BT-Drucksache 18/12369

Für eine neue Gründungskultur in Deutschland

Vom 17. Mai 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12369
18. Wahlperiode 17.05.2017
Antrag
der Abgeordneten Kerstin Andreae, Cem Özdemir, Dr. Thomas Gambke, Kai
Gehring, Dieter Janecek, Katja Dörner, Matthias Gastel, Anja Hajduk, Stephan
Kühn (Dresden), Markus Kurth, Dr. Tobias Lindner, Beate Müller-Gemmeke,
Lisa Paus, Brigitte Pothmer, Tabea Rößner, Corinna Rüffer, Ulle Schauws,
Kordula Schulz-Asche, Markus Tressel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Für eine neue Gründungskultur in Deutschland

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Gründerinnen und Gründer sind wichtige Akteure für den Wirtschaftsstandort
Deutschland. Sie sind innovativ, nachhaltig und schaffen langfristig neue Arbeits-
plätze. Beinahe jede fünfte neue Stelle wird durch eine Neugründung geschaffen
(Schneck/May-Strobl, 2013).
Gerade in einem mittelständisch geprägten Land wie Deutschland sind Gründungen
wesentliche Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum und Wohlstand. Nach den Er-
gebnissen des Green Economy Gründungsmonitors 2014 wurden von 2006 bis 2013
rund 170 000 Unternehmen in den Bereichen Erneuerbare Energien, Energieeffizienz,
Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz gegründet. Sie schufen dabei ca. 1,1 Millionen
Arbeitsplätze. Insgesamt leisten rund 14 Prozent aller Gründungen in Deutschland mit
ihren Produkten und Dienstleistungen einen Beitrag zu einer umwelt- und klimascho-
nenden Wirtschaft.
Gründungen sind aber nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht von Bedeutung. Unterneh-
mensgründungen sind gelebte Emanzipation und Integration. Viele Frauen nutzen ihre
Existenzgründung als Möglichkeit, um Familienarbeit und Erwerbstätigkeit besser und
zeitlich freier vereinbaren zu können oder nach einer Kinderpause wieder in die Er-
werbsarbeit einzusteigen. Sie nutzen ihre Existenzgründung häufig, um nach einer El-
ternzeit wieder in die Erwerbsarbeit einzusteigen. Dabei gründen Frauen überdurch-
schnittlich oft im Nebenerwerb. Banken und Beratungsstellen gehen jedoch zu wenig
auf die Bedürfnisse von gründungswilligen Frauen ein.
Jede fünfte Gründerin bzw. jeder fünfte Gründer hat eine Einwanderungsgeschichte.
Gründungswillige Fachkräfte aus anderen Ländern bleiben und arbeiten in Deutsch-
land, wenn sie hier gute Voraussetzungen vorfinden. Eine Willkommens- und Grün-
dungskultur, die diesen Fachkräften den Einstieg in das Leben und das neue Land er-
leichtert, ist für Deutschland daher unerlässlich. Nach Erhebungen des Statistischen
Bundesamtes waren 2015 unter den rund 4,16 Millionen Selbständigen 658 000 Men-
schen, die zuvor aus anderen Ländern zugewandert waren. Die meisten von ihnen

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gründen nicht aus der Not heraus – etwa weil sie auf dem Arbeitsmarkt keine andere
Chance habe. Stattdessen stehen Selbstverwirklichung, die Umsetzung eigener Ideen
und Innovationen im Vordergrund.
Viele Gründungen erfolgen durch Kreativschaffende: Über 1,6 Millionen Menschen
waren im Jahr 2015 in einer der zahlreichen Teilbranchen der Kreativwirtschaft er-
werbstätig, ein großer Teil von ihnen arbeitet als Selbstständige und Kleinunterneh-
mer. Die geistigen, kreativen, kulturellen und sozialen Innovationen, die sie schaffen
und die zu einer lebendigen Demokratie beitragen, fallen aber bei vielen Förderpro-
grammen durch das Raster.
Die Zahl der Gründerinnen und Gründer in Deutschland nimmt kontinuierlich ab.
Während es 2004 noch 782 500 Gründungen gab, waren es 2014 nur noch 561 000,
ein Rückgang von fast 30 Prozent (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine An-
frage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Bundestagsdrucksache 18/5446). Es
ist zu befürchten, dass dieser Negativtrend auch weiter anhält (KfW-Gründungsmoni-
tor 2016).
Unternehmerinnen und Unternehmer brauchen – im wörtlichen Sinn – Freiräume. Sie
sind insbesondere in der Gründungsphase auf ein gründungsfreundliches Umfeld und
preiswerte Büro- bzw. Gewerberäume angewiesen. Gründungszentren und Cowork-
ing-Häuser bieten ideale Voraussetzungen zum Ausprobieren und Austauschen. Der
Bund sollte in Kooperation mit den Ländern solche Initiativen unterstützen und för-
dern.
Unternehmerisches Denken und Handeln gehört in alle Bildungsbereiche, nicht nur in
die Weiterbildung. Mit einer besseren Vernetzung von Schule, Wirtschaft und Wis-
senschaft sowie der fächerübergreifenden Vermittlung von Entrepreneurship schaffen
wir eine positive Grundhaltung zum Unternehmer- und Gründertum. Gründerinnen
und Gründer brauchen Rahmenbedingungen, die es ihnen ermöglichen, ihre Ge-
schäftsmodelle auf- und auszubauen. Dazu zählen passende neue Förderprogramme –
insbesondere für die Wachstumsphase – neue Finanzierungsmodelle und ein besserer
Zugang zu bestehenden Förderprogramme.
Öffentliche Venture-Capital-Fonds wie der Hightech-Gründerfonds sind eine wichtige
Finanzierungsquelle für innovative Unternehmen. Daneben braucht es aber einen pri-
vaten VC-Markt mit Investoren, die sowohl als Geldgeber als auch als Business An-
gels wichtige Impulse für junge Unternehmen liefern. Seit über zwei Jahren wartet die
Start-up-Szene auf das angekündigte Venture-Capital-Gesetz, das hierfür den rechtli-
chen Rahmen bietet und Gründungen erleichtert. Zu den wichtigen Unterstützungs-
maßnahmen gehört auch eine steuerliche Förderung von Forschungs- und Entwick-
lungsaktivitäten. Wichtige Innovationen werden aber nicht nur im Technikbereich ent-
wickelt. Daher muss ein breiterer Zugang zu Förderprogrammen geschaffen werden,
damit auch nichttechnologiezentrierte Innovationen eine bessere Chance auf Förde-
rung bekommen.
Viele Gründerinnen und Gründer sind nicht oder nur unzureichend sozial abgesichert.
Sie haben keinen adäquaten Schutz im Fall von Krankheit, Pflegebedarf, Erwerbsmin-
derung, Altersarmut oder Arbeitslosigkeit. Die Beiträge zu den Sozialversicherungen
sind für viele unangemessen hoch und stellen eine Benachteiligung gegenüber abhän-
gig Beschäftigten dar. Das DIW hat 2016 ermittelt, dass mehr als die Hälfte aller Solo-
Selbständigen keine gesetzliche oder private Altersvorsorge betreiben. Das ist nicht
nur für die Betroffenen selbst, sondern für die Allgemeinheit ein Problem, da sie im
Bedürftigkeitsfall über Grundsicherung und Sozialhilfe eingreifen muss. Gute und
faire Rahmenbedingungen bei der sozialen Absicherung von Selbständigen kommen
daher allen zu Gute.
Eine Gründung soll Spaß machen und andere Menschen motivieren, sich ebenfalls
selbständig zu machen. Zum Gründen gehören aber auch Rückschläge. Nicht jede Idee
funktioniert beim ersten Versuch. Viele gute Projekte führen erst über Umwege zum

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Erfolg. Wir brauchen in Deutschland eine neue Gründungskultur der zweiten, dritten
und vierten Chance und keine Stigmatisierung.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. Die Finanzierung und Förderung von Gründungen in Deutschland zu verbessern
und dazu
a) den Zugang zu Mikrokrediten zu verbessern, indem der bürokratische und

finanzielle Aufwand verringert wird;
b) Gründerinnen und Gründer bei Vorliegen eines geprüften Wirtschaftlich-

keitskonzeptes Zugang zu einem zinslosen Darlehen von bis zu 25 000 Euro
zu ermöglichen;

c) einen rechtlichen Rahmen für private Investoren in Form eines Venture-Ca-
pital-Gesetzes zu schaffen, um bestehende Rechtsunsicherheiten zu beseiti-
gen;

d) einen Forschungsbonus für KMU in Form einer Steuerermäßigung auf alle
Forschungs- und Entwicklungsausgaben zu gewähren;

e) die Green Economy als eigenständiges Gründungsfeld in die Förderpro-
gramme des Bundes aufzunehmen;

f) Nachhaltigkeitskriterien bei der Bewertung und Auszeichnung von Busi-
nessplänen bei Gründungswettbewerben einzubeziehen;

g) Kooperationen von Clusterinitiativen im Bereich der Green Economy mit
regionalen Gründungswettbewerben und -ausschreibungen zu fördern;

h) genossenschaftliche Gründungen zu erleichtern, indem das Genossen-
schaftsrecht reformiert und vereinfacht wird;

i) die Rahmenbedingungen für nicht profitorientierte Gründungen und Social
Entrepreneurship zu verbessern;

j) einen festen Teil der Gründungsförderungen an Unternehmen und Gesell-
schaftsformen auszubezahlen, die sozialen oder ökologischen Zielen gegen-
über Renditezielen eine höhere Priorität einräumen, ohne dabei auf eine so-
lide Unternehmensführung zu verzichten;

k) Unternehmensübernahmen stärker in den Fokus zu nehmen und spezielle
Förderprogramme zu entwickeln;

l) Förderkriterien zu entwickeln, die sich gezielt an gründungswillige Frauen
richten;

m) Ausgründungen aus Hochschulen und außeruniversitären Forschungsein-
richtungen sowie deren Kooperation mit der Wirtschaft zu unterstützen;

n) Gründungsförderung so zu gestalten, dass auch nichttechnologiezentrierte
Konzepte als förderfähig gelten;

2. Gründerinnen und Gründer von bürokratischen Hürden zu befreien, indem sie
a) in den ersten zwei Jahren von allen unnötigen Melde- und Informations-

pflichten befreit werden;
b) eine E-Government-Strategie umsetzt, die ein gebündeltes einheitliches

Verwaltungsportal für die elektronische Abwicklung von Verwaltungsvor-
gängen insbesondere An- und Ummeldungen gewährleistet;

c) eine kohärente Open-Government-Strategie umsetzt mit dem Ziel, Verwal-
tungsverfahren bürgernäher, schneller, transparenter und barrierefreier zu
gestalten;

3. die soziale Absicherung für Selbständige und somit auch für Gründerinnen und
Gründer zu verbessern, indem

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a) gesetzlich versicherte Selbständige mit geringem Einkommen bei den Kran-
ken- und Pflegeversicherungsbeiträgen entlastet werden;

b) nicht anderweitig abgesicherte Selbständige in die gesetzliche Rentenversi-
cherung mit einbezogen werden;

c) die Beiträge zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbständige er-
schwinglich und gerechter ausgestaltet werden;

d) die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäf-
tigung eindeutig und praxistauglich geregelt wird und somit Rechts- und
Planungssicherheit hergestellt wird. Dabei ist zu prüfen, inwiefern bei ein-
deutiger wirtschaftlicher Unabhängigkeit der Selbständigen diesen die Mög-
lichkeit eröffnet werden kann, freiwillig auf das Statusfeststellungsverfahren
zu verzichten;

4. die steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen für Gründerinnen und
Gründer bzw. Gründungsinvestoren zu erleichtern und dabei
a) Risikokapitalgeber bei Streubesitzanteilen von der Steuerpflicht bei Divi-

denden wieder zu befreien und stattdessen eine Veranlagungsoption für aus-
ländische Gesellschaften in Deutschland zu schaffen;

b) die Gewinnthesaurierungsoption weiterzuentwickeln, damit diese Möglich-
keit der Eigenkapitalstärkung mehr Unternehmen als bisher zur Verfügung
steht;

c) die Ist-Versteuerungsgrenze bei der Umsatzsteuer von 500 000 Euro auf 2
Mio. Euro anzuheben;

d) die Sofortabschreibungsgrenze für geringwertige Wirtschafsgüter auf 1 000
Euro hochzusetzen und die Poolabschreibung abzuschaffen;

e) zu prüfen, inwiefern die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge für
Gründerinnen und Gründer erst im Folgemonat erfolgen kann;

5. für bessere und einheitliche Beratungs- und Weiterbildungsangebote zu sorgen.
Dazu werden
a) flächendeckend Anlaufstellen („One-Stop-Shops“) für Gründungsberatung

und -förderung eingerichtet;
b) Gewerberäume kostengünstig für gemeinwohlorientierte Projekte (z. B.

Coworking-Spaces, Betahäuser) zur Verfügung gestellt;
c) Kooperationen mit Hochschulen gefördert, die z. B. ihre Labore und Büche-

reien zur Mitnutzung öffnen;
d) spezielle Beratungen und Coaches für Migrantinnen und Migranten angebo-

ten;
e) die Berufsorientierung in den Schulen mit ihren Bestandteilen Potenzialana-

lyse und Betriebspraktikum gemeinsam mit den Ländern zu einem flächen-
deckenden Angebot ausgebaut, das alle Schularten umfasst;

f) der Austausch zwischen Unternehmen und Schulen im Rahmen der Berufs-
orientierung zu unterstützt.

Berlin, den 16. Mai 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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Begründung

Zu 1a: Mit einem Mikrokredit können Existenzgründer mit geringem Kapitalbedarf ihren Weg in die Selbststän-
digkeit finanzieren. Es handelt sich hier laut EU-Definition um Kreditbeträge bis zu 25 000 Euro. Die Beantra-
gung und Abwicklung dieser Mikrofinanzierung gestaltet sich in der Praxis sehr aufwendig und schwierig. Der
Zinssatz ist im Vergleich zu einem KfW-Darlehen für Existenzgründer sehr hoch, da es ein Risikokredit ist.
Sollte der Mikrokreditnehmer eine negativen Schufa-Eintrag haben, ist eine Bewilligung nicht oder nur mit einem
Bürgen möglich. Außerdem müssen die Gründer/-innen in kurzen Abständen ihre Liquidität und die Tragfähig-
keit ihres Unternehmens nachweisen. Das erfolgt über einen akkreditierten Unternehmensberater und verursacht
wiederum Bürokratie und Kosten. Mikrokreditprogramme sind durch die Bunderegierung zu entwickeln. Als
Vorbild dient das Programm „MikroCrowd“ des Landes Baden-Württemberg. Hier werden Crowdfunding und
Mikrokredite miteinander verzahnt. Über die Online-Plattform „MikroCrowd.de“ können Gründungswillige ihre
Projekte nach einer Beratung durch die L-Bank, die Förderbank des Landes, online platzieren und vorstellen.
Nach dem Prinzip des Crowdfundings können die Gründer dort Startkapital einwerben. Dabei kooperiert das
Land mit der etablierten Crowdfunding-Plattform „Startnext“. Ist das Funding erfolgreich und erreicht mindes-
tens 50 Prozent des Finanzierungsbedarfs, gewährt die L-Bank ergänzend ein Darlehen in Höhe von bis zu 50
Prozent, aber maximal 10 000 Euro.

Zu 1b: Das Gründungskapital richtet sich an alle Personen, die sich eine neue Existenz aufbauen wollen und
dafür neu gründen. Jeder der sich in Deutschland im Vollerwerb selbständig macht, hat einen Anspruch auf
25 000 Euro Gründungskapital. Diese Summe entspricht dem maximalen Finanzierungsbedarf von Dreiviertel
aller Existenzgründerinnen und -gründer und ist zugleich das Mindestkapital einer GmbH. Dieses Kapital wird
als zinsloses staatliches Darlehen ausbezahlt. Um Missbrauch oder unerwünschte Mitnahmeeffekte zu verhin-
dern, kann jeder nur einmal in seinem Leben das Gründungskapital in Anspruch nehmen. Außerdem erfolgt vor
der Auszahlung eine Tragbarkeitsprüfung durch KfW-Berater, Wirtschaftsberater oder eine Wirtschaftskammer.
Das Gründungskapital kann mit weiteren Fremdfinanzierungsmitteln kombiniert werden. Das Pfändungsrecht
des Bundes ist nachrangig. Das Gründungskapital ist poolbar. Wenn sich zwei oder mehrere Personen zusam-
menschließen, erhöht sich entsprechend das Gründungskapital für das gemeinsame Unternehmen. Es tritt jedoch
keine gesamtschuldnerische Haftung ein, jede Person ist für ihr Gründungskapital selbst verantwortlich. Die
Rückzahlung erfolgt flexibel und orientiert sich am jeweiligen Unternehmensgewinn, wobei die ersten zwei Jahre
tilgungsfrei sind. Die Mindesttilgungsrate beträgt 250 Euro pro Monat, Sondertilgungen sind jederzeit möglich.

Zu 1c: Union und SPD haben es bislang versäumt, ein Venture-Capital-Gesetz auf den Weg zu bringen, obwohl
sie es in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt haben. Ein solches Gesetzt für Wagniskapital schafft den notwe-
nigen Rahmen und Rechtssicherheit für private Investoren. Auf diese sind Unternehmen gerade in ihrer Wachs-
tumsphase dringend angewiesen. Besonders schwierig haben es die High-Tech-Unternehmen bei der Suche nach
Kapital, denn ihre Forschungskosten sind hoch, die Forschungszeiten lang und der Erfolg ungewiss. Beispielhaft
für die bestehende Rechtsunsicherheit ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu § 8c des Körper-
schaftsteuergesetzes (KStG), das die erst kürzlich getroffene Regelung gemäß § 8d KStG (Fortführungebundener
Verlustvortrag) wieder in Frage stellt.

Zu 1d: Gründungsunternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitern (KMU’s) erhalten zukünftig einen Forschungsbonus.
Der Bonus beträgt 15 Prozent der Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Er wird als Steuerermäßigung ge-
währt und senkt entweder die zu zahlende Unternehmensteuer oder wird ausgezahlt. Das ist ein wichtiger Anreiz
für innovative Start-ups, die anfangs noch keine Gewinne machen und deshalb keine Steuern zahlen. Der For-
schungsbonus kommt zur bestehenden Innovationsförderung hinzu. Er soll die Forschungslücke bei den KMU’s
schließen, denn deren Forschungsintensität lässt nach und über 60 Prozent der kontinuierlich forschenden KMU’s
werden von der öffentlichen Forschungs- und Innovationsförderung nicht erreicht.

Zu 1e bis g: Wie eine Untersuchung der Universität Oldenburg und des Borderstep Instituts aus dem Jahr 2014
zeigt, ist der Bereich der Green Economy trotz seiner großen Potenziale in der Gründungsförderung bislang kaum
verankert. Derzeit gibt es auf Bundesebene keine spezifische Förderung von Gründungen im Bereich der Green
Economy. Bestehende Programme wie EXIST oder KMU-innovativ decken zwar einen Teil der grünen Grün-
dungen ab, sprechen diese aber nicht gezielt an. In der Studie wurden Handlungsempfehlungen erarbeitet, wie

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eine stärkere Fokussierung der Gründungsförderung im Bereich der Green Economy aussehen könnte (Green
Economy Gründungsmonitor 2014).

Zu 1h: Genossenschaften bieten wie keine andere Rechtsform die Möglichkeit der Mitwirkung und Mitgestaltung
im Unternehmen. Kein kurzfristiges Renditeinteresse, sondern vielmehr die Unterstützung der eigenen Mitglie-
der steht im Vordergrund. Wie viel Potenzial die Genossenschaften bergen, zeigt sich insbesondere am Beispiel
der Energiegenossenschaften: Aktuell halten mehr als 80 000 Bürger in Deutschland Anteile an gemeinschaftlich
betriebenen Anlagen zur regenerativen Strom- und Wärmeerzeugung. Über 500 in den letzten Jahren neu ge-
gründete Energiegenossenschaften haben zusammen bereits rund 800 Mio. Euro in erneuerbare Energien inves-
tiert. Genossenschaften haben sich selbst während der Finanzkrise als stabil und krisenfest erwiesen. So ist die
eingetragene Genossenschaft (eG) traditionell seit vielen Jahren die mit Abstand insolvenzsicherste Rechtsform
in Deutschland. Trotz stabiler und attraktiver Voraussetzungen ist die Zahl der Genossenschaftsgründungen seit
der Reform des Genossenschaftsgesetzes (GenG) im Jahr 2006 nur moderat angestiegen. Die bürokratischen und
zum Teil kostspieligen Pflichtprüfungen, vor allem für Kleinstgenossenschaften, hemmen die Gründungsbereit-
schaft. Zudem gibt es für Genossenschaften keine Möglichkeit, Kredite von Mitgliedern zur Eigenkapitalaufsto-
ckung aufzunehmen. Und nicht zuletzt fehlt es an ausreichenden staatlichen Gründungsförderungsmöglichkeiten
für Genossenschaften. Sie werden in Wirtschafts- und Arbeitsförderprogrammen benachteiligt, etwa bei der KfW
Bankengruppe und bei der Bundesagentur für Arbeit. Weitere Maßnahmen sind denkbar, um das Potenzial an
Neugründungen besser zu erschließen (s. dazu auch Bundestagsdrucksache 17/11579 „Kleine und Kleinstgenos-
senschaften stärken, Bürokratie abbauen“). Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erleichterung unterneh-
merischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement und zum Bürokratieabbau bei Genossenschaften (Bun-
destagsdrucksache 18/11506) geht nur halbherzig auf die Erfordernisse ein. So sollen kleine Genossenschaften
auch künftig nur unzureichend von der aufwendigen und kostspieligen Pflichtprüfung befreit werden.

Zu 1i: Bund, Länder und die EU bieten ein breites Angebot an Förderprogrammen. Doch nur ein geringer Teil
davon geht an nicht profitorientierte Gründungen und Social Entrepreneurship, die Renditeziele sozialen oder
ökologischen Zielen unterordnen. Gerade sie sind auf öffentliche Finanzierung angewiesen, da ihnen eine klas-
sische Kreditfinanzierung oftmals versperrt bleibt. Durch den Verzicht auf Profitmaximierung und die Ankündi-
gung höchstens geringer Gewinnerwartungen erscheinen sie Investoren weniger lukrativ. Die Politik sollte aner-
kennen und deutlich signalisieren, dass diese Unternehmen auch ohne Profitorientierung Werte und Wohlstand
schaffen: Sie tragen dazu bei, soziale oder ökologische Herausforderungen zu lösen, schaffen Arbeitsplätze und
erbringen gesellschaftlich relevante Innovationen.

Zu 1k: Jeder sechste mittelständische Unternehmer in Deutschland plant, bis 2018 sein Unternehmen an einen
Nachfolger zu übergeben oder zu verkaufen (KfW Research vom 11.07.2016). In der Summe sind das 620 000
Unternehmen mit etwa 4 Millionen Beschäftigten. Den meisten von ihnen fällt es schwer, eine geeignete Nach-
folgerin oder einen geeigneten Nachfolger zu finden. Die Unternehmensübergabe wird folglich mehr und mehr
zu einer zentralen Herausforderung für den Mittelstand. Viele Förderprogramme sind nicht auf Übernahmen
ausgelegt. Hier braucht es neue Programme oder eine breitere Auslegung der bestehenden Förderkriterien. Viele
Unternehmer machen sich zu spät Gedanken über die Nachfolge. Laut KfW Research haben von den Inhabern
kleiner und mittlerer Unternehmen, die in den nächsten drei Jahren übergeben wollen, lediglich 42 Prozent den
Nachfolgeprozess gestartet. Hier wäre eine bundesweite Informationskampagne hilfreich.

Zu 1l: Die Beteiligung von Frauen an Gründungen nimmt seit Jahren stetig zu. Rund 43 Prozent aller Existenz-
gründungen werden inzwischen von Frauen vorgenommen, so der KfW-Gründungsmonitor 2016. Im Vergleich
zu Männern müssen Frauen auf dem Weg zur Gründung aber oft höhere Hürden überwinden: Sie gründen eher
in der Dienstleistungs-, Gesundheits- und Kreativwirtschaft und benötigen daher oft ein nur geringes Startkapital.
Doch das ist nicht immer einfach zu beschaffen, da Frauen in der Regel über ein geringeres Eigenkapital und
damit über weniger Sicherheiten verfügen. Die Banken vergeben u. a. wegen des zu hohen Verwaltungsaufwan-
des nur zögerlich Kleinkredite, so dass Frauen häufig individuelle, moderne Finanzierungskonzepte nutzen, die
eine adäquate Finanzierung ihrer Vorhaben ermöglichen.

Zu 1n: Die größeren Gründungsfördertöpfe, wie der mit Venture Capital finanzierte Hightech-Gründerfonds, sind
häufig zu technologieorientiert. Geistige, kreative, kulturelle und soziale Innovationen fallen hier, wie in vielen
anderen Förderprogrammen, durch das Raster. Es bedarf daher einer Überarbeitung des Innovationsbegriffs so-

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wie einer Überarbeitung der Definition förderfähiger Aufgaben in den bestehenden Förderprogrammen der Bun-
desregierung. Hierdurch sollen diese Förderprogramme für zusätzliche Branchen wie die Kreativwirtschaft zu-
gänglich gemacht werden.

Zu 2a: Gründerinnen und Gründer haben eine Vielzahl von Melde- und Informationspflichten gegenüber Behör-
den wie dem Gewerbe- und Finanzamt bzw. dem Handelsregister zu beachten. Diese dienen zum großen Teil
lediglich statistischen Zwecken, haben aber kaum rechtliche Relevanz. Diese Regelung gilt allerdings nicht ge-
nerell. Wichtige Melde- und Informationspflichten wie die zur Sozialversicherung sind selbstverständlich nicht
betroffen.

Zu 2b und c: Der Normenkontrollrat hat in seinem Jahresbericht 2014 deutlich auf die positiven Wirkungen
elektronischer Behördenkommunikation hingewiesen. Mehr als die Hälfte der zwischen 2006 und 2013 erzielten
Fortschritte im Bereich des Bürokratieabbaus gingen auf Neuerungen im Bereich des E-Government zurück.
Auch die Expertenkommission Forschung und Innovation der Bundesregierung (EFI) sieht in ihrem aktuellen
Gutachten wichtige ungenutzte Innovations- und Wertschöpfungspotenziale. Um weitere Potenziale elektroni-
scher Verwaltungsprozesse zu nutzen, sollte eine intensive Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern erfol-
gen und dabei die Regelung der Gesetzgebungskompetenz vereinheitlicht sowie ein gemeinsames Verwaltungs-
portal im Rahmen einer neuen Finanzordnung genutzt werden. Daneben muss eine angemessene Strategie für
Open-Government vorgelegt und umgesetzt werden, auch um die Entwicklung innovativer, gründerfreundlicher
Anwendungen zu fördern. Eine konsequente Open- und E-Government-Strategie stärkt auch den Wettbewerb auf
digitalen Märkten.
Die Bundesregierung hat sich mit der „Digitalen Agenda“ und dem Programm „Digitale Verwaltung 2020“ selbst
auferlegt, im Bereich E-Government „koordiniert und effektiv“ vorzugehen. Diesem drängenden Anspruch ist
die Bundesregierung bisher nicht gerecht geworden. Durch die Nichtvorlage zentraler Bausteine einer kohärenten
E-Government-Strategie, exemplarisch sei hier auf die Weigerung der Bundesregierung verwiesen, ein – im Ko-
alitionsvertrag angekündigtes – Open-Data-Gesetz vorzulegen, lässt die Bundesregierung die in zahlreichen Stu-
dien belegten Potenziale von Open- und E-Government-Angeboten auch weiterhin weitgehend ungenutzt, wie
auch der E-Governement Development Index der Vereinten Nationen aufzeigt. Die grüne Bundestagsfraktion hat
dazu bereits eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet (vgl. Bundestagsdrucksache 18/9056 „Stillstand beim E-
Government beheben – Für einen innovativen Staat und eine moderne Verwaltung“).

Zu 3a: Die pauschalisierten Regelungen zur Beitragsberechnung in der gesetzlichen Krankenversicherung sind
nicht praxistauglich. Anstatt die tatsächlichen Einkommen zugrunde zu legen und besondere Situationen wie
Auftragsflauten oder Liquiditätsengpässe zu berücksichtigen, unterstellt das Krankenversicherungsrecht allen
Selbständigen hohe Einkünfte, die wiederum zu überhöhten Mindestbeiträgen führen. Dies bedeutet besonders
für viele Gründerinnen und Gründer in der Startphase, dass sie einen erheblichen Anteil ihrer Einkünfte für ihre
Sozialversicherungsbeiträge aufwenden müssen. Das stellt eine Benachteiligung gegenüber abhängig Beschäf-
tigten dar, deren Beiträge strikt einkommensbezogen erhoben werden. Durch eine Absenkung der Mindestbe-
messungsgrenze auf das Niveau der sonstig freiwillig Versicherten (aktuell 968 Euro) könnten die Mindestbei-
träge für Selbständige mit geringem Einkommen zumindest reduziert werden.

Zu 3b: Die Einbeziehung von Selbständigen in die Rentenversicherung hängt derzeit vom Beruf, von der Art des
Gewerbes, von der Anzahl der Beschäftigten und vom Einkommen ab. Viele und teils recht unsystematische
Ausnahmen erschweren eine klare Zuordnung. Während etwa selbständige Augenoptikerinnen und -optiker au-
tomatisch versichert sind, bleibt es den Feinoptikerinnen und -optikern selbst überlassen, ob bzw. wie sie für ihr
Alter vorsorgen. Diese Ungleichbehandlung ist höchst problematisch, da Hilfsbedürftigkeit im Alter auf Grund
von fehlenden eigenen Rentenansprüchen von der Allgemein aufzufangen ist. In einem ersten Schritt hin zu einer
Bürgerversicherung sollen daher alle nicht anderweitig abgesicherten Selbständigen in die gesetzliche Renten-
versicherung einbezogen werden. Ein Teil der Beiträge sollen von den Auftraggeberinnen und Auftraggeber
übernommen werden. Wie dies genau geschehen soll, muss noch überprüft werden. Es ließe sich an bestehende
Regelungen wie im Fall der Hausgewerbetreibenden anknüpfen, bei welchen sich die Auftraggeberinnen und
Auftraggeber paritätisch beteiligen. Für Cloud-, Click- und Crowdworker könnten Vermittlungsplattformen zu
einer Art Verwerterabgabe analog zu den Regelungen der Künstlersozialkasse herangezogen werden.

Drucksache 18/12369 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Zu 3c: Um Gründerinnen und Gründer besser abzusichern, hatte die rot-grüne Bundesregierung die Möglichkeit
der freiwilligen Arbeitslosenversicherung geschaffen. Scheitert ihr Unternehmen, können sie damit auf einen mit
ihren Beiträgen gespeisten Versicherungsschutz zurückgreifen und sind nicht auf SGB-II-Leistungen angewie-
sen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat 2010 mit dem sogenannten Beschäftigungschancengesetz (vgl. Bun-
destagsdrucksache 17/1945) die freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbständige neu geregelt. Dabei wurde
die Beitragsberechnungsgrundlage so verändert, dass sich die Kosten für den Versicherungsschutz fast verfünf-
fachten. Gründerinnen und Gründer zahlen im Jahr der Aufnahme ihrer selbständigen Tätigkeit und im darauf
folgenden Kalenderjahr nur den hälftigen Beitrag. Nach dieser Schonfrist wird der volle Beitrag erhoben. Jah-
resbeiträge zur Arbeitslosenversicherung bis zu 1 020 Euro jährlich sind für viele Jungunternehmerinnen und
-unternehmer aber auch nach einem Jahr oftmals eine viel zu hohe finanzielle Belastung. Entsprechend gering ist
die Inanspruchnahme dieser freiwilligen Möglichkeit. Selbständigen soll es künftig daher möglich sein, Beiträge
auf Grundlage der halben Bezugsgröße zu zahlen. Damit erreichen wir eine Halbierung der bisherigen Beitrags-
belastungen. Anstatt 89,25 Euro (West) bzw. 79,80 Euro (Ost) zahlen sie nur noch 44,63 Euro bzw. 39,90 Euro
im Monat. Im Falle der Arbeitslosigkeit haben sie Anspruch auf Arbeitslosengeld entsprechend ihren gezahlten
Beiträgen (vgl. Bundestagsdrucksache 18/5386).

Zu 3d: Die Feststellungsverfahren im Arbeits-, Sozial- und Steuerrecht sind für viele Selbständigen verwirrend
und schwer nachzuvollziehen. Einige beklagen, dass bestimmte Kriterien wie das Bestehen einer anderweitigen
Altersabsicherung (privat oder über die Künstlersozialkasse) nicht oder nur eingeschränkt berücksichtigt werden.
Ein transparentes und nachvollziehbares Verfahren bringt Rechts- und Planungssicherheit. Dies soll künftig
durch einen offenen Katalog an Positivkriterien für eine selbständige Tätigkeit erreicht werden. Darüber hinaus
soll geprüft werden, inwiefern Selbständige bei einer eindeutigen wirtschaftlichen Unabhängigkeit auf das Sta-
tusfeststellungsverfahren verzichten können. Dies muss allerdings im Einklang mit dem Wettbewerbsrecht ste-
hen. An der allgemeinen Versicherungspflicht von Selbständigen in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Ren-
tenversicherung ändert dies nichts. Problematisch für die Betroffenen ist zudem, dass die unterschiedlichen Fest-
stellungsverfahren im Sozial-, Arbeits- und Steuerrecht bislang unabhängig voneinander laufen. So müssen sich
etwa die Finanzämter nicht an die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung halten und kommen ggf. zu abwei-
chenden Einschätzungen. Hier sollen daher einheitliche Kriterien entwickelt und rechtsübergreifend abgestimmt
werden.

Zu 4a: Bereits im Jahr 2013 im Rahmen der gesetzlichen Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20. Oktober 2011
in der Rechtssache C-284/09 mit der die Streubesitzdividenden in die Besteuerung einbezogen wurden, hatte die
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine andere Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vor-
geschlagen. Die bessere Lösung für die Besteuerung von Streubesitzdividenden wäre gewesen, eine Veranla-
gungsoption für ausländische Gesellschaften in Deutschland zu schaffen. Schon bei anderen Verstößen gegen die
Grundfreiheiten im Binnenmarkt hat Deutschland Regelungen getroffen, die es dem Ausländer erlauben, sich
voll wie ein Inländer besteuern zu lassen, z. B. bei der Erbschaftsteuer. Eine analoge Regelung wäre auch bei der
Dividendenbesteuerung möglich. In Deutschland würden die ausländischen Gesellschaften mit ihren Dividenden
von Inländern dann zu Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer veranlagt. Damit würde in Deutschland die gleiche
Steuerbelastung hergestellt wie bei einer inländischen Gesellschaft.

Zu 4c: Im Gegensatz zur Regel-Soll-Versteuerung wird bei der Ist-Versteuerung die Mehrwertsteuer erst dann
an das Finanzamt abgeführt, wenn der Auftraggeber die Rechnung bezahlt und der leistende Unternehmer für die
erbrachte Leistung die notwendige Liquidität zur Entrichtung der Umsatzsteuer erhält. Die Anhebung der Ist-
Versteuerungsgrenze auf 2 Mio. Euro wäre EU-rechtlich unproblematisch und würde nicht zu Steuerminderein-
nahmen für die öffentlichen Haushalte führen, weil die Umsatzsteuer in jedem Fall entrichtet wird. Lediglich der
Zeitpunkt der Abführung würde verschoben. Mit der Anhebung der Ist-Versteuerungsgrenze könnte die Liquidi-
tät von jungen Unternehmen grundsätzlich verbessert werden, weil es gerade vielen jungen Unternehmen
schwerfällt, 19 Prozent Mehrwertsteuer vorfinanzieren zu müssen.

Zu 5a: Nach Berechnungen der Weltbank braucht man in der Bundesrepublik Deutschland 14 Tage, bis alle
bürokratischen Hürden für eine Unternehmensgründung genommen sind. Dabei müssen Gründerinnen und Grün-
der oft zu verschiedenen Behörden oder Kammern, um alle Anforderungen zu erfüllen. Eine einzige Anlaufstelle
für Gründerinnen und Gründer würde den Aufwand deutlich vermindern. Dies ist zwar in den Eckpunkten zum

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Bürokratieabbau als Absichtserklärung der Bundesregierung enthalten, aber bislang nicht mit Maßnahmen un-
terlegt. Im Idealfall binden sich bestehende Anbieter von Beratungsangeboten wie z. B. die Kammern hier ein.

Zu 5e: Deutschland verfügt nach vielen Aussagen über zu wenig Gründungskultur. Dazu trägt eine weitgehende
Unkenntnis insbesondere in weiterführenden Schulen über Organisation, Arbeitsabläufe, reale Aufgabenstellun-
gen und Herausforderungen gerade im produzierenden Bereich – einschließlich einer negativen Bewertung von
„schmutziger“ Fabrikarbeit. Diese Unkenntnis wirkt sich auch hemmend auf die Gründungskultur aus, da das
mit der Wirtschaft verbundene Risiko des Scheiterns prinzipiell als höher bewertet wird als die Chance auf Erfolg
und damit verbundene Lebenszufriedenheit.

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