BT-Drucksache 18/7117

Evaluierung der Reform des Freizügigkeitsgesetzes/EU

Vom 16. Dezember 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7117
18. Wahlperiode 16.12.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Luise Amtsberg, Brigitte Pothmer,
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Dr. Franziska Brantner, Katja Dörner,
Katja Keul, Maria Klein-Schmeink, Renate Künast, Monika Lazar, Irene Mihalic,
Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von Notz, Corinna Rüffer, Kordula Schulz-Asche,
Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Evaluierung der Reform des Freizügigkeitsgesetzes/EU

Die Freizügigkeit ist eine der größten Errungenschaften des europäischen Eini-
gungsprozesses und einer der sichtbarsten Vorzüge der Europäischen Union für
die Bürgerinnen und Bürger. Sie ist nicht nur ein Symbol für das Zusammen-
wachsen eines Kontinents, dessen Geschichte über Jahrhunderte von Kriegen und
Konflikten geprägt war, sondern für alle Bereiche des gesellschaftlichen und wirt-
schaftlichen Lebens von unermesslichem Wert.

Die Bundesregierung hat im Januar 2014 einen Staatssekretärsausschuss zu
„Rechtsfragen und Herausforderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen Si-
cherungssysteme durch Angehörige der EU-Mitgliedstaaten“ eingerichtet. Des-
sen Empfehlungen wurden im Gesetz zur Änderung des Freizügigkeitsgeset-
zes/EU (FreizügG/EU) und weiterer Vorschriften (BGBl. I S. 1922) aufgegriffen,
das am 9. Dezember 2014 in Kraft getreten ist. Das Gesetz enthält einige rich-
tige Regelungen, die etwa die Kommunen entlasten, wobei die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Gesetzgebungsverfahren davor gewarnt hatte,
diese Regelungen in einen Zusammenhang mit der Freizügigkeit zu stellen und
dementsprechend einen Änderungsantrag (Bundestagsdrucksache 18/3079) ein-
gebracht hat, dem die Regierungsmehrheit nicht zugestimmt hat. Die Verbesse-
rung der Zusammenarbeit der Behörden bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit
(Artikel 2), die Vermeidung des Doppelbezugs von Kindergeld (Artikel 3) und
die verstärkte Beteiligung des Bundes an Unterkunfts- und Heizkosten im Rah-
men des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – SGB II (Artikel 4) sind begrüßens-
wert. Allerdings hat insbesondere der nun geregelte Vorschlag, beim Kindergeld-
bezug die Angabe der Steueridentifikationsnummer zu verlangen, fachlich offen-
sichtlich einen ganz anderen Hintergrund: „Der Bundesrechnungshof hatte 2009
aufgedeckt, dass Hunderte Beamte in 2 400 Fällen doppelt Kindergeld kassiert
und die Steuerzahler so um 6,5 Millionen Euro geprellt hatten“ (Rheinische Post
vom 15. April 2014). Bei dieser Personengruppe dürfte es sich wohl ganz über-
wiegend nicht um freizügigkeitsberechtigte Unionsbürgerinnen und Unionsbür-
ger gehandelt haben. Die fragestellende Fraktion hatte im Gesetzgebungsverfah-
ren begrüßt, dass die gesetzlichen Krankenkassen fortan die Kosten von Impf-
stoffen für Kinder aus anderen Mitgliedstaaten, deren Versicherteneigenschaft
nicht geklärt ist, übernehmen sollen (Artikel 5), obwohl sich die Frage stellt, wa-
rum letztendlich die Gemeinschaft der Mitglieder in der gesetzlichen Kranken-
versicherung und nicht die Gemeinschaft aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler
mit diesen Kosten belastet werden soll. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

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hat im Innenausschuss beantragt, diese Regelung auf alle Kinder, deren Versi-
cherteneigenschaft nicht geklärt ist, auszudehnen und damit eine Forderung des
Sachverständigen Johannes Jakob vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB)
aus der Öffentlichen Anhörung im Innenausschuss vom 13. Oktober 2014 aufge-
griffen. Dem ist die Ausschussmehrheit nicht gefolgt. Offen bleibt immer noch
die Frage, warum die Kosten der Impfleistung nicht übernommen werden sollen.

Neben diesen in ihrer Tendenz zu begrüßenden Vorschlägen enthält das Gesetz
aus Sicht der Fragesteller im Bereich des Freizügigkeitsgesetzes Regelungen, die
praktisch kaum handhabbar, rechtlich zweifelhaft und in ihrem Aussagegehalt in-
tegrations- und europapolitisch kontraproduktiv sind.

Gegen Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, die das Vorliegen einer Vorausset-
zung des Freizügigkeitsrechts durch die Verwendung von gefälschten oder ver-
fälschten Dokumenten oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorge-
täuscht haben (§ 2 Absatz 7 FreizügG/EU), soll fortan ein Verbot der Wiederein-
reise angeordnet werden können (§ 7 Absatz 2 Satz 2 und 3 FreizügG/EU). Dabei
geht es – entgegen der teilweise anderslautenden Medienberichtserstattung –
nicht um Sozialleistungsbetrug, sondern um das „Erschleichen des Freizügig-
keitsrechts“ durch falsche Angaben, etwa das Vortäuschen einer geringfügigen
Beschäftigung bei der Beantragung von aufstockenden Leistungen nach SGB II
zur Vermeidung der Anwendung der Vorschrift, die arbeitsuchende Unionsbür-
gerinnen und Unionsbürger von diesen Leistungen ausschließt (§ 7 Absatz 1
Satz 2 Nummer 2 SGB II). Es ist zweifelhaft, ob diese Wiedereinreiseverbote mit
dem Recht der Europäischen Union, insbesondere mit Artikel 15 der Freizügig-
keitsrichtlinie, vereinbar ist (vgl. Stellungnahme des Sachverständigen
Dr. Klaus Dienelt in der Öffentlichen Anhörung im Innenausschuss vom 13. Ok-
tober 2014). Nach dieser Vorschrift darf „eine Entscheidung, die die Freizügig-
keit von Unionsbürgern beschränkt und nicht aus Gründen der öffentlichen Ord-
nung, Sicherheit oder Gesundheit erlassen wird, […] nicht mit einem Einreise-
verbot des Aufnahmemitgliedstaats einhergehen“. Die „öffentliche Ordnung und
Sicherheit“ ist ein eigenständiger Begriff des Unionsrechts und nach strengem
Maßstab zu beurteilen („die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung genügt
für sich allein nicht“, vgl. § 6 Absatz 2 Satz 1 FreizügG/EU). Aus Artikel 35 der
Freizügigkeitsrichtlinie (notwendige Maßnahmen zu Verweigerung, Aufhebung
oder Widerruf von Rechten bei Rechtsmissbrauch oder Betrug) ergibt sich nichts
anderes: Zwar sind Rechtsmissbrauch und Betrug unter Umständen geeignet,
auch bei strengem Maßstab die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu tangieren,
dann aber kann eine Wiedereinreisesperre bereits auf Grundlage des § 6 Absatz 1
Satz 2 FreizügG/EU angeordnet werden. Der Abgeordnete Volker Beck (Köln)
hat gemeinsam mit Annelie Buntenbach, Mitglied des Geschäftsführenden Bun-
desvorstands des DGB, sowie zivilgesellschaftlichen Organisationen aus mehre-
ren Mitgliedstaaten die Europäische Kommission aufgefordert, dies zu prüfen.

Seit Inkrafttreten des Gesetzes hängt das Aufenthaltsrecht arbeitsuchender Uni-
onsbürgerinnen und Unionsbürger nach Ablauf von sechs Monaten davon ab, ob
sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und eine begründete
Aussicht haben, eingestellt zu werden (§ 2 Absatz 2 Nummer 1a FreizügG/EU).
Unklar ist aus Sicht der fragestellenden Fraktion, nach welchen Kriterien diese
Erfolgsaussicht beurteilt werden soll und insbesondere ob die letztendlich für die
Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts zuständigen Ausländerbehör-
den für eine solche Prüfung die Kapazitäten und den Sachverstand haben. Fami-
lienangehörige von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern, die ein abgeleitetes
Freizügigkeitsrecht vortäuschen sowie Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, die
die Voraussetzungen für ein Daueraufenthaltsrecht vortäuschen, machen sich
nunmehr strafbar (§ 9 Absatz 1 FreizügG/EU).

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatte im Gesetzgebungsverfahren die
vorgeschlagenen Änderungen des Freizügigkeitsgesetzes/EU kritisiert. Insbeson-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7117
dere hatte sie wiederholt darauf hingewiesen, dass sich für einen relevanten Miss-
brauch des Freizügigkeitsrechts in den Berichten des Staatssekretärsausschusses
keine Belege finden. Auf Nachfrage musste die Bundesregierung zugeben, dass
es im Jahr 2013 lediglich 195 Tatverdächtige aus Rumänien und Bulgarien im
Bereich des gesamten Sozialleistungsbetrugs gab (Antwort der Bundesregierung
auf die Schriftliche Frage 22 des Abgeordneten Volker Beck (Köln), Bundestags-
drucksache 18/2417, S. 36 f.).

Zugleich hat sich die Bundesregierung mit etlichen Themenbereichen, deren Be-
zug zu den Herausforderungen der Freizügigkeit auf der Hand liegt, aus Sicht der
Fragesteller gar nicht befasst. Das gilt für die Integrationspolitik (Unionsbürge-
rinnen und Unionsbürger haben immer noch keinen Anspruch auf Teilnahme an
den Integrationskursen), für die Antidiskriminierungspolitik (es sind keine spezi-
fischen Antidiskriminierungsmaßnahmen zum Schutze von Unionsbürgerinnen
und Unionsbürgern auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt bekannt) und für die
Schwarzarbeitsbekämpfung (es bestehen strukturelle Defizite bei der Ahndung
von Tatbeiträgen von Personen in herausragenden Verantwortungspositionen).

Die Herausforderungen der Freizügigkeit sind nicht durch eine restriktive Politik
zu bewältigen. Zur Verwirklichung einer immer engeren Union ist vielmehr eine
konstruktive und zukunftsweisende Ausgestaltung der Freizügigkeit erforderlich.
Innerhalb der Europäischen Union sollten der Schutz vor Diskriminierung ausge-
baut, Ausbeutung bei grenzüberschreitender Beschäftigung und im Rahmen von
Werkverträgen bekämpft, die Anerkennung von Berufsabschlüssen beschleunigt
und der Erwerb von Sprachkenntnissen erleichtert werden. Mittelfristig sollten in
allen Mitgliedstaaten Mindeststandards der sozialen Sicherung geschaffen wer-
den.

Vor diesem Hintergrund hält es die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für
unerlässlich, die Grundlagen der Reform des Freizügigkeitsgesetzes/EU und die
Effektivität der neu eingeführten Regelungen und Maßnahmen zu überprüfen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In wie vielen Fällen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung Unionsbür-
gerinnen und Unionsbürger (einschließlich deutscher Staatsangehöriger) im
Jahr 2014 wegen Sozialleistungsbetrugs rechtskräftig verurteilt (bitte nach
Staatsangehörigkeiten aufschlüsseln)?

2. In wie vielen Fällen konnte nach Kenntnis der Bundesregierung aufgrund der
Änderungen des Einkommenssteuergesetzes der Doppelbezug von Kinder-
geld aufgedeckt werden, und wie viele dieser Fälle betrafen Konstellationen,
in denen mindestens ein anspruchsberechtigter Elternteil oder das Kind die
Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union
hatte?

3. Wie bewerten nach Kenntnis der Bundesregierung die Ärzteschaft und die
Kommunen die Regelung, nach der die Krankenkassen die Kosten für den
Impfstoff für Personen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr aus Mitgliedstaa-
ten der Europäischen Union, deren Versicherteneigenschaft in der gesetzli-
chen Krankenversicherung zum Zeitpunkt der Durchführung der Schutzimp-
fung noch nicht festgestellt ist, und die nicht privat krankenversichert sind,
zu erstatten haben (§ 20i Absatz 3 Satz 2 SGB V), und hat sich diese Rege-
lung aus Sicht der Bundesregierung bewährt?

a) Wenn ja, erwägt die Bundesregierung eine Erweiterung dieser Regelung
auf alle Minderjährige, deren Versicherteneigenschaft nicht geklärt ist,
und wenn nein, warum nicht?

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b) Wenn ja, erwägt die Bundesregierung eine Erweiterung dieser Regelung
auf die Erstattung der Kosten für die Impfleistung, und wenn nein, warum
nicht?

c) Wenn nein, welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bun-
desregierung aus ihrer Einschätzung?

4. In wie vielen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung der Verlust
des Freizügigkeitsrechts als Arbeitsuchender seit Inkrafttreten des Gesetzes
rechtskräftig festgestellt (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?

5. Anhand welcher Kriterien haben die zuständigen Stellen nach Kenntnis der
Bundesregierung die begründete Einstellungsaussicht i. S. d. § 2 Absatz 2
Nummer 1a FreizügG/EU geprüft?

6. Bestehen nach Einschätzung der Bundesregierung bei der Auswahl der für
eine Verlustfeststellung maßgeblichen Kriterien relevante Unterschiede in
der Verwaltungspraxis der Länder, und wie bewertet die Bundesregierung
dies?

7. In wie vielen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung seit Inkraft-
treten des Gesetzes Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern die Wieder-
einreise in das Bundesgebiet aufgrund von § 7 Absatz 2 Satz 2 und 3
FreizügG/EU rechtskräftig untersagt (bitte nach Bundesländern aufschlüs-
seln)?

a) In wie vielen dieser Fälle erging die Entscheidung allein aufgrund von § 7
Absatz 2 Satz 2 FreizügG/EU (Vortäuschen eines Freizügigkeitsrechts)?

b) In wie vielen dieser Fälle erging die Entscheidung aufgrund von § 7 Ab-
satz 2 Satz 3 Alternative 1 FreizügG/EU (Vortäuschen eines Freizügig-
keitsrechts in einem besonders schweren Fall)?

c) In wie vielen dieser Fälle erging die Entscheidung aufgrund von § 7 Ab-
satz 2 Satz 3 Alternative 2 FreizügG/EU (Vortäuschen eines Freizügig-
keitsrechts, wenn der Aufenthalt des Unionsbürgers die öffentliche Ord-
nung und Sicherheit erheblich gefährdet)?

d) In wie vielen von Buchstabe c erfassten Fällen hätte die Entscheidung
nach Einschätzung der Bundesregierung nicht aufgrund § 6 Absatz 1
Satz 2 FreizügG/EU (Einreiseverweigerung wegen Gefährdung der öf-
fentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit) ergehen können, und auf
welchen rechtlichen Erwägungen beruht diese Einschätzung?

e) Hält es die Bundesregierung für erforderlich, dass die Vorschriften in § 7
Absatz 2 Satz 3 Alternative 2 FreizügG/EU und § 6 Absatz 1 Satz 2
FreizügG/EU nebeneinander bestehen?

Wenn ja, aus welchen rechtlichen Gründen?

Wenn nein, inwiefern wird sich die Bundesregierung für eine Systemati-
sierung und Vereinfachung des bestehenden Gesetzestextes einsetzen?

8. In wie vielen von Frage 7 erfassten Fällen handelte es sich nach Kenntnis der
Bundesregierung um Personen, die vorgetäuscht haben, Familienangehörige
eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers zu sein, und anhand welcher
Kriterien erfolgte die entsprechende Einschätzung der zuständigen Behör-
den?

9. In wie vielen von Frage 7 erfassten Fällen handelte es sich nach Kenntnis der
Bundesregierung um Personen, die bei der Beantragung von Leistungen nach
dem SGB II

a) eine geringfügige Beschäftigung

b) eine selbständige Erwerbstätigkeit vorgetäuscht haben?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7117
10. In welchen anderen Konstellationen sind die zuständigen Behörden nach
Kenntnis der Bundesregierung von einem vorgetäuschten Freizügigkeits-
recht ausgegangen, und teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Be-
hörden, dass es sich in diesen Fällen um einen von § 7 Absatz 2 erfassten
Sachverhalt handelt (bitte begründen)?

11. In wie vielen Fällen sind nach Kenntnis der Bundesregierung Unionsbürge-
rinnen und Unionsbürger, denen die Wiedereinreise gemäß § 7 Absatz 2
FreizügG/EU untersagt worden ist, dennoch wieder in das Bundesgebiet ein-
gereist, und welche Maßnahmen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung
gegen diese Personen getroffen?

12. In wie vielen der von Frage 11 erfassten Fällen handelte es sich nach Kennt-
nis der Bundesregierung um Personen, die bei Wiedereinreise die Vorausset-
zungen eines Freizügigkeitsrechts i. S. d § 2 FreizügG/EU, das sich nicht le-
diglich aus der Arbeitssuche ergibt, erfüllten, und welche Maßnahmen wur-
den nach Kenntnis der Bundesregierung in Bezug auf diese Personengruppe
getroffen?

13. In wie vielen Fällen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung

a) Ermittlungsverfahren eingeleitet,

b) Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt
(§ 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung − StPO),

c) Ermittlungsverfahren anderweitig eingestellt (§§ 153 ff. StPO) oder

d) Anklage erhoben,

weil der Verdacht bestand, dass jemand unrichtige oder unvollständige An-
gaben gemacht oder benutzt hat, um für sich oder einen anderen eine Auf-
enthaltskarte, eine Daueraufenthaltskarte oder eine Bescheinigung über das
Daueraufenthaltsrecht zu beschaffen oder eine so beschaffte Urkunde wis-
sentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht hat (§ 9 Absatz 1
FreizügG/EU) (bitte nach Bundesländern und Staatsangehörigkeit der Be-
schuldigten sowie in Hinblick zu Buchstabe d nach rechtskräftigen Verurtei-
lungen und Freisprüchen aufschlüsseln)?

14. Inwiefern hält es die Bundesregierung für integrationspolitisch konsequent,
dass Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern keinen Anspruch auf Teilnahme
an den Integrationskursen haben, und inwiefern wird die Bundesregierung
daran etwas ändern?

15. An welchen Orten und bei welchen Trägern werden die Integrationskurse
sozialpädagogisch betreut (Bundestagsdrucksache 18/960, S. 7), und inwie-
fern sind diese Kurse spezifisch ausgestaltet?

16. Inwiefern hat sich diese Betreuung nach Auffassung der Bundesregierung
bewährt?

17. Inwiefern wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass auch in ande-
ren Integrationskursen eine sozialpädagogische Betreuung stattfindet, und
mit welchen Mitteln wird eine etwaige Ausweitung der sozialpädagogischen
Betreuung finanziert werden?

18. Welche Fortschritte wurden im Jahr 2015 aus Sicht der Bundesregierung
beim Schutz von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern vor Diskriminie-
rung und Ausbeutung auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt gemacht, und
welche weiteren Maßnahmen wird die Bundesregierung in diesem Bereich
auf Bundesebene und auf der Ebene der Europäischen Union ergreifen?

Drucksache 18/7117 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
19. Welche Fortschritte wurden im Jahr 2015 aus Sicht der Bundesregierung bei
der Bekämpfung von Schwarzarbeit und Scheinselbständigkeit gemacht, und
welche weiteren Maßnahmen wird die Bundesregierung in diesem Bereich
auf Bundesebene und auf der Ebene der Europäischen Union ergreifen?

20. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im
Jahr 2015 wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß
§ 266a des Strafgesetzbuches rechtskräftig verurteilt, und in wie vielen die-
ser Fälle waren die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zum Nachteil der-
jenigen die Täterinnen und Täter gehandelt haben, Staatsangehörige eines
anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union (bitte nach Bundesländern
aufschlüsseln)?

Berlin, den 16. Dezember 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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