BT-Drucksache 18/3310

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/2000, 18/2002, 18/2815, 18/2823, 18/2824, 18/2825 - Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015 (Haushaltsgesetz 2015) hier: Einzelplan 16 Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Vom 25. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3310
18. Wahlperiode 25.11.2014
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Sven-Christian Kindler, Ekin Deligöz, Anja Hajduk,
Dr. Tobias Lindner, Annalena Baerbock, Harald Ebner, Matthias Gastel, Bärbel
Höhn, Dieter Janecek, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Stephan Kühn
(Dresden), Christian Kühn (Tübingen), Markus Kurth, Peter Meiwald, Friedrich
Ostendorff, Lisa Paus, Brigitte Pothmer, Corinna Rüffer, Dr. Wolfgang
Strengmann-Kuhn, Markus Tressel, Dr. Julia Verlinden, Dr. Valerie Wilms und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 18/2000, 18/2002, 18/2815, 18/2823, 18/2824, 18/2825 –

Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015
(Haushaltsgesetz 2015)

hier: Einzelplan 16
Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt,
Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Folgen der vom Menschen verursachten Klimakatastrophe zeichnen sich
schon heute deutlich ab: die Erwärmung der Atmosphäre und der Ozeane, Verän-
derungen des globalen Wasserkreislaufs, der Anstieg des mittleren globalen Mee-
resspiegels und die Zunahme von gefährlichen Extremwetterereignissen. Schon
jetzt haben diese Veränderungen verheerende Auswirkungen auf die Lebensbe-
dingungen von Menschen insbesondere in Küstenregionen und Inselstaaten aber
auch auf dem afrikanischen Kontinent, der besonders stark von zunehmender
Wüstenausbreitung und Wassermangel betroffen ist. Die durch die drohende Kli-
makatastrophe entstehende Verknappung lebenswichtiger Ressourcen wird in Zu-
kunft die Not insbesondere in den Ländern des globalen Südens weiter verschär-

Drucksache 18/3310 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
fen und zu neuen Konfliktlagen führen. Weil die Klimakatastrophe die Lebens-
grundlage der Menschen verändert und bedroht, hat er auch unmittelbare entwick-
lungs-, flüchtlings- und wirtschaftspolitische Implikationen. Die drohende Klima-
katastrophe ist die zentrale ökologische, soziale und ökonomische Herausforde-
rung in diesem Jahrhundert.
Aber auch national stellt die Klimakatastrophe eine enorme Herausforderung dar.
In Deutschland sind die Folgen im zurückliegenden Jahrzehnt bereits deutlich
spürbar: Starkniederschläge, Stürme und massive Gewitter haben in den vergan-
genen Jahren Schäden in Milliardenhöhe verursacht. Das Hochwasser an der Elbe
und ihren Zuflüssen im Alpenraum 2013 ist nach den Hochwasserkatastrophen
im Sommer 2002, im August 2005, im Sommer 2010 und im Winter 2011 das
fünfte „Jahrhunderthochwasser“ innerhalb eines Jahrzehnts. Und der August 2014
war global der wärmste jemals gemessene Monat. Doch obwohl die maßgeblichen
Ursachen der dramatischen Klimaveränderungen bekannt sind und die drastische
Senkung der Treibhausgasemissionen in den Industrieländern des globalen Nor-
dens als die zentrale Bedingung zur Begrenzung der Erderhitzung auf höchstens
2 Grad Celsius klar benannt ist, reißen die globalen Treibhausgasemissionen –
anstatt zu sinken – einen Rekordstand nach dem anderen. Die Industrienationen –
darunter auch Deutschland – zerstören weiter das Klima.
In Deutschland ist die Entwicklung der vergangenen Jahre besonders fatal. Nicht
nur, dass Deutschland seine Vorreiterrolle, die es zu Beginn der 2000er Jahre im
Hinblick auf den Ausbau der erneuerbaren Energien inne hatte, verloren hat und
im europäischen Vergleich deutlich abrutscht. Aufgrund der aktuellen kohle-
freundlichen Politik der schwarz-roten Koalition, die anstatt den Ausbau erneuer-
barer Energien voranzubringen weiter auf Kohleverstromung setzt, sind die Emis-
sionswerte in den letzten Jahren gestiegen statt zu sinken. 2013 wurde in Deutsch-
land so viel Strom aus Braunkohle – dem klimaschädlichsten Energieträger –ge-
wonnen wie seit 1990 nicht mehr. Wenn jetzt nicht massiv gegengesteuert wird,
wird Deutschland seine nationalen Klimaschutzziele, die bis 2020 eine Absen-
kung der Treibhausgasemissionen um 40 % im Vergleich im Jahr 1990 vorsehen,
verfehlen. Bislang ist bestenfalls eine Absenkung um lediglich 33 % realistisch.
Damit klafft zwischen Ziel und Wirklichkeit eine mindestens 7 % große Lücke.
Sie ist die Quittung dafür, dass die Bundesregierung bei der Energiewende blo-
ckiert und die klimaschädliche Kohle unter Bestandsschutz gestellt hat. Auch der
Haushaltsansatz der Bundesregierung für 2015 beim Klimaschutz ist viel zur ge-
ring. Er zeigt vor allem aber auch, dass das von der Bundesregierung für Anfang
Dezember angekündigte Klima-Aktionsprogramm für das kommende Jahr in kei-
ner Weise mit den notwendigen Investitionen unterlegt ist und so der Klimaschutz
weiter auf die lange Bank geschoben wird.
So sind die Klimaziele – das nationale ebenso wie das internationale Ziel die
Erderwärmung auf höchstens 2 Grad zu begrenzen – nicht erreichbar. In Deutsch-
land könnte die 7 %-Lücke bis 2020 durch ein konsequentes Zurückdrängen der
klimaschädlichen Kohle mit der Einleitung eines konsequenten Kohleausstiegs
zügig geschlossen werden. Auch eine Anhebung der energetischen Sanierungs-
quote im Gebäudebereich auf 3 Prozent und die Einführung eines Energiespar-
fonds würde einen essentiellen Beitrag zur Schließung der Lücke leisten können.
Es fehlt nicht an Wissen darüber, wie die Klimakatastrophe gestoppt werden kann,
sondern am politischen Willen, dieses Wissen konsequent umzusetzen.
Die Bundesregierung sieht weiter zu, wie das Klima und die Umwelt weiter zer-
stört werden. Entschlossenes Handeln ist Fehlanzeige, das zeigt sich bei der Ab-
lehnung der Einführung von ambitionierten CO2-Grenzwerten bei konventionel-
len Kraftwerken und dem damit verbundenen Einstieg in den Kohleausstieg, den
unzureichenden Reformwillen beim Emissionshandel und durch fehlendes Enga-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3310
gement für eine Verkehrswende. Und nicht zuletzt verweigert die Bundesregie-
rung bis heute eine ernsthafte Effizienzpolitik. Trotz aller Beteuerungen und der
Androhung von Strafzahlungen durch die EU-Kommission hat sie bisher nicht
einmal die EU-Effizienzrichtlinie in nationales Recht umgesetzt. Ihre eigene Ziel-
marke, die Verdopplung der Energieproduktivität bis 2020, wird sie bestenfalls
zur Hälfte erfüllen und selbst die Erreichung der nach Brüssel gemeldeten Ein-
sparziele steht in den Sternen. Für Deutschland bedeutet das für den Zeitraum bis
2020 ein kumuliertes Einsparziel von rund 490 Terawattstunden (TWh). Die Höhe
der auf das Einsparziel anrechenbaren schon geplanten Maßnahmen beziffert die
Bundesregierung mit 410 TWh. Hieraus ergibt sich also noch eine „Energieein-
sparlücke“ von rund 80 TWh. Dabei hat die Bundesregierung schon zahlreiche
Maßnahmen eingerechnet, deren Anrechnung laut Guidelines der EU-Kommis-
sion zweifelhaft ist, so zum Beispiel die LKW-Maut. Damit dürfte die tatsächliche
Lücke größer ausfallen. Dies gilt zumal, da im laufenden Haushalt im Kern keine
neuen Maßnahmen oder nennenswerte Finanzmittel zur Steigerung der Energie-
effizienz bereitgestellt werden. Auch bei der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ver-
sagt Schwarz-Rot und wird damit ihr selbst gestecktes Ziel von 25 % bis 2020 bei
einem – Weiter so – krachend verfehlen. Dabei ist die hocheffiziente KWK mit
Gesamtwirkungsgraden von bis zu 90 % und einem entsprechend geringen CO2-
Ausstoß der ideale Partner für Ressourcen- und Klimaschutz.
Die Bundesregierung hängt an alten energiepolitischen Dogmen, bei dem der Kli-
maschutz auf der Strecke bleibt. Anstatt in den schnellen Ausbau der erneuerbaren
Energien, die Förderung von Energieeffizienz und Klimaschutz zu investieren,
fließen jedes Jahr über 50 Milliarden Euro in umwelt- und klimaschädliche Sub-
ventionen. Diese falsche Weichenstellung ist doppelt teuer, weil die Mittel einer-
seits nicht für Investitionen in Energieeffizienz und Klimaschutz zur Verfügung
stehen und dadurch den Prozess der Energiewende hinauszögern; andererseits
verursachen ökologisch schädliche Subventionen hohe ökologische Kosten, die
nachher die Gesellschaft und nachfolgende Generationen bezahlen müssen.
Damit Deutschland seinen fairen Beitrag zum globalen Klimaschutz leisten kann,
muss ein schnelles Umdenken und Umsteuern im Verkehrsbereich, bei der Wär-
meversorgung und der Energieeffizienz stattfinden. Umwelt- und klimaschädli-
ches Handeln muss beendet und Investitionen in die Energiewende und damit in
die Zukunft müssen konsequent angegangen werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

Klimaschutz zum Leitbild ihrer Politik zu machen und dafür Umwelt- und Klima-
belastungen zu beenden
– Mit dem Einstieg in die ökologische Verkehrswende
Der Verkehrssektor in Deutschland verantwortete 2012 rund 20 Prozent der ener-
giebedingten Treibhausgasemissionen. Klar ist, ohne ein ambitioniertes Klima-
schutzkonzept für den Verkehrssektor wird Deutschland insbesondere seine Kli-
maschutzziele nicht erfüllen können. Doch klimapolitisch befindet sich der deut-
sche Verkehrssektor auf einem Irrweg. Um ihn auf einen nachhaltigen Pfad zu
bringen, müssen grundlegende verkehrspolitische Entscheidungen getroffen wer-
den: Die Investitionen in die Schiene müssen deutlich erhöht und die Förderung
umweltfreundlicher Mobilität vorangetrieben werden. Außerdem müssen die
Gelder für die Investitionen in den Straßenerhalt um insgesamt 1 Milliarde Euro
erhöht werden, inklusive eines Sofortprogramms zur Brückensanierung. Zur Ge-
genfinanzierung wird der Neu- und Ausbau bei Bundesfernstraßen deutlich ge-
kürzt. Statt der Einführung einer unsinnigen und bürokratischen PKW-Maut,
muss die LKW-Maut auf eine neue Grundlage gestellt und dabei nachhaltig und

Drucksache 18/3310 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
ökologisch auf alle Straßen und alle LKWs ab 3,5 Tonnen ausgeweitet werden.
Der LKW-Verkehr darf nicht weiter künstlich verbilligt werden, sondern muss für
die enormen Kosten aufkommen, die er verursacht.
– Mit der Einleitung des Kohleausstiegs
Die umwelt- und klimapolitisch sinnvolle und notwendige Einleitung eines Aus-
stiegs aus der Kohle verweigert die Bundesregierung. Dabei würde der Ausstieg
aus der Kohleverstromung die erforderliche Reduktion von Treibhausgasemissi-
onen bringen und darüber hinaus zu einer deutlichen Entlastung der Schadstoff-
belastung führen und Gesundheits- und Umweltschäden vermeiden. Auch ener-
giewirtschaftlich ist der Kohleausstieg geboten. Denn die niedrigen CO2-Zertifi-
katspreise verteuern den Ausbau des Ökostroms, gefährden den rentablen Betrieb
von flexiblen und effizienten Gaskraftwerken und behindern den Markteintritt für
zukunftsweisende Technologien. Über einen Kohleausstiegsplan könnte der er-
forderliche Strukturwandel jetzt eingeleitet und Kohlekraft durch alternative kli-
mafreundliche Investitionen ersetzt werden.
a) Energieeffizienz zu steigern und neue klimafreundliche Technologien zu för-

dern
– Mit Investitionen in die Energiewende und der Nutzung ihrer wirtschaftlichen

Potentiale
Die Verbesserung der Energieeffizienz ist die kostengünstige Methode, die Ab-
hängigkeit von fossilen und nuklearen Energieträgern zu reduzieren, das Klima
zu schützen und unabhängig von Energieimporten sowie steigenden Energieprei-
sen zu werden. Allein Deutschland importiert fossile Brennstoffe im Wert von
annähernd 90 Milliarden Euro. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen politi-
schen Spannungen zwischen Russland und der EU muss es Ziel Deutschlands und
Europas sein, seine Energierohstoffabhängigkeit durch Energieeffizienzmaßnah-
men und den Ausbau der Erneuerbaren nachhaltig zu senken.
Die Senkung des Energiebedarfs ist eine kluge Investition, weil eine konsequente
Effizienzstrategie die Energiekosten von Privathaushalten aber auch von Gewerbe
und Industrie senkt. Die geringeren Kosten und die verringerte Abhängigkeit von
teuren Brennstoffimporten fördern Innovationen und private Investitionen. Die
unter der rot-grünen Bundesregierung angeschobene Energiewende ist der beste
Beleg dafür, dass Klimaschutz und Wohlstand kein Widerspruch sind, sondern
Hand in Hand gehen: Im Bereich der Energiewende sind über 370.000 neue Ar-
beitsplätze entstanden. Zwischen 2000 und 2012 wurden in erneuerbare Energie-
anlagen knapp 166 Mrd. Euro investiert.
– Mit der energetischen Sanierung von Gebäuden und im Quartier
Rund 40 Prozent der Endenergie wird in Gebäuden verbraucht. Die Klimaziele
können nur erreicht werden, wenn der Gebäudebestand klimaneutral wird. Dazu
muss der Energieverbrauch drastisch verringert und die verbleibende Energiebe-
reitstellung auf erneuerbare Energien umgestellt werden, was eine Neuausrich-
tung der Förderung des Energiesparens und der Effizienz im Gebäudebereich und
im Quartier notwendig macht.
Dazu ist die jährliche Sanierungsquote auf mindestens 3 Prozent anzuheben. Da-
für soll das CO2-Gebäudesanierungsprogramm auf 2 Milliarden Euro pro Jahr er-
höht werden. Zusätzlich muss ein grüner Energiesparfonds mit einem Gesamtvo-
lumen von 3 Mrd. eingerichtet werden, der – im Sinne einer sozial-ökologischen
Wende – dabei hilft, die energetische Quartierssanierung zu beschleunigen, ohne
einkommensschwächere Mieterinnen und Mieter zu verdrängen. Des Weiteren
sollten diese Gelder vor allem einkommensschwache Haushalte und Stadtteile

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3310
beim Energiesparen unterstützen, zum Beispiel durch eine bessere Energiebera-
tung vor Ort, durch einen Klimazuschuss im Wohngeld und durch finanzielle Hil-
fen zur Anschaffung effizienter Elektrogeräte.
Auch unter ökonomischen Gesichtspunkten ist die energetische Sanierung von
Gebäuden und im Quartier sinnvoll, weil die Anhebung der Sanierungsquote und
der Energieproduktivität unmittelbar das Bruttoinlandsprodukt erhöhen und mit
erheblichen Beschäftigungseffekten einhergehen können. Außerdem stehen ener-
getischen Mehr-Investitionen deutliche Einsparungen gegenüber. Allein 2011
wurden durch energetische Gebäudesanierung 14 Mrd. Euro Wertschöpfung und
278.000 Vollzeitarbeitsplätze geschaffen. Der Bund nahm nach einer Studie von
IÖW/Ecofys, die er selbst in Auftrag gegeben hatte, dabei 42 Mrd. Euro ein, ins-
besondere aus Sozialabgaben der beteiligten ArbeitnehmerInnen.
b) Klima- und Umweltschutzpolitik als zukunftsorientierte Haushaltspolitik zu

erkennen
– Mit dem Abbau umweltschädlicher Subventionen
Die Kosten, die infolge einer Klimakatastrophe, die -Ziel verfehlen die Erderwär-
mung auf höchstens 2 Grad zu begrenzen, auf Staatshaushalte und Wirtschaft zu-
kämen, wären gigantisch. Allein die Schäden, die Tsunamis und Wirbelstürme im
zurückliegenden Jahrzehnt verursacht haben, gehen in die Milliarden. Aus diesem
Grund ist Klima- und Umweltschutzpolitik immer auch sinnvolle Haushaltspoli-
tik. Die umwelt- und klimaschädlichen Subventionen von über 50 Mrd. Euro, die
die Bunderegierung nach Erhebungen des Umweltbundesamtes (UBA) pro Jahr
u. a. für fossile Energieträger, die Privilegierung schwerer Dienstwagen, die Luft-
fahrt oder auch stromintensive Produktionsprozesse gewährt, sind darum sowohl
Ausdruck einer fatalen Zukunftsvergessenheit als auch Ausdruck einer nicht
nachhaltigen Haushaltspolitik. Anstatt diese Art der Subventionen konsequent ab-
zubauen, hat die Bundesregierung 2014 mit der sogenannten Strompreiskompen-
sation aber im Gegenteil eine neue klimaschädliche Subvention eingeführt und
damit ein weiteres Instrument geschaffen, das den notwendigen Umbau der Ener-
gieversorgung behindert. Ökologisch- und klimaschädliche Subventionen dämp-
fen den Anreiz zu einer effizienten Energienutzung und konterkarieren so jedes
Klimaziel. Die Förderung von Kohle, Öl, Gas und Uran mit Milliarden an öffent-
lichen Geldern ist ein klimapolitischer und haushaltspolitischer Skandal.
Dabei könnten mit dem konsequenten Abbau von ökologisch schädlichen Sub-
ventionen und Steuervergünstigungen kurzfristig 2015 Minderausgaben bzw.
Steuermehreinnahmen von mindestens 9 Milliarden Euro jährlich erzielt werden.
Trotz dieses erheblichen Potenzials hält die Bundesregierung an ihrem klimaschä-
digenden Subventionskurs fest. Kerosin im Flugverkehr ist weiterhin steuerfrei,
obwohl zumindest für Inlandsflüge schon kurzfristig eine Kerosinbesteuerung
eingeführt werden könnte und ein offenkundiger Reformbedarf bei der Besteue-
rung des internationalen Flugverkehrs besteht. Die Anschaffung schwerer Dienst-
wagen mit einem hohen CO2-Ausstoß wird nach wie vor durch den Bund in Form
von steuerlichen Entlastungen in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro ge-
fördert. Das Gleiche gilt für die klimaschädliche energetische Nutzung der Kohle.
Zudem begünstigt der Staat energieintensive Unternehmen weiterhin in Milliar-
denhöhe bei Strom- und Energiesteuern und befreit Mineralölhersteller immer
noch ganz von der Energiesteuer. Die Steuerbefreiung für die stoffliche Nutzung
von Erdgas und Erdöl kostet jährlich weitere 1,6 Milliarden Euro und im Sonder-
vermögen „Energie- und Klimafonds“ (EKF) sind trotz sinkender Börsenstrom-
preise für 2015 Beihilfen zur Strompreiskompensation stromintensiver Unterneh-
men in Höhe von über 200 Millionen Euro vorgesehen, welche die notwendige
Umstellung der Wirtschaft auf effizientere und umweltfreundlichere Maschinen

Drucksache 18/3310 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
und Prozesse verhindern und so das Klima schädigen. Überhaupt ist der Schatten-
haushalt EKF auf ganzer Linie gescheitert. Wegen der geringen Einnahmen aus
dem reformbedürftigen CO2-Zertifikatehandel muss der EKF in diesem Jahr zum
wiederholten Mal mit einem Zuschuss aus dem Bundeshaushalt gestützt werden.
Mit Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit und mit effektiven Klimaschutz hat
das nichts zu tun.
– Mit strukturellen Reformen beim Emissionshandel
Seit Jahren befindet sich der Zertifikatspreis im Sinkflug. Der europäische Emis-
sionshandel verliert aufgrund eines erheblichen Zertifikateüberschusses zuneh-
mend seine Wirksamkeit. In der Folge des anhaltenden Preisverfalls für Emissi-
onszertifikate geht für die Wirtschaft massiv der Anreiz verloren, in Klimaschutz
zu investieren. Gleichzeitig gehen damit notwendige Einnahmen zur Finanzie-
rung wichtiger und notwendiger Projekte der Energiewende und des internationa-
len Klimaschutzes verloren. Statt einer erwarteten Spanne von 17 bis 20 Euro für
den Beginn der dritten Handelsperiode wird, bedingt durch den hohen Überschuss
von Emissionszertifikaten, der Zertifikatepreis derzeit bei nur etwa 5 bis 6,50
Euro pro Tonne CO2 Verschmutzungsrecht liegen.
Eine grundlegende Reform des europäischen Emissionshandels, die eine dauer-
hafte Entnahme (set-aside) der derzeit überschüssigen Emissionszertifikate in
Höhe von mindestens 2 Milliarden Zertifikaten aus dem Emissionshandelssystem
realisiert, ist unerlässlich. Unabhängig davon ist außerdem die Einführung eines
CO2-Mindestpreises im Rahmen eines Klimaschutzgesetzes von beginnend 15
Euro erforderlich, der bis zu einer europäischen Lösung zunächst national einge-
führt wird. Diese Weichenstellungen schaffen einerseits Investitionssicherheit für
den Klimaschutz und ermöglichen andererseits die Rücknahmen der Kürzungen
im Energiewende- und Klimaschutzbereich, weil zusätzliche Einnahmen für den
Bund in einer Höhe von über 1 Milliarde Euro erzielt werden die in den Klima-
schutz investiert werden können.
– Mit verbindlichen und ausreichenden Zusagen zur internationalen Klima-

schutzfinanzierung
Entsprechend des Prinzips der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwor-
tung und des Verursacherprinzips müssen Industrieländer wie Deutschland, die
den Klimawandel verursacht haben, die Entwicklungsländer insbesondere bei der
Anpassung, beim Klimaschutz und beim Schutz der biologischen Vielfalt unter-
stützen. Ohne eine Unterstützung seitens der Industrieländer, u. a. in Form kon-
kreter, angemessener und verbindlicher Finanzzusagen bis 2020, werden die Ent-
wicklungsländer in den Verhandlungen um ein ambitioniertes und tragfähiges
globales Klimaschutzabkommen kaum die notwendigen Zusagen machen kön-
nen. Deutschland muss endlich wieder seiner Vorreiterrolle beim internationalen
Klimaschutz gerecht werden. Das beinhaltet auch, dass international gemachte
Versprechen tatsächlich durch neue zusätzliche Finanzmittel erfüllt werden – und
nicht wie in der Vergangenheit passiert – durch die Anrechnung und Umdeklarie-
rung ohnehin geleisteter Unterstützungen und Zahlungen damit geringer ausfie-
len. So wurden etwa zur Erfüllung der von der Bundeskanzlerin 2009 in Kopen-
hagen zugesagten 1,26 Milliarden Euro an neuen und zusätzlichen Mitteln für den
Klimaschutz kurzerhand alte Zusagen aus der Entwicklungszusammenarbeit um-
deklariert und gleichzeitig mit der Zusage von jährlich 500 Millionen Euro für
den Erhalt der biologischen Vielfalt aus dem Jahre 2008 verrechnet. Die als neu
und zusätzlich deklarierten Mittel waren größtenteils bereits vor Kopenhagen zu-
gesagt und verplant gewesen. Ein wirklicher Mittelaufwuchs fand somit nicht
statt.
Auch wenn die Zusage von insgesamt 750 Millionen Euro für den internationalen
UN- „Green Climate Fonds“ grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung ist,

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3310
muss Deutschland mehr tun und den internationalen Bereich der bi- und multila-
teralen Kooperationen weiter stärken und darüber hinaus einen weiteren Auf-
wuchs der Mittel sicherstellen. Dazu soll Deutschland für 2015 neue und zusätz-
liche Mittel in Höhe von 500 Mio. Euro zur Verfügung stellen um den internati-
onalen Klimaschutz weiter auszubauen und zu stärken. Ein Teil dieser zusätzli-
chen Mittel – 125 Mio. Euro – soll zusätzlich für den Green Climate Fund (GCF)
zu Verfügung stehen, der inzwischen arbeitsfähig ist. Ziel muss es sein, sein Ge-
samtvolumen auf mindestens 1 Mrd. Euro zu erhöhen um ein wichtiges Signal zu
setzen, dass Deutschland seine Verantwortung für den internationalen Klima-
schutz tatsächlich wahrnimmt und einlöst.
Grüner Klimaschutzhaushalt 2015

Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
GRÜNER
Haushalt

GRÜNE
Veränderungen

in Mio. Euro Erläuterungen

Ausgaben

Investieren statt subventionieren

Energiesparfonds 3.000 3.000 Im EP 09 BMWi, EP 16 BMUB

CO2-Gebäudesanierungspro-
gramm

2.000 41 Im EP 09 BMWi

Modellprojekt Ökologisches
Bauen
5 5 Im EP 16 BMUB

Marktanreizprogramm Erneu-
erbare Wärme

400 43 Im EP 09 BMWi

Forschung und Entwicklung
Erneuerbare Energien, Energie-
und Ressourceneffizienz

956 93 Im EP 09 BMWi, EP 30 BMBF

Ausbau Stromnetze und Spei-
cher

42 25 Im EP 09 BMWi

Ökologische Verkehrswende

Investitionen in die Schiene 5.349 845 Im EP 12 BMVBS

Förderung umweltfreundlicher
und alternativer Mobilität (Rad-
und Fußverkehr, E-Mobilität)

263 50

Im EP 12 BMVBS

Klima und Biologische Vielfalt schützen - weltweit!

Biologische Vielfalt (inkl.
Grünbrücken)

55 40 Im EP 16 BMUB, EP 12 BMVBS

Landwirtschaftsprogramme
(u. a. GAK, Energieeffizienz
i. d. Agrartechnik)

240 240 Im EP 10 BMELV

Ökologischer Hochwasser-
schutz

120 120 Im EP 16 BMUB

Internationaler Klima-, Um-
welt- und Biodiversitätsschutz

802 250 Im EP 16 BMUB

Drucksache 18/3310 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Grüner Klimaschutzhaushalt 2015

Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
GRÜNER
Haushalt

GRÜNE
Veränderungen

in Mio. Euro Erläuterungen

Klima und Biologische Vielfalt schützen - weltweit!

Entwicklungswichtige multila-
terale Hilfen zum weltweiten
Umweltschutz, zur Erhaltung
der Biodiversität und zum Kli-
maschutz

300 125 Im EP 23 BMZ

Waldklimafonds 50 36 Im EP 16 BMUB

Green Climate Fund 1.000 125 Im EP 23 BMZ (gemeinsame Feder-
führung und Bewirtschaftung mit
BMUB)

Kein Sponsoring des Klimawandels!

Einführung CO2-Mindestpreis 1.250 15 Euro Mindestpreis

Luftverkehrssteuer 1.300 Ökologische Ausgestaltung

Dienstwagenbesteuerung 800 Abbau Subventionierung schwerer
Dienstwagen, Bundesanteil

Zuschüsse an stromintensive
Unternehmen zum Ausgleich
emissionhandelsbedingter
Strompreiserhöhungen

203 Abbau der Subvention

Strom- und Energiesteuerer-
mäßi-gungen; Spitzenaus-
gleich, energieintensive Pro-
zesse

2.000 Abbau der generellen Ökosteueraus-
nahmen mit Härtefallausgleich für
energieintensive Unternehmen im in-
ternationalen Wettbewerb

Herstellerprivileg 300 Abschaffung des Privilegs, das Raffi-
nerien, Gasgewinnungs- und Kohle-
betrieben gestattet, sämtliche für die
Produktion benötigte Energieträger
steuerfrei zu verwenden

Besteuerung Erdöl bei stoffli-
cher Nutzung

1.600 Stufenweiser Abbau des Steuerprivi-
legs

Binnenschifffahrt Aufhebung
Befreiung

85 Abbau der Subvention mit 50%

Aufhebung der Energiesteuer-
begünstigung von Agrardiesel

400 Abschaffung der Subvention

Streichung Energiesteuerver-
günstigung Kohle

170 Abschaffung der Subvention

Kerosinbesteuerung Inland 500 Abschaffen der Privilegierung gegen-
über anderen Verkehrsträgern

Kernbrennstoffsteuer 750 Höherer Steuersatz

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/3310

Berlin, den 24. November 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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