BT-Drucksache 18/525

Steigende Erwerbstätigkeit von Frauen und ihre anhaltende Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt

Vom 12. Februar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/525
18. Wahlperiode 12.02.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau), Cornelia Möhring, Klaus Ernst,
Matthias W. Birkwald, Susanna Karawanskij, Katja Kipping, Jutta Krellmann,
Thomas Nord, Richard Pitterle, Dr. Axel Troost, Kathrin Vogler, Harald Weinberg,
Birgit Wöllert und der Fraktion DIE LINKE.

Steigende Erwerbstätigkeit von Frauen und ihre anhaltende Benachteiligung
auf dem Arbeitsmarkt

Die in den vergangenen Jahren gestiegene Erwerbsbeteiligung geht zu großen
Teilen auf eine zunehmende Beschäftigung von Frauen zurück. Allerdings
deutet viel darauf hin, dass diese Entwicklung nicht genutzt wurde, bestehende
Ungleichheiten und systematische Benachteiligungen von Frauen auf dem Ar-
beitsmarkt abzubauen.
Auch in dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD finden sich wenig
verbindliche Maßnahmen zur Gleichstellung. Es soll eine Frauenquote von
30 Prozent in bestimmten Aufsichtsräten gesetzlich geregelt werden. Für die
große Masse der abhängig beschäftigten Frauen gibt es jedoch kaum verbind-
liche Maßnahmen – so wird z. B. weder das Problem der Minijobs angegangen
noch gibt es gesetzliche Initiativen zur Aufwertung klassischer Frauenberufe,
etwa durch eine bessere Finanzierung des Personals und entsprechende Per-
sonalschlüssel im Gesundheits- und Sozialwesen. Nur vom Mindestlohn, wenn
er denn für alle kommt, werden insbesondere Frauen profitieren, weil sie über-
durchschnittlich von Niedriglöhnen betroffen sind.
Ohne eine andere Weichenstellung in der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungs-
politik, besteht die Gefahr, dass sich mit der steigenden Erwerbstätigkeit von
Frauen bestehende Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt weiter zementieren.
Im Umfeld des bevorstehenden Internationalen Frauentages am 8. März 2014
und dem Equal Pay Day am 21. März 2014 werden Gewerkschaften und zahl-
reiche Frauenorganisationen gleichstellungspolitische Anliegen in die Öffent-
lichkeit bringen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Lage der Frauen auf dem Arbeits-

markt?
2. In welchen Bereichen gibt es nach Ansicht der Bundesregierung eine Be-

nachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt?
3. Welche sind nach Ansicht der Bundesregierung die wichtigsten politischen

Handlungsfelder, um bestehende Benachteiligungen von Frauen auf dem Ar-
beitsmarkt abzubauen?

Drucksache 18/525 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Welchen Einfluss haben nach Ansicht der Bundesregierung spezifische Be-
lastungen der Frauen innerhalb der Familie und unzureichende gesellschaft-
liche Kapazitäten bei der Kinderbetreuung oder Pflege Angehöriger auf die
Arbeitsmarktsituation von Frauen, und wie will die Bunderegierung auf
mögliche Probleme reagieren?

5. Wie hat sich in den zurückliegenden zehn Jahren die Erwerbstätigkeit von
Frauen und Männern entwickelt (bitte jährlich absolute und relative Ent-
wicklung sowohl insgesamt und nach Geschlecht benennen als auch jeweils
nach verschiedener Beschäftigungsform: sozialversicherungspflichtige Voll-
zeit, Teilzeit und geringfügige Beschäftigung sowie Selbständige)?

6. Wie hat sich gemessen in Vollzeitäquivalenten in den zurückliegenden zehn
Jahren die Erwerbstätigkeit von Frauen und Männern entwickelt (bitte jähr-
lich absolute und relative Entwicklung insgesamt benennen sowie nach
Selbständigkeit und abhängiger Beschäftigung differenzieren)?

7. Wie hat sich in den zurückliegenden zehn Jahren die Erwerbstätigenquote
von Frauen und Männern entwickelt (bitte jährlich Daten benennen und
auch nach Ost und West aufgliedern)?

8. Wie stark sind Frauen und Männer von atypischer Beschäftigung betroffen
(bitte entsprechende Zahlen nennen)?

9. In welchem Ausmaß beruht die wachsende Erwerbstätigkeit von Frauen auf
einer Zunahme atypischer Beschäftigung (bitte konkrete Zahlen nennen)?

10. Wie hat sich in den zurückliegenden Jahren die durchschnittliche Arbeits-
zeit von Frauen und Männern entwickelt (bitte konkret Zahlen bundesweit
sowie nach Ost und West aufgliedern)?

11. Welche aktuellen Erkenntnisse hat die Bundesregierung über das Problem
unfreiwilliger Teilzeitarbeit bei Frauen, welche Arbeitszeitwünsche von
Frauen gibt es diesbezüglich, und wie will die Bundesregierung auf dieses
Problem reagieren?

12. Welchen Einfluss hat nach Ansicht der Bundesregierung das Ehegatten-
splitting im Einkommenssteuerrecht auf den hohen Anteil von Teilzeitarbeit
unter Frauen, und sieht die Bundesregierung hier politischen Handlungsbe-
darf?

13. Inwiefern sind Frauen besonders von Befristungen betroffen (bitte konkrete
Zahlen nennen)?
Welche Erklärungen hat die Bundesregierung dafür, und was will sie da-
gegen tun?

14. Wie hoch ist der Anteil der Frauen und Männer, die zu Niedriglöhnen arbei-
ten (bitte relative und absolute Zahlen nennen und auch nach Bundeslän-
dern sowie nach Ost und West aufgliedern)?

15. Was sind nach Ansicht der Bundesregierung die Ursachen dafür, dass
Frauen überdurchschnittlich oft von niedrig entlohnter Beschäftigung be-
troffen sind?

16. Wie hoch ist die Zahl und der Anteil von erwerbstätigen Frauen, die auf-
stockende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)
erhalten, und wie stellen sich diese Zahlen verglichen mit ihrem Anteil an
allen Erwerbstätigen dar?

17. In welchem Ausmaß könnten Frauen von einem gesetzlichen Mindestlohn
in Höhe von 8,50 Euro und in Höhe von 10 Euro profitieren (bitte relative
und absolute Zahlen nennen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/525
18. Wie haben sich die Verdienstunterschiede von Frauen und Männern seit
dem Jahr 2006 bis heute entwickelt (bitte jährliche Daten insgesamt sowie
nach Ost und West benennen)?

19. Wie stellen sich die Verdienstunterschiede von Frauen und Männern in
Deutschland im europäischen Vergleich dar (bitte konkrete Zahlen nennen),
und wie erklären sich die Unterschiede?

20. Wie hoch ist der Anteil der Betriebe, in denen es Maßnahmen zur Verein-
barkeit von Beruf und Familie und zur Förderung der Chancengleichheit
gibt?

21. Zu welchem Anteil geht die bestehende allgemeine Verdienstlücke zwi-
schen Frauen und Männern auf die geringfügige Beschäftigung zurück (von
der Frauen überproportional betroffen sind)?
Sieht die Bundesregierung hier Handlungsbedarf?

22. Was sind die zwölf Branchen und Berufsgruppen, in denen derzeit absolut
und relativ die meisten Frauen arbeiten?
Wie stellt sich in diesen Branchen bzw. Berufsgruppen das Lohnniveau dar
verglichen mit dem allgemeinen Durchschnittslohn und gemessen am
Niedriglohnanteil?

23. Was waren die zwölf Branchen, in denen in den zurückliegenden Jahren ab-
solut als auch relativ die stärksten Beschäftigungszuwächse von Frauen zu
verzeichnen waren (bitte jeweils konkrete Zahlen absolut und relativ nen-
nen)?
Wie stellt sich in diesen Branchen das Lohnniveau dar verglichen mit dem
allgemeinen Durchschnittslohn und gemessen am Niedriglohnanteil?

24. Was waren die zwölf Berufsgruppen, in denen in den zurückliegenden Jah-
ren absolut als auch relativ die stärksten Beschäftigungszuwächse von
Frauen zu verzeichnen waren (bitte jeweils konkrete Zahlen absolut und
relativ nennen)?
Wie stellt sich in diesen Berufsgruppen das Lohnniveau verglichen mit dem
allgemeinem Durchschnittslohn und gemessen am Niedriglohnanteil dar?

25. Plant die Bundesregierung Maßnahmen, um auf die sehr geschlechtsspezi-
fische Berufswahl Einfluss zu nehmen, und wenn ja, welche?

26. Sind Frauen besonders von dem Problem der unzureichenden Tarifbindung
betroffen, und würden von einem erleichterten Verfahren der Allgemeinver-
bindlichkeit von Tarifverträgen besonders profitieren?

27. Inwiefern schlägt sich der steigende Bildungsstand von Frauen auch in
hochwertigeren Berufsabschlüssen bzw. einer besseren Beschäftigungs-
struktur nieder?

28. Inwiefern sind Frauen besonders von dem Problem unterwertiger Beschäf-
tigung betroffen, gehen also Tätigkeiten nach, die unterhalb ihrer Ausbil-
dung liegen oder gar keine Ausbildung voraussetzen (bitte soweit möglich
Zahlen nennen), und was bedeutet das für die persönlichen Anforderungen
und Verdienstsituationen?

29. Inwiefern sind Frauen besonders von bestimmten Arbeitsbelastungen be-
troffen (bitte soweit möglich konkrete Zahlen nennen), und was sind die
Gründe dafür?

30. Welche konkreten Maßnahmen für kürzere und familiengerechtere Arbeits-
zeiten strebt die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode an?

Drucksache 18/525 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
31. Welche konkreten Maßnahmen in Hinblick auf das Teilzeit- und Befris-
tungsrecht plant die Bundesregierung, um den in der Koalitionsvereinba-
rung angekündigten „Anspruch auf befristete Teilzeitarbeit“ (Rückkehr-
recht) zu schaffen, und inwiefern sollen bestehende Ausnahmenregelungen,
wie auf Betriebe mit weniger als 15 Beschäftigten, aufrechterhalten wer-
den?

32. Mit welchen konkreten Maßnahmen will die Bundesregierung ihre Ankün-
digungen aus dem Koalitionsvertrag umsetzen, geringfügig Beschäftigte
besser über ihre Rechte zu informieren und die Übergänge aus geringfügi-
ger in reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu erleichtern?
Will die Bundesregierung die geringfügige Beschäftigung in vollsozialver-
sicherungspflichtige Arbeit überführen, und wenn nein, warum nicht?

33. Plant die Bundesregierung ein Entgeltgleichheitsgesetz, das in allen Betrie-
ben gilt?
Wenn ja, bis wann, und mit welchen konkreten Ausgestaltungen soll dieses
kommen?
Wenn nein, warum nicht?

34. Welche konkreten Probleme und politischen Handlungsanforderungen sieht
die Bundesregierung speziell für die Gruppe der mehrheitlich weiblichen
alleinerziehenden Erwerbstätigen vor?

35. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung zur Gestaltung
und Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen,
a) damit diese als legale, sozialversicherungspflichtige und finanzierbare

Beschäftigungsverhältnisse angeboten und nachgefragt werden können,
b) um gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten (z. B. Anspruch auf

Arbeits- und Gesundheitsschutz, Anwendung von Tarifverträgen und
-löhnen, …) ebenso zu gewährleisten, wie hochwertige Qualität und be-
zahlbare Preise für Familien?

Berlin, den 12. Februar 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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