BT-Drucksache 18/6366

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/5901, 18/6227 - Entwurf eines Gesetzes zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner

Vom 14. Oktober 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 6366
18. Wahlperiode

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Ulle Schauws, Luise Amtsberg, Kai
Gehring, Katja Keul, Renate Künast, Monika Lazar, Irene Mihalic, Özcan
Mutlu, Dr. Konstantin von Notz, Hans-Christian Ströbele und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zur dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 18/5901, 18/6227 –

Entwurf eines Gesetzes zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Beendigung der verfassungsrechtlichen Diskriminierung von eingetragenen Le-
benspartnerschaften gegenüber der Ehe überfordert offensichtlich das Bundesminis-
terium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie die ganze Bundesregierung. Das
willkürliche Herumdoktern am Lebenspartnerschaftsrecht ist ein rechtspolitischer
Offenbarungseid. Längst hat offenbar selbst das Bundesministerium der Justiz und
für Verbraucherschutz den Überblick verloren, was noch geändert werden muss und
was bereits geändert wurde. Im Koalitionsvertrag heißt es, rechtliche Regelungen,
die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen, werde man be-
seitigen. Fast zwei Jahre später will die Bundesregierung lediglich die Hälfte der
erforderlichen Gesetze und Verordnungen novellieren und selbst das oftmals nur
teilweise und unzureichend.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

einen Gesetzentwurf vorzulegen, wonach das Eheverbot für lesbische und schwule
Paare abgeschafft wird.

Berlin, den 13. Oktober 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Drucksache 6366 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Begründung

Die Bundesregierung verschließt sich den Weg, den weltweit viele demokratische Staaten gehen, und lehnt die
Abschaffung des Eheverbots für gleichgeschlechtliche Paare ab. Darüber hinaus beharrt sie darauf, Lesben und
Schwule wie BürgerInnen 2. Klasse zu behandeln und setzt nicht mal die Grundsätze des Bundesverfassungs-
gerichts um, wonach Diskriminierung aufgrund sexueller Identität grundrechtswidrig ist.
Die vom Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen geforderte rechtliche Gleichstellung von ein-
getragenen Lebenspartnerschaften mit Ehepaaren (BVerfG, Beschluss vom 07.05.2013, 2 BvR 909/06, 2 BvR
1981/06, 2 BvR 288/07 zur Ehegattensplitting, BVerfG, Beschluss vom 07.07.2009, 1 BvR 1164/07 zur Hin-
terbliebenenversorgung, BVerfG, Beschluss vom 21.07.2010, 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 zur Erbschafts-
und Schenkungssteuer, BVerfG, Beschluss vom 19.06.2012, 2 BvR 1397/09 zum beamtenrechtlichen Famili-
enzuschlag, BVerfG, Beschluss vom 18.07.2012, 1 BvL 16/11 zur Grunderwerbssteuer, BVerfG, Beschluss
vom 19. Februar 2013, 1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09 zur sukzessiven Adoption) überfordert offensichtlich auch
die dritte Regierung unter Bundeskanzlerin Merkel und die zweite von ihr geführte Große Koalition.
Zwar steht im zwischen CDU, CSU und der SPD vereinbarten Koalitionsvertrag der folgende, unmissverständ-
liche Satz:
„Rechtliche Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen, werden wir be-
seitigen.“ (S. 105)
Dennoch antwortete die Bundesregierung am 8. Mai 2015 anderthalb Jahre nach dem Abschluss des Koaliti-
onsvertrages auf 28 Fragen nach eventuellen Gründen für eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung einge-
tragener Lebenspartnerschaften und den Ehen mit einem erstaunlichen Satz:
„Die Meinungsbildung der Bundesregierung zu diesen Fragen ist noch nicht abgeschlossen.“ (Bundestags-
drucksache 18/4862, S. 11).
Kurz danach hat die Bundesregierung dem Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Bereinigung des Rechts der
Lebenspartner (Bundesratsdrucksache 259/15) zugeleitet. Damit wurde die Überforderung der Bundesregie-
rung bei der „Bereinigung des Rechts der Lebenspartner“ bzw. bei der Beseitigung der rechtlichen Regelungen,
die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen, offensichtlich.
Obwohl es noch immer etwa 150 Regelungen in über 50 Gesetzen und Verordnungen gibt, die der Rechtspre-
chung des Bundesverfassungsgerichts nicht gerecht werden, will die Bundesregierung die „auf Dauer angeleg-
ten, rechtlich verfestigten Partnerschaften, die eine gegenseitige Unterhalts- und Einstandspflicht begründen“
(so das Bundesverfassungsgericht über eingetragene Lebenspartnerschaften und Ehen) weiterhin in über 30
Gesetzen und Verordnungen grundgesetzwidrig nach sexueller Identität der Partnerinnen und Partner unter-
schiedlich behandeln.
Der Ausschluss von Schwulen und Lesben vor Eheschließungen stellt nicht nur eine konkrete, sondern auch
eine symbolische Diskriminierung da. Es gibt keine haltbaren Gründe, warum der Staat Liebe zwischen zwei
Menschen je nach sexueller Identität kategorisieren soll. Lesben und Schwulen auf Dauer nur auf das familien-
rechtliche Institut der Eingetragenen Lebenspartnerschaft zu verweisen, vermittelt das Bild, dass es sich um
Lebensgemeinschaften minderen Rechts handelt.

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