BT-Drucksache 18/11478

Verbraucherschutz bei unseriösen Geschäftspraktiken (I) - Inkassowesen

Vom 8. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11478
18. Wahlperiode 08.03.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Nicole Maisch, Renate Künast, Tabea Rößner,
Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Katja Keul, Monika Lazar, Irene Mihalic,
Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von Notz, Hans-Christian Ströbele und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verbraucherschutz bei unseriösen Geschäftspraktiken (I) – Inkassowesen

Im Oktober 2013 bzw. November 2014 trat das Gesetz gegen unseriöse Ge-
schäftspraktiken in Kraft. In dem Gesetz wurden unter anderem die Darlegungs-
und Informationspflichten bei Inkassodienstleistungen ausgeweitet, Regelungen
zu unerlaubten Telefonanrufen und Vorgaben zu Abmahnungen eingeführt. Die
Bundesregierung hielt damals im Regierungsentwurf fest, dass damit „ein deut-
lich verbesserter Schutz der Bürgerinnen und Bürger gegen unseriöse Ge-
schäftspraktiken hergestellt [wird]“ (www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungs
verfahren/Dokumente/RegE_Unserioese_Geschaeftspraktiken.pdf).
Doch in der Realität sehen einige Verbraucherzentralen gerade für den Inkasso-
bereich die Wirkung des Gesetzes als sehr begrenzt an: „Es haben sich in der
Praxis aber nur wenige positive Effekte [durch das Gesetz] ergeben“ (www.
verbraucherzentrale-niedersachsen.de/ueberhoehte-inkassokosten.pdf). Darauf
wird auch immer wieder in der öffentlichen Berichterstattung aufmerksam ge-
macht (www.zdf.de/politik/frontal-21/frontal-21-clip-1-106.html). Dort wird be-
richtet, dass noch immer geringe Anfangsforderungen beispielsweise durch die
parallele Arbeit von zwei Inkassounternehmen sowie hohe Einigungs- und Kon-
togebühren in die Höhe getrieben werden. So wird aus einer Forderung von gut
30 Euro, auch mal eine Endforderung von 2 500 Euro, wobei teilweise die Eigen-
tümer des Inkassounternehmens dem vermeintlichen Gläubiger entsprechen. Dies
liegt unter anderem auch daran, dass von der im Gesetz ausdrücklich erteilten
Verordnungsermächtigung zur Kostenbegrenzung für Leistungen, wie 1. Mah-
nung etc., nicht Gebrauch gemacht wurde. Diese wird aufgrund juristischer Be-
denken im Zuge der Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie aufgehoben,
was juristisch nachvollziehbar ist. Aus Sicht der Fragesteller wäre allerdings eine
Begrenzung der Gebühren auf einem anderen Weg längst angebracht, da es sich
im Inkassobereich in vielen Fällen um einfache und vielfach ausgeführte Leistun-
gen mit EDV-Unterstützung handelt. Doch bisher ist nicht erkennbar, dass die
Bundesregierung auf einem anderen Weg etwas gegen die oftmals überteuerten
Inkassoverfahren unternehmen will. Stattdessen beruft sich die Bundesregierung
auf eine Gesetzesevaluation, deren Veröffentlichung noch immer aussteht.

Drucksache 18/11478 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche gesetzgeberischen Vorhaben im Bereich des Inkassowesens sind
nach derzeitiger Planung noch in dieser Legislaturperiode vorgesehen?
Hat die Bundesregierung Pläne, um die Inkassokosten einzudämmen, und
wenn ja, welche sind dies konkret?

2. Warum hat es Jahre gedauert, bis die Bundesregierung zu dem Schluss kam,
dass eine Verordnung über Inkassogebühren nicht mit dem Gleichheitsgebot
des Artikels 3 des Grundgesetzes vereinbar sei, sodass sie die Ermächtigung
nun im Zuge des Umsetzungsgesetzes der Berufsanerkennungsrichtlinie zu-
rücknimmt?

3. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie sich die Anzahl von Be-
schwerden bezüglich Inkassoverfahren im Kontext unseriöser Geschäfts-
praktiken in den letzten fünf Jahren entwickelt hat und um welche Inkasso-
forderungen es jeweils ging (Daten bitte, soweit vorhanden, anführen)?

4. Welche Bußgelder und andere Sanktionen wie (zwischenzeitliche) Betriebs-
untersagungen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung über die letzten
fünf Jahre erlassen (Angaben bitte jährlich machen)?

5. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, die Bußgeldmöglichkeiten zu
erhöhen?

Wenn ja, wie, und wenn nein, warum nicht?
6. Wie viele Beschwerden wurden nach Kenntnis der Bundesregierung über In-

kassounternehmen von Verbraucherinnen und Verbrauchern bei den zustän-
digen Gerichten eingereicht?

7. Inwieweit ist aus Sicht der Bundesregierung die Justiz bundesweit dieser
Thematik gegenüber personell ausreichend ausgestattet (Antwort bitte mit
Daten unterlegen, ggf. auch für die einzelnen Bereiche)?

8. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus Forderungen
vom Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e. V. die Aufsicht
über Inkassounternehmen zu zentralisieren (http://inkasso.de/sites/default/
files/downloads/BDIU-Jahresbericht%202013%7C2014.pdf, S. 10), und
warum will die Bundesregierung ggf. am Status quo festhalten?

9. Wann wird die Evaluation für den Inkassobereich fertiggestellt sein, und falls
diese bereits vorliegt, welche Ergebnisse hat die Evaluation ergeben, und
welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus?

10. Wie erklärt sich die Bundesregierung, dass sie für eine Gesetzesänderung bei
Inkassodienstleistungen erst eine Evaluation benötigt, während beispiels-
weise für Änderungen bei der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtli-
nie schon wenige Beschwerden von Banken und Sparkassen ausreichten
(Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 36 der Abgeordne-
ten Nicole Maisch auf Bundestagsdrucksache 18/10596, S. 35)?

11. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über Verstöße gegen die im Jahr
2013 festgeschriebenen neuen Informations- und Darlegungspflichten vor,
und wie wurden diese nach Kenntnis der Bundesregierung geahndet (wie
viele Verfahren, welche durchschnittlichen Bußgelder, welche Arten und
Zahl von Betriebsuntersagungen etc.)?

12. Wie betrachtet die Bundesregierung das Vorgehen im Inkassobereich, dass
mitunter relativ zeitgleich Inkassodienstleister und Anwaltskanzleien einge-
schaltet werden und dadurch zweimal Gebühren verlangt werden (www.zdf.
de/politik/frontal-21/frontal-21-clip-1-106.html)?

Sieht die Bundesregierung hier Probleme in der Rechtsdurchsetzung?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11478

13. Inwieweit widerspricht die Bundesregierung den Verbraucherzentralen, wel-

che kaum Fortschritte gegen unseriöse Geschäftspraktiken im Inkassobe-
reich ausmachen (www.verbraucherzentrale-niedersachsen.de/ueberhoehte-
inkassokosten.pdf)?
Welche Problemlagen sieht die Bundesregierung im Inkassobereich?

14. Lassen sich nach Ansicht der Bundesregierung die von Verbraucherzentra-
len überwiegend ermittelte Inkassogebühr von 1,1 bis 1,3 gemäß des
Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes, die Inkassodienstleister erheben (www.
verbraucherzentrale-niedersachsen.de/ueberhoehte-inkassokosten.pdf), an-
gesichts der in der Regel geringen Komplexität der Leistungen rechtfertigen?

15. Wie betrachtet die Bundesregierung die Entwicklung bei Ratenzahlungsver-
einbarungen im Inkassobereich, wo gemäß den Verbraucherzentralen regel-
mäßig hohe Extragebühren für diese Möglichkeit erhoben werden (www.
verbraucherzentrale-niedersachsen.de/ueberhoehte-inkassokosten.pdf)?

16. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, dass, und wenn ja, wie, Ver-
braucherinnen und Verbraucher zur Schuldanerkenntnis gedrängt werden?

Berlin, den 7. März 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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