BT-Drucksache 18/12858

Schusswaffen in Deutschland

Vom 21. Juni 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12858
18. Wahlperiode 21.06.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Irene Mihalic, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Katja Keul,
Renate Künast, Monika Lazar, Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von Notz,
Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Schusswaffen in Deutschland

Im letzten Jahr hat sich in Deutschland die Zahl der polizeilich registrierten Fälle,
in denen mit einer Schusswaffe geschossen wurde, erhöht. Bei Fällen von gefähr-
licher und schwerer Körperverletzung betrug die Steigerung 25,4 Prozent gegen-
über dem Vorjahr (Bericht zur Polizeilichen Kriminalstatistik 2016, S. 16). Diese
Entwicklung ist nicht unerwartet. Eine Eurobarometer-Umfrage aus dem Jahr
2013 ergab bereits, dass sechs von zehn Europäern von einem Anstieg der schuss-
waffenbezogenen Kriminalität in den nächsten fünf Jahren ausgingen (Flash
Eurobarometer 383, S. 7). Dabei sprachen sich in der Umfrage insgesamt 53 Pro-
zent der Europäer für eine strengere Regulierung des Besitzes, Kaufs und Ver-
kaufs von Schusswaffen aus (a. a. O. S. 12). Auch die Fragesteller warnen bereits
seit langem vor den Gefahren durch Schusswaffen und sprechen sich für eine
strengere Regulierung des Waffenrechts aus (Bundestagsdrucksachen 18/11417,
18/9674 und 18/8710). Dies umso mehr, als sich offensichtlich gerade auch Men-
schen bewaffnen, die als sogenannte Reichsbürger, Germaniten oder Selbstver-
walter usw. (im Folgenden lediglich als „Reichsbürger“ bezeichnet) die Bundes-
republik Deutschland als Staat als inexistent ansehen. Laut dem Präsidenten
des Bundesamts für Verfassungsschutz, Dr. Hans-Georg Maaßen, besäßen
ca. 700 Reichsbürger waffenrechtliche Erlaubnisse (vgl. n-tv 8. März 2017).
Nicht nur die Fälle von Übergriffen gegenüber Hoheitsträgern aus diesem
„Reichsbürger“-Spektrum mehren sich, auch wurden inzwischen zahlreiche
Widerrufsverfahren in Bezug auf waffenrechtliche Erlaubnisse eingeleitet. Es
gibt daher gute Gründe anzunehmen, dass von dieser Bewegung eine besondere
Gefahr für die Innere Sicherheit ausgeht. Die vorliegende Kleine Anfrage knüpft
in diesem Sinne an frühere Anfragen an (Bundestagsdrucksache 18/7505).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Schusswaffen in Privatbesitz, und wie viele Schusswaffenbesitzer

waren im Nationalen Waffenregisters (NWR) mit Stand vom 31. Januar 2016
gespeichert, und wie viele sind es aktuell?

2. Wie viele erlaubnispflichtige Schusswaffen und erlaubnispflichtige wesent-
liche Teile von Schusswaffen waren im NWR mit Stand vom 31. Januar 2016
insgesamt gespeichert, und wie viele sind es aktuell?

Drucksache 18/12858 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Wie viele Schusswaffen waren im NWR mit Stand vom 31. Januar 2016 –
insbesondere mit folgendem Status – gemeldet, und wie viele sind es aktuell
a) als sichergestellt,
b) als verwertet,
c) als gestohlen,
d) als abhandengekommen?

4. Wie viele waffenrechtliche Erlaubnisse gemäß § 2 Nummer 3 des Gesetzes
zur Einrichtung eines Nationalen Waffenregisters waren im NWR mit Stand
vom 31. Januar 2016 registriert, und wie viele sind es aktuell (bitte tabella-
risch auflisten)?

5. Wie viele Personen, denen ein Waffenverbot erteilt wurde, waren mit Stand
vom 31. Januar 2016 registriert, und wie viele sind es aktuell?

6. Wie viele kleine Waffenscheine (Erlaubnis nach § 10 Absatz 4 des Waffen-
gesetzes) waren im NWR mit Stand vom 31. Januar 2016 gespeichert, und
wie viele sind es aktuell?

7. Wie weit ist die Bereinigung des Datenbestands des NWR inzwischen fort-
geschritten, und wann wird die Bereinigung der Datensätze voraussichtlich
abgeschlossen sein?

8. Wie viele erlaubnisfreie Waffen wurden im Rahmen des kriminalpolizeili-
chen Meldedienstes mit Stand vom 31. Januar 2016 als sichergestellt gemel-
det, und wie viele sind es aktuell?

9. Bei wie vielen Straftaten nach dem Strafgesetzbuch wurden nach Kenntnis
der Bundesregierung seit 2015 Waffen der Kategorien „Erlaubnisfreie Waf-
fen“, „Legale Waffen“ und „Illegale Waffen“ verwendet (bitte tabellarisch
nach Jahren gesondert angeben; vgl. Bundestagsdrucksache 18/7741, S. 9)?

10. In wie vielen Fällen der Antwort zu Frage 9 lag zum Zeitpunkt der Tat keine
Meldung gemäß § 37 Absatz 2 des Waffengesetzes vor (bitte tabellarisch
nach Datum und Ort auflisten)?

11. Inwiefern findet inzwischen hinsichtlich der Fragen 9 und 10 nach Kenntnis
der Bundesregierung eine statistische Erfassung des dem Besitz der Tatwaffe
zugrunde liegenden Bedürfnisses statt, beziehungsweise welche Erkennt-
nisse hat die Bundesregierung in diesem Zusammenhang über die Häufigkeit
der unterschiedlichen Bedürfnisgründe (bitte gegebenenfalls tabellarisch
nach Datum und Ort auflisten und soweit möglich den jeweiligen Bedürfnis-
grund, insbesondere Sportschützen, Jäger, Waffensammler oder Erbwaffen-
besitzer, angeben; vgl. auch Bundestagsdrucksache 18/7741, S. 10)?

12. Inwiefern sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen Schützenvereine
oder einzelne Funktionäre daran beteiligt waren, waffenrechtliche Beschrän-
kungen zu umgehen, und so beispielsweise Personen mit einschlägigen Vor-
strafen mit Waffen versorgten, und welche Schlüsse zieht die Bundesregie-
rung aus diesen Vorkommnissen?

13. Sind der Bundesregierung Fälle oder kriminalpolizeiliche Erkenntnisse über
Entwicklungen bekannt, nach der Rechtsextreme über die Mitgliedschaft in
Schützenvereinen Zugang zu Waffen erlangen?

14. Welche und wie viele Straftaten von „Reichsbürgern“ gegen Amts- und
Mandatsträger sind im Kriminalpolizeilichen Meldedienst Politisch moti-
vierte Kriminalität (PMK) verzeichnet?

15. Wie viele „Reichsbürger“ oder „Selbstverwalter“ verfügen nach aktuellen
Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder über eine
waffenrechtliche Erlaubnis?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12858

16. Inwiefern wirken die Sicherheitsbehörden des Bundes in Zusammenarbeit

mit den Landesbehörden auf den Entzug waffenrechtlicher Erlaubnisse von
„Reichsbürgern“ und „Selbstverwaltern“ konkret durch welche Maßnahmen
hin?

17. Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag des Bundesministers der
Justiz und für Verbraucherschutz, Heiko Maas, bereits vom 27. November
2016 mit Blick auf Reichsbürger, aufgrund einer Waffengesetznovelle künf-
tig vor Erteilung beantragter Waffenscheine stets beim Verfassungsschutz
etwaige Erkenntnisse über die Antragsteller abzufragen (WELT 28. Novem-
ber 2016)?

18. Warum hat die Bundesregierung diesen Vorschlag von Bundesjustizminister
Heiko Maas nicht aufgegriffen?

19. In welchen Bundesländern behandeln die zuständigen kommunalen Waffen-
erlaubnisbehörden gemäß Weisung der Kommunalaufsicht (so wie in Sach-
sen seit 2016; vgl. MDR vom 14. Dezember 2016: http://bit.ly/2tk6Gg7)
nach Kenntnis der Bundesregierung Reichsbürger stets als waffenrechtlich
unzuverlässig mit der Folge, ihnen Waffenscheine verweigern und entziehen
zu können?

20. Mit welchem Ergebnis hat die Bundesregierung im Rahmen ihrer Zusam-
menarbeit mit den Bundesländern dort darauf hingewirkt, diese Handhabung
überall einzuführen?
Oder warum unterließ die Bundesregierung dies ggf. bisher?

Berlin, den 21. Juni 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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