BT-Drucksache 18/7440

Konsequenzen aus der Videoüberwachung der Kölner Silvesternacht

Vom 28. Januar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7440
18. Wahlperiode 28.01.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Irene Mihalic, Volker Beck (Köln),
Renate Künast, Luise Amtsberg, Katja Keul, Monika Lazar, Özcan Mutlu,
Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Konsequenzen aus der Videoüberwachung der Kölner Silvesternacht

Nach den Vorkommnissen in der Silvesternacht in Köln werden derzeit zahlrei-
che Bildaufnahmen der vor Ort vorhandenen Videokameras ausgewertet. Laut
Medienberichten sind neben sogenannten Super Recognizern auch Mitarbeiter
von Scotland Yard hieran beteiligt. Verwiesen wird auf die langjährige Erfahrung
bei der Datenauswertung sowie „eine verfeinerte Technik bei der Auswertung
von Videomaterial“ (vgl. www.spiegel.de/panorama/justiz/koeln-uebergriffe-
londoner-polizei-hilft-bei-video-auswertung-a-1073445.html). Es gehe sowohl
um die Auswertung von Bildern aus Überwachungskameras, die im Bahnhof und
auf dem Bahnhofsvorplatz installiert seien als auch um Handy-Videos und Auf-
nahmen privater Videokameras. Offenbar im Zusammenhang mit den Ereignis-
sen in Köln kündigte die Deutsche Bahn AG eine Modernisierung der durch sie
durchgeführten Videoüberwachung von Bahnhöfen insgesamt an (vgl. Handels-
blatt vom 24.01.2016, www.handelsblatt.com/unternehmen/dienstleister/debatte-
ueber-sicherheit-deutsche-bahn-will-videoueberwachung-ausbauen/12872508.html).
Insgesamt stellen sich, sowohl was den Ausbau der Videoüberwachung der Deut-
schen Bahn AG angeht als auch hinsichtlich der Aufzeichnung und Auswertung
des vorhandenen Bildmaterials sowie der Einbeziehung von Mitarbeitern von
Scotland Yard, eine Reihe von für den Gesetzgeber erheblichen Fragen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Kameras sind in Köln a) im Bahnhofsgebäude, b) auf dem Bahn-

hofsvorplatz und c) auf den Bahngleisen insgesamt nach Kenntnis der Bun-
desregierung angebracht?

2. Wie viele Kameras werden nach Kenntnis der Bundesregierung von der
Deutschen Bahn AG, und wie viele von Privaten betrieben?

3. Auf die Bildinformationen von wie vielen privaten Kameras im Umkreis des
Bahnhofes (Domplatte, Museum Ludwig usw.) hat die Kölner Polizei nach
Kenntnis der Bundesregierung zur Aufklärung der Kölner Ereignisse bislang
Zugriff genommen und mit welchem Ergebnis?

4. In wie vielen Fällen hat die Aufzeichnung 2015 einer Straftat, einer Gefähr-
dungssituation bzw. eines verdachtsbegründenden Ereignisses dazu geführt,
dass die Bundespolizei unmittelbar gegen die Verursacher eingeschritten ist
(bitte nach Monaten aufschlüsseln)?

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5. In wie vielen Fällen hat die Verwendung der aufgezeichneten Bilder im Be-
reich der Zuständigkeit der Bundespolizei zur Verhütung von Straftaten oder
zum Ergreifen der Täter auf frischer Tat geführt?

6. Treffen in den Medien gemachte Aussagen zu, wonach insbesondere die
Bildauflösung der im Einsatz befindlichen und von der Bundespolizei mit-
genutzten Kameras der Deutschen Bahn AG so schlecht ist, dass die gespei-
cherten Bilder weder für das Erkennen konkreter Personen noch für eine Auf-
klärung des Tathergangs verwendbar sind?
Falls ja, welchen Sinn und Zweck verfolgen dann die angeblich ausnahmslos
für alle Kameras im Bahnhofsbereich veranlassten Datenspeicherungen?

7. Treffen die Angaben von Verantwortlichen der Polizei zu, wonach u. a. eine
Rauchentwicklung eine bessere Bildqualität verhindert habe, und welche und
wie viele von Kameras erfassten Örtlichkeiten (im Bahnhof/außerhalb des
Bahnhofes) betraf dies konkret?

8. Welche personellen, technischen oder sonstigen Kapazitäten fehlen nach
Kenntnis der Bundesregierung bei der Bundespolizei, die für eine eigenstän-
dige Auswertung der in der Kölner Silvesternacht angefallenen Bildaufzeich-
nungen erforderlich wären (bitte um Aufschlüsselung im Detail)?

9. Warum hat die Bundespolizei, die seit Jahrzehnten Videoüberwachung im
Bereich der Deutschen Bahn AG durchführt, nach Kenntnis der Bundesre-
gierung bisher keine hinreichenden eigenen Kapazitäten aufbauen können?

10. In wie vielen Fällen waren in der Vergangenheit die von Videokameras der
Deutsche Bahn AG aufgezeichneten Bilder von der Bundespolizei für Straf-
prozesse verwertbar (bitte nach Jahren differenziert aufschlüsseln), und in
welchem Verhältnis dazu steht die Anzahl der erfassten Straftaten im Bereich
der bahnpolizeilichen Zuständigkeit der Bundespolizei?

11. Treffen nach Kenntnis der Bundesregierung Medienberichte zu, nach denen
bereits Mitarbeiter von Scotland Yard an der Auswertung des vorhandenen
Bildmaterials beteiligt sind (vgl. www.express.de/koeln/koelner-silvesterchaos
--super-recognizer--sollen-taeter-ermitteln-23424940)?
Wenn ja, wie viele, seit wann, und für welchen geplanten Zeitraum?

12. Welche konkrete Hilfsleistung wird nach Kenntnis der Bundesregierung von
Scotland Yard angeboten bzw. erwartet, um den bei der Bundespolizei be-
stehenden Defiziten bei der nachträglichen Bildbearbeitung und Bildbewer-
tung beizukommen?

13. Werden nach Kenntnis der Bundesregierung dabei Beamte bzw. Beschäftigte
von Scotland Yard konkret in Köln vor Ort tätig werden, und auf welcher
rechtlichen Grundlage (insbesondere hinsichtlich der möglichen Kenntnis-
nahme des Datenmaterials zu potentiell Tatverdächtigen) findet der gemein-
same Einsatz statt?

14. Werden nach Kenntnis der Bundesregierung Aufzeichnungen, Datenträger
oder sonstige Daten zum Zwecke dieser Hilfsleistung aus dem Hoheitsgebiet
der Bundesrepublik Deutschland herausgebracht (etwa in das Vereinigte Kö-
nigreich)?
Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage findet diese Datenübermittlung
bzw. Datenverbringung statt?

15. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Einsatz bzw. die Einbeziehung
britischer polizeilicher Hard- und/oder Software geplant, und auf welcher
Rechtsgrundlage bzw. welchem IT-Sicherheitskonzept wird diese, ggf. in
Absprache mit der Deutschen Bahn AG, erfolgen?

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16. Auf der Grundlage welcher Vereinbarung bzw. auf der Grundlage welcher
Risikoeinschätzung (bitte ggf. Datum und Inhalt wiedergeben) findet, wie
vom Präsidenten der Bundespolizei Dr. Dieter Romann im Innenausschuss
des Deutschen Bundestages am 13. Januar 2016 vorgetragen, in und um den
Kölner Hauptbahnhof eine ausnahmslose Speicherung aller Kameraanlagen
der Bundespolizei statt?

17. Welche Speicherdauer steht nach Kenntnis der Bundesregierung für die Ka-
merabilder technisch zur Verfügung, und welche Speicherdauer ist für den
Kölner Hauptbahnhof konkret festgelegt?

18. Wie sieht die Einigung zur finanziellen Kostentragung für die Bilddatenspei-
cherung zwischen der Deutschen Bahn AG und der Bundespolizei nach
Kenntnis der Bundesregierung in Köln konkret und wie für die Bahnhöfe der
Deutschen Bahn AG insgesamt aus (bitte Konzept konkret erläutern)?

19. Um wie viele Stunden Bildmaterial allein für den tatrelevanten Zeitraum der
Silvesternacht handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung für den
Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei insgesamt (vgl. www.spiegel.de/
panorama/justiz/koeln-uebergriffe-londoner-polizei-hilft-bei-video-auswertung
-a-1073445.html)?

20. Um wie viele Stunden Bildmaterial allein für den tatrelevanten Zeitraum der
Silvesternacht handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung aus sons-
tigem Bild- und Videomaterial, zum Beispiel durch private Handy- und Vi-
deokameras, insgesamt?

21. Auf welcher Rechtsgrundlage oder nach welcher rechtlichen Auffassung
sind bei den von der Bundespolizei kameramäßig erfassten Bereichen nach
Kenntnis der Bundesregierung auch Außenbereiche des Kölner Hauptbahn-
hofes mitumfasst, und wenn ja, bis in welche Tiefe des Vorplatzes sowie
anderer umgebender Bereiche?

22. Um welche Verbesserungen geht es bei dem von der Deutschen Bahn AG
angekündigten Programm einer technischen Aufrüstung der bestehenden Vi-
deoüberwachung in den Bahnhöfen nach Kenntnis der Bundesregierung kon-
kret (vgl. www.handelsblatt.com/unternehmen/dienstleister/debatte-ueber-
sicherheit-deutsche-bahn-will-videoueberwachung-ausbauen/12872508.
html)?

23. Handelt es sich dabei nach Kenntnis der Bundesregierung auch um soge-
nannte intelligente Bildauswertungen, wie z. B. Gesichts- oder Verhaltenser-
kennung auf der Grundlage algorithmisch gesteuerter Bildanalyse?
Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage sollen diese Bildmaterialien der Deut-
schen Bahn AG sowie der Bundespolizei zur Verfügung stehen?

24. Hat es zu diesen Ankündigungen vom Vorstand der Deutschen Bahn AG,
Ronald Pofalla, (siehe Frage 15) vorab Besprechungen und Absprachen mit
dem Bundesministerium des Innern gegeben?
Wenn ja, wann und von welcher Seite konkret angestoßen, mit welcher Ziel-
richtung und mit welchen Ergebnissen?

25. Wurde zu dem geplanten Programm technischer Verbesserungen eine antei-
lige Kostentragung des Bundes vereinbart, und wenn ja, in welcher konkre-
ten Höhe?

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26. Erfolgen die technischen Verbesserungen vollumfänglich für alle im Bereich
der Deutschen Bahn AG und von der Bundespolizei zum Einsatz kommen-
den Kameras oder findet eine gezielte Nachrüstung nur in bestimmten Bahn-
höfen, beispielsweise aufgrund eines konkreten Risikokonzeptes, statt?
Wenn ja, nach welchen konkreten Maßstäben und in welchen Bahnhöfen?

Berlin, den 28. Januar 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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