Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.07.2012, Az. III ZB 70/11

III. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4256

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 70/11
vom

26. Juli 2012

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

ZPO § 130 Nr. 6, § 520 Abs. 5
Ein Rechtsanwalt, der unter Angabe seiner Berufsbezeichnung einen bestim-menden Schriftsatz für einen anderen Rechtsanwalt unterzeichnet, übernimmt mit seiner Unterschrift auch dann die Verantwortung für den Inhalt des Schrift-satzes, wenn vermerkt ist, dass der andere Anwalt "nach Diktat außer Haus" ist.
[X.], Beschluss vom 26. Juli 2012 -
III ZB 70/11 -
[X.]

LG [X.]
-

2

-

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juli 2012
durch den
Vizepräsidenten [X.] sowie [X.] [X.], [X.], [X.] und Dr.
Remmert

beschlossen:

Auf die
Rechtsbeschwerde
der Klägerin wird der
Beschluss der 1. Zivilkammer des [X.] vom 6.
Oktober 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

[X.]: 1.372,39

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt
von dem Beklagten wegen behaupteter entgeltli-cher Arbeitnehmerüberlassung
Zahlung von 1.372,39

Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 18.
März
2011, das dem als Einzelan-walt tätigen Prozessbevollmächtigten
der Klägerin
am 8. April 2011
zugestellt
worden ist, abgewiesen. Hiergegen
hat der Prozessbevollmächtigte der Kläge-rin am 9.
Mai 2011 (einem Montag)
Berufung eingelegt. Innerhalb verlängerter 1
-

3

-

Frist
ist
am 7. Juli 2011 ein das Rechtsmittel begründender Schriftsatz
per Fax bei dem Berufungsgericht eingegangen.
Er weist ebenso wie das am 11. Juli 2011 eingegangene Original auf der ersten Seite im Kopf
(nur)
den die
Klägerin
vertretenden
Rechtsanwalt V.

aus;
am Ende dieses Schriftsatzes finden sich
maschinenschriftlich dessen
Vor-
und Nachname sowie die [X.]
"Rechtsanwalt", seine Unterschrift fehlt; darunter ist
"nach Diktat außer Haus"
hinzugefügt, es
folgt ein
handschriftlicher Schriftzug, unter der "Rechts-anwältin"
gedruckt
ist.

Nach Hinweis des Beklagten, dass die Berufungsbegründung nicht ord-nungsgemäß unterzeichnet und deshalb die Berufung als unzulässig zu verwer-fen sei,
hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin
erläutert, dass die
Beru-fungsbegründung von der
Rechtsanwältin E.

B.

unterzeichnet worden sei, wie dies auch ein Vergleich mit der unter ihren -
in Kopie beigefügten
-
Per-sonalausweis
geleisteten Unterschrift belege.

Im [X.] an
einen darauf
erfolgten gerichtlichen Hinweis und einer dazu ergangenen
Stellungnahme des Vertreters der Klägerin
hat
das Beru-fungsgericht
das Rechtsmittel
mit Beschluss vom 6. Oktober 2011
als unzuläs-sig verworfen. Zur Begründung hat es
ausgeführt, dass weder auf dem Fax noch auf dem
Original der Berufungsbegründung eine ordnungsgemäße Unter-schrift vorhanden gewesen sei. Es sei nicht ausreichend, dass der Schriftsatz von einem zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und dessen Identität fest-stellbar sei. Weder aus der Berufungsbegründung noch aus dem sonstigen
Ak-teninhalt habe sich
ergeben, wer die Berufungsbegründung unterschrieben ha-be. Der Briefkopf des Schriftsatzes habe allein Rechtsanwalt V.

ausgewie-sen, ein Namensstempel der Rechtsanwältin B.

sei nicht angebracht
ge-2
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-

4

-

wesen und
ihre Identität
habe sich
bei Ablauf der
Berufungsbegründungsfrist
auch
sonst
nicht
ergeben.

Hiergegen richtet sich die
Rechtsbeschwerde der
Klägerin.

II.

Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, §
522 Abs.
1 Satz
4 ZPO statthafte sowie form-
und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entschei-dung des [X.] erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Die Verwerfung der Berufung als unzulässig, weil es an einer ordnungsgemäß begründeten Berufung
fehle, verletzt die Klägerin in ihren
Verfahrensgrundrech-ten
auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbin-dung mit dem Rechtsstaatsprinzip) sowie auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).

1.
Nach der
Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs
ist
die
eigenhändige Unterschrift des Ausstellers nach § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6 ZPO [X.] für eine rechtzeitige
Berufungsbegründung. Damit
soll die Identi-fizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglicht
und des-sen unbedingter Wille
zum Ausdruck gebracht werden, den Schriftsatz zu ver-antworten und bei Gericht einzureichen. Für den [X.] bedeutet dies, dass die Berufungsbegründung von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muss
(vgl. [X.], Beschlüsse vom 23. Juni 2005 -
V [X.], [X.], 2709;
vom 4
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5

-

22.
November 2005 -
VI
ZB 75/04, [X.], 387, 388;
vom 17. November 2009 -
XI [X.], NJW-RR 2010, 358 Rn. 12
sowie vom 26. Oktober 2011
-
IV ZB 9/11, BeckRS 2011, 26453
Rn. 6;
jeweils
mwN). Entsprechendes gilt, wenn, wie hier, die
Berufungsbegründung in zulässiger Weise per Telefax übermittelt
wird; in diesem Falle muss es sich bei der Kopiervorlage um den eigenhändig unterschriebenen [X.] handeln
(vgl. [X.], Beschluss vom 23. Juni 2005, aaO).

2. An diesen Grundsätzen
gemessen
ist vorliegend eine
formgerechte Berufungsbegründung eingereicht worden.

a) Der entsprechende Schriftsatz ist entgegen der Auffassung der Be-schwerdeerwiderung mit einem individuellen, nicht nur als Handzeichen oder Paraphe anzusehenden, sondern den Anforderungen an eine Unterschrift ge-nügenden handschriftlichen Schriftzug unterzeichnet (vgl. hierzu [X.], [X.] vom 26. Februar 1997 -
XII ZB 17/97, [X.], 737;
vom 27.
September 2005 -
VIII ZB 105/04, [X.], 3775; vom 17. November 2009, aaO; vom 9. Februar 2010 -
VIII ZB 67/09, BeckRS 2010, 04929 Rn. 10 sowie vom 16. September 2010 -
IX ZB 13/10, [X.], 59, 60).

b) Darüber hinaus hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin belegt, dass dieser Schriftzug von Rechtsanwältin B.

herrührt, bei der es sich um eine bei dem Berufungsgericht -
einem Landgericht -
postulationsfähige Rechts-anwältin handelt. Zwar ist dies erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erläutert worden, so dass für das Berufungsgericht bis dahin nicht erkennbar war, welche Rechtsanwältin unterschrieben hat. Darauf kommt es jedoch nicht maßgeblich an.

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6

-

Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
ist für die Prüfung der Frage, ob die Identität und die Postulationsfähigkeit des Unterzeichners ei-nes derartigen Schriftsatzes feststeht beziehungsweise erkennbar ist, nicht auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist, sondern auf den Zeitpunkt der gerichtlichen
Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung abzustellen
(vgl. [X.], Beschluss vom 26. April 2012 -
VII ZB 83/10, [X.], 796 Rn. 11).

Die vollständige Namensnennung des Prozessbevollmächtigten der Klä-gerin am Ende des Schriftsatzes im Zusammenhang
mit dem Zusatz "nach [X.] außer Haus"
macht deutlich, dass die Berufungsbegründung von diesem Rechtsanwalt erstellt, aber wegen Ortsabwesenheit nicht selbst unterschrieben werden konnte. Auch wenn ein ausdrücklicher Zusatz, "für"
diesen tätig zu wer-den, fehlt, lässt sich hier der Unterzeichnung durch eine Rechtsanwältin, wovon das Berufungsgericht aufgrund der angegebenen Berufsbezeichnung ausgehen konnte,
gleichwohl entnehmen, dass sie an seiner Stelle die Unterschrift leisten und damit als Unterbevollmächtigte in Wahrnehmung des Mandats der Klägerin auftreten wollte. Damit hat sie zu erkennen gegeben, dass sie zugleich die [X.] der Berufungsbegründung übernehmen wollte.
[X.], die dem entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Für einen Rechtsanwalt versteht es sich im Zweifel von selbst, mit seiner Unterschrift auch eine entsprechende Verantwortung
für einen bestimmenden Schriftsatz
zu übernehmen (vgl. [X.], Urteil vom 31. März 2003 -
II ZR 192/02, NJW 2003, 2028) und nicht lediglich als Erklärungsbote tätig zu werden (vgl.
für den Zusatz "i.A."
Beschluss vom 5. November 1987 -
V [X.], NJW 1988, 210 und Senatsbeschluss vom 27. Mai 1993 -
III ZB 9/93, NJW 1993, 2056, 2057).

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3.
Ist danach die Unterschrift unter die Berufungsbegründung in diesem Sinne von Rechtsanwältin B.

geleistet
worden, durfte die Berufung nicht als unzulässig verworfen werden. Die Klägerin hat vielmehr ihre
Berufung rechtzeitig und formgerecht begründet, so dass der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen war (§
577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).

[X.]
[X.]

[X.]

[X.]
Remmert
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.02.2011 -
426 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 06.10.2011 -
1 [X.]/11 -

12

Meta

III ZB 70/11

26.07.2012

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.07.2012, Az. III ZB 70/11 (REWIS RS 2012, 4256)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4256

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VII ZB 83/10 (Bundesgerichtshof)

Berufungsbegründung: Postulationsfähigkeit des in Untervollmacht handelnden Rechtsanwalts


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III ZB 70/11

IV ZB 9/11

VIII ZB 67/09

IX ZB 13/10

VII ZB 83/10

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