BT-Drucksache 18/1867

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/700, 18/702, 18/1020, 18/1023, 18/1024, 18/1025- Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2014 (Haushaltsgesetz 2014) hier: Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung

Vom 24. Juni 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1867
18. Wahlperiode 24.06.2014

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Ekin Deligöz, Sven-Christian Kindler, Anja Hajduk,
Dr. Tobias Lindner, Kai Gehring, Öczan Mutlu, Beate Walter-Rosenheimer,
Harald Ebner, Sylvia Kotting-Uhl, Katja Dörner, Kerstin Andreae,
Dr. Franziska Brantner, Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, Maria
Klein-Schmeink, Lisa Paus, Brigitte Pothmer, Tabea Rößner, Corinna Rüffer,
Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Doris Wagner und der
Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 18/700, 18/702, 18/1020, 18/1023, 18/1024, 18/1025 –

Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2014
(Haushaltsgesetz 2014)

hier: Einzelplan 30
Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD die Bereitstellung von 6 Mrd.
Euro für Krippen, Kitas, Schulen und Hochschulen sowie von 3 Mrd. Euro für
außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, den Hochschul-Pakt, den Pakt für
Forschung und Innovation sowie die Exzellenzinitiative für ihre Regierungszeit in
Aussicht gestellt. Am 26. Mai 2014 wurde der Öffentlichkeit nach langem Ringen
endlich die Einigung über die Verwendung dieser Mittel präsentiert. Jedoch ist
auch danach noch unklar, wie die Koalitionspartner Bildung, Wissenschaft und
Innovationen in der Bundesrepublik Deutschland in den nächsten drei Jahren stär-
ken und besser finanzieren wollen. Ohnehin ist das Paket angesichts fortdauernder
Unterfinanzierung unseres Bildungs- und Wissenschaftssystems unzureichend.
Diese Zukunftsvergessenheit wird auch deutlich, wenn die zu niedrigen Bildungs-
und Forschungsinvestitionen mit dem zu teuren und ungerechten Rentenpaket ver-
glichen werden.
Mit den im „6 plus 3“-Milliarden-Paket für diese Wahlperiode in Aussicht gestell-
ten Mittel trägt der Bund keinesfalls in ausreichendem Maße dazu bei, dass

Drucksache 18/1867 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Deutschland in absehbarer Zeit 7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Bildung
und mindestens 3,5 Prozent für Forschung einsetzen wird. Diese Mindestziele zu
erreichen ist aber unerlässlich, um für mehr Chancen- und Bildungsgerechtigkeit
und eine höhere Leistungs- und Innovationsfähigkeit zu sorgen. Die generelle Ei-
nigung auf das „Bildungspaket“ lässt zudem jedes Konzept für eine zukunftsfähige
Finanz- und Verfassungsarchitektur im Bildungs- und Wissenschaftsbereich ver-
missen. Das ist angesichts sehr unterschiedlicher Finanzlagen in Ländern und
Kommunen sowie der Auswirkungen der Schuldenbremse problematisch. Eine
klare Prioritätensetzung auf Zukunftsinvestitionen auf allen politischen Ebenen ist
daher dringender denn je.
Auch inhaltlich lässt die Einigung eine Reihe von Fragen offen: Ein neues Ganz-
tagsschulprogramm wird nicht angegangen. Wie die Wissenschaftspakte fortge-
führt werden, ist nicht geklärt. Die Ausfinanzierung von Studienplätzen durch den
Hochschulpakt und seine Fortsetzung bleiben im Unklaren. In der Energiefor-
schung lässt die zur Energiewende dringend notwendige Umsteuerung weiter auf
sich warten. Die komplette Übernahme der BAföG-Finanzierung durch den Bund
eröffnet den Ländern zwar die Möglichkeit, die frei werdenden Mittel vollständig
in den Bildungs- und Wissenschaftsbereich zu investieren. Laut Aussage von Bun-
desfinanzminister Schäuble ist dies jedoch lediglich politisch vereinbart. Dass die
schon heute überfällige BAföG-Reform erst in zweieinhalb Jahren zum Winterse-
mester 2016/2017 erfolgen soll, ist inakzeptabel: Die Studierenden müssen viel
zügiger entlastet werden und die Studienfinanzierung deutlich verbessert und er-
höht werden. Auch grundlegende Probleme wie die mangelnde Förderung von
umfassenden Strategien zur Alphabetisierung, Weiterbildung und Lebenslangem
Lernen, die Verwirklichung von Inklusion im Bildungssystem und bessere Per-
spektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs in Deutschland geht diese Bun-
desregierung mit dem Haushalt 2014 nicht an.
Die Haushaltsverhandlungen haben gezeigt, dass CDU, SPD und CSU keinen ge-
meinsamen Weg gefunden haben, wie sie soziale Gerechtigkeit, Innovations- und
Leistungsfähigkeit im Bildungs- und Forschungssystem signifikant erhöhen wol-
len. Konstruktive grüne Änderungsvorschläge, wie z. B. die Einführung eines Wei-
terbildungs-BAföG, eine Aufstockung der Mittel für Frauen in Bildung und For-
schung, ein neues Juniorprofessuren-Programm oder eine Rücknahme der Mittel-
kürzungen bei der Nachhaltigkeits- und Klimaforschung hat die Koalition abge-
lehnt. Besonders verwundert es, dass die Koalition auch den grünen Vorschlag zur
Erhöhung des Büchergeldes beim Aufstiegsstipendium abgelehnt hat, obwohl sie
für diese Idee mehrfach Sympathie geäußert hat.
Die versprochene Globale Mehrausgabe in Höhe von 500 Mio. Euro, die im Ein-
zelplan 60 bereits eingestellt und nach Aussage von Bundesministerin Wanka zum
größten Teil für Investitionen in Bildung und Wissenschaft vorgesehen war, hat die
Große Koalition über Nacht ersatzlos gestrichen. Damit erreicht Schüler, Studie-
rende und Wissenschaftler im Haushaltjahr 2014 kein Cent aus dem „6 plus 3 Mil-
liarden-Paket“. Offenbar stopft die Koalition mit der halben Bildungsmilliarde
Haushaltslöcher, die u. a. durch ihr überteuertes Rentenpaket entstanden sind.
Nicht zuletzt explodieren die Kosten für den Rückbau nuklearer Versuchsanlagen
im Verantwortungsbereich des BMBF: Bereits für 2014 müssen Mehrkosten von
85 Mio. Euro finanziert werden, in den Folgejahren sind weitere Kostensteigerun-
gen absehbar. Auf Vorschlag der grünen Bundestagsfraktion prüft der Bundesrech-
nungshof aktuell die Kostenentwicklung der Rückbauprojekte und das Projektma-
nagement durch das BMBF. In den kommenden Jahren dürfen die Mehrkosten der
Rückbauprojekte in keinem Fall aus dem Bildungsetat finanziert werden, da sonst
Kürzungen anderer sinnvoller Projekte drohen: Atomschrott darf nicht auf Kosten
von Auszubildenden, Studierenden oder Forschung für die Energiewende finanziert
werden.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1867

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf,

1. die Mittel für Bildung und Forschung deutlich stärker aufzustocken, um 7
Prozent des BIP für Bildung und mindestens 3,5 Prozent für Forschung zügi-
ger aufzuwenden;

2. sich für eine Zweckbindung von Zukunftsinvestitionen für die Bereiche Bil-
dung und Wissenschaft über fachgebundene Programme einzusetzen, dabei
sicherstellen, dass die Länder gemäß ihrer eigenen Bedarfe Prioritäten im Be-
reich Kita, Schule und Hochschule setzen und die Mittel auch unter schwieri-
gen Bedingungen nicht in Haushaltskonsolidierung fließen;

3. zügig einen Gesetzentwurf zur Reform des Bundesausbildungsförderungsge-
setzes (BAföG) vorzulegen, der nicht nur die Kostenverteilung neu regelt,
sondern auch die notwendigen strukturellen Reformschritte und die finanziel-
len Aufstockungen, die seit 2010 notwendig geworden sind, umfasst;

4. zügig ein Konzept für ein Weiterbildungs-BAföG vorzulegen und dies zu-
nächst mit 100 Mio. Euro ab 1. Juli 2014 zu unterlegen;

5. bei der Förderung der außeruniversitären Forschung noch in diesem Jahr die
Verhandlungen zum Pakt für Forschung und Innovation abzuschließen und
über eine Laufzeit von 5 Jahren und durch eine Steigerung von je 3 Prozent
pro Jahr für die Einrichtungen Planungssicherheit zu schaffen;

6. den Hochschulpakt nachzufinanzieren, ihn zu verstetigen und auf der Basis
der neuen KMK-Prognose und wie im grünen Antrag „Hochschulpakt fortset-
zen und aufstocken“ (Bundestagsdrucksache 18/1337) beantragt weiterzuent-
wickeln;

7. zügig eine Grundgesetzänderung einzubringen, die die gemeinsame Verant-
wortungsübernahme von Bund und Ländern in Wissenschaft und Bildung er-
möglicht und das Kooperationsverbot aufhebt;

8. ein tragfähiges Konzept für den von der Koalition angekündigten Einstieg des
Bundes in die Grundfinanzierung der Hochschulen vorzulegen;

9. ein Konzept und die notwendige Finanzierung für die Energieforschungswen-
de vorzulegen und alle Mittel für Kernfusionsforschung im Bundeshaushalt
für Forschung für erneuerbare Energien umzuwidmen.

Berlin, den 23. Juni 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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