BT-Drucksache 18/11018

Arbeitsvisa für Menschen vom Westbalkan - Bilanz, Probleme, Perspektiven

Vom 25. Januar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11018
18. Wahlperiode 25.01.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln),
Beate Müller-Gemmeke, Corinna Rüffer, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn,
Markus Kurth, Britta Haßelmann, Dr. Tobias Lindner, Dr. Konstantin von Notz,
Claudia Roth (Augsburg) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Arbeitsvisa für Menschen vom Westbalkan – Bilanz, Probleme, Perspektiven

Mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz wurde im Oktober 2015 die Ein-
reise zur Aufnahme einer Beschäftigung für Staatsangehörige der Westbalkan-
staaten erleichtert. Seit dem 1. Januar 2016 können Menschen aus Albanien, Bos-
nien und Herzegowina, dem Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien ein
Arbeitsvisum bekommen, um in Deutschland zu arbeiten. Damit sollte die Anzahl
der Asylanträge aus den Staaten des Westbalkans verringert und für die Menschen
ein Anreiz geschaffen werden, freiwillig auszureisen, wenn sie eine Arbeitsauf-
nahme beabsichtigten. Viele reisten daraufhin in ihr jeweiliges Herkunftsland zu-
rück, um von dort aus ein entsprechendes Arbeitsvisum zu beantragen. Ursprüng-
lich sollten laut der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles,
jährlich 20 000 Staatsangehörige der Westbalkanstaaten ein solches Arbeitsvisum
erhalten können (www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/nahles-will-
jaehrlich-20-000-westbalkan-buergern-arbeit-ermoeglichen-13785550.html).
Doch die bürokratischen Hürden und langen Wartezeiten sorgten dabei in den
vergangenen Monaten immer wieder für Probleme. Für den Visumsantrag müs-
sen Arbeitsuchende vom Westbalkan bereits einen Arbeits- oder Ausbildungsver-
trag und die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (BA) vorweisen. Bei Vor-
liegen der Voraussetzungen dürfen sie jede Beschäftigung ausüben – auch gering-
qualifizierte Tätigkeiten. Die BA prüft weiterhin die Arbeitsbedingungen und
führt die Vorrangprüfung durch. Nachdem sie die Zustimmung erhalten haben,
warten Antragstellerinnen und Antragsteller teils monatelang auf einen Termin in
der jeweiligen Botschaft, um den Visumsantrag überhaupt erst stellen zu können
(vgl. Bundestagsdrucksache 18/9729 – Antwort der Bundesregierung auf die
Schriftliche Frage 7 der Abgeordneten Brigitte Pothmer vom 20. September
2016). Hinzu kommt dann noch die eigentliche Bearbeitungszeit von mehreren
Wochen.
Gleichzeitig warten die Arbeitgeber in Deutschland während der gesamten Zeit
darauf, dass die von ihnen ausgewählten Bewerberinnen und Bewerber die Stel-
len endlich antreten dürfen. Denn alle Menschen, die auf einen Termin in der
jeweiligen Botschaft warten, haben bereits einen Arbeitsvertrag mit einem deut-
schen Betrieb in der Tasche. Die Wartezeiten zu verkürzen und die Verfahren zu
beschleunigen ist deshalb auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels drin-
gend geboten.

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/nahles-will-jaehrlich-20-000-westbalkan-buergern-arbeit-ermoeglichen-13785550.html
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/nahles-will-jaehrlich-20-000-westbalkan-buergern-arbeit-ermoeglichen-13785550.html
Drucksache 18/11018 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Visa zur Arbeitsaufnahme nach § 18 des Aufenthaltsgesetzes
i. V. m. § 26 Absatz 2 der Beschäftigungsverordnung wurden im Jahr 2016
von Staatsangehörigen der Westbalkanstaaten insgesamt beantragt (bitte je-
weils für die einzelnen Auslandsvertretungen aufschlüsseln)?

2. Wie viele Visa zur Arbeitsaufnahme nach § 18 des Aufenthaltsgesetzes
i. V. m. § 26 Absatz 2 der Beschäftigungsverordnung wurden im Jahr 2016
für Staatsangehörige der Westbalkanstaaten insgesamt jeweils erteilt bzw.
abgelehnt (bitte jeweils für die einzelnen Auslandsvertretungen aufschlüs-
seln)?

3. Was waren die häufigsten Gründe für eine Ablehnung?
4. Wie viele Anträge befinden sich derzeit jeweils noch in Bearbeitung (bitte

nach einzelnen Auslandsvertretungen aufschlüsseln)?
5. Wie lang sind nach Kenntnis der Bundesregierung die derzeitigen Wartezei-

ten für Staatsangehörige der Westbalkanstaaten für Visa zur Arbeitsauf-
nahme nach § 18 des Aufenthaltsgesetzes i. V. m. § 26 Absatz 2 der Beschäf-
tigungsverordnung (bitte jeweils für die einzelnen Auslandsvertretungen auf-
schlüsseln und wenn möglich die Wartezeiten bis zum Termin in der Aus-
landsvertretung und zur endgültigen Visaerteilung bzw. Ablehnung geson-
dert angeben)?

6. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die langen Wartezeiten nicht das
tatsächliche Zustandekommen bzw. den Antritt des Beschäftigungsverhält-
nisses gefährden?

7. Wie viel Personal wurde seit dem 1. Januar 2016 in den jeweiligen Botschaf-
ten für die Bearbeitung der Visaanträge neu eingestellt (bitte jeweils für die
einzelnen Auslandsvertretungen aufschlüsseln)?

8. Hält die Bundesregierung die derzeitige Personalausstattung in den jeweili-
gen Visastellen für ausreichend?

Wenn nein, welche personellen Verstärkungen sind geplant?
9. Wie können sich die zukünftigen Arbeitgeber über den Stand des Visums-

verfahrens informieren, und wie viele diesbezügliche Anfragen von Arbeit-
gebern gingen nach Kenntnis der Bundesregierung bei den am Visumsver-
fahren beteiligten Behörden ein (bitte aufschlüsseln)?

10. Plant die Bundesregierung eine Härtefallregelung für Staatsangehörige der
Westbalkanstaaten, die nach dem 1. Januar 2015 und vor dem 24. Oktober
2015 einen Asylantrag gestellt haben und sich gestattet mit einer Duldung
oder als Ausreisepflichtige im Bundesgebiet aufgehalten haben, jedoch be-
reits vor dem 24. Oktober 2015 freiwillig ausgereist sind und somit nicht
vom Wortlaut des § 26 Absatz 2 Satz 4 erfasst sind?

Wenn ja, wann?
Wenn nein, warum nicht?

11. Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, diesen Personen bereits nach
geltendem Recht eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit
zu erteilen?

12. Wie viele Staatsangehörige der Westbalkanstaaten beantragten in den Jahren
2015 und 2016 einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit oder
Arbeitsplatzsuche, und wie viele wurden jeweils erteilt bzw. abgelehnt (bitte
für beide Jahre nach Bundesländern, Rechtsgrundlage für den Aufenthaltsti-
tel und Staatsangehörigkeit der Antragsteller aufschlüsseln)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11018

13. Wie viele Anträge auf Erlaubnis einer Beschäftigung wurden in den Jahren

2015 und 2016 jeweils von Staatsangehörigen der Westbalkanstaaten ge-
stellt, und wie viele davon jeweils auf Grundlage von § 18 des Aufenthalts-
gesetzes i. V. m. § 26 Absatz 2 der Beschäftigungsverordnung?

14. In wie vielen Fällen hat die Bundesagentur für Arbeit in den Jahren 2015 und
2016 der Erlaubnis einer Beschäftigung zugestimmt, und in wie vielen Fällen
wurde die Zustimmung verweigert?

15. In welchen Branchen wurden die meisten Zustimmungen erteilt (bitte die
Zustimmungen aus den zehn häufigsten Branchen auflisten)?

16. In wie vielen Fällen betraf die Erlaubnis einer Beschäftigung die Aufnahme
einer Berufsausbildung, und wie vielen davon wurde zugestimmt bzw. die
Zustimmung verweigert (bitte nach Staatsangehörigkeit der Antragsteller
und Bundesland der Ausbildungsstelle aufschlüsseln)?

17. In welchen Ausbildungsberufen bzw. Branchen wurden die meisten Zustim-
mungen erteilt bzw. verweigert (bitte die zehn häufigsten Branchen und Aus-
bildungsberufe auflisten und jeweils nach Staatsangehörigkeit der Antrag-
steller und Bundesland der Ausbildungsstelle aufschlüsseln)?

18. Plant die Bundesregierung, den erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt auf
andere Staaten auszuweiten?

Wenn ja, auf welche?
Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 24. Januar 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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