BT-Drucksache 18/12360

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Asylgesetzes zur Beschleunigung von Verfahren

Vom 16. Mai 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12360

18. Wahlperiode 16.05.2017

Gesetzentwurf

der Abgeordneten Katja Keul, Luise Amtsberg, Renate Künast, Volker Beck (Köln),
Monika Lazar, Irene Mihalic, Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von Notz, Corinna Rüffer,
Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Asylgesetzes zur
Beschleunigung von Verfahren

A. Problem

Bei den Verwaltungsgerichten ist seit einiger Zeit ein erheblicher Anstieg der
asylgerichtlichen Verfahren zu verzeichnen, der die Justiz vor die Herausforde-
rung stellt, einen angemessenen und zeitnahen Umgang mit der gestiegenen Fall-
zahl zu finden. Das geltende Asylgesetz ist unzureichend, da es in Abweichung
vom sonstigen Verwaltungsrecht in Asylverfahren keine Möglichkeit der Zulas-
sung der Berufung durch das Verwaltungsgericht, keine Sprungrevision zum Bun-
desverwaltungsgericht und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keine
Beschwerdemöglichkeiten vorsieht. Folge ist das Fehlen einer obergerichtlichen
Klärung elementarer Rechtsfragen, sodass gleichgelagerte Fälle immer wieder
neu entschieden werden und divergierende erstinstanzliche Entscheidungen
Rechtsunsicherheit auslösen. Gerade im Bereich des Eilrechtsschutzes, der bei
Dublin-Verfahren überwiegend zur Anwendung kommt und teilweise durch die
unionsrechtliche Überlagerung des Asylrechts komplizierte Entscheidungen des
Verwaltungsgerichts erfordert, fehlen obergerichtliche Leitentscheidungen weit-
gehend.

B. Lösung

Eine obergerichtliche Rechtsprechung zu Fragen von grundsätzlicher Bedeutung
sorgt für eine Vereinheitlichung in Asylverfahren und kann die Gerichte der un-
teren Instanz entlasten, sodass die Asylrechtsprechung effektiver und somit auch
beschleunigt wird. Dazu wird das Rechtsmittelsystem in Asylverfahren refor-
miert, indem die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht, die
Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht und Beschwerdemöglichkeiten in
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eingeführt werden. Der Bundesrat hat
insoweit einen praktikablen Vorschlag gemacht (Beschlussdrucksache des Bun-
desrates 179/17(B)), der hiermit aufgegriffen wird, um mit der Unterstützung der
Bundesländer die derzeit dringendsten Anpassungen im Rechtsmittelrecht im
Asylverfahren vorzunehmen. Zusätzlich wird die Vereinheitlichung der Recht-
sprechung verlässliche Prüfungsmaßstäbe für das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge (BAMF) ermöglichen.

Drucksache 18/12360 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

C. Alternativen

Keine. Eine personelle Verstärkung an den Verwaltungsgerichten der Länder ist
teilweise bereits erfolgt und einige Gerichte haben „Dublin-Kammern“ eingerich-
tet, um dem Verfahrensanstieg gerecht zu werden. Dies vermag zwar zu einer
geringeren Abweichung der Entscheidungen ähnlicher Fälle innerhalb einzelner
Verwaltungsgerichte führen, ist aber deutlich kostenintensiver und kann eine
höchstrichterliche Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung nicht er-
setzen.

D. Kosten

Es ist ein geringfügiger Mehraufwand seitens der Oberverwaltungsgerichte und
des Bundesverwaltungsgerichts zu erwarten, dem Einsparungen bei den Verwal-
tungsgerichten gegenüberstehen. Eine erhebliche Verfahrenszunahme und somit
eine erhebliche Kostensteigerung bei den oberen Gerichten sind aber nicht zu er-
warten, da den Beteiligten die Rechtsmittel nur zustehen, wenn sie zugelassen
worden sind.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12360

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Asylgesetzes zur
Beschleunigung von Verfahren

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Asylgesetzes

Das Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das zuletzt
durch Artikel 6 Absatz 14 des Gesetzes vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) geändert worden ist, wird wie folgt
geändert:

1. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zu § 80 wie folgt gefasst:

„§ 80 Beschwerde“.

2. § 78 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 2 Satz 1 werden nach dem Wort „dem“ die Wörter „Verwaltungsgericht oder dem“ eingefügt.

b) Absatz 2 Satz 2 wird aufgehoben.

c) In Absatz 3 werden die Wörter „Die Berufung ist nur zuzulassen“ durch die Wörter „Das Oberverwal-
tungsgericht lässt die Berufung zu“ ersetzt.

d) Die Absätze 4 bis 6 werden durch die folgenden Absätze 4 bis 6 ersetzt:

„(4) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des Absatzes 3
Nummer 1 oder 2 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer
Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt. Die Berufung ist, wenn sie von
dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollstän-
digen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil be-
zeichnen.

(5) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 4 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung
des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung
der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf
einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die
Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe
der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung un-
zulässig.

(6) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulas-
sung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist
bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag
sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt
die Rechtskraft des Urteils.“

e) Nach Absatz 6 werden die folgenden Absätze 7 und 8 eingefügt:

„(7) Über den Antrag nach Absatz 6 entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der
keiner Begründung bedarf. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des Absatzes 3 darge-
legt ist und vorliegt. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberver-
waltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der
Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(8) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Ver-
waltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.“

f) Der bisherige Absatz 7 wird Absatz 9.

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3. § 80 wird wie folgt gefasst:

㤠80

Beschwerde

(1) Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des Absatzes 2
und des § 133 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(2) Gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80,
80a und 123 der Verwaltungsgerichtsordnung) steht den Beteiligten die Beschwerde an das Oberverwal-
tungsgericht zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss zugelassen wird.
Die Beschwerde ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Der Rechtssache
kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn

1. das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss

a) über eine Frage des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes von grundsätzlicher Bedeutung
entschieden hat oder

b) die Bewertung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache auf eine Frage von grundsätzlicher Bedeu-
tung gestützt hat und

2. der Beschluss des Verwaltungsgerichts hierauf beruht.

Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(3) Die Beschwerde nach Absatz 2 ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entschei-
dung bei dem Oberverwaltungsgericht einzulegen und zu begründen; § 148 Absatz 1 der Verwaltungsge-
richtsordnung findet keine Anwendung. Die Begründung der Beschwerde muss einen bestimmten Antrag
enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit
der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Be-
schwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.“

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Berlin, den 16. Mai 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12360

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Bundesweit sind die Zahlen der Klagen und Eilanträge in Asylverfahren vor den Verwaltungsgerichten überpro-
portional gestiegen. Der Anteil von Asylverfahren am Gesamtaufkommen hat bei den Verwaltungsgerichten im
Jahr 2016 Werte von 44,5 % (Hauptsacheverfahren) bzw. 63,6 % (vorläufiger Rechtsschutz) erreicht. Am Ver-
waltungsgericht Berlin sind beispielsweise im Jahr 2015 rund 2.350 Asylverfahren eingegangen, 2016 hingegen
10.600 Verfahren. In Nordrhein-Westfalen sind im Jahr 2015 bei den Verwaltungsgerichten 21.219 Hauptsache-
und Eilverfahren in Asylsachen eingegangen, 2016 waren es 51.428 und in den ersten drei Monaten des Jahres
2017 sind sogar es bereits 23.882 Verfahren. Ein Rücklauf ist im Moment nicht abzusehen.

Daher soll den Verwaltungsgerichten die Möglichkeit eingeräumt werden, bei grundsätzlicher Bedeutung des
Falles oder Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung Beschwerde, Berufung und – mit Zustimmung
der Verfahrensbeteiligten – die Sprungrevision zuzulassen. Damit wird das Ziel erreicht, den Prüfungsaufwand
der Verwaltungsgerichte zu reduzieren und die Verfahrenserledigung effizient zu fördern und somit die angemes-
sene Bearbeitung der gestiegenen Asylverfahren zu erleichtern. Dies entspricht nicht nur einem Beschluss des
Bundesrates vom 10. März 2017 (179/17(B)), sondern auch den teilweise noch weitergehenden Forderungen zahl-
reicher Praktikerinnen und Praktiker, wie z. B. die Stellungnahmen des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter
und Verwaltungsrichterinnen (BDVR), der Neuen Richtervereinigung (NRV) oder des Deutschen Anwaltsvereins
(DAV) belegen. Auch der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts und die Präsidentinnen und Präsidenten der
Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichtshöfe der Länder plädieren dafür, die übermäßigen Rechtsmit-
telbeschränkungen im Asylprozess zu überdenken. Die rechtlichen Rahmenbedingungen des Asylverfahrens sind
seit den neunziger Jahren, als im Interesse der Verfahrensbeschleunigung Abweichungen im Asylverfahren vom
allgemeinen Verwaltungsprozessrecht festgelegt wurden, erheblich komplexer geworden und erfordern bei der
Beurteilung die Berücksichtigung des Zusammenspiels nationaler asylverfahrensrechtlicher und ausländerrecht-
licher Regelungen, die aktuellen Verhältnisse in den Herkunftsstaaten und Spezialwissen im Zusammenhang mit
den Dublin-Verordnungen und EU-Richtlinien. Ohne die Möglichkeit des Zugangs zu den obersten Gerichten
können diese ihrer gesetzlichen Aufgabe, die Rechtsprechung zum Verwaltungsrecht zu vereinheitlichen und fort-
zuentwickeln, nicht angemessen nachkommen.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 Nr. 1

Notwendige Folgeänderung.

Zu Artikel 1 Nr. 2

Die fehlende Möglichkeit der Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht selbst führt derzeit dazu,
dass eine ober- oder höchstrichterliche Klärung streitiger, nicht selten schwieriger Rechtsfragen nicht zuverlässig
möglich ist. Dass bisher nur das Oberverwaltungsgericht bei entsprechendem Antrag die Möglichkeit zur Zulas-
sung hat, hat zur Folge, dass nicht genügend Fälle mit grundsätzlicher Bedeutung und vorhandener Divergenz
zugelassen wurden, um durch Leitentscheidungen für mehr Rechtssicherheit im Umgang mit schwierigen Tatsa-
chen- und Rechtsfragen sorgen zu können. Anders als die erste Instanz, die wegen der Vielzahl der dort anhängi-
gen Verfahren eine breitere Grundlage für die Bewertung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage sowie
vorhandener Divergenz hat, verfügt das Oberverwaltungsgericht als Berufungsgericht auch aufgrund der ver-
gleichsweise geringen Zahl von Verfahren nicht über eine entsprechende Gesamtübersicht. So muss sich das
Oberverwaltungsgericht erst bei einem entsprechenden Zulassungsantrag mit einem etwaigen Fall von grundsätz-
licher Bedeutung oder vorhandener Divergenz befassen. Hinzu kommt, dass es nach Einschätzung der gerichtli-
chen Praxis auch Konstellationen geben kann, in denen eine Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungs-
gericht trotz Vorliegen der Zulassungsgründe (grundsätzliche Bedeutung und Divergenz) nicht erfolgen kann, da
die Darlegungsvoraussetzungen des § 78 Absatz 4 Satz 4 AsylG nicht gegeben sind.

Drucksache 18/12360 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die fehlenden Leitentscheidungen haben zu einer Vielzahl divergierender erstinstanzlicher Entscheidungen und
einer damit einhergehenden Unsicherheit der Rechtsanwender (auch beim BAMF) geführt. Durch den Regelungs-
vorschlag soll den Verwaltungsgerichten die Möglichkeit eröffnet werden, eine Überprüfung ihrer Urteile durch
das Berufungsgericht zuzulassen.

Die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht ist beschränkt auf Fälle von grundsätzlicher Bedeu-
tung sowie auf solche, in denen das Verwaltungsgericht von einer Entscheidung eines Obergerichts oder obersten
Gerichts beziehungsweise des Bundesverfassungsgerichts abgewichen ist.

Die Eröffnung der Sprungrevision kann dazu beitragen, das dem Bundesverwaltungsgericht verfügbare Fallma-
terial zu vermehren. Außerdem erweist sich die Sprungrevision als ein Instrument, das gezielt eingesetzt werden
kann, um eine praxisrelevante Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung einer zügigen höchstrichterlichen Klä-
rung zuzuführen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass aufgrund der Vielzahl von Fällen, mit denen die Gerichte
in der ersten Instanz beschäftigt sind, dort bisweilen früher als in der Berufungsinstanz erkannt wird, welchen
Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung zukommt. Mit Verfahrensverzögerungen durch eine Eröffnung der
Sprungrevision in Asylstreitverfahren ist nicht in einer relevanten Zahl von Fällen zu rechnen. Dem stehen bereits
die engen Voraussetzungen des § 134 VwGO für den Zugang zur Revisionsinstanz entgegen. Im Übrigen über-
wiegt in der Abwägung der Vorteil, der sich daraus ergibt, dass das Bundesverwaltungsgericht seiner Funktion
besser als bislang nachkommen kann, die Rechtsanwendung im Bereich des Asyl- und Asylverfahrensrechts durch
die Herbeiführung von Leitentscheidungen zu vereinheitlichen, und die effektivere Grundsatzklärung Verfahren
mit gleichen oder ähnlich gelagerten Fragestellungen beschleunigt.

Zu Artikel 1 Nr. 3

Der vorgeschlagene neue § 80 Absatz 2 Satz 1 AsylG sieht für Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, die
Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylgesetz zum Gegenstand haben, die Einführung einer Beschwerdemöglichkeit
vor. Sie ist nach § 80 Absatz 2 Satz 2 AsylG auf Fälle beschränkt, in denen das Verwaltungsgericht in seiner
Entscheidung die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat. Die Eröffnung
eines solchen Rechtsmittels durch das Verwaltungsgericht kann der rechtsstaatlich gebotenen Vorhersehbarkeit
und Verlässlichkeit gerichtlicher Entscheidungen dienen und eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung bewir-
ken. Die Eröffnung einer Beschwerdemöglichkeit zwecks Entscheidung grundsätzlich bedeutsamer Fragen stellt
daher ein geeignetes Mittel dar, um obergerichtlich bestimmte Tatsachen- und Rechtsfragen zu klären, was sich
beschleunigend auf gleichgelagerte Fälle auswirken kann.

Zwar ist das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes systematisch nicht darauf ausgelegt, grundsätzliche Tat-
sachen- und Rechtsfragen abschließend zu klären und Leitentscheidungen herbeizuführen. Die Besonderheiten
der sogenannten Dublin-Verfahren, in denen die Verwaltungsgerichte Zweifelsfragen häufig nicht zum Anlass
nehmen, den Suspensiveffekt herzustellen, zwingen aber zu der Abwägung, entweder aus dogmatischen Gründen
das faktische Fehlen der gebotenen Grundsatzklärungen hinzunehmen oder die Klärung fallübergreifender Fragen
durch das Oberverwaltungsgericht in maßvollem Umfang zu ermöglichen.

Der mit der Eröffnung einer Beschwerdemöglichkeit zum Oberverwaltungsgericht verbundenen Verzögerung des
betroffenen Einzelverfahrens trägt die vorgeschlagene Regelung dadurch hinreichend Rechnung, dass die Zulas-
sung der Beschwerde auf den Fall der grundsätzlichen Bedeutung beschränkt und eine Beschwerde gegen die
Nichtzulassung der Beschwerde nicht statthaft sein soll. Darüber hinaus wird die Verzögerung gerichtlicher Ver-
fahren dadurch begrenzt, dass das Rechtsmittel – abweichend von den für die Beschwerde geltenden Bestimmun-
gen der Verwaltungsgerichtsordnung – binnen einer kurzen Frist von zwei Wochen unmittelbar bei dem Oberver-
waltungsgericht einzulegen und zu begründen ist. Der somit begrenzte Zeitmehrbedarf in den betroffenen Einzel-
verfahren wird im Übrigen überkompensiert durch den Zeitgewinn, der sich für die Vielzahl von Fällen ergibt,
deren Erledigung durch die Grundsatzklärung erleichtert wird.

Der neue § 80 Absatz 2 Satz 3 AsylG stellt klar, dass auch bei materiell-rechtlichen Fragen von grundsätzlicher
Bedeutung die Beschwerde zuzulassen ist.

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