BT-Drucksache 18/2911

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/1565, 18/2902 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Antiterrordateigesetzes und anderer Gesetze

Vom 15. Oktober 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2911
18. Wahlperiode 15.10.2014
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Irene Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, Hans-Christian
Ströbele, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Katja Keul, Renate Künast,
Monika Lazar, Özcan Mutlu und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zur dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Antiterrordateigesetzes
und anderer Gesetze
– Drucksachen 18/1565, 18/2902 –

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Datenschutz und Trennungsgebot als Grundvoraussetzung des demokratischen
Rechtsstaats

Der Datenschutz und die strikte Trennung von Polizei und Nachrichtendiensten sind
die Grundvoraussetzung für die Freiheit des Einzelnen und für das Zusammenleben
in einem demokratischen Rechtsstaat. Das Bundesverfassungsgericht hat am 4. April
des vergangenen Jahres in seinem Urteil zur Antiterrordatei erstmals ausdrücklich
entschieden, dass „aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung […]
ein informationelles Trennungsprinzip [folgt]. Danach dürfen Daten zwischen den
Nachrichtendiensten und Polizeibehörden grundsätzlich nicht ausgetauscht werden,
es sei denn unter entsprechend klar umrissenen und bestimmten gesetzlichen Anfor-
derungen“ (BVerfG, Urteil vom 24. April 2013, Rn. 123).
Der von der Bundesregierung nun vorgelegte Gesetzentwurf zur Änderung des An-
titerrordateigesetzes und anderer Gesetze wird weder der grundsätzlichen Bedeutung
des Urteils noch dessen Anforderungen an die Reform der gemeinsamen Dateien im
Einzelnen gerecht.

2. Sorgsame Prüfung der Verfassungskonformität von Gesetzen als Pflicht des Ge-
setzgebers

In der Sachverständigenanhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages
am 22.09.2014 wurden vielfältige und erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken
gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgetragen. Die CDU/CSU-Frak-
tion hatte verhindert, dass die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Infor-
mationsfreiheit in der Sachverständigenanhörung als Sachverständige auftreten und
ihre in einem Brief vom 15. Juli 2014 an die Obleute des Innenausschusses formu-
lierte Kritik am Gesetzentwurf der Bundesregierung darlegen konnte.

Drucksache 18/2911 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD haben am 2.10.2014 und am 8.10.2014
Änderungsanträge zum Gesetzentwurf der Bundesregierung eingebracht und auf ei-
ner Plenarbehandlung des Gesetzesvorhabens bereits am 16.10.2014 bestanden. Die-
ses Vorgehen belegt deutlich, dass auch innerhalb und zwischen den genannten Frak-
tionen die Diskussion über eine mögliche verfassungskonforme Fassung des Geset-
zentwurfs nicht abgeschlossen ist. Die Nichtberücksichtigung der Bundesbeauftrag-
ten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und die unnötige Beschleuni-
gung des Gesetzgebungsverfahrens, die eine gründliche Prüfung der vorgelegten
Änderungsanträge ausschließt, werden weder der Komplexität und Grundrechtsin-
tensität der Materie noch dem nötigen Respekt vor dem Grundgesetz und dem Bun-
desverfassungsgericht gerecht.
Der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD reagiert auf die ver-
fassungsrechtlichen Bedenken der Sachverständigen lediglich im Hinblick auf die
Vorschriften zur erweiterten Datennutzung, wird jedoch inhaltlich auch in diesem
Punkt den von den Sachverständigen vorgetragenen verfassungsrechtlichen Beden-
ken nicht gerecht. Weitergehende materielle Änderungen fehlen.

3. Das Grundgesetz als Richtschnur für die nötige Reform der Sicherheitsarchitek-
tur in Deutschland

Die Weiterentwicklung des Sicherheitsrechts in den letzten Jahren – bedingt auch
durch die Ereignisse des 11. September 2001 und die rasante Entwicklung der tech-
nischen Möglichkeiten zur Überwachung, zur Speicherung und Analyse und zum
weltweiten Austausch von personenbezogenen Daten – hat die deutsche Sicherheits-
architektur wesentlich verändert. Polizeibehörden haben zunehmend Befugnisse
weit im Vorfeld zu einer konkreten Gefahr für das Vorgehen gegen Bürgerinnen und
Bürger bekommen, die Nachrichtendienste wiederum sind durch neue Befugnisse z.
B. zur zentralen Abfrage von Passagierdaten und verschiedene Formen der Zusam-
menarbeit mit der Polizei in der Sache näher an die Polizeiarbeit herangerückt. Das
Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Antiterrordatei gibt deshalb erneut Anlass,
die deutsche Sicherheitsarchitektur unter dem Aspekt der klaren Trennung von Auf-
gaben und Befugnissen von Polizeien und Nachrichtendiensten auf den Prüfstand zu
stellen. Auch die Sachverständigenanhörung des Innenausschusses vom 22.09.2014
ergab umfängliche Kritik – auch aus Reihen der Unionssachverständigen – an dem
vorgelegten Gesetzentwurf.
Ohnehin sind nach dem Versagen der deutschen Sicherheitsbehörden im Zusammen-
hang mit dem NSU und der NSA-Überwachung entschiedene Reformen bei den Si-
cherheitsbehörden dringend erforderlich.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. einen neuen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Vorgaben des Bundesver-
fassungsgerichts für die Änderung des Antiterrordateigesetzes (ATDG) und
des Rechtsextremismus-Datei-Gesetzes (REDG) vollständig umsetzt, ins-
besondere
a) Speicherung und Verarbeitung der Daten von Gewaltbefürwortern ver-

fassungskonform präziser fasst,
b) den Begriff der rechtswidrigen Gewalt in § 2 Satz 1 Nr. 2 ATDG und

§ 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 RED-G explizit auf seine verfassungskonform
zulässige Auslegung beschränkt,

c) durch Änderung des § 4 Absatz 3 ATDG und des § 4 Absatz 3 RED-
G auch die aus Verkehrsdatenerhebungen stammenden Daten den ver-
fassungsrechtlich erforderlichen besonderen Schutzanforderungen un-
terwirft,

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2911

d) entsprechend der Forderung des Bundesrates (BR-Drs. 153/14) keine
erweiterte Datennutzung im Sinne des bisherigen § 7 RED-G und des
vorgeschlagenen § 6a RED-G-E enthält,

e) entsprechend der Anregung des Bundesrates (BR-Drs. 153/14) die Eil-
fallregelung des § 5 Absatz 2 ATDG mangels Erforderlichkeit aufhebt,

f) Befristungs- und Evaluierungsklauseln enthält, die eine unabhängige
grundrechtsorientierte Evaluierung nach wissenschaftlichen Methoden
sichert, die nicht von Bundesregierung oder Bundesministerien, son-
dern aus dem Bundestag heraus gesteuert wird;

2. einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die §§ 19 und 20 BVerfSchG und
sonstige Datenübermittlungsvorschriften des Bundes verfassungskonform
neu regelt,;

3. in Zusammenarbeit mit den Ländern und unter Einbeziehung unabhängiger
wissenschaftlicher Expertise unverzüglich sämtliche Datenübermittlungs-
vorschriften des Bundes und der Länder vor dem Hintergrund des Urteils
des Bundesverfassungsgerichts zu überprüfen;

4. sofern und soweit die Tätigkeit der gemeinsamen Abwehrzentren weiterhin
für grundsätzlich verfassungskonform gehalten wird, Gesetzentwürfe vor-
zulegen, die die verfassungsrechtlich erforderliche gesetzliche Grundlage
schaffen;

5. in Zusammenarbeit mit den Ländern unverzüglich die organisatorischen, fi-
nanziellen und personellen Voraussetzungen für die erforderliche lücken-
lose und effektive Kontrolle über gemeinsame Dateien und gemeinsame
Abwehrzentren durch völlig unabhängige und personell adäquat ausgestat-
tete Datenschutzbeauftragte des Bundes und der Länder zu schaffen;

6. unverzüglich die Rechtmäßigkeit der vom Bundesnachrichtendienst einge-
gebenen, einen erheblichen Bestandteil der Datei darstellenden personenbe-
zogenen Daten zu überprüfen.

Berlin, den 14. Oktober 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Begründung

1. Verfassungskonforme Neuregelung der gemeinsamen Dateien

Das Antiterrordateigesetz wurde mit der Mehrheit von CDU/CSU und SPD im Jahr 2006 erlassen, obwohl die
verfassungsrechtliche Problematik der nun vom Bundesverfassungsgericht gerügten Vorschriften spätestens
seit der öffentlichen Sachverständigenanhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 6. No-
vember 2006 und nach der Stellungnahme der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der
Länder vom 26./27.10.2006 bekannt war. Weitergehende verfassungsrechtliche Bedenken gegen Recht, Praxis
und Datenschutzkontrolle der Antiterrordatei hat seither immer wieder der Bundesbeauftragte für den Daten-
schutz und der Informationssicherheit (BfDI) gegenüber der Bundesregierung geäußert (s. auch BfDI, 23. Tä-
tigkeitsbericht 2009/2010 S. 83 ff., sowie 24. Tätigkeitsbericht S. 92 f.).

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts macht nun endgültig eine verfassungskonforme Neuregelung der
Gemeinsamen Dateien von Polizeien und Nachrichtendiensten erforderlich. Die im Gesetzentwurf der Bundes-
regierung vorgesehenen minimalen Änderungen im Antiterrordateigesetz und im Rechtsextremismus-Datei-

Drucksache 18/2911 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Gesetz werden den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht gerecht. Insbesondere im Hinblick auf den
Schutz von Daten, die durch Eingriffe in das Post- und Telekommunikationsgeheimnis erhoben wurden, im
Hinblick auf den Schutz von Daten von Kontaktpersonen und die fehlende Gewährleistung einer effektiven
und lückenlosen Kontrolle durch unabhängige Datenschutzbeauftragte und die G10-Kommission wird der Ge-
setzentwurf den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts nicht gerecht. Die Beibehaltung der erweiter-
ten Datennutzung/projektbezogenen Recherche in der Rechtsextremismusdatei und deren vorgeschlagene Neu-
aufnahme in die Antiterrordatei ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Diese Bewertung wurde auch von der
Mehrheit der Sachverständigen in der Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages zu diesem
Gesetsentwurf am 22. 9. 2014 bestätigt. Auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung in der Fassung des Än-
derungsantrages der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, der kaum relevante Änderungen enthält, wird den
verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht. Unter anderem fehlt es an einer bestimmten und normen-
klaren Definition von Projekten im Rahmen der erweiterten Datennutzung/projektbezogenen Recherche. Im
Hinblick auf die erweiterte Datennutzung/projektbezogenen Recherche ist anzumerken, dass deren Erforder-
lichkeit insgesamt im verfassungsrechtliche Sinne weder durch den auf die empirische Analyse der Rechtsan-
wendung gerichteten Evaluierungsbericht zur Antiterrordatei (siehe dazu Nummer 5) noch anderweitig, etwa
in stichhaltigen Informationen in der Gesetzesbegründung oder dem Vortrag der Bundesregierung auch nur
ansatzweise belegt ist, wie dies verfassungsrechtlich erforderlich wäre.

2. Verfassungskonforme Ausgestaltung der Übermittlungsvorschriften der Sicherheitsbehörden

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber mit Blick auf die nach dem Urteil erforderliche Überprü-
fung der rechtlichen Rahmenbedingungen für sämtliche Informationsflüsse zwischen Polizeien und Nachrich-
tendiensten eine ungewöhnlich lange Übergangsfrist von anderthalb Jahren gewährt (siehe Rn. 232 des Urteils).
Des Weiteren sind jedenfalls die Übermittlungsvorschriften der §§ 19 und 20 BVerfSchG nach dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts als verfassungswidrig anzusehen. Um die Reform der Übermittlungsvorschriften
der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder nach eingehender Prüfung zu ermöglichen, hatte das Bun-
desverfassungsgericht in seinem Urteil eine ungewöhnlich lange Umsetzungsfrist bis Ende des Jahres gewährt,
die voraussichtlich ungenutzt verstreichen wird, weil die Bundesregierung die Einleitung des erforderlichen
Prüfverfahrens versäumt hat. Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf wird diesen Forderungen
des Urteils nicht ansatzweise gerecht.

3. Verfassungskonforme gesetzliche Regelung der gemeinsamen Abwehrzentren

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 24. April 2013 entschieden, dass sich auch im Bereich
der Informationsanbahnung zwischen Polizeien und Nachrichtendiensten aus dem aus dem Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung (Art. 1 Absatz 1 i. V. m. Art. 2 Absatz 1 GG) und dem Rechtsstaatsprinzip
das verfassungsrechtliche Erfordernis einer normenklaren und hinreichend bestimmten gesetzlichen Regelung
ergibt (BVerfG 1 BvR 1215/07, Rn. 126 ff. und 136 ff.). Folglich bedarf es auch für die bestehenden gemein-
samen Abwehrzentren (z. B. GTAZ, GETZ) endlich einer gesetzlichen Regelung, soweit eine eingehende Prü-
fung ergibt, dass deren Arbeit nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts überhaupt noch als verfassungs-
konform angesehen werden kann. Entsprechend hat die Regierungskommission zur Überprüfung der Sicher-
heitsgesetzgebung in Deutschland in ihrem Bericht vom 28. August 2013 mehrheitlich die Schaffung einer
gesetzlichen Grundlage für die gemeinsamen Abwehrzentren empfohlen (siehe Bericht S. 193, zugänglich un-
ter www.bmi.bund.de, zuletzt abgerufen am 29. 4. 2014).

4. Gewährleistung effektiver und lückenloser Datenschutzkontrolle

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zur Antiterrordatei eine wirksame Aufsicht über die Anti-
terrordatei als Grundvoraussetzung für ihren verfassungskonformen Betrieb benannt (BVerfG, Urteil vom 24.
April 2013, Leitsatz 3 und Rn. 214 ff.). Dem trägt der Gesetzentwurf nicht hinreichend Rechnung. Der Bun-
desbeauftragten für den Datenschutz und die Informationssicherheit (BfDI) muss eine insbesondere hinrei-
chende personelle Ausstattung gewährt werden, mit der sie die verfassungsrechtlich erforderliche effektive
Kontrolle auch leisten kann. Die Bundesregierung und der Bundestag sollen sich – anders als dies beim vorlie-
genden Gesetzesentwurf der Fall war – eingehend mit ihren Stellungnahmen der BfDI auseinandersetzen.

5. Grundrechtsorientierte Gesetzevaluierung als Pflicht des Parlaments

Den Gesetzgeber trifft die verfassungsrechtliche Pflicht, in besonderen Konstellationen der Ungewissheit, wie
sie im Sicherheitsrecht häufig bestehen, die Auswirkungen der Sicherheitsgesetzgebung auf die Grundrechte
der Betroffenen laufend zu evaluieren und gegebenenfalls gesetzlich umzusteuern bzw. nachzubessern (dazu

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2911
Deutsches Institut für Menschenrechte, Policy Paper No. 6 (2006), S. 5 mit Nachweisen aus der Rechtspre-
chung). Der vorliegende Gesetzentwurf entfristet RED-G und ATDG und streicht die jeweils enthaltenen Eva-
luierungsklauseln.

Trotz der seit langem bekannten verfassungsrechtlichen Bedenken hat die Bundesregierung es unterlassen,
verfassungs- und grundrechtsorientierte Fragen in die gesetzlich vorgeschriebene Evaluierung der Antiterror-
datei mit einzubeziehen (siehe dazu die Antworten der Bundesregierung zu den Fragen 1 bis 6 der Kleinen
Anfrage der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Verfassungskonforme Sicherheitsgesetzge-
bung“, Bundestagsdrucksache 17/14055). Die Rechtsextremismusdatei wurde nach dem Vorbild der Antiter-
rordatei im Jahr 2012 geschaffen, ohne vorherige Evaluation der Antiterrordatei und ohne Analyse etwaiger
Informationsdefizite. Ein vom Bundesministerium der Justiz in der 17. Wahlperiode gefordertes unabhängiges
rechtswissenschaftliches Zweitgutachten zum Evaluierungsbericht zur Antiterrordatei (Bundestagsdrucksache
17/12665 neu) wurde vom Bundesministerium des Innern nie vorgelegt. Der vom Bundesministerium des In-
nern vorgelegte Evaluierungsbericht spiegelt zwar die Sicht der Sicherheitsbehörden auf die Antiterrordatei
wider, evaluiert jedoch ausdrücklich nur die Praxis der Rechtsanwendung ohne den Anspruch einer rechtswis-
senschaftlichen Betrachtung (Bundestagsdrucksache 17/12665 neu, S. 52), zudem gehen die Verfasser fälsch-
lich davon aus, dass ein informationelles Trennungsgebot aus der Verfassung nicht existiert (ebenda, S. 52).

Die Empfehlungen des Berichts der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in
Deutschland vom 28. August 2013, die sich auf das Trennungsgebot zwischen Polizeien und Nachrichtendiens-
ten und den Reformbedarf bei gemeinsamen Dateien und gemeinsamen Abwehrzentren nach dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts zur Antiterrordatei beziehen, wurden von der Bundesregierung ignoriert; – wie
auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung der Antiterrordatei und anderer Gesetze zeigt.

Jedes Gesetz zur Änderung gemeinsamer Dateien soll eine Befristung und eine Evaluierungsklausel enthalten,
die eine unabhängige grundrechtsorientierte Evaluierung nach wissenschaftlichen Methoden sichert, die nicht
von Bundesregierung oder Bundesministerien, sondern aus dem Bundestag heraus gesteuert wird.

6. Überprüfung der BND-Daten

Aufgrund der Snowden-Enthüllungen und im Gefolge erster Ergebnisse des 1. Untersuchungsausschusses be-
stehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Datenerhebungs- und Datenverarbeitungspraxis des Bun-
desnachrichtendienstes. Die offenbar erheblichen Anteile an BND-Daten in der ATD sind deshalb auf ihre
Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Dabei ist insbesondere auch die Reichweite der Geltung von Artikel 10
Grundgesetz im Hinblick auf die sog. Auslandsüberwachungen zu berücksichtigen, wie sie erst jüngst in der
Anhörung des 1. Untersuchungsausschuss vom 22. Mai 2014 durch drei führende VerfassungsrechtlerInnen
betont wurde.

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