 ZPO oder die Beschwerde in einer Familienstreitsache gemäß den §§ 58 Abs. 1, 117 FamFG statthaft war, keiner Entscheidung. Auch die zugrundeliegende Frage, ob bei einem Streit über die Wirksamkeit einer Klage- oder [X.] die Wirksamkeit durch Beschluss nach § 269 Abs. 4 Satz 1 ZPO (so für die Klagerücknahme: [X.], Beschluss vom 22. Juni 1993 - [X.], NJW-RR 1993, 1470 unter II 1 [juris Rn. 7]; [X.]/[X.]-Eberhard, 6. Aufl. § 269 Rn. 35 f.; jeweils m.w.[X.]) oder durch Urteil ([X.] 2012, 669 [juris Rn. 5]; [X.]/[X.], ZPO 34. Aufl. § 269 Rn. 19b; jeweils m.w.[X.]) bzw. in Familiensachen durch Beschluss gemäß § 116 Abs. 1 FamFG auszusprechen ist, kann mit Blick auf den sogenannten Grundsatz der [X.] offenbleiben. Danach dürfen die Prozessparteien dadurch, dass das Gericht seine Entscheidung in einer falschen Form erlässt, keinen Rechtsnachteil erleiden. Ihnen steht deshalb sowohl das Rechtsmittel zu, das nach der Art der tatsächlich ergangenen Entscheidung statthaft ist, als auch das Rechtsmittel, das bei einer in der richtigen Form erlassenen Entscheidung zulässig wäre. Der Schutzgedanke der [X.] soll die beschwerte Partei vor Nachteilen schützen, die auf der unrichtigen Entscheidungsform beruhen. Dieser Grundsatz führt allerdings nicht dazu, dass das Rechtsmittelgericht auf dem vom erstinstanzlichen Gericht eingeschlagenen falschen Weg weitergehen müsste; vielmehr hat das Rechtsmittelgericht das Verfahren so weiter zu betreiben, wie dies im Falle einer formell richtigen Entscheidung durch die Vorinstanz und des danach gegebenen Rechtsmittels geschehen wäre (vgl. [X.], Beschlüsse vom 29. Februar 2012 - [X.] 198/11, NJW-RR 2012, 753 Rn. 12; vom 6. April 2011 - [X.] 553/10, NJW-RR 2011, 939 Rn. 12; jeweils m.w.[X.]).

Hier hat das Amtsgericht durch Beschluss nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 269 Abs. 4 Satz 1 ZPO sowohl die Kostengrundentscheidung getroffen als auch die Wirksamkeit der [X.] festgestellt. Gegen diesen Beschluss fand nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 269 Abs. 5 Satz 1 ZPO die sofortige Beschwerde statt. Da das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, ist diese gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft.

b) Die Beschwerdebefugnis für das Rechtsbeschwerdeverfahren folgt bereits aus der Zurückweisung der Erstbeschwerde (vgl. [X.], Beschlüsse vom 24. März 2022 - [X.]/21, juris Rn. 5; vom 23. Februar 2022 - [X.] 424/21, NJW 2022, 1618 Rn. 7).

2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet. Das Beschwerdegericht hat ohne Rechtsfehler die Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerin verneint.

a) Diese macht ohne Erfolg geltend, dass sie als [X.]vollstreckerin zur Einlegung der sofortigen Beschwerde berechtigt gewesen sei, weil sie im Sinne von § 2224 Abs. 1 [X.] hinsichtlich der streitgegenständlichen Ansprüche gemeinsam mit dem Antragsteller zur [X.]vollstreckung berufen sei.

aa) Wenn der Erblasser - wie hier - mehrere [X.]vollstrecker ernennt, kann er jedem [X.]vollstrecker einen bestimmten Wirkungskreis zuweisen, innerhalb dessen er ohne Mitwirkung der anderen selbständig handeln kann, oder Gegenstände von der gemeinschaftlichen Verwaltung ausschließen und ihre Verwaltung einem besonderen [X.]vollstrecker übertragen (vgl. [X.]/[X.], [X.] [2021] § 2224 Rn. 7). Ebenso wie für die Anordnung der [X.]vollstreckung und deren Reichweite ist auch im Hinblick auf die Bestellung mehrerer [X.]vollstrecker, deren Aufgabenbereiche und die Art deren Amtsführung der Wille des Erblassers maßgebend (vgl. [X.]/[X.], [X.] [Stand: 1. März 2022] § 2224 Rn. 3; [X.]/[X.] aaO Rn. 4). Dieser Wille ist im Wege der Auslegung der letztwilligen Verfügung(en), mit der bzw. denen der Erblasser [X.]vollstreckung angeordnet hat, zu ermitteln.

Bei der [X.]auslegung ist vor allem der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks festzuhalten. Dieser Aufgabe kann der [X.] nur dann voll gerecht werden, wenn er sich nicht auf eine Analyse des Wortlauts beschränkt. Der Wortsinn der benutzten Ausdrücke muss gewissermaßen "hinterfragt" werden, wenn dem wirklichen Willen des Erblassers Rechnung getragen werden soll. Dafür muss der [X.] auch alle ihm aus dem Inbegriff der mündlichen Verhandlung zugänglichen Umstände außerhalb der [X.] heranziehen (Senatsbeschluss vom 19. Juni 2019 - [X.]/18, [X.] 2019, 642 Rn. 15 m.w.[X.]). Die Auslegung obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Seine Auslegung kann nur angegriffen werden, soweit sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juni 2019 aaO Rn. 21 m.w.[X.]). Unter anderem ist eine [X.]auslegung dann rechtsfehlerhaft, wenn in Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Erwägung gezogen worden sind (vgl. Senatsurteile vom 24. Juni 2009 - [X.], [X.] 2009, 459 Rn. 26; vom 24. Februar 1993 - [X.], [X.]Z 121, 357 unter [X.] [juris Rn. 18]). Wenn der Wortlaut eines [X.] mehrere Deutungen zulässt, aber der (mögliche) Wille des Erblassers in dem Testament auch nicht andeutungsweise oder versteckt zum Ausdruck gekommen ist, ist der unterstellte, aber nicht formgerecht erklärte Wille des Erblassers unbeachtlich (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. November 2021 - [X.]/20, [X.]Z 231, 377 Rn. 18; vom 19. Juni 2019 aaO Rn. 17; jeweils m.w.[X.]).

bb) Bei der Auslegung der letztwilligen Verfügung vom 22. Februar 2020 sind dem Beschwerdegericht keine Rechtsfehler unterlaufen. Es hat sich am klaren Wortlaut des [X.] orientiert und daraus entnommen, dass die Erblasserin für die im Ausgangsverfahren streitbefangenen Rechte allein den Antragsteller zum [X.]vollstrecker ernannt und sie einer Verwaltung durch die Beschwerdeführerin wieder entzogen hat, indem sie das Testament vom 11. Februar 2020 teilweise gemäß § 2258 Abs. 1 [X.] widerrufen hat. Die Möglichkeit einer Gesamtvollstreckung durch die Beschwerdeführerin und den Antragsteller im Sinne von § 2224 Abs. 1 Satz 1 [X.] hat das Beschwerdegericht in Betracht gezogen, aber hinsichtlich der streitgegenständlichen Ansprüche abgelehnt, weil es nach der Formulierung des [X.] vom 22. Februar 2020 ausdrücklich nur für die von der [X.]vollstreckung durch den Antragsteller nicht betroffenen Aufgabenbereiche und Vermögenswerte bei der zuvor von der Erblasserin angeordneten [X.]vollstreckung durch die Beschwerdeführerin habe bleiben sollen. Dem hält die Rechtsbeschwerde nur ihre eigene abweichende Auslegung entgegen, ohne aufzeigen zu können, dass die letztwillige Verfügung vom 22. Februar 2020 andere Auslegungsmöglichkeiten überhaupt zulässt und [X.] einen abweichenden Willen der Erblasserin zumindest versteckt oder andeutungsweise zum Ausdruck bringt.

b) Vergeblich beruft sich die Beschwerdeführerin erstmals in der [X.] darauf, dass sich ihre Beschwerdebefugnis aus § 2224 Abs. 2 [X.] ergebe, weil die Einlegung der sofortigen Beschwerde eine notwendige Erhaltungsmaßnahme gewesen sei. Damit kann sie schon deshalb nicht durchdringen, weil nach der [X.] Auslegung des [X.] hinsichtlich der streitbefangenen Ansprüche schon kein von § 2224 Abs. 2 [X.] vorausgesetzter gemeinsamer Wirkungskreis des Antragstellers und der Beschwerdeführerin besteht (vgl. [X.]/Weidlich, [X.] 81. Aufl. § 2224 Rn. 8; jurisPK-[X.]/[X.], 9. Aufl. § 2224 Rn. 23). Selbst wenn man mit der Gegenansicht die Befugnis zur Vornahme von Notmaßnahmen auch im Falle [X.] hier anzunehmenden - Nebenvollstreckung anerkennt (so MünchKomm-[X.]/[X.], 9. Aufl. § 2224 Rn. 3, 18; [X.], [X.] [Stand: 1. Mai 2022] § 2224 Rn. 12), fehlt es an einer notwendigen Erhaltungsmaßnahme, da die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht befugt ist, ihre eigene Entscheidung über die Einlegung eines Rechtsmittels an die Stelle derjenigen des hierfür zuständigen Antragstellers zu setzen, der hiervon bewusst abgesehen hat. Überdies muss der Streit über die Notwendigkeit einer Maßnahme gemäß § 2224 Abs. 2 [X.] vor dem Prozessgericht ausgetragen werden (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.] aaO Rn. 17) und kann von der Beschwerdeführerin hier nicht erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren geltend gemacht werden.

c) Schließlich verweist die Beschwerdeführerin erfolglos darauf, dass sie aufgrund der ihr erteilten postmortalen Generalvollmacht vom 11. Februar 2020 zur Einlegung der sofortigen Beschwerde befugt gewesen sei.

aa) Wie das Beschwerdegericht richtig gesehen hat, kann eine postmortale Vollmacht, die unwiderruflich oder - wie hier - nicht widerrufen worden ist, grundsätzlich auch im Außenverhältnis selbständig neben der [X.]vollstreckung stehen und dem Vollmachtnehmer eigenständige, vom Erblasser und nicht vom [X.]vollstrecker abgeleitete Befugnisse verleihen (vgl. [X.] [X.] 2013, 33 [juris Rn. 8]; [X.] 2012, 93 [juris Rn. 9] m.w.[X.]; [X.]/[X.], [X.] 16. Aufl. Vorbemerkung vor § 2197 Rn. 9; [X.]/Weidlich, [X.] 81. Aufl. Einführung vor § 2197 [X.] Rn. 12; [X.]/[X.], [X.] [2021] Vorbemerkungen zu §§ 2197 ff. Rn. 76; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 11. Aufl. § 19 Rn. 4; [X.], [X.] 2013, 367; [X.], [X.], 1001, 1004; krit. [X.], [X.] 2021, 557, 558). Dabei kann das Verhältnis der postmortalen Vollmacht zur [X.]vollstreckung nicht losgelöst vom jeweiligen Einzelfall bestimmt werden. Zwar wird es im Allgemeinen, wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat, dem maßgeblichen Willen des Erblassers entsprechen, dass keine voneinander unabhängigen Machtbefugnisse verschiedener Personen mit gegenseitiger Störungsmöglichkeit nebeneinander bestehen ([X.] [X.] 2012 aaO; MünchKomm[X.]/[X.], 9. Aufl. vor § 2197 Rn. 15). Die einem Dritten erteilte postmortale Vollmacht betrifft aber nicht generell im Außenverhältnis nur Vermögensteile, die nicht unter die [X.]vollstreckung fallen, auch wenn der vom Erblasser Bevollmächtigte nach dem Erbfall als Bevollmächtigter des Erben anzusehen ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 23. Februar 1983 - [X.], [X.]Z 87, 19 unter 2 [juris Rn. 20]; MünchKomm[X.]/[X.] aaO Rn. 14; [X.]/[X.] aaO Rn. 71 m.w.[X.]) und dessen Verfügungsmacht durch die Rechte eines [X.]vollstreckers gemäß § 2211 Abs. 1 [X.] beschränkt wird (vgl. [X.]/[X.] aaO Rn. 80; [X.]/[X.], [X.] [2016] Vorbemerkungen zu §§ 2197 ff. Rn. 80; Weidlich, [X.] 2013, 196). Ebenso wenig kann allgemein angenommen werden, dass im Umfang der postmortalen Bevollmächtigung der Machtbereich des [X.]vollstreckers nach § 2208 Abs. 1 Satz 1 [X.] eingeschränkt ist (vgl. MünchKomm[X.]/[X.] aaO Rn. 15).

Vielmehr ist der wirkliche Wille des Vollmachtgebers und Erblassers ausgehend vom jeweiligen Wortlaut der Vollmachtsurkunde und der Anordnung der [X.]vollstreckung durch Auslegung der beiden Urkunden - unabhängig von ihrer zeitlichen Reihenfolge - nach den Maßstäben des § 133 [X.] zu erforschen. Auf diese Weise ist zu ermitteln, ob und inwieweit der Erblasser voneinander unabhängige Machtbefugnisse des Bevollmächtigten und des [X.]vollstreckers begründen wollte (vgl. [X.] aaO; MünchKomm[X.]/[X.] aaO Rn. 15; NK-[X.]/[X.], 6. Aufl. Vor §§ 2197-2228 Rn. 12; [X.]/[X.] aaO Rn. 79; [X.]/[X.] aaO Rn. 79; [X.] aaO; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]vollstreckung 5. Aufl. § 15 Rn. 3; [X.] aaO; [X.], [X.] 2018, 692, 693 m.w.[X.]; [X.], [X.] 2020, 449, 453; Weidlich, [X.] 2016, 57, 62; [X.]., [X.] 2013, 196 f., 197; [X.]., [X.] 2012, 228, 229). Bei der Auslegung können auch Begleitumstände sowie der verfolgte Zweck und die bestehende Interessenlage berücksichtigt werden (vgl. Bengel/[X.]/Dietz, Handbuch der [X.]vollstreckung 7. Aufl. § 1 Rn. 38a).

bb) Von diesen Maßstäben ist das Beschwerdegericht, wie die Rechtsbeschwerde einräumt, zutreffend ausgegangen. Es hat gesehen, dass eine postmortale Generalvollmacht selbständig neben der [X.]vollstreckung stehen und dem Bevollmächtigten eigenständige Befugnisse verleihen kann. Allerdings hat es die der Beschwerdeführerin erteilte postmortale Vollmacht schon anhand ihres mit dem Testament vom 11. Februar 2020 identischen Datums so ausgelegt, dass der Beschwerdeführerin die Vollmacht im inneren Zusammenhang mit ihren Aufgaben als [X.]vollstreckerin erteilt worden ist, so dass ihr von vornherein keine über ihr diesbezügliches Amt hinausgehenden Befugnisse verliehen worden waren. Dies hat das Beschwerdegericht auch daraus entnommen, dass die Vollmacht nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut nicht zu Rechtshandlungen berechtigt, zu denen ein [X.]vollstrecker nicht befugt ist. Dem hält die Rechtsbeschwerde wiederum nur ihre abweichende Auffassung entgegen, ohne Auslegungsfehler aufzuzeigen. Sie verweist zwar zutreffend darauf, dass die der Beschwerdeführerin erteilte Vollmacht nach ihrem Wortlaut umfassend ausgestaltet war und demnach auch die streitgegenständliche Verfahrensführung erfassen könnte. Dabei bedenkt sie aber nicht, dass die Vollmacht - an[X.] als die Anordnung der [X.]vollstreckung in der letztwilligen Verfügung vom 22. Februar 2020 - nicht ausdrücklich auf die Durchsetzung der Ansprüche gegen den Antragsgegner bezogen ist. Einen Willen der Erblasserin, die Fortführung des Verfahrens gerade durch die Beschwerdeführerin zu sichern, musste das Beschwerdegericht aus der allgemein formulierten Vollmacht nicht entnehmen.

Prof. Dr. Karczewski     

      

[X.]     

      

Dr. Götz

      

Dr. Bommel     

      

Rust     

      

Meta

IV ZB 34/21

14.09.2022

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Rostock, 18. März 2021, Az: 10 WF 27/21

§ 133 BGB, § 2197 BGB, § 2224 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.09.2022, Az. IV ZB 34/21 (REWIS RS 2022, 5177)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5177 MDR 2022, 1350-1351 REWIS RS 2022, 5177 NJW 2022, 3436 REWIS RS 2022, 5177

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZB 24/21 (Bundesgerichtshof)

Testamentsvollstreckung: Einsetzung des einen Erbvertrag beurkundenden Notars als Testamentsvollstrecker in einem eigenhändigen Testament


2 Wx 251/22 (Oberlandesgericht Köln)


V ZB 8/23 (Bundesgerichtshof)

Grundbuchsache: Nachweis der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers durch Testamentsvollstreckerzeugnis; Anhängigkeit eines nachlassgerichtlichen Verfahrens wegen Zweifeln an …


34 Wx 144/16 (OLG München)

Ungerechtfertigtes Verlangen des Grundbuchamts auf Vorlage eines Erbscheins zur Eintragung eines Wohnungsrechts bei angeordneter Testamentsvollstreckung …


IV ZB 25/16 (Bundesgerichtshof)

Testamentsvollstreckung: Zuweisung der Streitigkeiten über die Entlassung des Testamentsvollstreckers an ein Schiedsgericht durch letztwillige Verfügung


Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.