BT-Drucksache 18/5425

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/4097, 18/4199, 18/5420 - Entwurf eines Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung

Vom 1. Juli 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5425
18. Wahlperiode 01.07.2015
Änderungsantrag
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Luise Amtsberg, Brigitte Pothmer, Kai
Gehring, Katja Keul, Renate Künast, Monika Lazar, Irene Mihalic, Özcan Mutlu,
Dr. Konstantin von Notz, Corinna Rüffer, Hans-Christian Ströbele und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 18/4097, 18/4199, 18/5420 –

Entwurf eines Gesetzes zur Neubestimmung des
Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung

Der Bundestag wolle beschließen:

Artikel 1
Artikel 1 wird wie folgt geändert:
1. Nummer 2 Buchstabe b wird wie folgt geändert:
a) Absatz 14 wird wie folgt geändert:

aa) Nummer 4 wird aufgehoben.
bb) Nummer 5 wird Nummer 4.
cc) Nummer 6 wird aufgehoben.

b) Absatz 15 wird aufgehoben.
2. Nummer 3 Buchstabe b wird wie folgt gefasst:
„b) Absatz 3 wird wie folgt geändert:

aa) Satz 1 wird wie folgt gefasst:
,In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach den §§
24, 25 Absatz 1 bis 3 und Absatz 4a sowie § 26 Absatz 3 ist von
der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Ab-
satz 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 so-
wie des Absatzes 2 abzusehen.‘

bb) In Satz 3 wird das Wort ‚Ausweisungsgründe‘ durch das Wort
‚Ausweisungsinteressen‘ ersetzt.“

Drucksache 18/5425 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

3. In Nummer 5 wird § 11 wie folgt geändert:
a) In Absatz 4 Satz 2 werden die Wörter „soll aufgehoben werden“ durch

die Wörter „wird aufgehoben“ ersetzt.
b) Absätze 6 und 7 werden aufgehoben.
c) Absätze 8 und 9 werden Absätze 6 und 7.
4. In Nummer 6 wird die Angabe „,6 oder 7“ gestrichen und die Angabe „8“

wird durch die Angabe „6“ ersetzt.

5. Es wird folgende Nummer 7a eingefügt:
„7a. In § 15a Absatz 1 wird nach Satz 2 folgender Satz eingefügt:

,Hiervon ausgenommen sind Ausländer, hinsichtlich derer der Ver-
dacht besteht, dass sie Opfer von Straftaten nach den §§ 232, 233
oder § 233a des Strafgesetzbuches sind.‘“

6. Nummer 11 Buchstabe a wird wie folgt gefasst:
„a) Absatz 4a wird wie folgt gefasst:

,(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232,
233 oder § 233a des Strafgesetzbuchs wurde, ist eine Aufenthaltser-
laubnis zu erteilen, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist. Die
Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer Erwerbstätig-
keit.‘“
7. In Nummer 12 Buchstabe a wird in Nummer 3 die Zahl „21“ durch die Zahl

„27“ ersetzt.
8. In Nummer 13 wird § 25b wie folgt geändert:
a) In Absatz 3 wird die Angabe „3 und“ durch die Angabe „2 bis“ ersetzt.
b) In Absatz 4 Satz 3 wird das Wort „gilt“ durch die Wörter „und § 34

Absatz 2 und 3 gelten“ ersetzt.
9. Nummer 14 Buchstabe a wird wie folgt gefasst:
„a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 4 wird die Angabe „§ 25 Abs. 3“ durch die Wörter „§ 25
Absatz 3 oder 4a“ ersetzt.

bb) Satz 5 wird aufgehoben.“
10. Nummer 23 wird wie folgt geändert:
a) In Buchstabe a wird die Angabe 㤠25 Absatz 1 bis 2 oder Absatz 4a

Satz 3 durch die Angabe „§ 25 Absatz 1, 2, 3, 4a oder 5“ ersetzt.
b) Buchstabe b wird wie folgt gefasst:

„b) In Nummer 2 wird die Angabe ,23 Absatz 2‘ durch die Angabe ,§§
22, 23‘ ersetzt.“
11. Es wird folgende Nummer 23a eingefügt:

„23a. In § 44a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1b wird die Angabe ,§ 23 Abs. 2‘
gestrichen.“

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5425

12. Nummer 24 wird aufgehoben.
13. Nummer 25 wird aufgehoben.
14. Nummer 29 wird wie folgt geändert:
a) In § 53 Absatz 1 werden die Wörter „wird ausgewiesen“ durch die Wör-

ter „kann ausgewiesen werden“ ersetzt.
b) In § 53 Absatz 3 werden nach den Wörtern „Ein Ausländer,“ die Wörter

„der mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in
familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein
Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder
mit diesem sein Umgangsrecht ausübt, im Inland geboren ist,“ einge-
fügt.

c) In § 54 Absatz 2 Nummer 3 werden die Wörter „oder dies versucht“
gestrichen.

d) § 54 Absatz 2 Nummer 4 wird aufgehoben.
e) In § 54 Absatz 2 Nummer 9 werden die Wörter „einen nicht nur verein-

zelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder ge-
richtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen began-
gen oder“ gestrichen.

f) In § 55 Absatz 1 Nummer 2 werden die Wörter „im Bundesgebiet ge-
boren oder“ gestrichen.

g) § 55 Absatz 1 Nummer 4 wird aufgehoben.
h) In § 55 Absatz 2 wird das Wort „insbesondere“ durch das Wort „bei-

spielsweise“ ersetzt und in Nummer 6 wird der Punkt durch ein Komma
ersetzt und folgende Nummer 7 wird eingefügt:
„7. der Ausländer im öffentlichen Dienst tätig ist oder für sein ehren-

amtliches Engagement oder besondere Verdienste von einer öf-
fentlichen Stelle ausgezeichnet worden ist.“

i) In § 56 Absatz 1 wird vor dem Wort „Ausweisungsverfügung“ das Wort
„vollziehbare“ eingefügt.
15. Nach Nummer 29 wird folgende Nummer 29a eingefügt:

„29a. § 57 Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
,(3) § 58 Absatz 1b, § 59 Absatz 8 und § 60 Absatz 1 bis 5 und

7 bis 9 sind entsprechend anzuwenden.‘“
16. In Nummer 31 werden folgende Buchstaben c und d angefügt:
„c) Absatz 7 wird wie folgt geändert:

aa) Satz 1 wird wie folgt gefasst:
,Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor,
dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4b Satz 1 genann-
ten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine
Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung
über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Num-
mer 2 treffen kann.‘

bb) Satz 3 Nummer 2 wird aufgehoben.

Drucksache 18/5425 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

d) In Absatz 8 werden nach dem Wort ,Abschiebung‘ die Wörter ,von
einer durch die Ausländerbehörde beauftragten nichtstaatlichen Fach-
stelle‘ eingefügt.“
17. Nummer 33 wird wie folgt geändert:
a) Es wird folgender Buchstabe a eingefügt:

„a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:
aa) In Satz 1 werden die Wörter ,milderes, ebenfalls ausreichen-

des‘ gestrichen.
bb) Nach Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:

,Als anderes Mittel kommen beispielsweise Kautionen, auf-
enthalts- oder wohnsitzbeschränkende Auflagen, Meldeauf-
lagen, der Einbehalt von Reisedokumenten oder die Betreu-
ung durch geeignete öffentliche oder private Stellen in Be-
tracht.‘

cc) In dem bisherigen Satz 3 werden nach dem Wort ,Minder-
jährige‘ die Wörter ,dürfen nicht in Abschiebungshaft ge-
nommen werden‘ eingefügt.“
b) Der bisherige Buchstabe a wird Buchstabe b und in Doppelbuchstabe

aa wird die Angabe „Satz 1“ durch die Wörter „In Satz 1 wird das Wort
,ist‘ durch das Wort ,kann‘ ersetzt und die Wörter ,zu nehmen‘ werden
durch die Wörter ,genommen werden‘ ersetzt und“ ersetzt.

c) Der bisherige Buchstabe b wird aufgehoben.
d) Es wird folgender Buchstabe c angefügt:

„c) Absatz 4 wird wie folgt geändert:
aaa) In Satz 1 werden die Wörter ,sechs Monate‘ durch die Wör-

ter ,28 Tage‘ ersetzt.
bbb) Satz 2 wird aufgehoben.“
18. Nummer 34 Buchstabe c wird wie folgt gefasst:

„c) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
‚(3) Der Situation schutzbedürftiger Personen ist besondere Auf-

merksamkeit zu widmen.‘“
19. In Nummer 36 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb wird die Angabe „8“ durch
die Angabe „6“ ersetzt.

20. Nummer 42 wird wie folgt geändert:
a) In Buchstabe c werden die Wörter „ein Komma“ durch die Wörter „das

Wort ,sowie‘“ ersetzt.
b) In Buchstabe d werden die Wörter „werden die folgenden Nummern 7

und 8“ durch die Wörter „wird die folgende Nummer 7“ ersetzt und die
Wörter „sowie 8. die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsver-
bots nach § 11 Absatz 6“ werden gestrichen.

c) Buchstabe e wird aufgehoben.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/5425

21. Nummer 44 Buchstabe b wird wie folgt gefasst:
„b) In Absatz 2 Nummer 2 werden nach dem Wort „beschaffen“ die Wör-

ter „oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des
Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden“ eingefügt.“
22. Nummer 45 wird wie folgt gefasst:

„45. § 98 Absatz 3 wird wie folgt geändert:
a) In Nummer 2 wird die Angabe „54a Abs. 2“ durch die Angabe

„56 Absatz 2“ ersetzt.
b) In Nummer 4 wird die Angabe „54a Abs. 1 Satz 2“ durch die

Angabe „§ 56 Absatz 1 Satz 2“ ersetzt.
c) In Nummer 5 wird die Angabe „54a Abs. 1 Satz 1“ durch die

Angabe „§56 Absatz 1 Satz 1“ ersetzt.“

Artikel 2
Artikel 8 wird wie folgt geändert:
1. Es wird folgende Nummer 11 eingefügt:
„11. § 33 wird aufgehoben.“

2. Die bisherige Nummer 11 wird Nummer 12.

Artikel 3

Es wird folgender Artikel 9 eingefügt:
„Artikel 9
Änderung der Aufenthaltsverordnung
In die Aufenthaltsverordnung vom 25. November 2004 (BGBl. I S. 2945), die
zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. April 2015 (BGBl. I S. 599) geändert
worden ist, wird folgender § 5a eingefügt:
,§ 5a
Ausstellung des Reiseausweises für Flüchtlinge an Resettlement-Flüchtlinge
Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flücht-

linge (BGBl. 1953 II S. 559) findet auf Resettlement-Flüchtlinge (§ 23 Absatz 4 des
Aufenthaltsgesetzes) Anwendung.‘“

Drucksache 18/5425 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Artikel 4

Der bisherige Artikel 9 wird Artikel 10 und wie folgt gefasst:
„Artikel 10
Inkrafttreten
Das Gesetz tritt drei Monate nach der Verkündung in Kraft.“

Berlin, den 30. Juni 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Begründung

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßt, dass die Bundesregierung mit dem Gesetzentwurf zur Neu-
bestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung einige Verbesserungen der Situation von Auslän-
derinnen und Ausländern in Deutschland herbeiführen will. Insbesondere begrüßt die Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die längst überfällige Schaffung einer stichtagsunabhängigen Bleiberechtsregelung, die weit-
gehende Gleichstellung von Resettlement-Flüchtlingen und subsidiär geschützten Personen mit anerkannten
Flüchtlingen und Asylberechtigten und die Schaffung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Anerkennung
ausländischer Berufsqualifikationen. Auch wenn bei diesen Regelungsvorschlägen im Detail noch Verbesse-
rungsbedarf besteht, weisen sie doch in die richtige Richtung.
Gleichwohl bedauert die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass die Bundesregierung diese richtigen An-
sätze in einem Gesetzentwurf verankert hat, der zugleich die restriktiven Tendenzen des Aufenthaltsrechts er-
heblich verschärft. Dies gilt insbesondere in Hinblick auf die Regelungsvorschläge zur Abschiebungs- und Zu-
rückschiebungshaft („Dublin-Haft“), zur verfassungsrechtlich äußerst problematischen Schaffung eines Ausrei-
segewahrsams, zur Einführung neuer Einreiseverbote, die unabhängig von der tatsächlichen Ausreise angeord-
net werden können, zur Ermöglichung von Eingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und
den Schutz des Privatlebens von Ausländerinnen und Ausländern und zum – systematisch nicht durchdachten
– Ausweisungsrecht.
Mit diesem Änderungsantrag verfolgt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Ziel, den Gesetzentwurf
von den Regelungsvorschlägen zu befreien, die in die falsche Richtung weisen, und die richtigen Ansätze des
Gesetzentwurfs auszugestalten. Der Änderungsantrag greift dabei im Wesentlichen Vorschläge aus der Stel-
lungnahme des Bundesrates vom 06.02.2015 (Bundesratsdrucksache 642/14) und Anregungen aus der öffentli-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/5425
chen Anhörung im Innenausschuss vom 23.03.2015 auf. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hält dar-
über hinausgehende Änderungen des Migrationsrechts für erforderlich. Insofern verweist sie auf ihren Antrag
für ein modernes Einwanderungsgesetz (BT-Drs. 18/3915) und weitere parlamentarische Initiativen, insbeson-
dere den Gesetzentwurf zur Verwirklichung des Schutzes von Ehe und Familie im Aufenthaltsrecht (BT-Drs.
18/3268) und den Antrag „In die Zukunft investieren – Asylsuchende auf ihrem Weg in Arbeit und Ausbildung
unterstützen“ (BT-Drs. 18/5095).

Zur Abschiebungshaft
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hält an ihrer langjährigen Forderung fest, die Abschiebungshaft
abzuschaffen. Die Inhaftierung von Menschen zur Durchsetzung aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen ist ein
schwerwiegender Eingriff in die Freiheit der Person und darf allenfalls in eng umrissenen Ausnahmefällen in
Betracht gezogen werden. Dem wird der Gesetzentwurf trotz der in den Ausschussberatungen erfolgten Ände-
rungen nicht gerecht.
Die Definition der Fluchtgefahr ist in mindestens zwei Punkten ausufernd. Der Bundesrat hat zutreffend ausge-
führt: „Der Umstand, dass der Ausländer zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge für einen
Schleuser aufgewandt hat, lässt keine Rückschlüsse auf sein Verhalten nach erfolglosem Abschluss eines Ver-
fahrens auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu. Für den Großteil der Flüchtlinge besteht keine andere Möglich-
keit der Einreise. Ob die Fluchtgefahr in diesen Fällen tatsächlich größer ist als in anderen Fällen, ist lediglich
eine Vermutung (…). Es liegen hierzu jedoch keine gesicherten Erkenntnisse vor. Damit wird die Vermutung
eher zu einer Unterstellung.“ Daran ändert auch die in den Ausschussberatungen erfolgte Ergänzung der For-
mulierung von § 2 Absatz 14 Nummer 4 des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung des Entwurfes nichts; die
Regelung ist daher aufzuheben. Die Regelung in § 2 Absatz 14 Nummer 6 führt unklare und stark wertungsbe-
dürftige Rechtsbegriffe in das Aufenthaltsgesetz ein. Sie verstößt somit gegen das Bestimmtheitsgebot und ist
deshalb ebenfalls aufzuheben. Darauf haben schon die Sachverständige Allenberg und Habbe in der Anhörung
im Innenausschuss hingewiesen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnt die Inhaftierung in Überstellungsverfahren nach der Verord-
nung (EG) Nr. 604/2013 („Dublin-III-Verordnung“) ab. Ungeachtet dessen begegnen die Regelungen in § 2
Absatz 15 trotz der in den Ausschussberatungen erfolgten Änderungen schwerwiegenden rechtlichen und
rechtstechnischen Bedenken, da für die Annahme von Fluchtgefahr auf die Definitionen verwiesen wird, die im
Rahmen des Abschiebungsrechts Geltung beanspruchen. Es ist aber zweifelhaft, ob die dort beschriebenen Fall-
konstellationen ohne weiteres auf den Anwendungsbereich der Dublin-III-Verordnung übertragbar sind (vgl.
Stellungnahme der Sachverständigen Allenberg in der Anhörung im Innenausschuss). Der Regelungsvorschlag
bleibt zudem unübersichtlich und verwirrend und birgt somit ein erhebliches Risiko, dass es zu fehlerhafter
Rechtsanwendung und mithin zu unrechtmäßigen Inhaftierungen kommt (vgl. Stellungnahme des Sachverstän-
digen Dr. Beichelt-Benedetti in der Anhörung im Innenausschuss).
Eine Fortsetzung der Haft nach Scheitern der Abschiebung ist abzulehnen, da die Abschiebungshaft allein dem
Ziel dient, die Abschiebung zu ermöglichen. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden (BVerfG, Be-
schl. v. 16.05.2007, Az.: 2 BvR 2106/05). Deshalb ist § 62 Absatz 4a aufzuheben.
Solange das Institut der Abschiebungshaft fortbesteht, hält die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weitere
Änderungen des Abschiebungshaftrechts für erforderlich, um die Rechte von Menschen in der Abschiebungs-
haft zu größerer Geltung zu bringen.
Die Rechtsgrundlage für die Abschiebungshaft soll von einer gebunden Entscheidung in eine Ermessensent-
scheidung umgewandelt und Haftalternativen sollen ausdrücklich geregelt werden. Dadurch werden der Ultima-
Ratio-Gedanke der Abschiebungshaft konkretisiert und die Vorgaben von Artikel 8 Absatz 4 der Richtlinie
2013/33/EU („Aufnahmerichtlinie“) umgesetzt („Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die einzelstaatlichen
Rechtsvorschriften Bestimmungen für Alternativen zur Inhaftnahme enthalten…“). Die ausdrückliche Rege-
lung von Haftalternativen hat eine Signalfunktion für die Ausländerbehörden und Gerichte und wird vom Bun-
desrat gefordert. Auch der Sachverständige Habbe hat in der Anhörung im Innenausschuss darauf gedrängt,
dass Haftalternativen endlich ausdrücklich im Gesetz erwähnt werden.
Die Höchstdauer der Haft soll auf 28 Tage beschränkt werden. Die Beschränkung der Haftdauer kann zwar nur
ein erster Schritt auf dem Weg zur Abschaffung der Abschiebungshaft sein, bedeutet aber eine tatsächliche
Verbesserung der Situation für die Betroffenen, da sie eine übermäßig lange Haftdauer von vornherein verhin-

Drucksache 18/5425 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
dert. Die Beschränkung der Haft auf 28 Tage entspricht den Empfehlungen einer fraktionsübergreifenden Ar-
beitsgruppe aus dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, die für eine Ausgestaltung
des deutschen Abschiebungshaftrechts fruchtbar gemacht werden können (vgl. The Report of the Inquiry into
the Use of Immigration Detention in the United Kingdom – A Joint Inquiry by the All Party Parliamentary
Group on Refugees & the All Party Parliamentary Group on Migration: https://detentioninquiry.files.word-
press.com/2015/03/immigration-detention-inquiry-report.pdf, Stand: 09.06.2015).
Die Inhaftierung von Minderjährigen soll generell untersagt werden, da sie mit der in Artikel 3 der VN-Kinder-
rechtskonvention verbindlich vorgeschriebenen vorrangigen Berücksichtigung des Kindeswohls nicht in Ein-
klang zu bringen ist.
Die Aufhebung der Vorschrift zur Schaffung eines Ausreisegewahrsams (§ 62b), der ohne Vorliegen von Haft-
gründen angeordnet werden kann, hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gesondert beantragt.

Zu den Einreise- und Aufenthaltsverboten
Nach § 11 Absatz 6 und 7 des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung des Entwurfs kann ein Einreise- und Aufent-
haltsverbot unabhängig von der tatsächlichen Ausreise angeordnet werden. Damit werden die Betroffenen unter
Umständen von der neugeschaffenen Bleiberechtsregelung sowie von der Erteilung anderer Aufenthaltstitel
ausgeschlossen. Dass dies integrationspolitisch nicht nachvollziehbar ist, haben auch zahlreiche Verbände ge-
rügt. Da ein Einreiseverbot nach Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1a der Richtlinie 2008/115/EG („Rückfüh-
rungsrichtlinie“) an eine Rückkehrentscheidung anknüpfen muss, begegnen die Regelungen in § 11 Absatz 6
und 7 auch unionsrechtlichen Bedenken, weil sie nicht an eine solche Entscheidung anknüpfen. Diese Bedenken
hat auch der Sachverständige Habbe in der Anhörung im Innenausschuss zum Ausdruck gebracht.
Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Absatz 1 hindert nach einer etwaigen Wiedereinreise unter Um-
ständen die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen. Zwar soll ein Einreise- und Aufenthalts-
verbot nach § 11 Absatz 4 aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines solchen Titels
vorliegen; dabei handelt es sich aber weiterhin nicht um eine gebundene Entscheidung. Der sich daraus erge-
bende bürokratische Aufwand ist im Rahmen der Gewährung humanitärer Aufenthaltsrechte nicht nachvoll-
ziehbar. Deshalb soll klargestellt werden, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung eines hu-
manitären Aufenthaltstitels ein Anspruch auf Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots besteht. Dazu
hat auch die Sachverständige Allenberg in der Anhörung im Innenausschuss geraten.

Zu den Bleiberechtsregelungen
In der Anhörung im Innenausschuss hat der Sachverständige Kliebe zutreffend darauf hingewiesen, dass es ein
Vollzugsdefizit bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln an hier lebende Geduldete gibt. Deswegen begrüßt die
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die überfällige Schaffung einer stichtagsunabhängigen Bleiberechtsre-
gelung. Im Konkreten besteht jedoch weiterhin Verbesserungsbedarf. Die Bleiberechtsregelung für gut inte-
grierte Jugendliche und Heranwachsende (§ 25a) sollte entsprechend den Forderungen zahlreicher Verbände
für junge Menschen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahrs geöffnet werden. Damit wird dem Umstand Rech-
nung getragen, dass die Betroffenen aufgrund vielerlei Faktoren oftmals besondere Hürden in Schule und Aus-
bildung zu überwinden haben. Die vorgeschlagenen Erleichterungen im Rahmen der allgemeinen Bleiberechts-
regelung entsprechen ebenfalls den Forderungen des Bundesrates.
Die Schaffung eines Aufenthaltsrechts für jugendliche und heranwachsende Geduldete in der Ausbildung
(§ 25c) hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gesondert beantragt.

Zu den Integrationskursen
Mit der Änderung erhalten Ausländerinnen und Ausländer, die in Besitz bestimmter Aufenthaltserlaubnisse aus
humanitären Gründen sind, Zugang zu den Integrationskursen.
Personen, denen subsidiärer Schutz nach § 25 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes gewährt wurde, sind nach Ar-
tikel 34 der Richtlinie 2011/95/EU („Qualifikationsrichtlinie“) beim Zugang zu Integrationsprogrammen ge-
nauso zu behandeln wie anerkannte Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Diese unionsrecht-
liche Vorgabe wurde bislang nicht in das deutsche Recht umgesetzt. Das soll durch diese Änderung nachgeholt
werden – denn schließlich ist Sinn und Zweck des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems „die Angleichung

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/5425
der Rechtsvorschriften über die Zuerkennung und den Inhalt der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären
Schutzes“ (vgl. Qualifikationsrichtlinie).
Opfer von Menschenhandel, die in Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a sind, sollen bereits in
der frühen Phase ihres erlaubten Aufenthalts in Deutschland einen Anspruch auf Teilnahme an einem Integra-
tionskurs erhalten. Eine Gleichstellung mit anerkannten Flüchtlingen, die bereits über einen solchen Teilnah-
meanspruch verfügen, ist geboten, weil auch sie regelmäßig längerfristig in der Bundesrepublik Deutschland
leben und hier ihren Lebensunterhalt nur dann angemessen verdienen können, wenn sie – neben weiteren Vo-
raussetzungen – über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen. Dies soll Opfern von Menschenhandel mög-
lichst frühzeitig dazu befähigen, sich ein Leben außerhalb des kriminellen Umfeldes zu erarbeiten.
Auch bei Aufenthalten nach § 25 Absatz 5 liegt in der Regel eine mehrjährige Aufenthaltsdauer vor. Der Aus-
schluss dieses Personenkreises von den Integrationskursen erschwert ihre Integration nachhaltig. Er behindert
ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und verzögert insbesondere ihre wirtschaftliche Integration unnötig.
Ein Differenzierungsmerkmal zu den Aufenthalten, die den Besuch des Kurses derzeit ermöglichen, ist nicht
erkennbar, so dass hier eine Gleichstellung erforderlich ist. Gleiches gilt für Aufenthalte gemäß §§ 22 und 23,
die ebenfalls regelmäßig auf Dauer angelegt sind.

Zum Datenschutz
Die Regelungsvorschläge in § 48 Absatz 3a, § 48a des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung des Entwurfs ermög-
lichen sehr weitgehende Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und den Schutz des Pri-
vatlebens von Ausländerinnen und Ausländern, da sie den Behörden Daten zugänglich machen, die fast zwangs-
läufig auch privates oder gar dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzuordnendes Kommunikationsver-
halten umfassen. Die Regelung in § 48a begrenzt die Abfrage der Zugangsdaten weder durch Benennung einer
Eingriffsschwelle noch grenzt sie den Kreis der berechtigten Behörden und den Zweck der Datenerhebung ein.
In § 48 Absatz 3a fehlen ein Verbot der Weitergabe an andere Behörden (wie etwa in § 113 Absatz 1 des
Telekommunikationsgesetzes) und Vorkehrungen zum Schutz von Daten, die dem Telekommunikationsge-
heimnis unterfallen. Die Vereinbarkeit dieser Regelungen mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ist
trotz der in den Ausschussberatungen erfolgten Änderungen zweifelhaft.

Zum Ausweisungsrecht
Die Einführung eines Abwägungssystems im Ausweisungsrecht ist überfällig, um die zahlreichen einzelfallbe-
zogenen Vorgaben aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, des Bundes-
verfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zu systematisieren. Ungeachtet dessen ist die Ausge-
staltung der Ausweisung als gebundene Entscheidung abzulehnen, da sie mit der Systematik des Ordnungs-
rechts nicht übereinstimmt. Zahlreiche ordnungsrechtliche Vorschriften kombinieren eine Abwägung auf Tat-
bestandsseite mit einer Ermessensausübung auf Rechtsfolgenseite. Die Ausgestaltung als gebundene Entschei-
dung dient auch nicht der Rechtssicherheit: Da die Ausweisung einen belastenden Verwaltungsakt darstellt, der
im Wege der Anfechtungsklage angefochten werden muss, kann das Gericht die Ausländerbehörden nicht zur
Neubescheidung unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts verpflichten. Die Bundesregierung hat
mittlerweile eingeräumt, dass die Gesetzesbegründung insoweit fehlerhaft ist (vgl. BT-Drs. 18/4262, S. 8).
In § 53 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung des Entwurfs werden bestimmte Personengruppen
besonders vor Ausweisung geschützt. Dies ist völkerrechtlich erforderlich. Nicht nachvollziehbar ist es ange-
sichts des besonderen Schutzes, dem Ehe und Familie nach dem Grundgesetz und der Europäischen Menschen-
rechtskonvention zukommen, dass Familienangehörige von Deutschen nicht diesen besonderen Ausweisungs-
schutz genießen sollen. Dies soll geändert werden. Darüber hinaus sollen unverhältnismäßig restriktive Ten-
denzen bei der Aufführung von Anhaltspunkten für ein Ausweisungsinteresse auf ein angemessenes Maß zu-
rückgefahren werden; zudem soll klargestellt werden, dass die Anhaltspunkte für ein Bleibeinteresse beispiel-
haft aufgeführt sind. Es soll klargestellt werden, dass sich ein Bleibeinteresse – entgegen der im Referentenent-
wurf noch ausdrücklich zu Tage getretenen, nunmehr impliziten Auffassung der Bundesregierung – nicht nur
aus den privaten Interessen des Ausländers, sondern auch aus dem öffentlichen Interesse ergeben kann, etwa
wenn der Betroffene im öffentlichen Dienst beschäftigt ist oder von öffentlichen Stellen für sein ehrenamtliches
Engagement oder besondere Verdienste ausgezeichnet worden ist. Darauf hatte der Sachverständige Kliebe in
der Anhörung im Innenausschuss hingewiesen.

Drucksache 18/5425 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Da die Überwachung ausgewiesener AusländerInnen (§ 56) einen erheblichen Grundrechtseingriff darstellt, soll
sie nicht vor Eintritt der Vollziehbarkeit der Ausweisungsverfügung möglich sein; da Ausweisungsverfügungen
in der Regel von den Behörden für sofort vollziehbar erklärt werden können, werden dadurch Belange der öf-
fentlichen Sicherheit und Ordnung nicht in unvertretbarem Maße tangiert.

Zum Resettlement
Die Schaffung einer Aufenthaltserlaubnis für Resettlement-Flüchtlinge soll ergänzt werden durch einen An-
spruch auf Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge. Dies ist folgerichtig, da Resettlement-Flüchtlinge
in aller Regel vom UN-Hochkommissar für Flüchtlinge als Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskon-
vention anerkannt worden sind. Die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge stellt die Betroffenen
auch bei der Einbürgerung (§ 12 Absatz 1 Nummer 6 des Staatsangehörigkeitsgesetzes) und im Ausweisungs-
recht (§ 53 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung des Entwurfs) gleich. Dies trägt zu einer größeren
rechtssystematischen Kohärenz bei und ist im Sinne eines umfassenden effektiven Flüchtlingsschutzes wün-
schenswert. Darauf hat auch die Sachverständige Allenberg in der Anhörung im Innenausschuss hingewiesen.

Zum Beschäftigungsverbot für Geduldete
Zum fortdauernden Beschäftigungsverbot (§ 33 der Beschäftigungsverordnung) hat der Bundesrat zutreffend
ausgeführt: „[Das Beschäftigungsverbot] hindert junge Geduldete dauerhaft an einer Erwerbsbeteiligung. Nach
dieser Vorschrift ist Geduldeten der Zugang zum Arbeitsmarkt unter anderem dann zu versagen, wenn sie selbst
den Nichtvollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen zu vertreten haben. Hierunter fällt auch das Unterlassen
zumutbarer Mitwirkungshandlungen bei der Passbeschaffung. Jugendliche, die sich im Interessenkonflikt zwi-
schen der Aufdeckung der Täuschungshandlung ihrer Eltern und dem Erfüllen der eigenen Mitwirkungspflicht
befinden, werden sich aus persönlichen Gründen in der Regel gegen ihre rechtliche Verpflichtung entscheiden.
An dieser Situation ändert auch die Konkretisierung der Nicht-Zurechenbarkeit des Fehlverhaltens anderer in
§ 33 Absatz 2 nichts, wonach das Verbot insbesondere dann zu verhängen ist, wenn die Ausländerbehörde die
Betroffenen durch eine von ihnen selbst verursachte Täuschung über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit
oder eigene falsche Angaben nicht abschieben kann. Zwar wird dem Jugendlichen nur die eigene Täuschung
zugerechnet, aber eine aktive Mitwirkung ohne Aufdeckung des Fehlverhaltens der Eltern kann als aktive Täu-
schungshandlung ausgelegt werden, die sodann zum Beschäftigungsverbot führen wird. Ein in diesen Fällen
fehlender Arbeitsmarktzugang ist nicht nur ein falsches Signal an eine junge Flüchtlingsgeneration, das auch
die Motivation, einen Schulabschluss zu erlangen, behindert. Sie widerspricht auch dem öffentlichen Interesse
an der Gewinnung und Sicherung des Fachkräftepotentials, die auch durch eine erhöhte Teilnahme von Jugend-
lichen mit Migrationshintergrund an der beruflichen Ausbildung erfolgen soll. Diese Privilegierung der jungen
geduldeten Ausländerinnen und Ausländer beim Arbeitsmarktzugang erfolgt in Anlehnung an die Änderung in
Artikel 1 Nummer 12 (§ 25a des Aufenthaltsgesetzes) des Gesetzentwurfs zur Neubestimmung des Bleiberechts
und der Aufenthaltsbeendigung, wonach dieser Personengruppe bei nachhaltiger Integration ein Aufenthaltstitel
erteilt werden soll.“ Aus diesen Gründen ist § 33 der Beschäftigungsverordnung aufzuheben.

Zur Situation von Opfern von Menschenhandel
Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis für Opfer von Menschenhandel soll als Anspruchsnorm ausgestaltet
werden. Wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Ausländer Opfer einer Straftat nach den §§ 232,
233 oder 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll er künftig eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen
erhalten, ohne weitere Voraussetzungen zu erfüllen. Damit werden Opfer von Menschenhandel anerkannten
Asylberechtigten und Flüchtlingen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gleichgestellt. Dies ist sachge-
recht, da sie gleichermaßen einen völkerrechtlich verbürgten Schutzanspruch gegenüber dem Aufenthaltsstaat
haben. Mit der Neuregelung wird Artikel 14 Absatz 1 und 2 der Europaratskonvention gegen Menschenhandel,
die am 1. Februar 2008 in Kraft getreten ist, umgesetzt. Danach sind die Vertragsstaaten verpflichtet, Opfern
einen verlängerbaren Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn der Aufenthalt aufgrund der persönlichen Situation des
Opfers erforderlich ist oder das Kindeswohl es erfordert. Diesen Anforderungen genügt der bisherige § 25 Ab-
satz 4a des Aufenthaltsgesetzes, der die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis allein von der Beteiligung im Straf-
verfahren abhängig macht, nicht. Es wäre zwar möglich, die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis weiterhin von
anderen Voraussetzungen abhängig zu machen. Dies würde dem Schutzbedürfnis der Betroffenen jedoch nicht

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/5425
gerecht. Opfer von Menschenhandel, die an Ermittlungs- und Strafverfahren gegen Täterinnen und Täter mit-
wirken oder ihre Mitwirkung – etwa durch Anzeigeerstattung – in Aussicht stellen, sind der Gefahr von Repres-
salien in erheblichem Maße ausgesetzt. Diese richten sich oftmals auch gegen die Angehörigen der Opfer, die
sich noch im Herkunftsland aufhalten. Gegen all dies ist die staatliche Hoheitsgewalt oftmals machtlos. Teil-
weise werden Repressalien der Täterinnen und Täter staatlicherseits faktisch sogar geduldet und gefördert. Vo-
raussetzung für einen umfassenden Schutz der Opfer von Menschenhandel ist daher, dass den Opfern ein auf
Dauer angelegter Aufenthaltsstatus gewährt wird, der von ihrer Mitwirkung in Ermittlungs- und Strafverfahren
entkoppelt wird. Dies ist der Bereitschaft zur Mitwirkung in Ermittlungs- und Strafverfahren auch nicht abträg-
lich, denn ein auf Dauer angelegter Aufenthaltsstatus ermöglicht oftmals erst die therapeutische Unterstützung,
derer viele Opfer von Menschenhandel bedürfen und die ihrerseits oftmals die Grundlage für eine Bereitschaft,
an der Strafverfolgung mitzuwirken, herstellt. Unberührt von den aufenthaltsrechtlichen Regelungen bleibt oh-
nehin die Verpflichtung jedes Zeugen in Ermittlungs- und Strafverfahren wahrheitsgemäß auszusagen (§§ 51,
70, 161a der Strafprozessordnung).
Opfern von Menschenhandel soll fortan die Erwerbstätigkeit ohne Einschränkungen erlaubt sein. Beschränkun-
gen bei dem Zugang zu selbständiger und unselbständiger Beschäftigung für Menschen, die in Besitz einer auf
Dauer angelegten Aufenthaltserlaubnis sind, sind sozial- und integrationspolitisch verfehlt.
Opfer von Menschenhandel sollen zudem aus der Verteilung nach § 15a ausgenommen werden. Die Verteilung
ist für die Opfer nicht zumutbar und für die Strafverfolgung der Täter hinderlich. Die Opfer werden in der Regel
von spezialisierten Beratungsstellen betreut. Zum Teil werden die Opfer bedroht, sodass die Polizei sie etwa
durch Unterbringung in geschützten Unterkünften abschirmen muss. Die örtlich zuständigen Ermittlungsbehör-
den haben ein Interesse an der Erreichbarkeit der Betroffenen. Die Beratung und Kooperation werden erheblich
erschwert, wenn die Personen an einen anderen Ort verteilt werden. Mit der Änderung wird nicht ausgeschlos-
sen, dass Opfer von Menschenhandel an einen anderen Ort ziehen, wenn dies zu ihrem Schutz notwendig ist. In
diesen Fällen sollen die Behörden in Kooperation mit spezialisierten Beratungsstellen den vom Opfer gewollten
Umzug vorbereiten und begleiten.
Damit ein effektiver Schutz nicht nur auf dem Papier besteht, müssen Opfer von Menschenhandel über ihre
Rechte unterrichtet werden. Mit der Ergänzung von § 59 Absatz 8 wird klargestellt, dass die Unterrichtung
durch nichtstaatliche Fachstellen zu erfolgen hat. Nichtstaatliche Fachstellen arbeiten mit einem Netzwerk von
für die Rechtsdurchsetzung erforderlichen Rechtsanwälten und Dolmetschern und haben die Expertise für eine
Beratung in der stark belastenden Situation der Abschiebung. Insofern können sie besser gewährleisten, dass
die Opfer tatsächlich ihre Rechte in Anspruch nehmen.
Für einen effektiven Schutz von Opfern von Menschenhandel sind weitere Maßnahmen jenseits des Aufent-
haltsrechts erforderlich. Diesbezüglich wird auf den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
zur Verbesserung der Situation von Opfern von Menschenhandel in Deutschland (BT-Drs. 18/3256) verwiesen.

Zum Inkrafttreten
Die vorgeschlagene Regelung entspricht der Forderung des Bundesrates und der Empfehlung des Sachverstän-
digen Mazanke in der Anhörung im Innenausschuss.
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.