BT-Drucksache 18/8468

Polizeiliche Datenverarbeitung und Vernetzung

Vom 11. Mai 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8468 (neu)
18. Wahlperiode 11.05.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Irene Mihalic, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Katja Keul,
Renate Künast, Monika Lazar, Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von Notz,
Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Polizeiliche Datenverarbeitung und Vernetzung

Effektive Polizeiarbeit und hohe Datenschutzstandards, die einen wirksamen
Schutz der grundrechtlichen Freiheiten gewährleisten, schließen sich nicht aus.
Das gilt sowohl für die Aufklärung von Straftaten als auch für eine gute Präven-
tion sowie die erfolgreiche Verhinderung von Anschlägen. Entscheidend ist da-
bei, dass auf Grundlage der bestehenden Gesetze gut zusammengearbeitet wird.
Nicht Datenschutzkontrollen, sondern die vielen Fehler der Sicherheitsbehörden
haben nach Auffassung der Fragesteller das ungehinderte Morden des National-
sozialistischen Untergrunds ermöglicht.
Für Mängel in der Kommunikation zwischen Sicherheitsbehörden kann nach
Auffassung der Fragesteller nicht der Datenschutz verantwortlich gemacht wer-
den. Ebenso wenig vermag zu überzeugen, wenn so getan wird, als sei die Ver-
hinderung von Anschlägen neuen Einschränkungen beim Datenschutz zu verdan-
ken. Bevor neue Befugnisse und neue polizeiliche Dateien und Datenbanken ge-
fordert werden, ist daher ein kritischer Blick auf die tatsächliche Praxis der Zu-
sammenarbeit zwischen deutschen Sicherheitsbehörden zu werfen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche polizeilichen Fallbearbeitungs-, Vorgangsbearbeitungs- und Fahn-

dungssysteme (im Folgenden polizeiliche Software-Systeme) stehen dem
Bundeskriminalamt zur Verfügung (bitte einschließlich einer kurzen Funkti-
onsbeschreibung auflisten)?

2. Welche polizeilichen Software-Systeme stehen der Bundespolizei zur Ver-
fügung (bitte einschließlich einer kurzen Funktionsbeschreibung auflisten)?

3. Welche der polizeilichen Software-Systeme gemäß den Fragen 1 und 2 wer-
den nach Kenntnis der Bundesregierung auch von Polizeibehörden der Län-
der genutzt (bitte nach Software-Systemen und Bundesländern aufschlüs-
seln)?

4. Welche der polizeilichen Software-Systeme gemäß den Fragen 1 und 2 sind
aufgrund ihrer grundsätzlichen Funktionsweise und ihres Entwicklungs-
stands nach Einschätzung der Bundesregierung dazu geeignet, auch von Po-
lizeibehörden der Länder eingesetzt zu werden?

5. Welche der polizeilichen Software-Systeme gemäß den Fragen 1 und 2 wer-
den oder wurden vom Bundeskriminalamt oder von der Bundespolizei ent-
wickelt oder mit entwickelt (bitte nach Software-System, Art der Beteiligung
und den beteiligten Behörden aufschlüsseln)?

Drucksache 18/8468 (neu) – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

6. a) Welche der polizeilichen Software-Systeme gemäß den Fragen 1 und 2
eignen sich grundsätzlich für eine gemeinsame oder parallele Nutzung
durch verschiedene Polizeibehörden?

b) Inwiefern kann der Informationsaustausch zwischen unterschiedlichen
Polizeibehörden dadurch verbessert werden?

7. a) Inwieweit werden die Möglichkeiten gemeinsamer oder paralleler Nut-
zung gemäß Frage 6 für bestimmte polizeiliche Software-Systeme bereits
genutzt,

b) beziehungsweise inwieweit findet eine entsprechende Nutzung nicht statt,
c) und aus welchen Gründen?

8. a) Verfolgt die Bundesregierung das Ziel, ein einheitliches polizeiliches
Fallbearbeitungssystem einzuführen,

b) und wenn ja, wie sehen dazu ihre Maßnahmen und konkreten Konzeptio-
nierungen aus?

9. Inwiefern bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig Defi-
zite hinsichtlich der Übertragung von Daten zwischen unterschiedlichen ein-
heitlichen polizeilichen Fallbearbeitungssystemen?

10. Welcher Aufwand ist damit verbunden, Schnittstellen zwischen unterschied-
lichen polizeilichen Fallbearbeitungssystemen einzurichten und zu unterhal-
ten?

11. Welche Bemühungen hat die Bundesregierung unternommen, um Verbesse-
rungen bei der entsprechenden Vereinheitlichung der genutzten IT-Land-
schaft bei den Polizeien und Sicherheitsbehörden zu bewirken?

12. Welche Auswirkungen hätte ein zentrales polizeiliches Fallbearbeitungssys-
tem nach Einschätzung der Bundesregierung hinsichtlich der in Frage 9 the-
matisierten Schwierigkeiten und hinsichtlich des in Frage 10 thematisieren
Aufwands?

13. a) Sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Kosten eines zentral betrie-
benen polizeilichen Fallbearbeitungssystems mit den (gegebenenfalls ge-
schätzten) Kosten für einen dezentraleren Betrieb in den 16 Bundeslän-
dern und beim Bund verglichen worden,

b) und wenn ja, mit welchem Ergebnis,
c) beziehungsweise wenn nein, warum nicht?

14. Welche Kosten für Entwicklung und Betrieb entstehen nach Kenntnis der
Bundesregierung durch die Einführung des „Polizeilichen Informations- und
Analyseverbunds“ (PIAV) insgesamt?

15. a) Auf welche polizeilichen Software-Systeme gemäß Frage 1 ist PIAV (vgl.
Frage 14) ausgerichtet,

b) und welche konkreten Softwarelösungen werden bereits unterstützt?
16. Inwiefern nutzen deutsche Sicherheitsbehörden nach Kenntnis der Bundes-

regierung die von Europol betriebene Plattform für den sicheren Informati-
onsaustausch SIENA – Secure Information Exchange Network Applica-
tion – (bitte nach Behörden aufschlüsseln, und, soweit bekannt, auch Lan-
desbehörden berücksichtigen)?

17. Inwiefern nutzen deutsche Sicherheitsbehörden nach Kenntnis der Bundes-
regierung die von Europol eingerichteten „Focal Points“ (bitte nach Behör-
den aufschlüsseln, und, soweit bekannt, auch Landesbehörden berücksichti-
gen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8468 (neu)
 

18. In welchem Maße findet im Rahmen der Nutzung gemäß den Fragen 16 und
17 nach Kenntnis der Bundesregierung durch deutsche Sicherheitsbehörden
ein Einspeisen oder Melden personenbezogener Daten statt (bitte nach Be-
hörden aufschlüsseln)?

19. Durch welche Vorgaben wird im Rahmen der polizeilichen Datennutzung
gemäß den Fragen 1, 2, 16 und 17 eine einheitliche Transkription nicht latei-
nischer Buchstaben beispielsweise in Personennamen gewährleistet?

20. Inwiefern lässt sich eine Eintragung in die Antiterrordatei (vgl. das Gesetz
zur Errichtung einer standardisierten zentralen Antiterrordatei von Polizei-
behörden und Nachrichtendiensten von Bund und Ländern) einer bestimmten
Behörde zuordnen?

21. Welche weiteren Rückschlüsse auf den Ursprung der jeweiligen Eintragung
in der Antiterrordatei sind möglich?

Berlin, den 11. Mai 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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