Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.02.2019, Az. IV ZB 8/18

4. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 10399

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Gegenstand

Rechtsmittelbeschwer: Berücksichtigung einer zur Hauptforderung gewordenen Nebenforderung


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 8. Zivilkammer des [X.] vom 4. Mai 2018 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

[X.]: bis 1.000 €

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt von dem beklagten Haftpflichtversicherer Deckung für Schäden, die ihr Hund an ihrer Mietwohnung verursacht hatte. Zunächst hat sie die Feststellung der [X.] beantragt und den Streitwert auf der Grundlage der erwarteten Reparaturkosten mit 2.500 € angegeben. Nach diesem Gegenstandswert hat die Klägerin auch die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ermittelt. Nach einer Einigung mit dem Vermieter hat sie die Klage dahin geändert, dass anstelle der Feststellung der [X.] die Zahlung von 600 € begehrt wurde.

2

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen, weil der Wert des [X.] € nicht übersteige. Dagegen wendet die Klägerin sich mit der Rechtsbeschwerde.

3

II. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

4

1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Eine Entscheidung des [X.] ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Verwerfung der Berufung als unzulässig verletzt die Klägerin in ihrem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip), das es den Gerichten verbietet, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Juni 2018 - [X.], [X.], 1342 [juris Rn. 6]).

5

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die Berufung der Klägerin kann nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verworfen werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts übersteigt der Wert des [X.] die Wertgrenze von 600 € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

6

a) Der Anspruch auf Ersatz vorprozessualer Rechtsanwaltskosten erhöht als Nebenforderung den Streitwert und die Beschwer nicht, solange er neben dem [X.] geltend gemacht wird, für dessen Verfolgung Rechtsanwaltskosten angefallen sind, § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO. Sobald und soweit die Hauptforderung jedoch nicht mehr [X.] ist, wird die Nebenforderung zur Hauptforderung, weil sie sich von der sie bedingenden Forderung gelöst hat und es ohne Hauptforderung keine Nebenforderung gibt (Senatsbeschluss vom 4. April 2012 - [X.], [X.], 881 [juris Rn. 5]; [X.], Beschluss vom 20. Mai 2014 - [X.], [X.], 1149 [juris Rn. 5], jeweils m.w.N.).

7

b) Noch in der ersten Instanz ist die Klägerin von einer Feststellungsklage mit einem vom Amtsgericht auf 2.500 € festgesetzten Wert zu einer Zahlungsklage in Höhe von 600 € übergegangen. Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob darin eine teilweise Klagerücknahme oder - wie die Rechtsbeschwerde meint - eine teilweise Erledigungserklärung lag. Jedenfalls hat sich damit der ursprünglich insgesamt als Nebenforderung geltend gemachte, auf den Gegenstandswert des Feststellungsantrags bezogene Antrag auf Erstattung vorprozessualer Anwaltskosten von 334,75 € als Hauptforderung verselbständigt, soweit die Anwaltskosten einen 600 € übersteigenden Gegenstandswert betreffen (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Januar 2011 - [X.]/10, [X.], 177 [juris Rn. 6]). Dem Wert des [X.] (600 €) ist daher ein zur Hauptforderung gewordener Teil der mit der Berufung in ungeminderter Höhe weiterverfolgten Rechtsanwaltskosten hinzuzurechnen, so dass sich der Wert des [X.] auf mehr als 600 € erhöht.

[X.]     

      

Felsch     

      

Prof. Dr. Karczewski

      

[X.]     

      

Dr. Götz     

      

Meta

IV ZB 8/18

13.02.2019

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Dresden, 4. Mai 2018, Az: 8 S 612/17

§ 4 Abs 1 ZPO, § 511 Abs 2 Nr 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.02.2019, Az. IV ZB 8/18 (REWIS RS 2019, 10399)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 10399

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