BT-Drucksache 18/450

Möglicher rechtlicher Anpassungsbedarf durch die vorzeitige Anwendung des VN-Waffenhandelsvertrages

Vom 3. Februar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/450
18. Wahlperiode 03.02.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katja Keul, Agnieszka Brugger, Volker Beck (Köln),
Annalena Baerbock, Marieluise Beck (Bremen), Dr. Franziska Brantner,
Uwe Kekeritz, Tom Koenigs, Dr. Tobias Lindner, Omid Nouripour, Cem Özdemir,
Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Jürgen Trittin,
Doris Wagner, Irene Mihalic und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Möglicher rechtlicher Anpassungsbedarf durch die vorzeitige Anwendung
des VN-Waffenhandelsvertrages

Die Vereinten Nationen (VN) haben sich im April 2013 auf einen internationalen
Waffenhandelsvertrag (Arms Trade Treaty – ATT) geeinigt, der den Handel mit
konventionellen Rüstungsgütern regeln und den illegalen Handel mit diesen
Gütern eindämmen soll. Deutschland hat den Vertrag als einer der ersten Staaten
unterzeichnet und ratifiziert, der Vertrag tritt jedoch völkerrechtlich erst
90 Tage, nachdem das vorgegebene Quorum von 50 Ratifikationen erreicht ist,
in Kraft. Dies ist bisher nicht der Fall. Das Bundeskabinett hat jedoch am 22. Ja-
nuar 2014 bei seiner Klausursitzung in Meseberg beschlossen, dass Deutschland
die Regelungen des VN-Waffenhandelsvertrages vorzeitig, d. h. ab sofort, an-
wenden wird. Aus dem Umstand, dass das Bundeskabinett einerseits beschließt,
dass die Regelungen des VN-Waffenhandelsvertrages künftig Anwendung in
Deutschland finden sollen und damit zum Ausdruck bringt, dass der VN-
Waffenhandelsvertrag qualitative Änderungen in den deutschen Rüstungsexport-
regelungen mit sich bringen wird, und daraus, dass andererseits dem Deutschen
Bundestag bisher kein Gesetzentwurf der Bundesregierung mit innerstaatlichen
Anpassungsregelungen zur Umsetzung des Vertragswerkes vorgelegt wurde,
ergeben sich Fragen, wie die vorzeitige Inkraftsetzung des VN-Waffenhandels-
vertrages rechtlich und politisch zu bewerten ist.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wann wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag einen Gesetzent-

wurf mit nationalen Anpassungsregelungen zum VN-Waffenhandelsvertrag
vorlegen?

2. Welcher materiell-rechtliche Anpassungsbedarf ergibt sich im Außenwirt-
schaftsgesetz, Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen oder anderen Ge-
setzen durch die vorzeitige Anwendung des VN-Waffenhandelsvertrages?

3. Welchen nationalen Anpassungsbedarf sieht die Bundesregierung speziell in
Bezug auf Artikel 6 und Artikel 7 des VN-Waffenhandelsvertrages?

4. Welche rechtlichen Anpassungen auf dem Verordnungsweg sind geplant?
5. Welchen Anpassungsbedarf sieht die Bundesregierung in Bezug auf den Ge-

meinsamen Standpunkt der Europäischen Union für Rüstungsexporte?

Drucksache 18/450 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
6. Welche Auswirkungen hat der VN-Waffenhandelsvertrag bzw. die vor-
zeitige Anwendung des VN-Waffenhandelsvertrages durch Deutschland auf
die Anwendung der Verteidigungsgüterrichtlinie zwischen den euro-
päischen Staaten?

7. Welche Art von Exporten wird die Bundesregierung künftig nicht mehr ge-
nehmigen, die sie bisher genehmigt hat, bzw. für welche Art von Exporten
werden ggf. künftig Genehmigungen erteilt, die bisher regelmäßig versagt
wurden?

8. Falls die Bundesregierung keinen innerstaatlichen Anpassungsbedarf in
Bezug auf die Fragen 1 bis 7 erkennt, welche Funktion hatte dann der
Kabinettsbeschluss in Meseberg?

9. In welchem rechtlichen und in welchem politischen Verhältnis stehen der
vorzeitig angewendete VN-Waffenhandelsvertrag und die politischen
Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und
sonstigen Rüstungsgütern zueinander?

10. Welche Anpassungen plant die Bundesregierung bei den politischen Grund-
sätzen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen
Rüstungsgütern im Hinblick auf den VN-Waffenhandelsvertrag?

11. Lässt der VN-Waffenhandelsvertrag nach Ansicht der Bundesregierung
eine Unterscheidung von Drittstaaten in „strategische Partner“ und übrige
Staaten zu?
a) Wie bewertet die Bundesregierung in dieser Hinsicht die Verpflichtung

aus Artikel 5 Absatz 1 des VN-Waffenhandelsvertrages, den Vertrag in
nichtdiskriminierender Weise anzuwenden?

b) Den Interessen welcher Staaten wurde bei den Verhandlungen mit der
Formulierung in Artikel 5 Absatz 1 des VN-Waffenhandelsvertrages
Rechnung getragen, und welche konkreten Auswirkungen hat sie?

12. Welche Entsprechung findet der aus dem angelsächsischen Recht stam-
mende und im VN-Waffenhandelsvertrag genutzte Ausdruck „overriding
risk“ im deutschen Recht, und wie wird er künftig von der Bundesregierung
national und international ausgelegt werden?

13. Werden die Formulierungen im VN-Waffenhandelsvertrag zu genderspezi-
fischer Gewalt als möglichem Versagungsgrund für eine Exportgenehmi-
gung in deutsches Recht überführt werden, und wenn nein, wieso nicht?

14. Unterscheiden sich die Meldepflichten der Vertragsstaaten des VN-Waffen-
handelsvertrages von denen des VN-Waffenregisters über den Umstand
hinaus, dass der VN-Waffenhandelsvertrag auch Kleinwaffen umfasst, und
wann ja, inwiefern?

15. An wen wird die Bundesregierung die vereinbarten Informationen melden,
solange der VN-Waffenhandelsvertrag noch nicht völkerrechtlich in Kraft
getreten ist?

16. Gibt es Informationen von Unternehmen oder Behörden, die im Rahmen des
VN-Waffenhandelsvertrages gemeldet werden müssen, die bisher von
Deutschland nicht erfasst werden, und ja, welche?

Berlin, den 31. Januar 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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