BT-Drucksache 18/11503

Aufsicht und Geschäftspraxis der DekaBank Deutsche Girozentrale

Vom 9. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11503
18. Wahlperiode 09.03.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann,
Lisa Paus, Sven-Christian Kindler, Dr. Tobias Lindner, Corinna Rüffer und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Aufsicht und Geschäftspraxis der DekaBank Deutsche Girozentrale

In § 20 der Satzung der DekaBank Deutsche Girozentrale (DekaBank) in der Fas-
sung vom 1. Januar 2014 wird geregelt: „Die Aufsicht über die Bank übt der Bun-
desminister der Finanzen aus, er ist zu allen Sitzungen der Hauptversammlung,
der Verwaltungsrates und seiner Ausschüsse einzuladen. Er kann einen Staats-
kommissar und einen stellvertretenden Staatskommissar bestellen. Der Staats-
kommissar ist ebenfalls zu allen Sitzungen der Hauptversammlung, des Verwal-
tungsrates und seiner Ausschüsse einzuladen.“ SPIEGEL ONLINE berichtete am
16. Februar 2017 mit dem Beitrag „Schäuble wurde vor Aktientricks der Deka-
Bank gewarnt“ (www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/cum-ex-affaere-wolfgang-
schaeuble-wurde-vor-aktientricks-bei-dekabank-gewarnt-a-1134808.html) über
im März 2011 medienöffentlich gewordene Geschäfte der DekaBank und über
Hinweise, die das Bundesministerium der Finanzen (BMF) Anfang des Jahres
2011 hierzu erhalten hat. Im gleichen Bericht wird auf das BMF als Aufsichtsbe-
hörde der DekaBank als Anstalt des öffentlichen Rechts Bezug genommen. In der
öffentlichen Zeugenbefragung des 4. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlpe-
riode des Deutschen Bundestages (Cum/Ex) vom 16. Februar 2017 äußerte sich
der Bundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble, dahingehend, dass er
– sinngemäß – über die Aufsicht des BMF über die DekaBank erst am selben Tag
über die Berichterstattung von SPIEGEL ONLINE erstmalig erfahren habe.
Zudem wurde aktuell in den Medien von Rechtsstreitigkeiten bezüglich weiterer
Steuergestaltungen namens „Bondpendel“ berichtet (siehe Welt vom 12. Februar
2017, www.welt.de/finanzen/article162005639/Investmentbank-Goldman-Sachs-
half-superreichen-Steuertricksern.html).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Trifft es zu, dass die DekaBank den Bundesminister der Finanzen oder des-

sen Vertreterinnen und Vertreter „zu allen Sitzungen der Hauptversamm-
lung, des Verwaltungsrates und seiner Ausschüsse“ einlädt?
Falls ja, warum hatte der Bundesminister der Finanzen bis zum 16. Februar
2017 hiervon keine Kenntnis, und warum nimmt er an den Sitzungen nicht
teil?
Falls nein, warum wird bei der DekaBank nicht satzungskonform eingela-
den?

Drucksache 18/11503 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Hält die Bundesregierung die Sonderstellung der DekaBank als Anstalt des
öffentlichen Rechts mit der Möglichkeit der Teilnahme an Gremiensitzungen
für den Bundesminister der Finanzen noch für zeitgemäß?

Wenn nein, gibt es Überlegungen, diese zu ändern oder zu beenden?
3. Soweit nicht der Bundesminister der Finanzen selbst an den Sitzungen der

DekaBank teilnimmt, welche Funktionsebene ist im BMF für die Teilnahme
an diesen Sitzungen zuständig (Referat und Hierarchieebene – Leiter, Refe-
rent, Sachbearbeiter, Mitarbeiter)?

4. An welchen Sitzungen der DekaBank haben der Bundesminister der Finan-
zen oder dessen Vertreterinnen und Vertreter seit dem Jahr 2009 teilgenom-
men?
Falls nur Teilnahme an bestimmten Sitzungen; wonach wird entschieden, ob
die betreffende Person an der jeweiligen Sitzung teilnimmt oder nicht?

5. Welche Protokolle oder anderweitigen Aufzeichnungen liegen dem BMF in
Bezug auf die in der Antwort zu Frage 4 genannten Sitzungen vor?

6. Wer innerhalb des BMF (Funktionsbezeichnungen) erhält die in der Antwort
zu Frage 5 genannten Protokolle oder anderweitigen Aufzeichnungen zur
Kenntnis?

7. Wer wird über Besprechungsinhalte aus den in der Antwort zu Frage 4 ge-
nannten Sitzungen informiert?

8. Sind Besprechungsinhalte aus den in der Antwort zu Frage 4 genannten Sit-
zungen formell (Leitungsvorlagen) oder informell an die Leitungsebene des
BMF berichtet worden?

Wenn ja, wann, und in Bezug auf welche Themen?
9. Haben sich die Vertreterinnen und Vertreter des BMF in den in der Antwort

zu Frage 4 genannten Sitzungen aktiv an den Sitzungen beteiligt?

Wenn ja, wann, und zu welchen Themen bzw. Tagesordnungspunkten?
10. Mit wem bereitet der an Stelle des Bundesministers teilnehmende Mitarbei-

ter ggf. die in der Antwort zu Frage 4 genannten Sitzungen vor und bespricht,
welche Themen angesprochen werden sollten?

11. An welchen der in der Antwort zu Frage 4 genannten Sitzungen wurden die
von der DekaBank praktizierten Geschäfte um den Dividendenstichtag (z. B.
Cum/Ex-, Cum/Cum-, Wertpapierleihe- und entsprechende Absicherungsge-
schäfte) thematisiert?

12. Haben die Vertreterinnen und Vertreter des BMF in den in der Antwort zu
Frage 4 genannten Sitzungen aktiv die von der DekaBank praktizierten Ge-
schäfte um den Dividendenstichtag (z. B. Cum/Ex-, Cum/Cum-, Wertpapier-
leihe- und entsprechende Absicherungsgeschäfte) angesprochen?

Wenn ja, wann, und mit welchen Aussagen?
13. Hat das BMF außerhalb der in der Antwort zu Frage 4 genannten Sitzungen

das Thema der die von der DekaBank praktizierten Geschäfte um den Divi-
dendenstichtag (z. B. Cum/Ex-, Cum/Cum-, Wertpapierleihe- und entspre-
chende Absicherungsgeschäfte) angesprochen?
Wenn ja, durch wen, wann, und mit welchen Aussagen?

14. Ist in den in der Antwort zu Frage 4 genannten Sitzungen bereits vor März
2011 auf das mit den von der DekaBank praktizierten Geschäften um den
Dividendenstichtag (z. B. Cum/Ex-, Cum/Cum-, Wertpapierleihe- und ent-
sprechende Absicherungsgeschäfte) verbundene Risiko hingewiesen wor-
den?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11503

15. Wann hat das BMF Kenntnis erhalten von dem von der DekaBank beauftrag-

ten Bericht zur Prüfung der Cum/Ex-Geschäfte der DekaBank in den Jahren
vor 2011?

16. Welche anderen Stellen des Bundes haben wann Kenntnis erhalten von dem
von der DekaBank beauftragten Bericht zur Prüfung der Cum/Ex-Geschäfte
der DekaBank in den Jahren vor 2011?

17. Wurden bei der Besetzung herausgehobener Stellen im Geschäftsbereich des
BMF seit dem Jahr 2009 gegenüber den fraglichen Kandidaten und Kandi-
datinnen Verbindungen in deren vorherigen Berufsleben in Bezug auf
Cum/Ex- oder andere Dividendenstrippinggeschäfte im Vorfeld der Beset-
zung angesprochen?

Wenn ja, in wie vielen Fällen?
18. Haben das BMF oder Behörden des BMF-Geschäftsbereiches gegenüber der

DekaBank die Frage der Beschreitung des Rechtsweges gegen Änderungs-
bescheide der zuständigen Finanzbehörden aufgrund von steuerrelevanten
Feststellungen mit Bezug zu Cum/Ex-Geschäften angesprochen?

Wenn ja, wann, und mit welchem Inhalt?
19. Haben das BMF oder Behörden des BMF-Geschäftsbereiches gegenüber der

DekaBank die Frage von Rückstellungen für mögliche zukünftige Rückfor-
derungsansprüche in Zusammenhang mit Geschäften um den Dividenden-
stichtag (z. B. Cum/Ex-, Cum/Cum-, Wertpapierleihe- und entsprechende
Absicherungsgeschäfte) angesprochen?

Wenn ja, wann, und mit welchem Inhalt?
20. Welche Kenntnisse hat das BMF über das Volumen der seit dem Jahr 1999

entstandenen Steuermindereinnahmen durch Geschäfte der DekaBank um
den Dividendenstichtag?

21. Welche Kenntnisse hat das BMF über das Volumen der seit dem Jahr 1999
entstandenen steuerlichen Wirkung durch Geschäfte der DekaBank um den
Dividendenstichtag, mit denen eine definitive Steuerbelastung umgangen
worden ist?

Weitere Fragen zu steuergetriebenen Gestaltungen
22. Welche neben Cum/Ex-, Cum/Cum- und Wertpapierleihegeschäften weite-

ren steuergetriebenen Gestaltungen am Finanzmarkt, die z. B. aufgrund sich
ändernder Rechtsrahmen der jeweiligen Veranlagungszeiträume motiviert
sind, sind der Bundesregierung bekannt?

23. Wie beurteilt die Bundesregierung das Modell des sogenannten Bondpen-
delns?

24. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die durch Stückzinsmodelle entstan-
denen Wirkungen für die öffentlichen Haushalte in den Jahren ab 2008?

25. Sind Stückzinsmodelle nach Einführung der Abgeltungsteuer zum
1. Januar 2009 noch möglich?
Wenn ja, in welchen Konstellationen und mit Wirkungen für die öffentlichen
Haushalte?

26. Liegt nach Auffassung der Bundesregierung kein steuerschädliches Steuer-
sparmodell vor, wenn ein Anleger im Jahr 2008 Anleihen erwirbt, die Stück-
zinsen als negative Kapitaleinnahmen geltend macht und die Ausschüttung
erst im Jahr 2009 unter der Abgeltungsteuer steuerpflichtig ist, vgl. Ober-
finanzdirektion Marburg, Schreiben vom 13. Juni 2008 (Aktenzeichen:
S 2252 - 104 - St 214 V)?

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27. Liegt in dem in der Antwort zu Frage 26 geschilderten Fall nach Auffassung

der Bundesregierung ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch dann vor, wenn
allein aus steuerlichen Gründen die Gewinn mindernden Ausgaben im Jahr
2008 und die Gewinn mehrenden Einnahmen im Jahr 2009 geltend gemacht
werden?

Wann ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 7. März 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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