BT-Drucksache 18/13339

Vereinbarungen des "Nationalen Forums Diesel": Fahrzeugumrüstungen mittels Software-Updates und Auswirkungen auf die Luftqualität

Vom 11. August 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/13339
18. Wahlperiode 11.08.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Oliver Krischer, Cem Özdemir,
Katharina Dröge, Matthias Gastel, Renate Künast, Peter Meiwald,
Dr. Valerie Wilms, Kerstin Andreae, Harald Ebner, Dieter Janecek, Katja Keul,
Sven-Christian Kindler, Monika Lazar, Steffi Lemke, Irene Mihalic,
Dr. Konstantin von Notz, Markus Tressel, Dr. Julia Verlinden und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Vereinbarungen des „Nationalen Forums Diesel“: Fahrzeugumrüstungen mittels
Software-Updates und Auswirkungen auf die Luftqualität

Am 2. August 2017 fand in Berlin auf Einladung des Bundesministeriums für
Verkehr und digitale Infrastruktur und des Bundesministeriums für Umwelt, Na-
turschutz, Bau und Reaktorsicherheit das sogenannte Nationale Forum Diesel
statt.
Laut Ergebnisprotokoll wurde mit den Autoherstellern unter anderem die Durch-
führung von Software-Updates bei ca. 5,3 Millionen in Deutschland zugelasse-
nen Dieselfahrzeugen der Euro-Normen 5 und 6 bis Ende des Jahres 2018 ver-
einbart. Mit den Updates soll eine durchschnittliche Senkung der Stickoxid-
Emissionswerte um 25 Prozent bis 30 Prozent erreicht werden (vgl. www.
bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/K/170802-ergebnisprotokoll-nationales-diesel-
forum.pdf?__blob=publicationFile).
Nach Ansicht der Fragesteller reichen die beschlossenen Software-Lösungen je-
doch nicht aus, um die Luftqualität tatsächlich wirksam zu verbessern und die
drohenden Fahrverbote in zahlreichen Städten noch abzuwenden. Nicht nur fällt
die Reduktion zu gering aus, auch ist die Dauer der Umrüstungsaktion bis Ende
des Jahres 2018 zu lang bemessen. Zudem ist fraglich, wie hoch die Umrüstungs-
quote ausfällt, da es sich nur um eine freiwillige Aktion handelt, und welche Kon-
sequenzen bei einer zu geringen Umrüstungsquote folgen.
Unklar bleibt nach Abschluss des Gipfels auch, wie die Fortsetzung der Arbeit in
den in der Erklärung des Dieselgipfels (vgl. www.bmvi.de/SharedDocs/DE/
Anlage/K/170802-erklaerung-nationales-diesel-forum.pdf?__blob=publication
File) genannten Expertengruppen, eine mögliche Wiederholung des Dieselgipfels
sowie die Überprüfung der Umsetzung der Ergebnisse erfolgen sollen.

Wir fragen die Bundesregierung:

Umrüstungen mittels Software-Updates und Auswirkungen auf die Luftqualität
1. Wie verteilen sich nach Kenntnis der Bundesregierung die ca. 5,3 Millionen

umzurüstenden Fahrzeuge auf die einzelnen Automobilhersteller (bitte nach
Herstellern aufschlüsseln)?

Drucksache 18/13339 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Bei welchen Modellen haben die Automobilhersteller beim Dieselgipfel an-
gekündigt, Software-Updates durchzuführen, und wie viele Fahrzeuge soll-
ten jeweils betroffen sein?
Mit welcher Technik erfolgt nach Kenntnis der Bundesregierung bei den Mo-
dellen jeweils die Abgasreinigung, und wie hoch fällt die geplante Stickoxid-
Reduktion bei den Modellen jeweils aus?

3. Bei wie vielen der beim Dieselgipfel angekündigten ca. 5,3 Millionen Um-
rüstungen handelt es sich um solche Umrüstungen, die bereits vor dem Die-
selgipfel angekündigt waren bzw. durchgeführt wurden (bitte nach Umrüs-
tungsaktionen sowie Datum und aktuellem Stand der Umrüstungen und be-
troffenen Modelltypen aufschlüsseln)?

4. Wie viele der ca. 2,4 Millionen VW-Fahrzeuge mit illegalen Abschaltein-
richtungen, deren Rückruf das Kraftfahrt-Bundesamt am 15. Oktober 2015
angeordnet hatte, wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bereits umge-
rüstet (bitte nach Modelltypen aufschlüsseln)?

5. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die durchschnittlich erreichte Redu-
zierung der Stickoxid-Emissionen bei den umgerüsteten VW-Fahrzeugen
(vgl. Frage 4)?
Wenn ja, wie hoch ist die durchschnittliche prozentuale Reduzierung der
Stickoxid-Emissionen?
Wenn nein, warum nicht?

6. Aus welchem Grund wurden beim Dieselgipfel keine Hardware-Umrüstun-
gen für solche Fahrzeuge beschlossen, bei denen diese Umrüstungen tech-
nisch möglich sind?

7. Hält die Bundesregierung Hardware-Umrüstungen für effektiver als die be-
schlossenen Software-Updates, und wenn nein, warum nicht?

8. Hat die Bundesregierung eigene Recherchen oder Untersuchungen ange-
stellt, um die Möglichkeit und Effektivität von Hardware-Nachrüstungen zu
untersuchen?

9. Wie bewertet die Bundesregierung, dass die Automobilhersteller laut Ergeb-
nisprotokoll des Dieselgipfels lediglich eine durchschnittliche Senkung der
Emissionswerte um 25 Prozent bis 30 Prozent erreichen wollen, anstatt der
in der Erklärung des Dieselgipfels formulierten 30 Prozent, sodass die Er-
folge geringer ausfallen könnten als in der Erklärung vorgesehen?

10. Wie wurde das Ziel einer Reduktion um 30 Prozent festgelegt, und handelt
es sich dabei um einen Zielwert, der auf Basis eigener Recherchen oder Un-
tersuchungen der Bundesregierung erstellt wurde?

11. Bezieht sich die Höhe der durchschnittlichen Senkung der Emissionswerte
um 25 Prozent bis 30 Prozent auf eine Senkung unter allen Fahrbedingungen
und insbesondere bei niedrigen Außentemperaturen (z. B. unterhalb von
10 °C)?
Wenn nein, welche Rahmenbedingungen und andere Annahmen liegen die-
sen Reduktionswerten stattdessen zugrunde?

12. Wie hoch fällt nach Kenntnis der Bundesregierung in der Folge die Senkung
der Luftschadstoffbelastung im Schnitt in den Städten aus, in denen derzeit
der Jahresmittelwert bei der Stickstoffdioxidbelastung nicht eingehalten
wird, und inwiefern ist diese Senkung abhängig von der vorherrschenden
Außentemperatur (bitte nach Städten aufschlüsseln)?

13. In welchen Städten können drohende Fahrverbote aufgrund nicht eingehal-
tener Stickstoffdioxid-Grenzwerte nach Auffassung der Bundesregierung
durch die Maßnahmen des Dieselgipfels nunmehr verhindert werden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13339

14. Welche Maßnahmen schlägt die Bundesregierung den von Gerichten verur-

teilten Kommunen vor, die bereits vor Ablauf der Umrüstungsaktion begin-
nen müssen, Fahrverbote für Dieselfahrzeuge auszusprechen?

15. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass die per Software-Update um-
gerüsteten Dieselfahrzeuge von eventuellen Fahrverboten in Städten mit wei-
terhin überhöhten Stickstoffdioxidbelastungen betroffen sein werden?

16. Inwiefern wurden auf dem Dieselgipfel Vereinbarungen zur Kostenüber-
nahme für den Fall getroffen, dass es trotz der vereinbarten Maßnahmen zu
Strafzahlungen im Rahmen eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens kom-
men sollte?

Freigaben und Durchführung der Software-Updates
17. Nach welchen Kriterien wird das Kraftfahrt-Bundesamt über eine Freigabe

der Software-Updates entscheiden?
18. Auf welche Weise hatte das Kraftfahrt-Bundesamt über die Freigabe von

Umrüstungen bei ca. 630 000 Fahrzeugen entschieden, für die freiwillige
Nachbesserungen verabredet wurden (vgl. Bundestagsdrucksache 18/9962),
und inwiefern weicht das nunmehr geplante Überprüfungs- und Freigabever-
fahren von dem damals gewählten Verfahren ab?

19. Wie viel Personal steht im Kraftfahrt-Bundesamt zur Verfügung, um die nun
in Rede stehenden Software-Updates zeitnah zu prüfen und freizugeben?

20. Inwiefern gilt als Kriterium für die Freigabe der Software-Updates insbeson-
dere, dass die Senkung der Emissionswerte auch bei niedrigen Umgebungs-
temperaturen (z. B. unterhalb von 10 °C), also außerhalb der in vielen Fahr-
zeugen vorhandenen „Thermofenster“, erreicht wird?

21. Wie erklärt die Bundesregierung, dass bei den umzurüstenden Fahrzeugen
nunmehr eine durchschnittliche Senkung der Stickoxid-Emissionen von 25
bis 30 Prozent möglich sein soll, obwohl bestimmte Automobilhersteller zu-
vor argumentiert hatten, dass einer Reduktion der Abgasrückführungsraten,
z. B. in bestimmten Temperaturbereichen, Gründe des Motorschutzes entge-
genstünden (vgl. Bundestagsdrucksache 18/12900, S. 436 f.)?

22. Unter welchen Testbedingungen wird die Wirksamkeit der Software-Up-
dates auf dem Rollenprüfstand überprüft, und wird dabei insbesondere der
WLTP (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure) ange-
wandt?

23. Handelt es sich bei den in der Erklärung des Dieselgipfels angekündigten
Straßenmessungen zur Überprüfung der Wirksamkeit der Software-Updates
um Fahrten nach den Vorgaben des RDE-Verfahrens Real Driving Emissi-
ons?
Wenn nein, warum nicht, und nach welchem Verfahren werden die Straßen-
messungen stattdessen durchgeführt?

24. Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass die Freigaben im Falle der
Zuständigkeit einer Typgenehmigungsbehörde eines anderen EU-Mitglied-
staates nach denselben Kriterien erfolgen wie bei einer Zuständigkeit des
Kraftfahrt-Bundesamtes?

25. Wie wird die Bundesregierung im Falle der Zuständigkeit einer Typgeneh-
migungsbehörde eines anderen EU-Mitgliedstaates insbesondere sicherstel-
len, dass die Wirksamkeit der Software-Updates ebenfalls mit Straßenmes-
sungen überprüft wird?

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26. Auf welche Weise wird die Bundesregierung sicherstellen, dass tatsächlich

eine durchschnittliche Senkung der Emissionswerte um 25 Prozent bis
30 Prozent über alle Fahrzeuge hinweg erreicht wird, wenn die Freigabe der
Software-Updates sukzessive und nicht gleichzeitig erfolgt?

27. Tragen die Hersteller die Kosten für die Überprüfungen und Freigaben des
Kraftfahrt-Bundesamtes, und wenn nein, warum nicht?

28. Wird das Bundesverkehrsministerium dem Verkehrsausschuss des Deut-
schen Bundestages die Prüfbedingungen und Prüfergebnisse mitteilen?

Falls ja, wann?
Falls nein, warum nicht?

29. Wie hoch fallen die Kosten für die Umrüstungsaktionen für die einzelnen
Automobilhersteller nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils aus?

30. In welcher Weise wurden beim Dieselgipfel AdBlue-Tankgrößen themati-
siert?

31. Zu welchem durchschnittlichen AdBlue-Mehrverbrauch kommt es nach
Kenntnis der Bundesregierung durch die Software-Updates bei den Fahrzeu-
gen?

32. Wer trägt nach Kenntnis der Bundesregierung die Kosten für einen möglich-
erweise zusätzlichen AdBlue-Mehrverbrauch?

33. Wie verhält sich die Möglichkeit, dass die betroffenen Autofahrer die Kosten
für einen zusätzlichen AdBlue-Mehrverbrauch tragen müssen, zu der Erklä-
rung des Dieselgipfels, dass die Kosten für die Umrüstungen von den Her-
stellern zu tragen seien?

34. Wie wird sichergestellt, dass die per Software-Update umgerüsteten Diesel-
fahrzeuge jederzeit mit AdBlue-Vorrat und nicht mit einem leeren AdBlue-
Tank gefahren werden?

35. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die Umrüstungen wie im Ergeb-
nisprotokoll vorgesehen bis Ende 2018 abgeschlossen sein werden?

36. Welche Konsequenzen bereitet die Bundesregierung für den Fall vor, dass
bis Ende 2018 nicht alle Fahrzeuge umgerüstet sind?

37. Mit welchen Sanktionen müssen insbesondere die Fahrzeughersteller rech-
nen, wenn bis Ende 2018 die auf dem Dieselgipfel vereinbarte Emissionsre-
duktion nicht erreicht wurde bzw. nicht alle Fahrzeuge umgerüstet wurden?

38. Aus welchem Grund sichert die Automobilindustrie laut Ergebnisprotokoll
lediglich zu, dass die Umrüstungen „zu keinem Anstieg der CO2-Emissionen
führen“ dürfen, während die politische Erklärung des Dieselgipfels von den
Automobilherstellern verlangt, dass auch die „typengenehmigungsrelevan-
ten Parameter wie der Schadstoff- und CO2-Ausstoß, der Kraftstoffver-
brauch, Geräusche und die Motorleistung nicht negativ verändert werden“?

39. Haben die Automobilhersteller wie in der Erklärung des Dieselgipfels vor-
gesehen zugesagt, dass bei den neu zugelassenen Fahrzeugen in allen Fahr-
situationen auf der Straße eine technisch optimale Funktion des SCR-Kata-
lysators (SCR: selektive katalytische Reduktion) und insbesondere bei der
Verwendung von Harnstoff für die Abgasreinigung die Erreichung des dabei
erzielten höchsten Wirkungsgrades gewährleistet ist?
Wenn ja, warum soll dies nur für Neuwagen gelten, und ab wann gilt diese
Zusage?
Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13339

40. Haben die Automobilhersteller wie in der Erklärung des Dieselgipfels vor-

gesehen zugesagt, bis Oktober 2017 ein Konzept vorzulegen, um die euro-
päischen Vorschriften zur Einführung von RDE deutlich früher anzuwen-
den?
Wenn nein, warum nicht?

Durchführung der Maßnahmen und Fortsetzung des Nationalen Forums Diesel
41. Aus welchem Grund wurden Verbraucherschutz- und Umweltverbände nicht

zum Dieselgipfel eingeladen?
42. Aus welchem Grund wurde der Bundesminister für Gesundheit Hermann

Gröhe nicht zum Dieselgipfel eingeladen?
43. In welcher Regelmäßigkeit werden sich die in der Erklärung zum Dieselgip-

fel genannten Expertengruppen von Bund und Ländern treffen, und wer soll
jeweils eingeladen werden?

44. Für welchen Termin sind die nächsten Treffen der Expertengruppen jeweils
geplant?

45. Mit welchen Ministerien und auf welcher Ebene ist die Bundesregierung in
den Expertengruppen jeweils vertreten?

46. Auf welche Weise werden die Termine, Tagesordnungen, Teilnehmerlisten
und Ergebnisse der Treffen der Expertengruppen jeweils veröffentlicht?

47. Für wann ist eine erste Evaluierung der Umsetzung der Ergebnisse des Die-
selgipfels, insbesondere bezüglich der realen Effekte auf die Immissionssi-
tuation in den derzeit von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Städten,
vorgesehen?

48. Inwiefern plant die Bundesregierung eine Fortsetzung des Nationalen Fo-
rums Diesel abseits der genannten Expertengruppen?

Berlin, den 11. August 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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