BT-Drucksache 18/6047

UN-Nachhaltigkeitsziel 3 in Deutschland schon jetzt umsetzen - Gesundes Leben für alle ermöglichen und fördern

Vom 22. September 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6047
18. Wahlperiode 22.09.2015

Antrag
der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Kordula Schulz-Asche, Elisabeth
Scharfenberg, Dr. Harald Terpe, Dr. Franziska Brantner, Katja Dörner, Kai
Gehring, Ulle Schauws, Tabea Rößner, Doris Wagner, Beate Walter-
Rosenheimer, Claudia Roth (Augsburg), Dr. Valerie Wilms, Annalena
Baerbock, Ekin Deligöz, Harald Ebner, Matthias Gastel, Anja Hajduk, Dieter
Janecek, Sven-Christian Kindler, Oliver Krischer, Christian Kühn
(Tübingen), Markus Kurth, Steffi Lemke, Dr. Tobias Lindner, Peter Meiwald,
Beate Müller-Gemmeke, Friedrich Ostendorff, Brigitte Pothmer, Corinna
Rüffer, Dr. Gerhard Schick, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Markus
Tressel, Dr. Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

UN-Nachhaltigkeitsziel 3 in Deutschland schon jetzt umsetzen –
Gesundes Leben für alle ermöglichen und fördern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Im Gipfeljahr 2015 haben wir die Chance, einen echten Durchbruch für Klimaschutz
und globale Gerechtigkeit zu erreichen. In einer Zeit, in der weltweit Millionen von
Menschen gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, hängen Hunger, gewaltsame
Konflikte, Verlust der Biodiversität, Klimakrise, Armuts- und Ressourcenkrisen eng
zusammen, globale Gerechtigkeit und Klimaschutz lassen sich nicht getrennt vonei-
nander erreichen. Die Ergebnisse der Verhandlungen bei den Vereinten Nationen in
New York für globale Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals) wer-
den zusammen mit den Verhandlungen um ein neues Klimaabkommen in Paris für
die kommenden Jahrzehnte die internationale, europäische und deutsche Politik prä-
gen. Sie sind entscheidend für die Frage, ob wir endlich die Chance für eine nach-
haltige und gute Zukunft für alle nutzen wollen.

Eine nachhaltige Entwicklung, der Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen und
echter Klimaschutz können global nur dann erreicht werden, wenn alle damit bei
sich zu Hause anfangen. Deutschland ist von echter Nachhaltigkeit noch weit ent-
fernt und hat zugleich als führendes Industrieland in der EU eine besondere Verant-
wortung. Für einen Aufbruch in nachhaltiges Leben und Wirtschaften fordert der
Deutsche Bundestag die Bundesregierung auf, sich für Politikkohärenz im Sinne von
Frieden, Demokratie und einer menschenrechtsbasierten nachhaltigen Entwicklung
einzusetzen, wofür es eine bessere ressortübergreifende Abstimmung braucht. Zu-
dem muss die Bundesregierung für jedes der von den Vereinten Nationen vorgeleg-
ten 17 Nachhaltigkeitsziele entsprechende Maßnahmen zur Umsetzung gerade auch
in Deutschland und innerhalb der EU ergreifen.

Drucksache 18/6047 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

UN-Nachhaltigkeitsziel 3 in Deutschland umsetzen

Bereits die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen (UN)
von 1948 formuliert in Artikel 25 Gesundheit als Menschenrecht. Mit dem dritten
UN-Nachhaltigkeitsziel soll ein gesundes Leben für alle gesichert und gefördert wer-
den. Dazu soll unter anderem der Zugang zur Gesundheitsversorgung sowie zu Me-
dikamenten und Impfstoffen für alle ermöglicht, die Mütter- und Säuglingssterblich-
keit reduziert, AIDS, Malaria und Tuberkulose bis 2030 überwunden sowie Präven-
tion und Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen bei Alkohol und anderen Dro-
gen gestärkt werden.

Auch in Deutschland kann und muss noch viel getan werden, um dieses UN-Nach-
haltigkeitsziel zu erreichen. Armut, soziale Benachteiligung und ein niedriges Bil-
dungsniveau haben einen negativen Einfluss auf die Gesundheitssituation der Men-
schen hierzulande. Dies wird durch die bestehende Ausrichtung der Gesundheitsför-
derung und Prävention verstärkt, statt behoben.

Die Trennung in gesetzliche und private Krankenversicherung ist sozial ungerecht
und führt bei der Behandlung von Krankheiten zu einer Zwei-Klassen-Medizin. De-
fizite bestehen oder drohen zudem im ländlichen Raum und in sozial benachteiligten
Stadtteilen. Insbesondere für Flüchtlinge fehlt nach wie vor eine tragfähige Lösung,
die einen bedarfsgerechten Zugang zu unserem Gesundheitssystem ermöglicht.

Deutschland darf sich nicht aus der Verantwortung für die eigene und die globale
Gesundheit sowie für die Bekämpfung mit Armut assoziierter oder bislang vernach-
lässigter Krankheiten stehlen. Handlungsbedarf besteht zudem im Kampf gegen die
zunehmenden Antibiotikaresistenzen – sowohl in der Humanmedizin als auch in der
Tierhaltung.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Zwei-Klassen Medizin in Deutschland endlich zu beenden durch die Ein-
führung einer solidarischen Bürgerversicherung und damit eine solidarische,
stabile und nachhaltige Finanzierung des Gesundheitswesens zu schaffen;

2. sozial bedingte ungleiche Gesundheitschancen abzubauen durch eine moderne
Gesundheitsförderung für alle und durch die Senkung von Gesundheitsbelas-
tungen in den Alltagswelten, wie Kindergarten, Schule oder Betrieb sowie ge-
meinsam mit den Ländern den Öffentlichen Gesundheitsdienst bei Prävention
und Infektionsschutz zu stärken;

3. allen Flüchtlingen in Deutschland eine diskriminierungsfreie und gute Gesund-
heitsversorgung zu gewähren, die über die bisherige Minimalversorgung nach
dem Asylbewerberleistungsgesetz hinausgeht (u. a. Gesundheitskarte);

4. den Einsatz von Antibiotika deutlich zu reduzieren durch mehr Aufklärung bei
der Bevölkerung, bessere Fortbildung niedergelassener Ärztinnen und Ärzte
und Personalstandards in Krankenhäusern sowie durch das Verbot von für den
Menschen vorbehaltene Reserveantibiotika in der Tierhaltung;

5. sich für eine deutlich bessere internationale Gesundheitspolitik einzusetzen
durch verbindliche Beteiligung an der Finanzierung in der UN, durch eine Re-
form der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie durch eine Intensivierung
des Kampfes gegen mit Armut verbundene und vernachlässigte Krankheiten,
u.a. durch den Aufbau eines verpflichtenden globalen Fonds zur Finanzierung
von Forschung und Entwicklung neuer Medikamente und Impfstoffe.

Berlin, den 22. September 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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