BT-Drucksache 18/13341

Verbraucherrelevante Ergebnisse des "Nationalen Forums Diesel"

Vom 11. August 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/13341
18. Wahlperiode 11.08.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Renate Künast, Oliver Krischer, Cem Özdemir,
Stephan Kühn (Dresden), Nicole Maisch, Peter Meiwald, Dr. Valerie Wilms,
Matthias Gastel, Kerstin Andreae, Katharina Dröge, Harald Ebner,
Dieter Janecek, Katja Keul, Sven-Christian Kindler, Monika Lazar, Steffi Lemke,
Irene Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, Markus Tressel, Dr. Julia Verlinden und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verbraucherrelevante Ergebnisse des „Nationalen Forums Diesel“

Am 2. August 2017 fand das „Nationale Forum Diesel“ (Dieselgipfel) im Bun-
desministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur statt.
Dort sollten die Konsequenzen aus dem Skandal, dass die meisten Dieselfahr-
zeuge ein Vielfaches der EU-Grenzwerte für gesundheitsschädliches Stickoxid
ausstoßen, mit den zuständigen Bundesministerinnen und Bundesministern, Mi-
nisterpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und den Vorstandsvorsitzenden der
Autokonzerne VOLKSWAGEN AG, Daimler AG, Bayerische Motoren Werke
Aktiengesellschaft, Opel Automobile GmbH und Ford-Werke GmbH besprochen
werden.
Eingeladen waren u. a. Verbände wie der Verband der Automobilindustrie e. V.
(VDA), der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller e. V. (VDIK) so-
wie die IG Metall und der Deutsche Städtetag. Nicht eingeladen waren Umwelt-
verbände, obwohl sie im Vorfeld durch Untersuchungen und Klagen zur Aufde-
ckung des Abgasskandals beigetragen haben.
Ebenfalls nicht eingeladen waren die Verbraucherverbände, obwohl Millionen
Autofahrerinnen und Autofahrer von den Manipulationen, daraus resultierenden
Fahrverboten und möglichen Kartellabsprachen betroffen sind.
Ein zentrales Ergebnis des Dieselgipfels ist die Zusage der Autohersteller,
5,3 Millionen Fahrzeuge mit Software-Updates so einzustellen, dass diese laut
Angaben der Hersteller danach zwischen 25 bis 30 Prozent weniger giftige Stick-
oxide ausstoßen sollen. Des Weiteren wurden einige weitere Maßnahmen be-
schlossen, deren nähere Ausgestaltung insbesondere in Bezug auf die Nachrüs-
tung und die Auswirkungen auf Verbraucherinnen und Verbraucher noch unklar
ist (www.welt.de/wirtschaft/article167314482/Was-Autohersteller-nach-dem-
Diesel-Gipfel-den-Kunden-anbieten.html).
Ob die Software-Updates tatsächlich zu den von den Herstellern angekündigten
Reduzierungen führen, wird sich erst noch zeigen müssen. Die wirkungsvolleren
Umrüstungen der Hardware der Fahrzeuge wurden beim Dieselgipfel nicht be-
schlossen. Für saubere Luft in den Städten reicht das Ergebnis nach Auffassung
der Fragesteller keinesfalls aus. Zumal es für den freiwilligen Rückruf zur Nach-
rüstung keinerlei Verbindlichkeit gibt (www.welt.de/wirtschaft/article167314482/
Was-Autohersteller-nach-dem-Diesel-Gipfel-den-Kunden-anbieten.html).

Drucksache 18/13341 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Das verloren gegangene Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher lässt
sich nach Auffassung der Fragesteller mit den beschlossenen Minimalvereinba-
rungen nicht zurückgewinnen, zumal insbesondere die verbraucherrelevanten
Fragen, die sich aus dem Abgasskandal ergeben (Verjährung, Gewährleistung,
Garantien im Zusammenhang mit den Software-Updates), aus Sicht der Frage-
steller beim Dieselgipfel gar nicht oder nur unzureichend geklärt wurden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Legt die Bundesregierung die Aussage der Bund-Länder-Erklärung anläss-

lich des Gesprächs im Rahmen des „Nationalen Forums Diesel“, dass die
Hersteller „gegenüber dem Kunden die Gewährleistung auf die Bauteile
übernehmen müssen, die durch die Maßnahme [Nachrüstung] beansprucht
werden“, dahingehend aus, dass die Hersteller den Verbraucherinnen und
Verbrauchern eine dahingehende Garantie vor Umrüstungsbeginn zu geben
haben?
a) Gibt es verbindliche Vereinbarungen mit den Herstellern, wie diese „Ge-

währleistungsübernahme“ für etwaige Mängel nach der Nachrüstung aus-
gestaltet wird, und wird der Text dieser Übernahme gemeinsam mit der
Bundesregierung entworfen oder allein durch die Hersteller?

b) Wie lange soll diese „Gewährleistungsübernahme“ gelten, und umfasst
sie auch eine Beweislastumkehr?

c) Welche Wirkung hat diese „Gewährleistungsübernahme“ für Kfz, die be-
reits umgerüstet wurden und Mängel an den durch die Nachrüstung bean-
spruchten Bauteilen aufweisen?

2. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die zu den Software-Updates ge-
gebenen Garantien der Hersteller im Hinblick auf Verbrauch, Fahreigen-
schaften etc. auch von den Verbraucherinnen und Verbrauchern eingefordert
und eingeklagt werden können?

3. Wurden Vereinbarungen darüber getroffen, wie ab 2018 mit betroffenen Kfz
umgegangen wird, bei denen die Gewährleistungsfrist abgelaufen ist?
a) Wurde im Rahmen des „Nationalen Forums Diesel“ darauf gedrungen,

dass die Hersteller auf die Erhebung der Einrede der Verjährung verzich-
ten?
Wenn ja, wie lange soll es einen solchen Verzicht geben, und wenn nein,
warum nicht?

b) Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, damit Verbraucherin-
nen und Verbraucher nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht allein auf die
Kulanz der Hersteller bezüglich der Kostenübernahme der Nachrüstung
angewiesen sind?

4. Welche Ziele, Funktionen und Kompetenzen soll der in der Bund-Länder-
Erklärung erwähnte Verbraucherbeirat beim Kraftfahrt-Bundesamt haben?
a) Wann wird der Verbraucherbeirat beim Kraftfahrt-Bundesamt eingerich-

tet?
b) Wie viele und welche Teilnehmerinnen und Teilnehmer wird er umfas-

sen?
c) Auf welche Weise werden die Verbraucherinnen und Verbraucher ausge-

wählt, die Teil des Verbraucherbeirats sein sollen?
d) Wie wird die Neutralität des Beirats gewährleistet werden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13341
e) Warum werden die Verbraucherschutzinstitutionen und das für den Ver-
braucherschutz zuständige Bundesministerium wie schon beim Dieselgip-
fel erneut ausgeklammert?

f) Wie wird der Verbraucherbeirat finanziell ausgestattet, und wer trägt die
Kosten?

5. In welchem Verhältnis stehen die vom Bundesministerium für Umwelt, Na-
turschutz, Bau und Reaktorsicherheit am 2. August 2017 veröffentlichte
Bund-Länder-Erklärung und die gleichentags schon vorab vom Verband der
Automobilindustrie unter dem Titel „Nationales Forum Diesel“ veröffent-
lichte Pressemeldung zueinander, und womit belegt die Bundesregierung die
Verbindlichkeit von Zusagen der Automobilindustrie zu den in der Bund-
Länder-Erklärung enthaltenen Gegenständen?

6. Hält die Bundesregierung (wie die Urteile des Verwaltungsgerichts – VG –
Düsseldorf – 3 K 7695/15 v. 13. September 2016 – und VG Stuttgart – 13 K
5412/15) Verkehrsverbote mit einem anderen (strengeren) Ausnahmere-
gime, als es das in der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) genannte Zusatz-
zeichen für Umweltzonen vorsieht, für möglich, um damit in bestimmten
Konstellationen dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit und
den Vorgaben des Unionsrechts Rechnung zu tragen?
a) Falls ja, wird sie den Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwal-

tungsgericht (VBI) veranlassen, in etwaigen Revisionsverfahren entspre-
chend Stellung zu nehmen?

b) Falls nein, wird sie umgehend eine Änderung der StVO auf den Weg brin-
gen, die die europarechtlich und in Hinblick auf das Grundrecht aus Arti-
kel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes notwendigen Maßnahmen er-
möglicht?

7. Inwieweit geht die Bundesregierung davon aus, dass die Verbraucherinnen
und Verbraucher an den freiwilligen Umrüstungen teilnehmen?
a) Von welcher Teilnahmequote an den Umrüstungen geht die Bundesregie-

rung bis Ende 2018 aus?
b) Welche Anreize erhalten die Verbraucherinnen und Verbraucher, an der

Umrüstaktion tatsächlich teilzunehmen, und welche weiteren Anreize
werden die Bundesregierung und die Automobilindustrie unterbreiten?

8. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass bei der Ermittlung der
Adressdaten der betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher, deren Die-
selfahrzeuge ein Software-Update erhalten sollen, und der damit u. U. not-
wendigen Adressdatenweitergabe durch das Kraftfahrt-Bundesamt der Da-
tenschutz eingehalten wird (www.abendblatt.de/politik/article211467511/
Scheitern-Verbesserungen-am-Datenschutz.html)?

9. Auf welchem Wege plant die Bundesregierung, zukünftig den Verbrauche-
rinnen und Verbrauchern in Deutschland die Ergebnisse unabhängiger Ab-
gastests der typzugelassenen Kraftfahrzeuge allgemein zugänglich zu ma-
chen?

10. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um weitere Autoherstel-
ler, die nicht am Gipfel direkt beteiligt waren, stärker in die Pflicht zu neh-
men, und warum wurden diese bisher weitgehend ausgeklammert?

Berlin, den 11. August 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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