BT-Drucksache 18/3210

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Versorgungsausgleichsgesetzes

Vom 13. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3210
18. Wahlperiode 13.11.2014

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Katja Keul, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Renate
Künast, Monika Lazar, Irene Mihalic, Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von
Notz, Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Versorgungsausgleichsgesetzes

A. Problem
Die Sonderregelung des § 17 VersAusglG ermöglicht externe Teilung von Be-
triebsrenten und führt zu einer Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes, der eine
notwenige Folge des grundrechtlichen Schutzes von Ehe und Familie, der Gleich-
berechtigung von Männern und Frauen und des Schutzes der während der Ehe
bzw. Lebenspartnerschaft erworbenen Versorgungsansprüche ist. Diese Verlet-
zung geht vor allem zu Lasten von Frauen. Sie erhalten durch die externe Teilung
keine eigenständige Versorgung mit vergleichbarer Wertentwicklung, sondern er-
halten deutlich weniger als die Hälfte der in der Ehezeit verdienten Versorgung.
Damit stellt § 17 VersAusglG eine planwidrige Abweichung der vom Gesetzgeber
gewollten höheren Teilungsgerechtigkeit des neuen Versorgungsausgleichsrechts
dar.

B. Lösung
§ 17 VersAusglG wird aufgehoben und die externe Teilung werthaltiger Versor-
gungen zurückgenommen.

C. Alternativen
Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Keiner.

Drucksache 18/3210 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Betroffene Unternehmen werden mit zusätzlichen Verwaltungskosten für die
Rentenansprüche betriebsfremder geschiedener Ehegatten bzw. Lebenspartnerin-
nen oder Lebenspartner belastet.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Keiner.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3210

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Versorgungsausgleichsgesetzes

Vom …

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

§ 17 des Versorgungsausgleichsgesetzes vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700), das zuletzt durch … geändert
worden ist, wird aufgehoben.

Artikel 2

Dieses Gesetz tritt drei Monate nach der Verkündung in Kraft.

Berlin, den 4. November 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Drucksache 18/3210 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 66, 324, 330; BVerfGE 87, 348, 356)
ist der Halbteilungsgrundsatz beim Versorgungsausgleich eine notwenige Folge des grundrechtlichen Schutzes
von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG), der Gleichberechtigung von Männern und Frauen (Art. 3 Abs. 2 GG)
und des Schutzes der während der Ehe bzw. Lebenspartnerschaft erworbenen Versorgungsansprüche (Art. 14
Abs. 1 GG).
Grundgedanke der Strukturreform des Versorgungsausgleichssystems im Jahr 2009 war die gleiche Teilhabe an
der während einer Ehe bzw. Lebenspartnerschaft aufgebauten Altersvorsorge im Scheidungsfall. Um den Halb-
teilungsgrundsatz zu gewährleisten entschied sich der Gesetzgeber statt der bisher geltenden Saldierung nun ge-
nerell eine interne Teilung vorzunehmen. Danach erhält Ausgleichsberechtigte bei der internen Teilung die Hälfte
des vorhandenen Anrechts und wird gleichsam wie der Ausgleichspflichtige Vertragspartner. Das geteilte Anrecht
entwickelt sich ebenso wie das Anrecht des Ausgleichspflichtigen weiter.
In Abweichung von der internen Teilung kann ein Versorgungsträger ohne die Zustimmung der ausgleichsbe-
rechtigten Person im Allgemeinen nur in engen Wertgrenzen die externe Teilung verlangen (§ 14 Abs. 2 Nr. 2
VersAusglG). Dadurch sollen unverhältnismäßige Verwaltungskosten für geringe Ausgleichswerte vermieden
werden.
Darüber hinaus enthält § 17 VersAusglG eine Sonderregelung zur externen Teilung von Betriebsrenten für be-
stimmte betriebsnahe Versorgungsarten. Demnach gilt eine abweichende Wertgrenze im Fall des § 14 Abs. 2
Nr. 2 VersAusglG für Anrechte im Sinne des Betriebsrentengesetzes aus einer Direktzusage oder einer Unterstüt-
zungskasse. Durch eine externe Teilung können solche Anrechte auch dann ausgeglichen werden, wenn der Aus-
gleichswert nicht höher als die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nach den §§
159 und 160 SGB VI ist. Handelt es sich also um ein Anrecht aus einem sogenannten internen Durchführungsweg
der betrieblichen Altersversorgung, so kann der Versorgungsträger eine externe Teilung durch einseitiges Ver-
langen auch dann bewirken, wenn die Wertgrenze des § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG überschritten ist, der Aus-
gleichswert als Kapitalwert aber nicht höher ist als die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenver-
sicherung. (Versorgungsausgleichsgesetz vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700), S. 60)
Das führt zu einer Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes. Die ausgleichsberechtigten Ehegatten bzw. Lebens-
partnerinnen oder Lebenspartner erhalten durch die externe Teilung keine eigenständige Versorgung mit ver-
gleichbarer Wertentwicklung, sondern erhalten deutlich weniger als die Hälfte der in der Ehezeit verdienten Ver-
sorgung. Diese Verletzung wird dabei aufgrund der hälftigen Teilung des Kapitalwertes und der Rückrechnung
dieser Hälfte in eine Rente ermittelt. Eine Verzerrung ergibt sich dann daraus, dass Arbeitgeber nicht bereit sind,
selber die Versorgung für den ausgleichsberechtigten Ehegatten bzw. Lebenspartner oder die ausgleichberechtigte
Lebenspartnerin zu begründen. Vielmehr erfolgt lediglich eine Bereitstellung des Kapitalbetrages für einen vom
Versorgungsberechtigten zu benennenden Versorgungsträger, dessen Vertragskonditionen von denen des Arbeit-
gebers dergestalt abweichen.
Bei der Auswahl der Zielversorgung, in der für den ausgleichsberechtigten Ehegatten bzw. Lebenspartner oder
die ausgleichberechtigte Lebenspartnerin aus diesem Kapitalwert eine Versorgung begründet werden soll, hat
dieser keine Möglichkeit, eine auch nur annähernd der auszugleichenden Versorgung gleichwertige Versorgung
zu begründen. Dies widerspricht der Annahme des Gesetzgebers, der bei Schaffung des Versorgungsausgleichs-
gesetzes davon ausging, die ausgleichsberechtigte Person könne eine vergleichbare „Zielversorgung“ frei wählen.
Dies kommt auch in der Begründung des Gesetzes deutlich zum Ausdruck:
„Das mögliche Interesse der ausgleichsberechtigten Person an der systeminternen Teilhabe muss in diesen Fällen
zurückstehen, bleibt aber insoweit gewahrt, als sie nach § 15 VersAusglG über die Zielversorgung entscheidet,
die durchaus auch bessere Bedingungen bieten kann als das zu teilende betriebliche Anrecht.“ (BT-Drucks.
16/10144 S. 60)
Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen werden entweder mit einem Zins von 6% (§ 6a EStG) oder nach dem
BilMoG gemäß § 253 Abs. 2 HGB errechnet. Dieser Rechnungszinssatz liegt derzeit bei 4,66 % (September

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3210
2014). Weder die extra für den Versorgungsausgleich geschaffene Versorgungsausgleichskasse, noch ein anderer
Versorgungsträger können aber auf dem derzeitigen Kapitalmarkt Renditen in dieser Höhe erwirtschaften.
Die Differenz zwischen dem bilanziellen Rechnungszins und dem tatsächlich erzielbaren Rechnungszins geht
daher voll zu Lasten des ausgleichsberechtigten Ehegatten oder Lebenspartners bzw. der ausgleichberechtigten
Lebenspartnerin und beeinträchtigt massiv dessen Altersversorgung. Das Zinsgefälle zwischen dem Rechnungs-
zins, der bei Ermittlung des Kapitalbetrags der auszugleichenden Versorgung zugrunde gelegt wird und dem
Rechnungszins, der in der Zielversorgung erreicht werden kann, begründet eine strukturelle Verletzung des Halb-
teilungsgrundsatzes. Die Betriebe hingegen profitieren davon, da sie nach einer Scheidung eines Mitarbeiters oder
einer Mitarbeiterin die Pensionsrückstellungen um die Hälfte reduzieren.
Der Gesetzgeber hat die externe Teilung für betriebliche Versorgungen aus den unmittelbaren Durchführungswe-
gen der betrieblichen Altersversorgung damit gerechtfertigt, dass der Betrieb in diesen Fällen „unmittelbar mit
den Folgen einer internen Teilung konfrontiert“ sei, indem er „die Verwaltung der Ansprüche betriebsfremder
Versorgungsempfänger übernehmen“ müsse (BT-Drucks. 16/1044 S. 60). Dem lag die Vorstellung zugrunde,
§ 13 VersAusglG ermögliche nur die bei der Teilung entstehenden Kosten auf die Scheidungsparteien abzuwäl-
zen. Dies ist jedoch durch die Rechtsprechung korrigiert worden. Der Bundesgerichtshof hat schon früh (BGH v.
4.4.2012 XII ZB 310/11, FamRZ 2012, 942; v. 1.2.2012 – XII ZB 172/11 -, FamRZ 2012, 610; v. 11.7.2012 –
XII ZB 459/11) nicht nur die bei sondern die durch die Teilung entstehenden Kosten auf die beteiligten Schei-
dungsparteien abgewälzt. Kostenaspekte können daher die besonderen Fälle der externen Teilung gem. § 17 Ver-
sAusglG nicht rechtfertigen.
Die externe Teilung betrieblicher Anrechte aus den internen Durchführungswegen der betrieblichen Altersversor-
gung (Direktzusage und Unterstützungskasse) ist schließlich aus deswegen diskriminierend, weil Versorgungen,
deren Ausgleichswert die Beitragsbemessungsgrenze in der Gesetzlichen Rentenversicherung übersteigt, intern
zu teilen ist. Diese Abweichung kann nur als Managementprivileg verstanden werden und stellt letztendlich eine
Diskriminierung der Versorgungen von „einfachen“ Betriebsangehörigen dar, deren Versorgungen weniger wert-
haltig sind und daher die Grenze nicht übersteigen (vgl. dazu auch Hauß in Festschrift für Brudermüller S. 278,
Ist § 17 VersAusglG verfassungswidrig?).
Deshalb steht die Regelung des § 17 VersAusglG seit der Reform des Versorgungsausgleichs in der Kritik (s. Jä-
ger, FamRZ 2010, 1714; Bergner/Schnabel, Die Rentenversicherung – Sonderbeilage zu Heft 7/2011, S. 43 f.;
BeckOK BGB/Margarethe Bergmann VersAusglG § 17 Rn. 3, Stand: 12.09.2014).
Nach der Einschätzung des Deutschen Anwaltsvereins (Ausschuss Familienrecht des Deutschen Anwaltsvereins,
Initiativstellungnahme zur Reform des Versorgungsausgleichs, März 2013 http://anwaltverein.de/downloads/stel-
lungnahmen/DAV-SN21-13.pdf) gehe in der Regel die Hälfte des Versorgungsanspruchs verloren. Davon betrof-
fen seien meist Frauen, deren Altersversorgungsansprüche ohnehin gering sind. Je jünger die ausgleichsberech-
tigte Person im Scheidungsalter sei, umso größer sei die Verfehlung der Ausgleichsgerechtigkeit. Die jetzt zuläs-
sige externe Teilung hochwertiger Versorgungen verletze den gesetzgeberischen Anspruch, dem ausgleichsbe-
rechtigten Gatten im Versorgungsausgleich eine eigenständige Versorgung mit vergleichbarer Wertentwicklung
wie die Quellversorgung zu verschaffen (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG).
Auch der Deutsche Familiengerichtstag sieht die Regelung des § 17 VersAusglG kritisch, der entgegen den Be-
ratungen und den Erwartungen im Gesetzgebungsverfahren in der Praxis relativ häufig vorkomme. Die Vorschrift
führe nach überwiegender Meinung, aufgrund von Wertverzerrungen beim Ausgleich in eine andere Versorgung
(meist in eine private Rentenversicherung oder Versorgungsausgleichskasse), für die ausgleichsberechtigte Per-
son zu verfassungswidrigen Ergebnissen. Der Halbteilungsgrundsatz sei nicht gewahrt, weil die ausgleichsbe-
rechtigte Person in der Regel weit weniger als die Hälfte des Ehezeitanteils erhält. Die Auswirkungen für die
ausgleichsberechtigte Person, häufig Frauen, seien angesichts der Höhe des Ausgleichsbetrages (Ausgleichswerts)
erheblich (Versorgungsausgleichskommission des Deutschen Familiengerichtstages, Stellungnahme zur Initia-
tivstellungnahme des Deutschen Anwaltsvereins vom 18. Juni 2013 http://www.dfgt.de/resources/SN-VA_Initi-
ativstellungnahme%20des%20Deutschen%20Anwaltsvereins.pdf).

Drucksache 18/3210 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

B. Besonderer Teil

Zu Arikel 1 (§ 17 VersAusglG)

Mit der Streichung des § 17 VersAusglG wird die externe Teilung werthaltiger Versorgungen für Betriebsrenten
aus einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse zurückgenommen. Für sie gelten dann die engeren Wert-
grenzen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Artikel 2 legt fest, dass das Gesetz drei Monate nach der Verkündung in Kraft tritt. Damit ist gewährleistet, dass
die betroffenen Betriebe ausreichend Zeit haben, sich auf die neue Rechtslage vorzubereiten.

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