Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2008, Az. VIII ZR 246/06

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 5985

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 23. Januar 2008 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 439 Abs. 1, § 280 Abs. 1 Ein unberechtigtes Mangelbeseitigungsverlangen des Käufers nach § 439 Abs. 1 [X.] stellt eine zum Schadensersatz verpflichtende schuldhafte Vertragsverletzung dar, wenn der Käufer erkannt oder fahrlässig nicht erkannt hat, dass ein Mangel der [X.] nicht vorliegt, sondern die Ursache für das Symptom, hinter dem er einen Mangel vermutet, in seinem eigenen Verantwortungsbereich liegt. [X.], Urteil vom 23. Januar 2008 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 31. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] [X.], [X.] und [X.] sowie [X.]in [X.] für Recht erkannt: Die Revision der [X.] gegen das Urteil der Zivilkammer 7 des [X.] vom 11. August 2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Klägerin verkaufte und lieferte im Februar 2003 an die Beklagte eine [X.], mit der von Krankenbetten aus Rufsignale an das Pflegepersonal mittels Leuchtzeichen an der Zimmertür sowie mittels akustischer Zeichen an einzelne Pflegekräfte gesendet werden können. Die Anlage wurde von der [X.], die ein Elektroinstallationsunternehmen betreibt, in einen Neubautrakt eines [X.] eingebaut, wobei auch eine Verbindung zu einer bereits bestehenden [X.] im Altbau herzustellen war. Auf eine Störungsmeldung des [X.] hin überprüfte der Mitarbeiter [X.]der [X.] am 19. August 2003 die Installation der Anlage, konnte aber die Störung nicht beseitigen. Daraufhin forderte die Beklagte die Klägerin auf, den von ihr als Ursache der Störung vermuteten Mangel an der gelieferten 1 - 3 - [X.] zu beheben. Der Servicetechniker [X.]der Klägerin, der die Anlage am 25. August 2003 an Ort und Stelle überprüfte, bezeichnete als maßgebliche Ursache der Störung die Unterbrechung einer Kabelverbindung zwischen der alten und der neuen [X.], die er behob. Für die Überprüfung der Anlage und die Fehlerbeseitigung benötigte er einschließlich der [X.] und Rückfahrt, bei der er insgesamt 424 km mit dem PKW zurücklegte, sechs Arbeitsstunden. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin von der [X.] Ersatz der ihr zur Beseitigung des vermeintlichen Mangels entstandenen Kosten nebst Zinsen. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe eines [X.] von 773,95 • nebst Zinsen stattgegeben. Die Berufung der [X.] ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. 2 Entscheidungsgründe: Die Revision hat keinen Erfolg. 3 [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: 4 Der Klägerin stehe gegenüber der [X.] ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1, §§ 249 ff. [X.] in Höhe von 773,95 • nebst Zinsen zu. Die Beklagte habe als Käuferin ihre nachvertragliche Pflicht verletzt, die Klägerin durch ungerechtfertigte Mangelbeseitigungsaufforderungen nicht in 5 - 4 - ihrem Vermögen zu schädigen. Ein Mangel der von der Klägerin gelieferten Anlage im Sinne von § 434 [X.] habe nicht vorgelegen. Die Beklagte habe die ungerechtfertigte Inanspruchnahme der Klägerin auch zu vertreten. Selbst wenn entgegen den Feststellungen des Amtsgerichts die Störung ursprünglich nicht auf das Fehlen einer Kabelverbindung zwischen der alten und der neuen [X.], sondern [X.] wie die Beklagte geltend mache - darauf zurückzuführen gewesen sei, dass die Schwestern des [X.] Veränderungen an der Einstellung der Anlage vorgenommen hätten, und der Mitarbeiter [X.]der [X.] die Verbindung erst bei Überprüfung der Anlage gelöst sowie danach vergessen habe, den Draht wieder anzuschließen, sei es fahrlässig, dass die Beklagte als Fachfirma für Elektroanlagenbau sowie für Alarm- und Brandmeldetechnik vor Inanspruchnahme der Klägerin die nahe liegende Möglichkeit einer Fehlfunktion infolge der Vornahme von Einstellungen durch das Pflegepersonal nicht überprüft habe. Die Klägerin habe deshalb Anspruch auf Erstattung der entstandenen Kosten in Höhe von 6 Arbeitsstunden à 90 •, weil die Beklagte ihr die Möglichkeit genommen habe, den Zeugen zu diesen Stundensätzen anderweitig einzusetzen (§§ 249, 252 [X.]), und auf Ersatz von Fahrtkosten in Höhe von 0,30 • x 424 km zuzüglich 16 % Umsatzsteuer, insgesamt 773,95 •. I[X.] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin von der [X.] Schadensersatz wegen ihrer Aufwendungen für die Beseitigung der Störung der [X.] in Höhe von 773,95 • verlangen kann; denn die 6 - 5 - Beklagte hat mit ihrer Aufforderung zur Mangelbeseitigung gegenüber der Klägerin schuldhaft eine vertragliche Pflicht verletzt (§ 280 Abs. 1 [X.]). 7 1. Der [X.] stand ein Anspruch auf Nacherfüllung in Form der Mangelbeseitigung gemäß § 437 Nr. 1, § 439 [X.] gegenüber der Klägerin nicht zu. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen und in der Revisionsinstanz nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts wies die von der Klägerin gelieferte [X.] keinen Sachmangel im Sinne von § 434 [X.] auf. 2. In der Rechtsprechung des [X.] ist, wie die Revision zu Recht geltend macht, anerkannt, dass allein in der Erhebung einer Klage oder in der sonstigen Inanspruchnahme eines staatlichen, gesetzlich geregelten Rechtspflegeverfahrens zur Durchsetzung vermeintlicher Rechte weder eine unerlaubte Handlung im Sinne der §§ 823 ff. [X.] ([X.] 74, 9, 16; 95, 10, 18 f.; 118, 201, 206; 154, 269, 271 f.; 164, 1, 6) noch ein Verstoß gegen Treu und Glauben und damit eine zum Schadensersatz verpflichtende Vertragsverletzung gesehen werden kann ([X.] 20, 169, 172; [X.], Urteil vom 20. März 1979 [X.], [X.], 1288 = NJW 1980, 189, unter [X.], insoweit in [X.] 75, 1 nicht abgedruckt; Urteil vom 12. November 2004 [X.], NJW-RR 2005, 315 unter I[X.]). Für die Folgen einer nur fahrlässigen Fehleinschätzung der Rechtslage haftet der ein solches Verfahren Betreibende außerhalb der schon im Verfahrensrecht vorgesehenen Sanktionen grundsätzlich nicht, weil der Schutz des Prozessgegners regelmäßig durch das gerichtliche Verfahren nach Maßgabe seiner gesetzlichen Ausgestaltung gewährleistet wird. Eine andere Beurteilung würde die freie Zugängigkeit der staatlichen Rechtspflegeverfahren, an der auch ein erhebliches öffentliches Interesse besteht, in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise einengen. 8 - 6 - Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen sich diese Rechtsprechung auf die außerprozessuale Geltendmachung vermeintlicher Rechte übertragen lässt, wird jedoch nicht einheitlich beantwortet. 9 10 a) Nach der Entscheidung des [X.] vom 15. Juli 2005 ([X.] 164, 1, 6) bleibt es beim uneingeschränkten deliktischen Rechtsgüterschutz nach § 823 Abs. 1 [X.] und § 826 [X.], wenn es an der Rechtfertigungswirkung eines gerichtlichen Verfahrens fehlt. Im Rahmen einer (vor-)vertraglichen Beziehung der Parteien kommt nach einem Urteil des [X.] vom 12. Dezember 2006 ([X.], NJW 2007, 1458, unter [X.] und 2) auch ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1, § 311 [X.] in Betracht, wenn jemand unberechtigt als angeblicher Schuldner außergerichtlich mit einer Forderung konfrontiert wird und ihm bei der Abwehr dieser Forderung Kosten entstehen (ebenso [X.], NJW-RR 1998, 1105 f.; [X.], NJW-RR 1994, 1261 f.; [X.]/[X.], [X.], 67. Aufl., § 280 Rdnr. 27). b) Dagegen wird teilweise die Auffassung vertreten, die außergerichtliche Geltendmachung einer nicht bestehenden Forderung könne nicht anders behandelt werden als die gerichtliche (KG, Urteil vom 18. August 2005 [X.] 8 U 251/04, juris, [X.]. 142; Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen durch [X.], Beschluss vom 7. Dezember 2006 [X.] [X.] ZR 167/05, [X.], unter 1; [X.], NJW-RR 1999, 746, unter 2; [X.], [X.], 196, 198; [X.]/[X.] in: [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 241 Rdnr. 54). In bestehenden Schuldverhältnissen gebe es ein Recht, in subjektiv redlicher Weise - wenn auch unter fahrlässiger Verkennung der Rechtslage - Ansprüche geltend zu machen, die sich als unberechtigt erwiesen. 11 - 7 - c) Nach Ansicht des Senats stellt jedenfalls ein unberechtigtes Mangelbeseitigungsverlangen nach § 439 Abs. 1 [X.] eine zum Schadensersatz verpflichtende schuldhafte Vertragsverletzung dar, wenn der Käufer erkannt oder fahrlässig nicht erkannt hat, dass ein Mangel nicht vorliegt, sondern die Ursache für die von ihm beanstandete Erscheinung in seinem eigenen Verantwortungsbereich liegt (vgl. zum Werkvertragsrecht [X.], NJW-RR 1992, 1301; aA [X.], aaO, und [X.], NJW-RR 1997, 722, 723). Für den Käufer liegt es auf der Hand, dass von ihm geforderte Mangelbeseitigungsarbeiten auf Seiten des Verkäufers einen nicht unerheblichen Kostenaufwand verursachen können. Die innerhalb eines bestehenden Schuldverhältnisses gebotene Rücksichtnahme auf die Interessen der gegnerischen Vertragspartei erfordert deshalb, dass der Käufer vor Inanspruchnahme des Verkäufers im Rahmen seiner Möglichkeiten sorgfältig prüft, ob die in Betracht kommenden Ursachen für das Symptom, hinter dem er einen Mangel vermutet, in seiner eigenen Sphäre liegen. 12 Eine solche Verpflichtung hat entgegen der Auffassung der Revision nicht zur Folge, dass Käufer ihr Recht, Mangelbeseitigung zu verlangen, so vorsichtig ausüben müssten, dass ihre Mängelrechte dadurch entwertet würden. Der Käufer braucht nicht vorab zu klären und festzustellen, ob die von ihm beanstandete Erscheinung Symptom eines Sachmangels ist (vgl. [X.], BauR 1998, 682, 688). Er muss lediglich im Rahmen seiner Möglichkeiten sorgfältig überprüfen, ob sie auf eine Ursache zurückzuführen ist, die nicht dem Verantwortungsbereich des Verkäufers zuzuordnen ist. Bleibt dabei ungewiss, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt, darf der Käufer Mängelrechte geltend machen, ohne Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich sein Verlangen im Ergebnis als unberechtigt herausstellt. Da es bei der den Käufer treffenden Prüfungspflicht um den Ausschluss von Ursachen in seinem eigenen 13 - 8 - Einflussbereich geht, kommt es entgegen der Auffassung der Revision auf besondere, die [X.] betreffende Fachkenntnisse nicht an, über die unter Umständen nur der Verkäufer verfügt. Die Annahme einer solchen Prüfungspflicht steht auch nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des [X.]. Zivilsenats vom 7. Dezember 2006 (aaO), die eine andere Sachverhaltsgestaltung (fehlerhafte Einschätzung der Rechtslage bei einer vorprozessualen Zahlungsaufforderung) betrifft. 3. Das Berufungsgericht hat danach eine schuldhafte Vertragsverletzung der [X.] zu Recht bejaht. Es hat festgestellt, dass entweder die Beklagte die von der Klägerin gelieferte Anlage von vornherein fehlerhaft eingebaut hat, weil sie die erforderliche Kabelverbindung zwischen Alt- und Neubau nicht hergestellt hat, oder dass ihr Mitarbeiter [X.]

bei der Überprüfung der Anlage nicht bemerkt hat, dass das Personal des [X.] die Fehlfunktion durch eine Änderung der Einstellung verursacht hat, und es zudem nach der Überprüfung versäumt hat, die Verbindung zwischen Alt- und Neubau wieder [X.]. Jede dieser in Betracht kommenden, im eigenen Verantwortungsbereich der [X.] liegenden Ursachen hätte von ihr bzw. ihren Mitarbeitern (§ 278 [X.]) bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen 14 - 9 - Sorgfalt erkannt werden können und deshalb vor Inanspruchnahme der Klägerin berücksichtigt werden müssen. [X.][X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.] - 18 C 370/04 - [X.], Entscheidung vom 11.08.2006 - 7 [X.]/06 -

Meta

VIII ZR 246/06

23.01.2008

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2008, Az. VIII ZR 246/06 (REWIS RS 2008, 5985)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5985

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.