BT-Drucksache 18/12107

Forderung der Vereinten Nationen zu den in der DDR geschiedenen Frauen sofort umsetzen

Vom 26. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12107
18. Wahlperiode 26.04.2017
Antrag
der Abgeordneten Susanna Karawanskij, Cornelia Möhring, Matthias W.
Birkwald, Caren Lay, Sabine Zimmermann (Zwickau), Herbert Behrens,
Karin Binder, Heidrun Bluhm, Eva Bulling-Schröter, Roland Claus, Kerstin
Kassner, Katja Kipping, Sabine Leidig, Ralph Lenkert, Dr. Gesine Lötzsch,
Michael Leutert, Thomas Lutze, Birgit Menz, Dr. Petra Sitte, Dr. Kirsten
Tackmann, Azize Tank, Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Birgit Wöllert,
Pia Zimmermann, Hubertus Zdebel und der Fraktion DIE LINKE.

Forderung der Vereinten Nationen zu den in der DDR geschiedenen Frauen
sofort umsetzen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Mit der deutschen Einheit trafen 1990 zwei unterschiedliche deutsche Gesellschafts-
systeme mit ihren verschiedenen Familienbildern aufeinander.
In der Bundesrepublik Deutschland war das Rollenmodell des Ehemannes als Famili-
enernährer und der Ehefrau mit geringerem oder keinem Zuverdienst vorherrschend.
In vielen Rechts- und Politikbereichen wie Steuern, Sozialem oder Familie überwiegt
nach wie vor dieses Leitbild. Infolgedessen sind die Ansprüche aus der gesetzlichen
Rentenversicherung von Frauen in Westdeutschland deutlich geringer als die von
Männern. Im Alter sorgt meistens eine Hinterbliebenenrente oder bei Scheidung der
Versorgungsausgleich für Einkünfte von Frauen.
In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zielte die Altersversorgung von
Frauen auf Eigenständigkeit. Frauen sollten nicht durch abgeleitete Ansprüche von
Männern abhängig bleiben, sondern allen Menschen sollte eine eigenständige Exis-
tenzsicherung möglich sein. Aufbauend auf dem Leitbild gleichberechtigter Erwerbs-
arbeit gab es großzügige Regelungen für Kindererziehung und Pflege von Familienan-
gehörigen bis hin zur Möglichkeit einer sehr preiswerten freiwilligen Versicherung bei
beruflichen Auszeiten. Infolge dessen existierte auch kein regelhafter Versorgungaus-
gleich bei Scheidungen.
Die Nichtbeachtung dieser Unterschiede beim Einigungsvertrag 1990 und die Strei-
chung aller überwiegend Frauen begünstigenden DDR-Regelungen mit dem Renten-
überleitungsgesetz 1991 führten dazu, dass heute mehr als die Hälfte der in der DDR
geschiedenen Frauen im Alter in Armut lebt. Viele müssen hochbetagt arbeiten gehen
und sind von gesellschaftlicher Teilhabe weitgehend ausgeschlossen.

Drucksache 18/12107 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Aufgrund von Initiativen des Vereins der in der DDR geschiedenen Frauen e.V. hat
der Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau der Vereinten Natio-
nen bei seiner 66. Sitzung am 20. und 21. Februar 2017 in Genf zur Überprüfung der
deutschen Gleichstellungspolitik die Problematik öffentlich thematisiert und sich be-
sorgt über das Fehlen einer staatlichen Ausgleichsregelung gezeigt. Der Ausschuss
empfiehlt, dass die Bundesrepublik Deutschland als Wiedergutmachung ein staatliches
Entschädigungssystem zur Ergänzung der Renten von in der DDR geschiedenen
Frauen einrichtet. Anfang des Jahres 2019 soll der Stand der Beseitigung dieser Dis-
kriminierung durch den Ausschuss überprüft werden.
Es ist dringend geboten, der Empfehlung der Vereinten Nationen nachzukommen und
einen Ausgleich für die Streichung dieser besonders Frauen zugutekommenden DDR-
Rentenregelungen zu schaffen. Das wäre ein gerechter erster Schritt zur Bekämpfung
von Altersarmut dieser ostdeutschen Frauen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

bis zum 30.06.2017 einen Vorschlag für ein Entschädigungssystem zur Ergänzung der
Renten von in der DDR geschiedenen Frauen vorzulegen, damit zügig dessen Diskus-
sion mit Betroffenen und Betroffenenverbänden, wie dem Verein der in der DDR ge-
schiedenen Frauen e.V., erfolgen und ein Ausgleich noch im Jahre 2018 in Kraft treten
kann.

Berlin, den 25. April 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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