BT-Drucksache 18/7391

Planungen der Bundesregierung zur Gründung einer Digitalagentur

Vom 26. Januar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7391
18. Wahlperiode 26.01.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Nicole Maisch, Katharina Dröge,
Tabea Rößner, Renate Künast, Dieter Janecek, Luise Amtsberg,
Volker Beck (Köln), Katja Keul, Renate Künast, Monika Lazar, Irene Mihalic,
Özcan Mutlu, Hans-Christian Ströbele und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Planungen der Bundesregierung zur Gründung einer Digitalagentur

Im Oktober 2015 berichtete unter anderem RP ONLINE („Regierung prüft zent-
rale Behörde für Internet-Aufsicht“, 8. Oktober 2015) und im Dezember 2015 das
„Handelsblatt“ („Der lange Weg zum Digitalminister“, 15. Dezember 2015) so-
wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („Bundesregierung plant offenbar ein
Digitalministerium“, 15. Dezember 2015) von Prüfungen der netzpolitischen
Kompetenzüberschneidungen der verschiedenen Bundesministerien und von Plä-
nen der Bundesregierung, die zersplitterten netz- und digitalpolitischen Zustän-
digkeiten der Bundesministerien in einer neuen Digitalagentur zu konzentrieren.
Die neue Digitalagentur solle Entscheidungsprozesse zu digitalen Themen bün-
deln und zwischen den Bundesministerien vermitteln. Bisher sind sehr wider-
sprüchliche Angaben zu Zuschnitt, Aufgabe und Funktion der neuen Agentur be-
kannt geworden. Eine übergeordnete Koordinierungsstelle für netz- und digital-
politische Themen, wie sie zuletzt von der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN im Antrag „Den digitalen Wandel politisch gestalten – Hand-
lungsempfehlungen der Enquete-Kommission ‚Internet und digitale Gesellschaft‘
umsetzen“ (Bundestagsdrucksache 18/2880) gefordert wurde, wurde bisher nicht
eingerichtet.
Eine koordinierende „Spiegelung der Ausschussstruktur“ hat weder Eingang in
den Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD noch in die Digitale Agenda
gefunden, und dies obwohl nach jahrelanger Diskussion um ein „Internet-Minis-
terium“ der Bundestag interfraktionell diese Handlungsempfehlung der Enquete-
Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ (Bundestagsdrucksa-
che 17/12290) beschlossen hat.
Stattdessen wurde im Zuge der Vorlage der Digitalen Agenda der Bundesregie-
rung das Konstrukt von „drei federführenden Ministerien“ bestätigt, wobei bis
heute unklar ist, nach welchen Kriterien die Auswahl der Bundesministerien er-
folgte und warum andere mit zentralen digitalpolitischen Fragen befasste Bun-
desministerien, wie beispielsweise das Auswärtige Amt, das Bundesministerium
der Justiz und für Verbraucherschutz oder das Bundesministerium für Bildung
und Forschung, nicht auch federführend tätig, sondern (teilweise) nur in einem
„Steuerungskreis“ an Koordinierungsprozessen beteiligt sind.
Der Zeitpunkt der Prüfung einer digitalpolitischen Kompetenzbündelung über-
rascht. Auch das genaue Ziel und die konkrete Ausgestaltung der neu zu grün-

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denden Agentur sowie die Frage der ministeriellen Anbindung bleiben vage. Fer-
ner ist unklar, ob der Vorstoß koalitionsintern abgestimmt ist oder ob es sich le-
diglich um eine Initiative einzelner SPD-geführter Bundesministerien handelt.
Ein von der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Ausschuss Di-
gitale Agenda am 13. Januar 2016 beantragter Bericht der Bundesregierung zur
Überlegung der netzpolitischen Kompetenzbündelung und zur Gründung einer
neuen Digitalagentur brachte nur teilweise Antworten auf diese und weitere Fra-
gen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Kontrollaufgaben welcher Behörden sollen konkret in einer zu schaf-

fenden Digitalagentur gebündelt werden, und beziehen sich die Überlegun-
gen auch auf Aufgaben von Kontrollbehörden, die bisher nicht in Bundes-
verantwortung liegen?

2. Haben bereits Gespräche mit bislang mit Regulierungsaufgaben befassten
Behörden stattgefunden?
Falls ja, wann, mit welchen Behörden und was war das Ergebnis dieser Ge-
spräche?

3. Im Zuständigkeitsbereich welches Bundesministeriums soll die neu zu schaf-
fende Digitalagentur angesiedelt sein?

4. Ist die Prüfung der Schaffung einer neuen Digitalagentur, in der die Kon-
trollaufgaben verschiedener Behörden gebündelt werden, koalitionsintern
abgestimmt?

5. Zwischen welchen Bundesministerien wurde die Prüfung der Schaffung
einer neuen Digitalagentur bereits Gegenstand von Beratungen (vgl. Antwort
der Bundesregierung auf die Mündliche Frage des Abgeordneten
Dr. Konstantin von Notz in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am
13. Januar 2016, Plenarprotokoll 18/148, Anlage 22, S. 14629 (A))?

6. Wurde auch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
an bisher stattgefundenen Abstimmungsprozessen zur Prüfung der Schaf-
fung einer neuen Digitalagentur beteiligt, und wenn nein, warum nicht?

7. War die Prüfung der Schaffung einer neuen Digitalagentur bereits Gegen-
stand von Beratungen im Steuerungskreis zur Koordinierung der Digitalen
Agenda der Bundesregierung, und wenn ja, an welchem Tag, und was war
das Ergebnis der Beratungen (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die
Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz in der Frage-
stunde des Deutschen Bundestages am 13. Januar 2016 Plenarprotokoll
18/148, Anlage 22, S. 14629 (A))?

8. War die Prüfung der Schaffung einer neuen Digitalagentur bereits Gegen-
stand von Beratungen in einer Sitzung des Bundeskabinetts?
Wenn ja, an welchem Tag, und was war das Ergebnis der Beratungen?

9. Welche Mittel und Befugnisse soll die neu zu schaffende Digitalagentur vor
dem Hintergrund der Ankündigung erhalten, dass „eine Behörde mit starken
Aufsichts- und Durchsetzungskompetenzen“ geschaffen werden soll , die zu-
dem „Aufgaben zur Erhaltung und Förderung von funktionierenden Wettbe-
werbsstrukturen und der Marktregulierung zusammenfassen“ soll (vgl. RP
ONLINE „Regierung prüft zentrale Behörde für Internet-Aufsicht“, 8. Okto-
ber 2015)?

10. Welche Kompetenzen im Bereich Wettbewerbs-, Markt- und Verbraucher-
schutzfragen soll die neu zu schaffende Digitalagentur haben?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7391
 

11. Wie sollen die Kompetenzen zwischen der neu zu schaffenden Digitalagen-
tur und dem Bundeskartellamt bei wettbewerbs- und kartellrechtlichen Fra-
gen konkret aufgeteilt werden, bzw. in welchen Bereichen und über welche
Verfahren sollen die beiden Behörden zusammenarbeiten?

12. Wie sollen die Kompetenzen zwischen der neu zu schaffenden Digitalagen-
tur und der Bundesnetzagentur bei Regulierungsfragen der Netzindustrien
konkret aufgeteilt werden, bzw. in welchen Bereichen und über welche Ver-
fahren sollen die beiden Behörden zusammenarbeiten?

13. Wie sollen die Kompetenzen zwischen der neu zu schaffenden Digitalagen-
tur und dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
bei Verbraucherfragen konkret aufgeteilt werden bzw. in welchen Bereichen
und über welche Verfahren sollen die beiden Behörden zusammenarbeiten?

14. Wie sollen die Kompetenzen zwischen der neu zu schaffenden Digitalagen-
tur und der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informations-
freiheit konkret aufgeteilt werden, bzw. in welchen Bereichen und über wel-
che Verfahren sollen die beiden Institutionen zusammenarbeiten?

15. Reichen die bisherigen Prüfungen und Planungen über den Komplex wettbe-
werbs-, markt- und verbraucherrechtliche Regulierung hinaus?

16. Sind in den ersten Planungen bereits einzelne verbraucherpolitische Hand-
lungsfelder benannt, und wenn ja, welche?

17. Ist geplant, die neu zu schaffende Digitalagentur mit weiterreichenden Kon-
troll- und Sanktionsmechanismen auszustatten als sie den bestehenden
Regulierungsbehörden heute zur Verfügung stehen?
Wenn ja, gibt es bereits konkrete Überlegungen, wie diese konkret ausgestal-
tet sein sollen?

18. Soll die neu zu schaffende Digitalagentur mit dem Marktwächter Digitale
Welt beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) vernetzt werden, und
wenn ja, in welcher Weise?

19. Wenn nein, ist geplant, stattdessen andere Kontrollbehörden, z. B. die Bun-
desnetzagentur, im Bereich Verbraucherschutz im Netz zu stärken (vgl.
heise online „Bundesregierung: ‚Digitalagentur‘ soll Verbraucherschutz im
Netz durchsetzen“, 8. Oktober 2015)

20. Wie soll, auch vor dem Hintergrund entsprechender Befürchtungen der Bun-
desbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Andrea
Voßhoff (vgl. WirtschaftsWoche 3, 15. Januar 2015, Seite 28), aus Sicht der
Bundesregierung verhindert werden, dass bestehende Kontrollinstanzen und
Regulierungsbehörden durch die Schaffung einer neuen Digitalagentur ge-
schwächt werden?

21. Welche Rechtsform soll die Digitalagentur erhalten?
22. Gibt es Überlegungen der Bundesregierung, die zu schaffende Digitalagentur

als unabhängige, eigenständige, oberste Bundesbehörde einzurichten?
23. Wie sieht der konkrete Zeitplan für die Prüfung, Planung und Schaffung

einer Digitalagentur aus, und wie weit ist Prüfung innerhalb der Bundesre-
gierung fortgeschritten?

24. Wer ist mit der Prüfung der Schaffung einer neuen Digitalagentur von wem
beauftragt worden?

25. Hält die Bundesregierung die Schaffung einer neuen Digitalagentur in der
laufenden Legislaturperiode für realistisch?

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26. Hält die Bundesregierung die bisherige Kompetenzaufteilung und Koordina-
tion netz- und digitalpolitischer Themen innerhalb der Bundesregierung an-
gesichts großer Herausforderungen der gesetzgeberischen Gestaltung des
digitalen Wandels und der Notwendigkeit zentraler politischer Entscheidun-
gen für angemessen?

27. Gibt es neben Überlegungen zur Schaffung einer Digitalagentur auch Über-
legungen, innerhalb der Bundesregierung eine übergeordnete Koordinie-
rungsstelle für netz- und digitalpolitische Themen zu schaffen, wie sie zuletzt
von der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Antrag „Den
digitalen Wandel politisch gestalten – Handlungsempfehlungen der Enquete-
Kommission ‚Internet und digitale Gesellschaft‘ umsetzen“ (Bundestags-
drucksache 18/2880) und interfraktionell (Handlungsempfehlung der En-
quete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, Bundestagsdrucksa-
che 17/12290) gefordert wurde, und wenn nein, warum nicht?

28. Gibt es neben Überlegungen zur Schaffung einer Digitalagentur auch Über-
legungen innerhalb der Bundesregierung, digitalpolitische Kompetenzen in
einem Bundesministerium zusammenzuführen?

Berlin, den 26. Januar 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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