BT-Drucksache 18/1755

Dienstliche Beurteilung und Beförderung von Frauen bei den Polizeibehörden des Bundes

Vom 11. Juni 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1755
18. Wahlperiode 11.06.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Irene Mihalic, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Katja Keul,
Renate Künast, Monika Lazar, Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von Notz,
Ulle Schauws, Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Dienstliche Beurteilung und Beförderung von Frauen bei den Polizeibehörden des
Bundes

Das Grundgesetz (GG) statuiert für den Zugang zu öffentlichen Ämtern in Arti-
kel 33 Absatz 2 das Leistungsprinzip sowie die Bestenauslese. Die Einstellung
in den öffentlichen Dienst sowie Beförderungen erfolgen anhand der verfas-
sungsrechtlichen Maßstäbe Eignung, Befähigung und Leistung. Damit soll
sowohl die bestmögliche personelle Ausstattung des Staates gewährleistet als
auch die Chancengleichheit der Bewerberinnen und Bewerber sichergestellt
werden.
Diese Prinzipien gelten einfachgesetzlich auch für Beförderungen von Beamtin-
nen und Beamten nach § 22 des Bundesbeamtengesetzes (BBG). Deren wich-
tigste Grundlage sind daher regelmäßige dienstliche Beurteilungen anhand der
Kriterientrias von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung; § 21 BBG. Die
Erstellung dienstlicher Beurteilungen beeinflusst somit maßgeblich die Beför-
derungs- und damit auch die Einkommenschancen von Frauen und Männern. Sie
sollen einheitliche Voraussetzungen im Hinblick auf Mobilität und Fortkommen
gewährleisten (Bundestagsdrucksache 16/7076, S. 105). Auch die einfach-
gesetzlichen Ausprägungen der Bestenauslese dienen also sowohl dem öffent-
lichen Interesse an einem leistungsfähigen öffentlichen Dienst als auch dem in-
dividuellen Interesse an beruflicher Förderung gemäß dem Leistungsprinzip und
der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 78 BBG).
Der Frauenanteil in den Sicherheitsbehörden ist nach wie vor im Vergleich zur
Gesamtbevölkerung gering. So sind Frauen erst seit Ende der 70er-Jahre (in den
westlichen Bundesländern) im allgemeinen Polizeidienst zugelassen. Zwar hat
sich ihr Anteil im Polizei(vollzugs)dienst seitdem erhöht, jedoch ist insbeson-
dere der Anteil von Frauen in Führungspositionen sehr gering. Angesichts des-
sen stellt sich die Frage, inwiefern die regelmäßigen Beurteilungen der Eignung,
Befähigung und fachlichen Leistung von Frauen und deren Beförderung tatsäch-
lich diskriminierungsfrei erfolgen. Der Staat hat hier nicht nur einen Verfas-
sungsauftrag aus Artikel 33 Absatz 2 GG, sondern einen weiteren Verfassungs-
auftrag aus Artikel 3 Absatz 2 GG, der vorsieht, die Gleichberechtigung von
Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile
hinzuwirken.
Studien (beispielsweise von Andrea Jochmann-Döll, Karin Tondorf: Nach Leis-
tung, Eignung und Befähigung? – Beurteilung von Frauen und Männern im
Polizeivollzugsdienst, Arbeitspapier 276 der Hans Böckler Stiftung) legen nahe,
dass insbesondere bedingt durch die von Frauen im Vergleich zu Männern
häufiger ausgeübte Teilzeitbeschäftigung eine diskriminierende Beurteilung und

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Beförderung ausgeht. Dabei sieht § 15 Absatz 1 Satz 3 des Bundesgleichstel-
lungsgesetzes (BGleiG) im Zusammenhang mit Teilzeitbeschäftigungen explizit
ein Benachteiligungsverbot bei der dienstlichen Beurteilung vor.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Untersuchungen sind der Bundesregierung zur Beurteilungs- und

Beförderungssituation von Frauen in den Polizeibehörden des Bundes mit
welchen Ergebnissen bekannt?

2. Welche Konsequenzen hat die Bundesregierung aus diesen Erkenntnissen
im Hinblick auf die Sicherstellung einer diskriminierungsfreien Beurteilung
und Beförderung in Bundesbehörden gezogen?
Wenn keine Maßnahmen ergriffen wurden, aus welchen Gründen unterblie-
ben diese bislang?

3. Wie hoch ist der Frauenanteil im Polizei(vollzugs)dienst der Bundespolizei/
des Bundeskriminalamtes, bitte jeweils aufschlüsseln nach Besoldungs-
gruppen für die letzten zehn Jahre?

4. Wie hoch ist der Frauenanteil im Verwaltungsdienst der Bundespolizei/des
Bundeskriminalamtes, bitte jeweils aufschlüsseln nach Besoldungsgruppen
für die letzten zehn Jahre?

5. Wie hoch ist der Frauenanteil von Tarifbeschäftigten bei der Bundespolizei/
dem Bundeskriminalamt, bitte jeweils aufschlüsseln nach Entgeltgruppen
für die letzten zehn Jahre?

6. Wie hoch ist jeweils der Frauen- und Männeranteil im Polizei(voll-
zugs)dienst der Bundespolizei/des Bundeskriminalamtes, die in Teilzeit be-
schäftigt sind, bitte aufschlüsseln für die letzten zehn Jahre und nach Besol-
dungsgruppen?

7. Wie hoch ist der Frauen- und Männeranteil im Verwaltungsdienst der Bun-
despolizei/des Bundeskriminalamtes, die in Teilzeit beschäftigt sind, bitte
jeweils aufschlüsseln nach Besoldungsgruppen für die letzten zehn Jahre?

8. Wie hoch ist der Frauen- und Männeranteil von Tarifbeschäftigten bei der
Bundespolizei/dem Bundeskriminalamt, die in Teilzeit beschäftigt sind,
bitte jeweils aufschlüsseln nach Entgeltgruppen für die letzten zehn Jahre?

9. Wie viele Wochenarbeitsstunden sind für eine Teilzeitbeschäftigung in der
Bundespolizei/dem Bundeskriminalamt vorgesehen?

10. Über welchen Zeitraum wird eine Teilzeitbeschäftigung bei der Bundespo-
lizei/dem Bundeskriminalamt durchschnittlich ausgeübt?

11. Welcher Anteil der Teilzeitbeschäftigten kehrt bei der Bundespolizei/dem
Bundeskriminalamt wieder in den Vollzeitdienst zurück?

12. Wird eine Rückkehr in die Vollzeittätigkeit bei der Bundespolizei/dem Bun-
deskriminalamt unterstützt, und wenn ja, wie?

13. Welche Führungspositionen können bzw. werden bei der Bundespolizei/
dem Bundeskriminalamt auch in Teilzeit ausgeübt?

14. Gibt es Führungspositionen bei der Bundespolizei/dem Bundeskriminal-
amt, die Teilzeitbeschäftigten nicht offenstehen?

15. Wird in etwaigen Leitlinien für die Beurteilung und Beförderung von Beam-
ten und Tarifbeschäftigten bei der Bundespolizei und dem Bundeskriminal-
amt auf das Thema geschlechtersensible und diskriminierungsfreie Beurtei-
lung/Beförderung eingegangen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1755
16. Wird in etwaigen Schulungen für Beurteilende bei der Bundespolizei und
dem Bundeskriminalamt auf das Thema geschlechtersensible und diskrimi-
nierungsfreie Beurteilung/Beförderung eingegangen?

17. Werden bei der Beurteilung neben beruflichen Qualifikation auch Erfahrun-
gen und Fähigkeiten aus der Betreuung von Kindern und Pflegebedürftigen
(soft skills) mit einbezogen?

18. Wie war die Verteilung der Gesamturteile bei der Bundespolizei/dem Bun-
deskriminalamt auf die unterschiedlichen Stufen aufgeschlüsselt nach Teil-
zeit- und Vollzeitkräften in den letzten zehn Jahren (bitte aufschlüsseln nach
folgender Aufteilung in
a) Polizeivollzugsbeamtinnen,
b) Polizeivollzugsbeamte,
c) Verwaltungsbeamtinnen,
d) Verwaltungsbeamte,
e) Tarifbeschäftigte (w),
f) Tarifbeschäftigte (m)
– ebenfalls wieder jeweils getrennt nach den Besoldungsgruppen bzw. Ent-
geltgruppen)?

19. Wie sieht die Gegenüberstellung der Beurteilungsnoten von Vollzeit- und
Teilzeitbeschäftigten bei der Bundespolizei/dem Bundeskriminalamt aus
(bitte aufschlüsseln nach folgender Aufteilung in
a) Polizeivollzugsbeamtinnen,
b) Polizeivollzugsbeamte,
c) Verwaltungsbeamtinnen,
d) Verwaltungsbeamte,
e) Tarifbeschäftigte (w),
f) Tarifbeschäftigte (m)
– ebenfalls wieder jeweils getrennt nach den Besoldungsgruppen bzw. Ent-
geltgruppen)?

20. Wie hoch ist der Anteil von Beförderungen von Beamtinnen und Beamten
der Bundespolizei und des Bundeskriminalamtes in Teilzeit, bitte aufschlüs-
seln nach
a) Polizeivollzugsbeamtinnen,
b) Polizeivollzugsbeamte,
c) Verwaltungsbeamtinnen,
d) Verwaltungsbeamte,
e) Tarifbeschäftigte (w),
f) Tarifbeschäftigte (m),
jeweils getrennt nach Besoldungsgruppen bzw. Entgeltgruppen in den letz-
ten zehn Jahren?

Drucksache 18/1755 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
21. Welche Beurteilungsnoten lagen den in Frage 20 erfragten Beförderungen
jeweils zugrunde?

Berlin, den 11. Juni 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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