BT-Drucksache 18/12367

Kontogebühren - Transparenz und Verbraucherschutz erhöhen

Vom 17. Mai 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12367
18. Wahlperiode 17.05.2017
Antrag
der Abgeordneten Nicole Maisch, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Katja
Keul, Renate Künast, Monika Lazar, Irene Mihalic, Özcan Mutlu, Dr. Konstantin
von Notz, Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kontogebühren ‒ Transparenz und Verbraucherschutz erhöhen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Angesichts des Rückgangs der Zinsmargen suchen Banken und Sparkassen verstärkt
nach alternativen Einnahmemöglichkeiten. Bereits in ihrem Monatsbericht von Sep-
tember 2016 hat die Deutsche Bundesbank darauf hingewiesen, dass Entgelte aus dem
Giro- und Zahlungsverkehr zunehmend an Bedeutung gewinnen.1 Grundsätzlich ist es
nachvollziehbar, dass Banken und Sparkassen für die Dienstleistung „Kontoführung“
eine Gegenleistung verlangen, da zum Beispiel bereits die Bereitstellung von Bargeld
Kosten verursacht. So funktionierte das Angebot einer kostenlosen Kontoführung bis-
her nur dank Querfinanzierungen.
In den vergangenen Monaten ist allerdings eine zunehmende Aufsplitterung von Kon-
tomodellen und Entgelten zu beobachten. Dies ist mit dem Argument notwendiger Ge-
bührensteigerungen nicht zu begründen. Dadurch wird das Angebot für Kundinnen
und Kunden zunehmend unübersichtlich und schwer vergleichbar. Vermeintlich
selbstverständliche Kontoleistungen wie das übliche Abheben von Bargeld oder On-
line-Banking werden nicht durch eine Kontoführungsgebühr abgedeckt, sondern statt-
dessen einzeln abgerechnet. Kontomodelle, die durch niedrige Kontoführungsgebüh-
ren zunächst attraktiv erscheinen, entpuppen sich bei genauerer Betrachtung mitunter
als Kostenfallen.
Die oftmals intransparente Änderung von Entgelten, welche nicht aktiv von Verbrau-
cherinnen und Verbrauchern bestätigt werden muss, sorgt für Verunsicherung über die
Beständigkeit des genutzten Angebots und die tatsächlich anfallenden Gebühren. Dies
erschwert insbesondere bei einem beabsichtigten Kontowechsel die Einschätzung, ob
sich ein Wechsel dauerhaft lohnt. Die Stiftung Warentest musste bei ihrer Aufstellung
günstiger Girokonten (Finanztest, 10/16, S.16) extra die Spalte „Änderung beabsich-
tigt“ aufnehmen. Selbst Vergleichsportale dürften mit Blick auf die Flut der mitunter
kreativen Entgelterhebungen in Zukunft an ihre Grenzen stoßen. Im Rahmen der Um-
setzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie bieten sich gesetzgeberisch zahlreiche
Möglichkeiten, um den angesprochenen Problemen entgegenzuwirken.
1 www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Monatsberichte/2016/2016_09_

monatsbericht.pdf?__blob=publicationFile, S. 76.

https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Monatsberichte/2016/2016_09_monatsbericht.pdf?__blob=publicationFile
https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Monatsberichte/2016/2016_09_monatsbericht.pdf?__blob=publicationFile
Drucksache 18/12367 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Die steigenden Kosten für die Kontoführung treffen Menschen mit geringem Einkom-
men besonders. Ein Konto ist für die Partizipation am öffentlichen Leben für die meis-
ten Menschen unabdingbar. Gerade das dafür geschaffene Basiskonto darf daher nicht
durch zu hohe Gebühren konterkariert werden. Wie in der entsprechenden EU-Richt-
linie vorgesehen, darf der Anspruch auf ein Basiskonto nicht nur rechtlich, sondern
muss auch wirtschaftlich möglich sein.2 Doch hier besteht das Problem, dass es un-
klare Rechtsbegriffe bzgl. der maximal zu erhebenden Entgelte gibt. Wegen zu hoher
Gebühren hat der Bundesverband Verbraucherzentrale bereits Klage gegen drei Kre-
ditinstitute eingereicht.3 Darüber hinaus sind die Regelbedarfe für Empfängerinnen
und Empfänger von Mindestsicherungsleistungen so zu berechnen, dass diese echte
Teilhabe ermöglichen und die Menschen dadurch unter anderem in der Lage sind, die
Kosten für ein Basiskonto zu tragen.
Beim Abheben an fremden Geldautomaten treffen Verbraucherinnen und Verbraucher
nach wie vor auf zu hohe Gebühren. Eine Selbstverpflichtung einiger Banken vor ei-
nigen Jahren, die Gebühren auf 1,95 Euro einzudämmen, ist gescheitert. Laut einem
Testbericht der Stiftung Warentest von November 2016 fallen beim Abheben Entgelte
von bis zu 7,99 Euro an und mitunter werden die Kosten nicht transparent und sehr
spät ausgewiesen.4
Bei den Dispo- und Überziehungszinsen gibt es weiterhin eine große Diskrepanz zum
Stand diverser Leitzinssätze. Natürlich entstehen den Banken und Sparkassen bei Nut-
zung eines Dispokredits Aufwand und Kosten, allerdings steht es den Banken frei, den
Kundinnen und Kunden diesen Kreditrahmen zu geben, und das Verhältnis stimmt bei
Zinssätzen von mitunter über 10 Prozent5 in keinem Fall. Die Tatsache, dass diese
Zinssätze in der Regel kein entscheidendes Wettbewerbskriterium sind, darf von Ban-
ken und Sparkassen nicht zu Lasten der Kunden ausgenutzt werden. Laut „Finanztest“
generieren die Finanzinstitute mit einem Prozentpunkt höheren Zinsen mehrere Milli-
onen Euro Mehreinnahmen (Finanztest, 9/2016, S. 27).

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– im Rahmen der Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie Regelungen
vorzusehen, die sicherstellen,
o dass Verbraucherinnen und Verbraucher die Kosten für die übliche Nutzung

eines Kontos vergleichen können. Dazu muss gesetzlich festgelegt werden,
dass Leistungen, die normalerweise bei der üblichen Führung eines Kontos
in Anspruch genommen werden, bereits durch die Zahlung der Kontofüh-
rungsgebühr abgedeckt sind, um auch eine Doppelabrechnung zu verhindern,

o dass die Möglichkeit von Banken und Sparkassen, einseitige Änderungen an
den Bedingungen von Kontoverträgen vorzunehmen, nur dann ohne weitere
Konkretisierung vereinbart werden kann, wenn sie durch Änderungen im
Zahlungsverkehrsmarkt erforderlich sind. Alle weiteren Änderungen müssen
in der Änderungsklausel klar benannt und für Verbraucherinnen und Ver-
braucher verständlich sein;

– durch die Vorlage einer Gesetzesänderung oder zumindest über die BaFin im
Kontext des Basiskontos für Rechtsklarheit bezüglich der Begriffe „angemessen“
und „marktüblich“ zu sorgen, sodass die zu erhebenden Entgelte auf die Entgelt-
höhe für das günstigste Kontomodell des anbietenden Kreditinstituts, das dem zu
2 Richtlinie 2014/92/EU vom 23. Juli 2014, Artikel 16 Absatz 2.
3 www.vzbv.de/pressemitteilung/basiskonto-vor-gericht.
4 www.test.de/Geld-abheben-Fremdgehen-wird-teurer-5094418-0/.
5 https://girokonto.fmh.de/rechner/fmh2/.

http://www.vzbv.de/pressemitteilung/basiskonto-vor-gericht
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12367

erwartenden Nutzungsverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher ent-
spricht und nicht mit festgelegten und regelmäßigen Zahlungseingängen verbun-
den ist, begrenzt werden,

– darüber hinaus zu gewährleisten, dass die steigenden Kontokosten nicht zu einem
faktischen Ende des Anspruchs auf ein Basiskonto für Empfängerinnen und Emp-
fänger von Mindestsicherungsleistungen führen,

– eine Regelung vorzulegen, welche die Gebühr für das Abheben an fremden Geld-
automaten in einer Höhe begrenzt, die zu dem wirtschaftlichen Risiko und Inte-
resse der Kreditinstitute in angemessenem Verhältnis steht und eine frühzeitige
und deutliche Anzeige der anfallenden Gebühren für das Abheben am fremden
Geldautomaten sicherstellt,

– eine Regelung vorzulegen, die Dispositions- und Überziehungszinsen für Ver-
braucherinnen und Verbraucher auf ein Niveau begrenzt, das zu dem wirtschaft-
lichen Risiko und Interesse der Kreditinstitute in angemessenem Verhältnis steht.

Berlin, den 16. Mai 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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