BT-Drucksache 18/1458

Für fairen Handel ohne Klageprivilegien für Konzerne

Vom 21. Mai 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1458
18. Wahlperiode 21.05.2014

Antrag
der Abgeordneten Katharina Dröge, Katja Keul, Bärbel Höhn, Britta
Haßelmann, Kerstin Andreae, Renate Künast, Annalena Baerbock,
Dr. Thomas Gambke, Dieter Janecek, Oliver Krischer, Dr. Julia Verlinden,
Nicole Maisch, Harald Ebner, Matthias Gastel, Christian Kühn (Tübingen),
Peter Meiwald, Dr. Franziska Brantner, Ekin Deligöz, Uwe Kekeritz, Stephan
Kühn (Dresden), Steffi Lemke, Dr. Tobias Lindner, Beate Müller-Gemmeke,
Dr. Konstantin von Notz, Cem Özdemir, Brigitte Pothmer, Claudia Roth
(Augsburg), Dr. Gerhard Schick, Dr. Frithjof Schmidt, Dr. Wolfgang
Strengmann-Kuhn, Doris Wagner, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für fairen Handel ohne Klageprivilegien für Konzerne

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

In der Frage der Verhandlungen zum transatlantischen Freihandelsabkommen
(TTIP) stimmt der Deutsche Bundestag der Auffassung der Bundesregierung, ver-
treten durch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, zu, dass „die USA und
Deutschland hinreichenden Rechtsschutz vor nationalen Gerichten gewährleisten.“i
Aus diesem Grund teilt der Deutsche Bundestag auch die Auffassung von Herrn
Gabriel, dass „spezielle Investitionsschutzvorschriften in einem Abkommen zwi-
schen der EU und in den USA nicht erforderlich sind.“ii Der Deutsche Bundestag
teilt ebenfalls die Auffassung von Vizekanzler Gabriel, dass „in jedem Fall [….]
ausgeschlossen sein und bleiben [muss], dass allgemeine und angemessene Rege-
lungen zum Schutz von Gemeinwohlzielen, die in demokratischen Entscheidungen
rechtsstaatlich zustande kommen, ausgehebelt oder umgangen werden oder dass
ein Marktzugang eingeklagt werden kann.“ Dass diese Auffassung Konsens der
Bundesregierung ist, geht aus der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Bundestagsdrucksache 18/1120) hervor.1 Im Koali-
tionsvertrag haben die Regierungsfraktionen zudem erklärt: „Wir wollen das
Rechtssprechungsmonopol des Staates stärken.“2

Der Bundestag teilt diese Einschätzung und hält es für notwendig, ein klares Signal
zu setzen und keinem weiteren Freihandelsabkommen zuzustimmen, das Konzer-
nen ein Klageprivileg zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger zugesteht. Den Frei-
handelsabkommen TTIP und CETA kann nicht zugestimmt werden, wenn sie einen

1 http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/011/1801120.pdf
2 http://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/2013/2013-12-17-koalitionsvertrag.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , S.154

Drucksache 18/1458 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Schiedsgerichtsmechanismus jenseits der staatlichen Gerichtsbarkeit vorsieht. Wer
den Rechtsstaat stärken will, darf diesen nicht zur Disposition stellen.

Die bislang formulierte Position der Bundesregierung lässt allerdings offen, ob aus
diesen Absichtserklärungen letztendlich auch eine Ablehnung eines ausgehandelten
Vertragswerks erwachsen würde, wenn ein außergerichtlicher Investor-Staat-
Streitbeilegungsmechanismus enthalten wäre.

Die EU-Kommission hat im Rahmen des am 27. März 2014 gestarteten Konsulta-
tionsverfahrens zum Investitionsschutzkapitel in TTIP die entsprechenden Ver-
handlungsergebnisse aus dem europäisch-kanadischen Freihandelsabkommen
CETA als Referenz angeben. Daher sind beide Handelsabkommen in der Frage des
Investitionsschutzes untrennbar miteinander verbunden. So wie die USA gewährt
auch Kanada über hinreichenden Rechtsschutz vor nationalen Gerichten. Die
Schlussfolgerungen der Bundesregierung zu speziellen Investitionsschutzvorschrif-
ten in TTIP gelten somit auch für CETA.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. sich unverzüglich im Rat der Europäischen Union dafür einzusetzen, dass
in TTIP kein Mechanismus zu außergerichtlichen Schiedsverfahren zwi-
schen Investoren und Staaten aufgenommen wird, beziehungsweise ein
Abkommen, das einen solchen Streitbeilegungsmechanismus vorsieht, ab-
zulehnen;

2. sich unverzüglich im Rat der Europäischen Union dafür einzusetzen, dass
in CETA kein Mechanismus zu außergerichtlichen Schiedsverfahren zwi-
schen Investoren und Staaten aufgenommen wird, beziehungsweise ein
Abkommen, das einen solchen Streitbeilegungsmechanismus vorsieht, ab-
zulehnen.

Berlin, den 20. Mai 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Begründung

Verschiedene Mitglieder der Bundesregierung haben in den letzten Wochen und Monaten ihre Besorgnis
hinsichtlich der fortschreitenden Verhandlungen zu TTIP geäußert. Besonders Bundesumweltministerin
Hendricks äußert sich laut Medienberichterstattung sehr kritisch zur Frage von internationalen Schiedsgerich-
ten. So berichtet die Tageszeitung DIE WELT von einem abgezeichneten Vermerk, in dem Frau Hendricks
die Auffassung vertritt: „Eines Investor-Staats-Schiedsverfahrens bedarf es nicht“3. Weiter ist laut Bericht
DER WELT dem Vermerk zu entnehmen, dass Frau Hendricks die Position vertritt, durch die geplanten
Schiedsgerichtsverfahren „könnten erhebliche Risiken für demokratisch legitimierte staatliche (Umwelt-)
Regulierung geschaffen werden“iii. Weiter heißt es „Das Regulierungsrecht des Staates darf nicht einge-
schränkt werden.“ Zudem stellt die Frage der mangelnden Transparenz ein großes Problem dar. So bestätigte
die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

3 http://www.welt.de/wirtschaft/article125269635/Hendricks-torpediert-Handelsabkommen-mit-USA.html

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1458

(Bundestagsdrucksache 18/1118)iv: „Derzeit hat die Bundesregierung keinen Zugang zu den von den USA
vorgelegten Verhandlungsdokumenten. Die Bundesregierung hat mehrfach darauf hingewiesen, dass dies für
eine verantwortungsvolle Begleitung des Verhandlungsprozesses, wie es nach den EU-Verträgen in der Han-
delspolitik vorgesehen ist, unzureichend ist.“v Und auch der Bayerische Finanzminister Markus Söder bestä-
tigt Probleme mit der mangelnden Transparenz der Verhandlungen. So äußerte Herr Söder gegenüber dem
„HANDELSBLATT“, aktuell „kann man die Details nicht richtig einschätzen, weil man sie ja nicht kennt.“vi

Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die Wahlen zum Europaparlament ist ein klares Eintreten der
Bundesregierung gegen Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren die einzig verantwortungsvolle Haltung
gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.

i www.bmwi.de
ii www.bmwi.de
iii http://www.welt.de/wirtschaft/article125269635/Hendricks-torpediert-Handelsabkommen-mit-USA.html
iv http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/011/1801118.pdf
v http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/011/1801118.pdf
vi http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/freihandelsabkommen-soeder-fordert-europaweiten-volksentscheid/9588856.html

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