Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.07.2012, Az. XII ZB 459/11

12. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4784

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Gegenstand

Versorgungsausgleichsverfahren: Angemessene Teilungskosten des Trägers einer betrieblichen Altersversorgung


Leitsatz

Mit den Teilungskosten gemäß § 13 VersAusglG kann der Versorgungsträger den Aufwand ersetzt verlangen, der ihm durch die Aufnahme des zusätzlichen Versorgungsberechtigten in sein Versorgungssystem entsteht. Erfasst werden daher auch die im Rahmen der Kontenverwaltung erwachsenden Mehrkosten (im Anschluss an die Senatsbeschlüsse vom 4. April 2012, XII ZB 310/11, FamRZ 2012, 942 Rn. 14 und vom 1. Februar 2012, XII ZB 172/11, FamRZ 2012, 610 Rn. 40 ff.).

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten wird der Beschluss des 15. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 9. August 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Verfahrenswert: 4.652 €

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über den Versorgungsausgleich.

2

Auf den am 6. Oktober 2010 zugestellten Antrag hat das Amtsgericht - Familiengericht - die am 16. Juni 1990 geschlossene Ehe der Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) und des Antragsgegners (im Folgenden: Ehemann) rechtskräftig geschieden und die [X.] Versorgungsausgleich geregelt.

3

Während der Ehezeit (1. Juni 1990 bis 30. September 2010, § 3 Abs. 1 [X.]) haben beide Eheleute Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung (im Folgenden: [X.]) erworben.

4

Der Ehemann hat zudem Anrechte aus der betrieblichen Altersversorgung bei der weiteren Beteiligten (im Folgenden: [X.]) erlangt. Die [X.] hat einen Kapitalwert des Ehezeitanteils des Versorgungsguthabens in Höhe von 94.351,55 € errechnet, wobei auf den [X.] 73.200,65 € entfallen, auf den Zusatzbaustein Überbrückungsgeld 10.641,65 € und auf den Ehezeitanteil der [X.] 10.509,25 €. [X.] hat die [X.] pauschal mit 2,5 % des Ehezeitanteils (2.358,79 €) geltend gemacht. Darüber hinaus hat der Ehemann im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung zwei Anrechte aus einer privaten Kapitallebensversicherung erworben. Die [X.] hat [X.] von [X.] und von 268,92 € mitgeteilt und hinsichtlich der Versicherung mit dem höheren Kapitalwert [X.] von 200 € geltend gemacht, die noch abzuziehen wären.

5

Die Ehefrau hat neben den [X.] in der gesetzlichen Rentenversicherung Anwartschaften aus der betrieblichen Altersversorgung in Form einer Kapitallebensversicherung bei der [X.] erworben, für die ein Ausgleichskapitalwert von 1.445,05 € mitgeteilt worden ist und wovon die geltend gemachten Kosten der internen Teilung von 86,70 € noch nicht abgezogen wurden. Des Weiteren hat sie bei der [X.] ein Anrecht aus einem privaten Altersvorsorgevertrag mit einem Kapitalausgleichswert von 416,88 € erlangt; [X.] von 250 € wurden bereits berücksichtigt.

6

Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich durchgeführt, indem es - jeweils im Wege der internen Teilung und bezogen auf den 30. September 2010 als Ende der Ehezeit - zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei der [X.] 19,8106 Entgeltpunkte auf das Konto der Ehefrau und zu Lasten des Anrechts der Ehefrau bei der [X.] 7,2887 Entgeltpunkte auf das Konto des Ehemannes bei der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen hat.

7

Daneben hat es - ebenfalls im Wege der internen Teilung und bezogen auf den 30. September 2010 als Ende der Ehezeit - zu Lasten der Anwartschaften des Ehemannes bei der [X.] Anrechte in Höhe von insgesamt 46.965,78 € übertragen und angegeben, dass davon 36.530,33 € auf den [X.] und 5.250,83 € auf den Zusatzbaustein Überbrückungsgeld entfallen. Dabei hat das Amtsgericht [X.] in Höhe von 140 € für jeden der insgesamt drei Bausteine, insgesamt also von 420 € für angemessen erachtet.

8

Schließlich hat das Amtsgericht im Wege der internen Teilung und bezogen auf den 30. September 2010 als Ende der Ehezeit zu Lasten des Anrechts des Ehemannes bei der [X.] zu Gunsten der Ehefrau ein Anrecht in Höhe von [X.] übertragen und von einem Ausgleich des weiteren Anrechts des Ehemannes bei der [X.] und der Anrechte der Ehefrau bei der [X.] und bei der [X.] wegen Geringfügigkeit abgesehen.

9

Das [X.] hat auf die Beschwerde der [X.], mit der diese die Berücksichtigung höherer [X.] und die Aufrundung der [X.] auf volle Euro begehrt hat, den Beschluss des Amtsgerichts insoweit abgeändert, als es den Ausgleichswert des Anrechts des Ehemannes bei der [X.] wegen geringerer [X.] auf insgesamt 47.130 € erhöht hat, wobei auf den [X.] 36.564 €, auf den Zusatzbaustein 5.316 € und auf den [X.] 5.250 € entfallen sollen.

Hiergegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Rechtsbeschwerde der [X.], mit der diese ihr Begehren nach Berücksichtigung der von ihr geltend gemachten höheren [X.] weiter verfolgt.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft. An die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das [X.] ist der Senat gebunden (§ 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG). Sie ist auch im Übrigen zulässig.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

1. Das [X.] hat seine Entscheidung, die in [X.], 34 veröffentlicht ist, wie folgt begründet:

Statt der vom Amtsgericht anerkannten [X.] von 420 € seien lediglich solche in Höhe von 95 € in Ansatz zu bringen. Entgegen der herrschenden Auffassung zu § 13 [X.], die sowohl direkte [X.] als auch Folgekosten der Teilung anerkenne, könnten die Ehegatten nur mit den direkten [X.] belastet werden, mithin mit jenen, die durch die Durchführung der Teilung entstehen. Indirekte [X.] (Folgekosten), die durch die Verwaltung des [X.] des neu hinzukommenden Versicherungsnehmers anfallen, könnten nicht geltend gemacht werden. Dies ergebe sich aus dem klaren und eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Regelung ("bei" einer internen Teilung), die keiner Auslegung zugänglich sei. Wenn der Gesetzgeber auch die Folgekosten hätte als umlagefähig anerkennen wollen, hätte er "durch" oder "infolge" einer Teilung formulieren müssen. Weil der eindeutige Gesetzeswortlaut nicht auslegungsfähig sei, komme es nicht maßgeblich auf die Gesetzesbegründung an. Auch eine Analogie könne nicht helfen, weil die Folgekosten im Gesetzgebungsverfahren erörtert worden seien und daher keine Lücke im Gesetz bestehe. Aus dem gleichen Grund könne nicht von einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers ausgegangen werden.

Abgesehen davon sei es unerheblich, dass der Gesetzgeber die Rechtsprechung zur Pauschalierungsmöglichkeit bei der früheren Realteilung in Höhe von 2 bis 3 % des [X.] ausdrücklich aufgegriffen habe. Dabei habe es sich lediglich um einen Hinweis auf die frühere Rechtsprechung gehandelt, nicht jedoch um die Aussage, dass der Gesetzgeber eine Pauschalierung in dieser Höhe auch für angemessen halte. Vielmehr könne aus dem Umstand, dass für die externe Teilung keine [X.] geltend gemacht werden können, weil insoweit kein Verwaltungsaufwand zur Einrichtung eines neuen Kontos wie bei der internen Teilung entstehe, der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber indirekte [X.] nicht habe berücksichtigt wissen wollen.

Das [X.] hat im Wege der Schätzung die von der [X.] angegebenen Kosten für die Konteneinrichtung zugrunde gelegt. Dabei hat es sich nicht gehindert gesehen, zu Lasten der [X.] als Beschwerdeführerin von der Entscheidung des Amtsgerichts abzuweichen, da auch im Falle der Beschwerde eines privatrechtlichen Versorgungsträgers als [X.] das Erreichen einer gesetzmäßigen Entscheidung im Vordergrund stehe.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Nicht zu beanstanden ist allerdings, dass das [X.] die einzelnen Bausteine der betrieblichen Altersversorgung des Ehemannes bei der [X.] nach §§ 10 ff. [X.] gesondert intern geteilt hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 1. Februar 2012 - [X.]/11 - [X.], 610 Rn. 13 f. und vom 30. November 2011 - [X.]/11 - [X.], 189 Rn. 13 mit [X.] [X.]). Neben weiteren Unterschieden bei den wertbildenden Faktoren der Bausteine ergibt sich aus den unterschiedlichen Finanzierungsverfahren, dass jeder Baustein wie ein einzelnes Anrecht im Versorgungsausgleich gesondert zu behandeln und auszugleichen ist.

b) Soweit das [X.] die [X.] auf insgesamt 95 € begrenzt hat, hält dies den Angriffen der Rechtsbeschwerde jedoch nicht stand. Entgegen der Ansicht des [X.]s sind dabei nicht nur die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Teilung entstehenden Kosten, also die Kosten für die Einrichtung des neuen [X.] ersatzfähig, sondern auch die für die Verwaltung des [X.] des neu hinzugekommenen Versicherungsnehmers entstehenden Folgekosten. Damit hat das [X.] den Umfang der berücksichtigungsfähigen Kosten verkannt.

Gemäß § 13 [X.] kann der Versorgungsträger die bei der internen Teilung nach §§ 10 ff. [X.] entstehenden Kosten jeweils hälftig mit den [X.] beider Ehegatten verrechnen, soweit sie angemessen sind.

Der Versorgungsträger kann mit den [X.] nach § 13 [X.] den gesamten Aufwand ersetzt verlangen, der ihm durch die Aufnahme des zusätzlichen Versorgungsberechtigten in sein Versorgungssystem entsteht (Senatsbeschlüsse vom 4. April 2012 - [X.] 310/11 - [X.], 942 Rn. 14 und vom 1. Februar 2012 - [X.]/11 - [X.], 610 Rn. 40 ff.). Unabhängig von der Formulierung "bei" der internen Teilung ergibt eine Auslegung der Vorschrift unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Intention, dass die "durch" die interne Teilung entstehenden Kosten von den Eheleuten hälftig zu tragen sind. Denn mit § 13 [X.] soll sichergestellt werden, "dass der organisatorische Mehraufwand der Versorgungsträger vergütet wird" und die interne Teilung für den Versorgungsträger kostenneutral erfolgt (BT-Drucks. 16/10144 S. 43, 57). Erfasst werden daher neben den Kosten für die Einrichtung eines neuen Kontos auch die im Rahmen der Kontenverwaltung erwachsenden Mehrkosten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 4. April 2012 - [X.] 310/11 - [X.], 942 Rn. 14 und vom 1. Februar 2012 - [X.]/11 - [X.], 610 Rn. 40 ff.).

c) Der angefochtene Beschluss ist deswegen aufzuheben. Die Sache ist allerdings nicht zur Endentscheidung reif, so dass es dem Senat verwehrt ist, abschließend zu entscheiden.

Das Verfahren ist an das [X.] zurückzuverweisen, um diesem die Gelegenheit zu geben, auch die angemessenen Folgekosten der internen Teilung, die durch die zusätzliche Kontenverwaltung entstehen, zu ermitteln. Dabei wird es die Besonderheiten der betrieblichen Altersversorgung und die von der [X.] vorgetragenen konkreten Umstände des Einzelfalls zu bewerten und die tatrichterliche Angemessenheitsprüfung unter Beachtung der ständigen Rechtsprechung des Senats hierzu (Senatsbeschlüsse vom 4. April 2012 - [X.] 310/11 - [X.], 942 Rn. 14 und vom 1. Februar 2012 - [X.]/11 - [X.], 610 Rn. 40 ff., 58) vorzunehmen haben.

Sollte das [X.] bei der Prüfung der Angemessenheit Bedenken hinsichtlich der Höhe der von der [X.] geltend gemachten [X.] haben, ist es gemäß § 220 Abs. 4 FamFG berechtigt und im Hinblick auf den Amtsermittlungsgrundsatz auch verpflichtet, sich die vom Versorgungsträger mitgeteilten Werte, also auch die [X.], näher erläutern zu lassen. Hält es diese unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände und gegebenenfalls nach sachverständiger Beratung für unangemessen, kann es auch einen geringeren als den vom Versorgungsträger beanspruchten Betrag verrechnen. Dabei wird das [X.] allerdings den konkreten Vortrag des Versorgungsträgers im Verfahren zu berücksichtigen haben. Die [X.] hat unter anderem anhand der Kalkulation eines Musterfalls aufgezeigt, inwieweit sich aus ihrer Sicht der pauschale Kostenansatz von 2,5 % des Ehezeitanteils im Einzelfall nicht als unangemessen darstellt. Sie hat auf die wesentlichen Unterschiede zwischen einer privaten Rentenversicherung und der betrieblichen Altersversorgung, etwa in Form einer Direktzusage, bei der Kostenermittlung hingewiesen (vgl. insoweit auch Senatsbeschluss vom 1. Februar 2012 - [X.]/11 - [X.], 610 Rn. 54 f., 58). Außerdem hat die [X.] anhand konkreter Zahlen den Kostenaufwand für unterschiedliche einmalige und laufende Tätigkeiten bei der Administration eines Anrechts in der Anwartschafts- und Leistungsphase dargelegt.

Schließlich wird das [X.] bei seiner erneuten Entscheidung die Rechtsprechung des Senats zu beachten haben, wonach im Rahmen der internen Teilung die Fassung bzw. das Datum der maßgeblichen Versorgungsregelung im Tenor der gerichtlichen Entscheidung anzugeben ist (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2011 - [X.] 504/10 - FamRZ 2011, 547 Rn. 22 ff.).

Dose     

        

     Weber-Monecke     

        

Klinkhammer

        

RiBGH Dr. Günter ist im
Urlaub und deswegen an
einer Unterschrift gehindert.

        

Botur     

        
        

Dose   

                          

Meta

XII ZB 459/11

11.07.2012

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Stuttgart, 9. August 2011, Az: 15 UF 25/11, Beschluss

§ 10 VersAusglG, § 13 VersAusglG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.07.2012, Az. XII ZB 459/11 (REWIS RS 2012, 4784)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4784

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