BT-Drucksache 18/5401

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/4897 (neu), 18/5324 - Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Wohngeldrechts und zur Änderung des Wohnraumförderungsgesetzes (WoGRefG)

Vom 30. Juni 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/5401
18. Wahlperiode 30.06.2015
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Caren Lay, Kerstin Kassner, Sabine
Zimmermann (Zwickau), Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, Karin Binder,
Matthias W. Birkwald, Eva Bulling-Schröter, Roland Claus, Katja Kipping,
Katrin Kunert, Sabine Leidig, Ralph Lenkert, Michael Leutert, Dr. Gesine
Lötzsch, Thomas Lutze, Dr. Petra Sitte, Dr. Kirsten Tackmann, Azize Tank,
Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Birgit Wöllert, Hubertus Zdebel,
Pia Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 18/4897 (neu), 18/5324 –

Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Wohngeldrechts und
zur Änderung des Wohnraumförderungsgesetzes
(WoGRefG)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das gegenwärtige Wohngeldgesetz ist nicht geeignet, der ständig größer werdenden
Lücke zwischen den steigenden Wohnkosten und dem niedrigen Einkommen der
wohngeldberechtigten Menschen wirkungsvoll und dauerhaft entgegenzuwirken.
Das Wohngeld spiegelt aufgrund der Berechnung unter ausschließlicher Bezug-
nahme auf die Durchschnittswerte der Wohnkosten die von diesen Werten teilweise
erheblich abweichenden Wohnkosten der einzelnen Haushalte nicht wider. Der Ge-
setzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Wohngeldrechts heilt dieses Prob-
lem nicht.
Der Bundestag teilt die im vorliegenden Gesetzentwurf vertretene Auffassung der
Bundesregierung, dass angesichts der zunehmenden Wohnungsmarktengpässe und
der steigenden Wohnkosten ein höheres Wohngeldniveau erforderlich ist. Allerdings
sind die Vorschläge der Bundesregierung nicht ausreichend und verfehlen das Ziel
des Wohngeldgesetzes, Menschen mit geringem Einkommen oberhalb der Grundsi-
cherung bei den Wohnkosten schnell, wirkungsvoll und treffsicher zu entlasten. Ar-
mutsgefährdete Haushalte mussten 2013 durchschnittlich 39,4 Prozent ihres Haus-
haltseinkommens für Wohnkosten aufbringen. Die Entlastung dieser Haushalte wird
durch die Reform des Wohngeldgesetzes mit seiner Wirkung ab 2016 nur von kurzer
Dauer sein. Die seit zwanzig Jahren stagnierende Kaufkraft und die weiter steigen-
den Wohnkosten sorgen dafür, dass der Anteil der Wohnkosten am Haushaltsein-
kommen weiter zunehmen wird, so dass diese Menschen immer weniger Mittel für
Bildung, Kultur, gesunde Ernährung und Mobilität zur Verfügung haben.
Gegenwärtig besteht ein erheblicher Mangel an Sozialwohnungen. Das Defizit liegt
bundesweit bei mindestens vier Millionen Wohnungen. Auf eine Sozialwohnung

Drucksache 18/5401 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

kommen fünf anspruchsberechtigte Bewerber, d. h. ein erheblicher Teil der Ziel-
gruppe kann nicht versorgt werden. Diese Tendenz bleibt noch für viele Jahre beste-
hen, selbst wenn es der Bundesregierung gelingen sollte, gemeinsam mit den Bun-
desländern den sozialen Wohnungsbau in Größenordnung anzukurbeln. Menschen,
denen trotz des Anspruchs keine Sozialwohnung zur Verfügung gestellt werden
kann, müssen sich auf dem freien Wohnungsmarkt versorgen. In Metropolregionen,
Hochschulstädten sowie in Städten und Gemeinden in Wachstumsregionen ist es ge-
rade für diese Menschen wegen der dort teilweise dramatischen Mietenentwicklung
aussichtlos, für sich und ihre Familien angemessenen Wohnraum zu finden.
Solange die Bedarfslücke bei den Sozialwohnungen nicht geschlossen ist, sind Bund
und Länder in der Pflicht, die Höhe des Wohngeldes und den Empfängerkreis der
Wohngeldberechtigten so zu gestalten, dass Menschen mit geringem Einkommen
eine reale Chance bei der Wohnungssuche haben.
Das Wohnraumförderungsgesetz ist, bezogen auf die Einkommenshöhe der An-
spruchsberechtigten, die Wohnungsgröße und den Wohnungsstandard, eine geeig-
nete Grundlage für die Formulierung von Mindestanforderungen für die Regelung
zukünftiger Wohngeldansprüche.
In Anlehnung an das Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Woh-
nungsmärkten vom 21. April 2015 soll der Mietspiegel in den jeweiligen Gemeinden
als Bemessungsgröße für die Festlegung des Höchstbetrages des Wohngeldes die-
nen.
Ziel einer verantwortungsbewussten und sozial gerechten Wohnungs- und Mieten-
politik muss es sein, dass Mieterinnen und Mieter mit geringem Einkommen nicht
mehr als 30 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens für Wohnkosten aufbringen
müssen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

einen Gesetzentwurf vorzulegen, der das Verfahren zur Berechnung des Wohngel-
des neu regelt, mit dem Ziel,
1. dass Menschen mit Anspruch auf Wohngeld unter Berücksichtigung angemes-

sener Wohnungsgröße und -ausstattung zukünftig nicht mehr als 30 Prozent ih-
res Haushaltsnettoeinkommens für die Bruttowarmmiete entrichten müssen;

2. dass der Wohngeldanspruch sich aus der tatsächlich zu zahlenden Bruttowarm-
miete ableitet;

3. dass der Höchstbetrag des Wohngeldes sich aus der ortsüblichen Vergleichs-
miete bzw. dem Mietspiegel der jeweiligen Gemeinden zuzüglich der kalten
und warmen Betriebskosten ableitet;

4. dass die Einkommensgrenze für den Wohngeldanspruch und die zu berücksich-
tigende Wohnungsgröße sich an den in den Bundesländern geltenden Bemes-
sungsgrenzen für Wohnberechtigungsscheine nach dem Wohnraumförderungs-
gesetz (WoFG) orientiert, wobei die Bundeseinkommensgrenzen nach § 9 Ab-
satz 2 WoFG zu erhöhen sind;

5. haushaltsrechtliche Vorsorge zu treffen, dass der Bund sich zur Hälfte an den
Kosten des Wohngeldes beteiligt. Ferner ist im Rahmen der erforderlichen Neu-
ordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern sicherzustellen,
dass in Ländern und Kommunen ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung
stehen, um das Wohngeld dauerhaft auskömmlich zu finanzieren.

Berlin, den 30. Juni 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5401
Begründung

In der öffentlichen Anhörung zum vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Wohngeldrechts am
10. Juni 2015 im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit des Deutschen Bundestages
zogen alle Sachverständigen in seltener Einmütigkeit folgendes Fazit:
Die Novellierung des Wohngeldgesetzes verfehlt seine beabsichtigte Wirkung durch
1. eine fehlende Regelung zur Dynamisierung des Wohngeldes,
2. eine Regelung zur ausreichenden Berücksichtigung der Heizkosten und
3. eine fehlende Klimakomponente.
Aus diesen Gründen und im Sinne einer weitgehenden Entbürokratisierung sind im Interesse der Wohngeld-
empfängerinnen und Wohngeldempfänger, der Vermieterinnen und Vermieter und der Verwaltungen in den
Kommunen eine Vereinfachung der Wohngeldregelung, eine Erweiterung des Kreises der anspruchsberechtig-
ten Personen und eine ausreichende und bedarfsgerechte Höhe des Wohngeldes, wie im Entschließungsantrag
beschrieben, geboten.
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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