BT-Drucksache 18/11479

Verbraucherschutz bei unseriösen Geschäftspraktiken (II) - Unerlaubte Telefonwerbung

Vom 8. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11479
18. Wahlperiode 08.03.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Nicole Maisch, Renate Künast, Tabea Rößner,
Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Katja Keul, Monika Lazar, Irene Mihalic,
Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von Notz, Hans-Christian Ströbele und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verbraucherschutz bei unseriösen Geschäftspraktiken (II) – Unerlaubte
Telefonwerbung

Im Oktober 2013 bzw. November 2014 trat das Gesetz gegen unseriöse Ge-
schäftspraktiken in Kraft. In dem Gesetz wurden unter anderem die Darlegungs-
und Informationspflichten bei Inkassodienstleistungen ausgeweitet, Regelungen
zu unerlaubten Telefonanrufen und Vorgaben zu Abmahnungen eingeführt. Die
Bundesregierung hielt damals im Regierungsentwurf fest, dass damit „ein deut-
lich verbesserter Schutz der Bürgerinnen und Bürger gegen unseriöse Ge-
schäftspraktiken hergestellt [wird]“ (www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungs
verfahren/Dokumente/RegE_Unserioese_Geschaeftspraktiken.pdf).
Noch immer sind lästige Werbeanrufe, mit denen Verträge untergeschoben wer-
den sollen, gängige Praxis. Grundsätzlich ist ein Werbeanruf ohne eine eindeutige
vorherige Einwilligung der Verbraucherin oder des Verbrauchers rechtswidrig.
Doch immer wieder werden durch unerlaubte Telefonanrufe überrumpelten Ver-
braucherinnen und Verbraucher Verträge aufgedrängt. Dabei geben sich die An-
ruferinnen und Anrufer zur Tarnung mitunter als Verbraucherzentralen und An-
wälte aus (www.vzhh.de/recht/342168/telefonwerbung-kein-ende-in-sicht.aspx).
Ziel des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken war es, insbesondere durch
die Erhöhung der Bußgeldmöglichkeiten und die notwendige schriftliche Bestä-
tigungsform für Gewinnspielteilnahmen zu einem Rückgang dieser weitver-
breiteten Problematik zu führen. So kann für unerlaubte Telefonanrufe seit Ende
des Jahres 2013 ein Bußgeld von bis zu 300 000 Euro erhoben werden. Doch die
Bundesrechtsanwaltskammer berichtet, dass diese Höhe zu keiner derartigen Ab-
schreckung geführt habe, sondern dass sich das Werbeverhalten der Unternehmen
geändert habe (www.brak.de/zur-rechtspolitik/stellungnahmen-pdf/
stellungnahmen-deutschland/2016/dezember/stellungnahme-der-brak-2016-43.pdf).
Auch der Anstieg der Beschwerdezahlen bei der Bundesnetzagentur von 24 455
im Jahr 2015 auf 29 298 im Jahr 2016 (www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-
finanzen/geld-ausgeben/unerlaubte-werbeanrufe-und-abzocke-am-telefon-
nehmen-zu-14904016.html) und Untersuchungen von Verbraucherzentralen
(www.vzhh.de/recht/414491/15_12_18_Verbraucherzentralen_%20Auswertung
%20Unlautere%20Telefonwerbung.pdf) weisen darauf hin, dass das Problem
unerlaubter Telefonanrufe noch immer virulent ist. Offensichtlich besteht also
in diesem Bereich noch immer Bedarf nach einer besseren gesetzlichen Rege-
lung, weshalb die Landesregierung Baden-Württembergs einen entsprechenden

http://www.vzhh.de/recht/414491/15_12_18_Verbraucherzentralen_%20Auswertung
Drucksache 18/11479 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Gesetzesantrag in den Bundesrat eingebracht hat (www.bundesrat.de/Shared-
Docs/drucksachen/2017/0101-0200/181-17.pdf?__blob=publication-
File&v=1).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Vorhaben plant die Bunderegierung im Bereich der unerlaubten Te-

lefonwerbung nach derzeitiger Planung noch in dieser Legislaturperiode?
2. Wann soll für die Bereiche Telefonwerbung und Abmahnwesen die Evalua-

tion vorliegen, nachdem bei der ersten Ausschreibung keine Angebote ein-
gegangen sind (http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/089/1808999.pdf, S. 20)?
Was wurde an der Ausschreibung geändert, sodass nun eine Evaluation mög-
lich ist?
Welche Ergebnisse hat die Evaluation, soweit sie bereits vorliegt, ergeben?

3. Warum wurde die Evaluation bereits mit Verzögerung ausgeschrieben, nach-
dem ursprünglich eine Evaluation zwei Jahre nach Inkrafttreten vorgesehen
war (http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/063/1806372.pdf)?

4. Sieht die Bundesregierung Verbraucherinnen und Verbraucher ausreichend
vor unerlaubten Telefonanrufen geschützt (Antwort bitte für die Bereiche au-
ßerhalb und innerhalb des Gewinnspielbereichs gesondert begründen)?
Wie stuft die Bundesregierung die Entwicklung der Beschwerdezahlen bzw.
der Vorkommnisse bei der Bundesnetzagentur über die letzten fünf Jahre ein
(auch gesondert für den Bereich der Gewinnspielteilnahmen), und welche
Schlussfolgerungen zieht sie daraus?

5. Welche anderen Sanktionen (Telefonabschaltungen etc.) neben Bußgeldern
wurden nach Kenntnis der Bundesregierung durch die Bundesnetzagentur
über die letzten fünf Jahre erlassen (Angaben bitte jährlich und für einzelne
Sektoren machen)?

6. Sollten nach Ansicht der Bundesregierung im Rahmen der unerlaubten Tele-
fonwerbung unrechtmäßig erzielte Gewinne leichter als bisher abgeschöpft
werden können, und wenn nein, warum nicht?

7. Sollten aus Sicht der Bundesregierung im Rahmen unerlaubter Telefonwer-
bung unrechtmäßig erzielte Gewinne nach ihrer Abschöpfung und nach Ab-
zug der entstandenen Kosten zur Stärkung des Verbraucherschutzes heran-
gezogen werden, und wenn nein, warum nicht?

8. Sieht die Bundesregierung den aktuellen Bußgeldrahmen als ausreichend an,
und was hält die Bundesregierung von Vorschlägen, das Bußgeld an unter-
nehmerischen Größen, wie dem Umsatz des Unternehmens etc. zu orien-
tieren, wie dies beispielsweise von der Bundesanstalt für Finanzdienstleis-
tungsaufsicht (BaFin) bei gewissen Verstößen umgesetzt werden kann (www.
bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Pressemitteilung/2017/pm_
170222_bussgeldleitlinien.html)?

9. Wie sieht die Bundesregierung die Aussage der Bundesrechtsanwaltskam-
mer, dass es der „Bundesnetzagentur im Bereich der unerlaubten Telefon-
werbung an einer entsprechenden Präsenz zu fehlen“ scheint (www.brak.de/
zur-rechtspolitik/stellungnahmen-pdf/stellungnahmen-deutschland/2016/
dezember/stellungnahme-der-brak-2016-43.pdf)?

10. Inwieweit ist aus Sicht der Bundesregierung die Justiz bundesweit dieser
Thematik gegenüber personell ausreichend ausgestattet (Antwort bitte mit
Daten unterlegen, ggf. auch für die einzelnen Bereiche)?
Wie viele Verfahren gab es nach Kenntnis der Bundesregierung in den letz-
ten fünf Jahren jeweils?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11479

11. Gibt es Erkenntnisse, ob bundeseigene Unternehmen bzw. Unternehmen, an

denen die Bundesregierung beteiligt ist, konsequent auf unerlaubte Telefon-
werbung verzichten oder liegen auch über solche Unternehmen Beschwerden
vor?

12. Liegen der Bundesregierung aktuelle Erkenntnisse darüber vor, ob uner-
laubte Telefonwerbung bestimmte Altersgruppen besonders häufig trifft?

13. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zu zunehmenden Telefon-
anrufen zum Verkauf von Genossenschaftsanteilen vor (Antwort ggf. anhand
von Daten unterlegen)?

14. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, dass sich Anruferinnen und
Anrufer neuer Methoden bspw. zur Tarnung bedienen?

15. Gibt es nach Ansicht der Bundesregierung sinnvolle Ansätze zur Eindäm-
mung von Predictive Dialer, mit denen mehrere Anrufe parallel ausgelöst
werden und sobald eine Person abhebt, das Klingeln bei den anderen Tele-
fonnummern endet?

16. Ist aus Sicht der Bundesregierung gesetzgeberisch ausreichend vorgegeben,
was unter einer „ausdrücklichen“ Einwilligung bzgl. Werbekontaktierung zu
verstehen ist?

17. Liegen der Bundesregierung oder der zuständigen Aufsichtsbehörde Kennt-
nisse über eine neue Methode des Telefonbetrugs für Deutschland vor (ggf.
bitte mit Daten unterlegen), bei der Verbraucherinnen und Verbraucher zu
einem „Ja“ auf eine unverbindliche Frage gedrängt werden, mit dem dann
eine Bestellung ausgelöst wird (www.heise.de/newsticker/meldung/Telefon
betrug-mit-Hoeren-Sie-mich-3622925.html)?

18. Welche Entwicklungen sieht die Bundesregierung bei unerlaubter E-Mail-,
SMS- und Faxwerbung (Antwort bitte soweit möglich anhand von Daten be-
gründen)?
Welche relevanten Probleme bspw. bezüglich Transparenz gibt es in diesen
Bereichen?
Sieht die Bundesregierung in diesen Bereichen Handlungsbedarf?

Berlin, den 7. März 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.