BT-Drucksache 18/11480

Verbraucherschutz bei unseriösen Geschäftspraktiken (III) - Abmahnwesen im Urheberrecht

Vom 8. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11480
18. Wahlperiode 08.03.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Nicole Maisch, Renate Künast, Tabea Rößner,
Dr. Konstantin von Notz, Dieter Janecek, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln),
Katja Keul, Monika Lazar, Irene Mihalic, Özcan Mutlu, Hans-Christian Ströbele
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verbraucherschutz bei unseriösen Geschäftspraktiken (III) – Abmahnwesen im
Urheberrecht

Im Oktober 2013 bzw. November 2014 trat das Gesetz gegen unseriöse Ge-
schäftspraktiken in Kraft. In dem Gesetz wurden unter anderem die Darlegungs-
und Informationspflichten bei Inkassodienstleistungen ausgeweitet sowie zusätz-
liche Regelungen für unerlaubte Telefonanrufe und zum Abmahnwesen einge-
führt. Die Bundesregierung hielt damals im Regierungsentwurf fest, dass damit
„ein deutlich verbesserter Schutz der Bürgerinnen und Bürger gegen unseriöse
Geschäftspraktiken hergestellt [wird]“ (www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungs
verfahren/Dokumente/RegE_Unserioese_Geschaeftspraktiken.pdf).
Grundsätzlich ist eine außergerichtliche Einigung von Rechtsstreitigkeiten durch
Abmahnungen wünschenswert und bei entsprechender Umsetzung im Sinne der
Beteiligten. Doch das Eintreiben zu hoher Abmahngebühren ist nach wie vor ein
florierendes Geschäftskonzept in Deutschland, was dazu führt, dass Abmahnun-
gen zunehmend in Misskredit geraten. Immer wieder kommt es dabei im Bereich
des Urheberrechts auch zu einer Zusammenarbeit zwischen Rechteinhabern und
Anwaltskanzleien (www.brak.de/zur-rechtspolitik/stellungnahmen-pdf/stellung
nahmen-deutschland/2016/dezember/stellungnahme-der-brak-2016-43.pdf).
Bezüglich des Abmahnwesens im Urheberrecht waren in dem Gesetz gegen un-
seriöse Geschäftspraktiken vor allem die Begrenzung des Streitwerts für urheber-
rechtliche Erstabmahnungen gegenüber natürlichen Personen auf 1 000 Euro und
Transparenzvorschriften für die Abmahnungen die relevantesten Punkte. Von der
Begrenzung des Streitwerts, die sich auch nicht auf den Schadensersatz bezieht,
kann es unter Berufung auf die Unbilligkeit Ausnahmen geben. Doch die Rege-
lungen scheinen nicht richtig zu greifen: In einer Untersuchung verschiedener
Verbraucherzentralen wurde festgestellt, dass die Vergleichsforderungen von
Abmahnkanzleien um 15 Prozent über dem Niveau liegen, welches bestand, be-
vor das Gesetz in Kraft trat (www.vzbv.de/pressemitteilung/urheberrechtliche-
verstoesse-abmahngebuehren-bleiben-hoch).
Die Fragesteller haben in ihrem Gesetzentwurf (Bundestagsdrucksache 17/12620)
Maßnahmen gefordert, um die finanziellen Anreize für Geschäftsmodelle zu re-
duzieren, die durch sinnwidrige Nutzung der rechtlichen Möglichkeiten massen-
haft Abmahnungen versenden. Doch den entsprechenden Forderungen wurde
nicht entsprochen und so erhielten zwischen Januar 2014 und August 2016 nach
einer Umfrage von TNS Emnid 6 Prozent der Bevölkerung eine Abmahnung
wegen Urheberrechtsverstößen (sowohl berechtigt als auch unberechtigt;

Drucksache 18/11480 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

www.vzbv.de/sites/default/files/umfrage-urheberrechtsverstoesse-vzbv-2016.
pdf). Die mitunter missbräuchliche Versendung von Massenabmahnungen durch
einige schwarze Schafe der Branche schadet neben Verbraucherinnen und Ver-
brauchern und dem angesprochenen Ruf von Mahnungen auch dem Ansehen der
urheberrechtlichen Rechteinhaberinnen und Rechteinhaber ebenso wie dem der
Anwaltschaft im Bereich der Immaterialgüter. An dieser Stelle muss aus Sicht der
Fragestellenden dringend eingegriffen werden, um die Höhe der Gebühren stärker
zu begrenzen und die Verbraucherinnen und Verbraucher in ihrer Position zu stär-
ken.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Vorhaben plant die Bunderegierung im Bereich des Abmahnwesens

im Urheberrecht nach derzeitiger Planung noch in dieser Legislaturperiode?
2. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie sich die Anzahl von Abmah-

nungen im Kontext des Urheberrechts in den letzten fünf Jahren entwickelt
hat?
Verfügt die Bundesregierung über gesicherte Zahlen inwieweit ein etwaiger
Rückgang technisch zu erklären ist, da sich das Nutzungsverhalten hin zu
Streamingdiensten verlagert hat?
Falls nicht, wie schätzt die Bundesregierung aufgrund ihrer Erfahrungen die
Entwicklung ein?
Welche Abmahnforderungen entstanden jeweils in den letzten fünf Jahren?

3. Welche Bußgelder und anderen Sanktionen wurden gegen Rechtsanwälte
aufgrund unzulässiger Abmahnungen nach Kenntnis der Bundesregierung in
den letzten fünf Jahre erlassen (Angaben bitte jährlich machen)?

4. Inwieweit ist aus Sicht der Bundesregierung die Justiz bundesweit der The-
matik Abmahnungen bei Urheberrechtsverstößen gegenüber personell und
fachlich ausreichend ausgestattet (Antwort bitte mit Daten unterlegen)?

5. Wie viele Verstöße gab es nach Kenntnis der Bundesregierung gegen die
Transparenzvorgaben im Urheberrechtsgesetz bei Abmahnungen?

6. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Ergebnis der
Analyse der Verbraucherzentralen, dass die Vergleichsforderungen bei Ur-
heberrechtsverstößen entgegen der Intention des Gesetzes sogar gestiegen
sind?

7. Will die Bundesregierung den Streitwert in Urheberrechtsstreitsachen gegen
Privatpersonen, die nicht wiederholt gegen das Urheberrecht verstoßen und
die Streitsache nicht gewerblich nutzten, reduzieren?

Wenn nein, warum nicht?
8. Wie können nach Ansicht der Bundesregierung Abgemahnte ihren Gegenan-

spruch im Fall unrechtmäßiger Abmahnungen geltend machen?

Sieht die Bundesregierung hier die Notwendigkeit zu Verbesserungen?
9. Wäre es aus Sicht der Bundesregierung angebracht, den Begriff der Unbil-

ligkeit der Streitwertbegrenzung klarer zu definieren, angesichts dessen, dass
von dieser Regelung sehr häufig Gebrauch gemacht wird (in der Untersu-
chung der Verbraucherzentralen in 35 Prozent der Fälle; www.vzbv.de/
sites/default/files/untersuchung-gesetz_gegen_unserioese_geschaeftspraktiken-
2016-10-04.pdf)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11480

10. Kommt es bei der Zuweisung von Internetanschlüssen nach Kenntnis der

Bundesregierung öfters zu Fehlern, und wenn ja, wie oft?
Wie oft ist nach Kenntnis der Bundesregierung einer richterlichen Anord-
nung der Auskunftserteilung nicht ergangen worden?

Berlin, den 7. März 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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