BT-Drucksache 18/10834

Antisemitismus in Deutschland

Vom 13. Januar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10834
18. Wahlperiode 13.01.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Monika Lazar, Irene Mihalic,
Luise Amtsberg, Renate Künast, Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von Notz,
Claudia Roth (Augsburg), Hans-Christian Ströbele und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Antisemitismus in Deutschland

Laut der im November 2016 von der Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlichten
Studie „Gespaltene Mitte – feindselige Zustände. Rechtsextreme Einstellungen in
Deutschland 2016“ äußerten 40 Prozent der Befragten Verständnis für die Ableh-
nung von Juden aufgrund der israelischen Politik. Daraus folgern die Autoren der
Studie, dass klassischer Antisemitismus aufgrund von Tabuisierung zwar einen
leichten Rückgang verzeichnet, jedoch in anderen Formen erhalten bleibt.
Viele Antisemitismus-Definitionen tragen dieser Entwicklung jedoch nicht in
ausreichendem Maße Rechnung. Einen zukunftsweisenden Schritt ging die Orga-
nisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Denn in der
OSZE wurde die Working Definition der International Holocaust Remembrance
Alliance (IHRA) vorangebracht, scheiterte jedoch in der Abstimmung nur an ei-
ner Gegenstimme. Diese Definition lautet: „Antisemitismus ist eine bestimmte
Wahrnehmung von Juden, die im Hass auf Juden Ausdruck finden kann. Rheto-
rische und physische Manifestationen von Antisemitismus richten sich gegen jü-
dische oder nicht-jüdische Individuen und/oder ihr Eigentum, gegen Institutionen
jüdischer Gemeinden und religiöse Einrichtungen.“ Damit lässt sich auch gegen-
wärtiger Antisemitismus fassen, der sich beispielsweise als sekundärer Antisemi-
tismus gegen die Existenz Israels richtet.
Dass es überhaupt zu einer Abstimmung kam, geht auf den Vorsitz der OSZE
zurück, namentlich Deutschland. Und obwohl die OSZE die Definition nicht
übernahm, hatten die Entwicklungen in der OSZE Signalwirkung und führten
dazu, dass nach dem OSZE-Gipfel in Hamburg EU-weite Einigungen diskutiert
werden. So wurde die Definition in Großbritannien am 12. Dezember 2016 offi-
ziell verabschiedet, was die Sensibilität beim Umgang mit Opfern von Antisemi-
tismus erhöht.
Der unabhängige Expertenkreis Antisemitismus hat im November 2011 seinen
Bericht „Antisemitismus in Deutschland – Erscheinungsformen, Bedingungen,
Präventionsansätze“ (Bundestagsdrucksache 17/7700) vorgelegt. Der Bericht
enthält ab Seite 180 ff. Empfehlungen an die Politik.
Der Deutsche Bundestag hat mehrfach seine Entschlossenheit gegen Antisemitis-
mus und für ein klares Bekenntnis zu jüdischem Leben in Deutschland bekundet
(Bundestagsdrucksachen 17/13885, 16/10775 (neu), 16/10776). Zudem wird An-
fang dieses Jahres der aktuelle Bericht des Expertenkreises Antisemitismus er-
wartet.

Drucksache 18/10834 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

Definition
1. Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung die „Working Definition on

Antisemitism“ der IHRA nicht adaptiert?
2. Versteht die Bundesregierung unter Antisemitismus „die politisch, sozial

oder religiös (Antijudaismus) grundierte Feindschaft gegenüber Juden“
(Verfassungsschutzbericht des Bundes 2013, S. 124 und Drucksache 4173),
wie es der Verfassungsschutz definiert?

3. Können aus Sicht der Bundesregierung auch nicht-jüdische Menschen Opfer
von Antisemitismus sein?

4. Beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Vorfälle, wie
sie von der Berliner Morgenpost vom 7. März 2016 (www.morgenpost.de/
berlin/article207133349/Hitlergruss-und-antisemitische-Parolen-bei-Demo-
in-Kreuzberg.html) geschildet werden, wenn also nicht-jüdische Teilneh-
mende einer Gegenkundgebung zur „Israeli Apartheid Week“ antisemitisch
beleidigt und angegriffen werden, als Opfer von Antisemitismus?

5. Wie definiert die Bundesregierung den gegenwärtigen israelbezogenen An-
tisemitismus in Abgrenzung zum klassisch-rassischen Antisemitismus?

6. Können aus Sicht der Bundesregierung antizionistische Einstellungen zu ei-
nem Erstarken antisemitischer Einstellungen führen?

Umsetzung der Empfehlungen des Berichts des Expertenkreises Antisemitismus
7. Was wurde von der Bundesregierung und nach Kenntnis der Bundesregie-

rung durch die Bundesländer zur Bundestagsdrucksache 17/7700, Seite 181,
„Verbesserung der Kommunikation zwischen staatlichen Exekutivorganen
und nichtstaatlichen Organisationen und Initiativen über bestehende und ge-
plante Maßnahmen zur Antisemitismusprävention“ veranlasst?
Wird die Bundesregierung oder werden nach Kenntnis der Bundesregierung
die Bundesländer diese Empfehlung umsetzen, und wenn ja, wann, und wenn
nicht, warum nicht?

8. Was wurde von der Bundesregierung und nach Kenntnis der Bundesregie-
rung durch die Bundesländer von der Empfehlung umgesetzt, „dass der ‚Ver-
fassungsschutzbericht‘ ebenso wie die entsprechenden Berichte der Länder
künftig ein Kapitel zum Antisemitismus in linksextremen und islamistischen
Gruppen und Zirkeln“ (Bundestagsdrucksache 17/7700, S. 181) aufnimmt?
Wird die Bundesregierung oder werden nach Kenntnis der Bundesregierung
die Bundesländer diese Empfehlung umsetzen, und wenn ja, wann, und wenn
nicht, warum nicht?

9. Wird die Bundesregierung oder werden die Bundesländer nach Kenntnis der
Bundesregierung die Empfehlung des Berichts, dass „die Polizeibehörden
bei der Erfassung antisemitischer Straftatbestände gegebenenfalls die Kate-
gorie ,Ausländer‘ nach Staatsangehörigkeiten aufschlüsseln beziehungs-
weise sonstige aussagekräftige Kategorien für Täter mit Migrationshinter-
grund einführen“ (Bundestagsdrucksache 17/7700, S. 181) umsetzen, und
wenn ja, wann, und wenn nicht, warum nicht?

http://www.morgenpost.de/berlin/article207133349/Hitlergruss-und-antisemitische-Parolen-bei-Demo-in-Kreuzberg.html
http://www.morgenpost.de/berlin/article207133349/Hitlergruss-und-antisemitische-Parolen-bei-Demo-in-Kreuzberg.html
http://www.morgenpost.de/berlin/article207133349/Hitlergruss-und-antisemitische-Parolen-bei-Demo-in-Kreuzberg.html
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10834

10. Was hat die Bundesregierung und was haben nach Kenntnis der Bundesre-

gierung die Länder von den Empfehlungen unter Bundestagsdrucksache
17/7700, S. 181 f. Unterpunkt „Bildungseinrichtungen und Fortbildungsse-
minare“ bislang umgesetzt?
Falls nach Kenntnis der Bundesregierung bisher nichts umgesetzt wurde, wa-
rum nicht?
Hat die Bundesregierung oder haben die Bundesländer nach Kenntnis der
Bundesregierung diese Empfehlung in die Innenministerkonferenz getragen,
welche Bundesländer haben dies nach Kenntnis der Bundesregierung umge-
setzt, und wenn nicht, warum nicht?

11. Hat die Bundesregierung, wenn ja, wann, die Empfehlungen im Hinblick auf
„Justiz: Präventionsmaßnahmen“ (Bundestagsdrucksache 17/7700, S. 182)
in die Justizministerkonferenz getragen?
Welche Länder haben diese nach Kenntnis der Bundesregierung umgesetzt,
und wenn nicht, warum nicht?

12. Hat die Bundesregierung, wenn ja, wann, die drei folgenden Empfehlungen
„Opferhilfe“, „Lehrerfortbildung“ und „Bildungspartnerschaften“ (vgl. Bun-
destagsdrucksache 17/7700, S. 182) an die Bundesländer insbesondere die
KMK, IMK, JuMiKO getragen?

Welche Länder haben diese nach Kenntnis der Bundesregierung umgesetzt?
Welche nicht, und warum nicht?

13. Hat die Bundesregierung, wenn ja, wann, die Empfehlungen an die Kommu-
nen, Gebietskörperschaften und kommunalen Spitzenverbände laut Bundes-
tagsdrucksache 17/7700, S. 182 übermittelt und diese Forderungen unter-
stützt, und wenn nicht, warum nicht?

14. Wie hat die Bundesregierung und haben nach Kenntnis der Bundesregierung
die Länder die Empfehlung, eine Schwerpunktsetzung in anderen Bildungs-
einrichtungen (siehe Bundestagsdrucksache 17/7700, S. 182) umgesetzt,
bzw. wann, und an welche genannten Stellen übermittelt, und wenn nicht,
warum nicht?

15. Wie hat die Bundesregierung und haben nach Kenntnis der Bundesregierung
die Länder die Empfehlung Hinsichtlich der Förderung von Initiativen eine
Förderung von Nachhaltigkeit (siehe Bundestagsdrucksache 17/7700,
S. 182) umgesetzt?
Mit welchen Stellen hatte sie deshalb wann Kontakt, und wenn nicht, warum
nicht?

16. Wie und in welcher Form hat die Bundesregierung und haben nach Kenntnis
der Bundesregierung die Länder die Empfehlung in dem Bereich der For-
schung (siehe Bundestagsdrucksache 17/7700, S. 182 ff.), umgesetzt?
Welche der Bereiche zur Untersuchung laut Bundestagsdrucksache 17/7700,
S. 182 ff. werden aus Sicht der Bundesregierung und nach Kenntnis der Bun-
desregierung von den Ländern als vordringlich und als unverzichtbare
Grundlage für die weitere Erfassung erachtet, und wenn nicht, warum nicht?
Wie und in welcher Form und wann wurden die Empfehlungen an ihre Ad-
ressaten von der Bundesregierung übermittelt und/oder umgesetzt?

Drucksache 18/10834 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

17. Wie hat die Bundesregierung und haben nach Kenntnis der Bundesregierung

die Länder die Empfehlung in Bezug auf eine Forschungsförderung (siehe
Bundestagsdrucksache 17/7700, S. 183, Nr. 2.3.) umgesetzt?

Und wenn ja, wann, und wenn nicht, warum nicht?
Wann hat die Bundesregierung diese Empfehlung an die Länder übermittelt,
mit welchem Ergebnis, und wenn nicht, warum nicht?

18. Wird die Bundesregierung die Empfehlung im Feld der Didaktik (siehe Bun-
destagsdrucksache 17/7700, S. 183) umsetzen, und wenn ja, wann, und in
welchen konkreten Schritten, und wenn nicht, warum nicht?

19. Wird die Bundesregierung die Empfehlung „3.1. Antisemitismus und Vorur-
teilsstrukturen in ihrem Gegenwartszusammenhang vermitteln“ laut Bundes-
tagsdrucksache 17/7700, S. 184 umsetzen?
Wenn ja, wann, und in welcher konkreten Form, und wenn nicht, warum
nicht?

20. Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung zur Umsetzung der Emp-
fehlung „3.2. Bessere Bekanntmachung vorhandener Instrumentarien“ laut
Bundestagsdrucksache 17/7700, S. 184 unternommen?
Falls nein, hat sie oder haben nach Kenntnis der Bundesregierung die Länder
das noch vor, und wenn ja, wann, und wenn nicht, warum nicht?

21. Wie hat die Bundesregierung abgesichert, dass die in „3.3. Einbeziehung ge-
sellschaftlicher Bildungsträger“ laut Bundestagsdrucksache 17/7700, S. 184
genannte Liste möglicher Partner auch nach Beendigung der Arbeit des Ex-
pertenkreises über die Bundesregierung verfügbar ist (bitte konkrete Stelle
der Bundesregierung benennen)?
Wie und in welcher Form hat die Bundesregierung diese Empfehlung umge-
setzt, wenn nicht, warum nicht, oder hat dies die Bundesregierung noch vor?

22. Wie und in welcher konkreten Form hat die Bundesregierung oder haben
nach Kenntnis der Bundesregierung die Länder die Absicht, Empfehlungen
für sonstige gesellschaftliche Aktionsräume, wie in „3.4. Sonstige gesell-
schaftliche Aktionsräume“ laut Bundestagsdrucksache 17/7700, S. 184 ge-
nannt, umzusetzen, und wenn nicht, warum nicht?

Vorkommnisse
23. Inwiefern wird der Themenkomplex Antisemitismus, das besondere Verhält-

nis Deutschlands zu Israel und jüdische Geschichte und Gegenwart in der
endgültigen Fassung des Curriculums für einen bundesweiten Orientierungs-
kurs im Rahmen der Integrationskurse des Bundesamts für Migration und
Flüchtlinge (Bundestagsdrucksache 18/10622, S.5) behandelt?

24. Ergibt sich im Hinblick auf den Bericht des Tagesspiegels vom 6. Oktober
2016 (www.tagesspiegel.de/politik/rykestrasse-in-prenzlauer-berg-nsu-soll-
berliner-synagoge-ausgespaeht-haben/14650798.html) wonach der „Natio-
nalsozialistische Untergrund“ (NSU) die Synagoge in der Rykestraße in Ber-
lin als mögliches Anschlagsziel ausspähte aus Sicht der Bundesregierung
eine veränderte Bedrohungssituation für die Menschen, die in der Synagoge
Rykestraße verkehren?

http://www.tagesspiegel.de/politik/rykestrasse-in-prenzlauer-berg-nsu-soll-berliner-synagoge-ausgespaeht-haben/14650798.html
http://www.tagesspiegel.de/politik/rykestrasse-in-prenzlauer-berg-nsu-soll-berliner-synagoge-ausgespaeht-haben/14650798.html
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10834

Erhebung antisemitischer Straftaten
25. Wie erklärt die Bundesregierung die Diskrepanz zwischen den Angaben

des Bundeskriminalamtes (BKA) und denen des Bundeamtes für Justiz, da
das BKA für das Jahr 2014 1 596 und in 2015 1 366 antisemitisch moti-
vierte Straftaten verzeichnet hat, wohingegen die Statistik Landesjustizver-
waltungen über Verfahren wegen rechtsextremistischer/fremdenfeindli-
cher Straftaten in der Bundesrepublik Deutschland für 2014 773 und für
2015 2 083 Ermittlungsverfahren aufgrund antisemitischer Bestrebungen
erfasst hat?
Welche der voneinander abweichenden Zahlen sind denn nach Ansicht der
Bundesregierung zutreffend?

26. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Dunkelziffer bei antisemitischen
Straftaten ein (bitte begründen)?

27. Ist der Bundesregierung bekannt, dass die Berliner Nichtregierungsorganisa-
tion „Recherche und Informationsstelle Antisemitismus“ (RIAS) seit 2015
eigenständig Daten über antisemitische Straftaten erhebt?
a) Hat die Bundesregierung mit der RIAS Kontakt aufgenommen, um sich

über die die Erhebungsmethoden und die Validität dieser Datenerhebung
zu informieren?

Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Und wenn nein, warum nicht?

b) Ist es nach Kenntnis der Bundesregierung zutreffend, dass die Berliner
Polizei mit der RIAS (ähnlich wie mit der Beratungsstelle über homo-
phobe Straftaten „MANEO“) in einen strukturierten Dialog eingetreten
ist, um die Validität der polizeilich bekannt gewordenen Angaben über
antisemitische Straftaten zu optimieren?

c) Hält die Bundesregierung es für sinnvoll, eine solche zivilgesellschaftli-
che erhobene Erfassung von PMK-Delikten auch bundesweit zu fördern
und auch von Seiten des Bundes in einen auf Dauer angelegten und struk-
turierten Dialog mit solchen zivilgesellschaftlichen Projekten einzutreten,
und wenn nein, warum nicht?

d) Welche Schlussfolgerungen ergeben sich für die Bundesregierung auf
Bundesebene daraus, dass die Berliner Polizei ihre Zahlen zu antisemiti-
schen Straftaten aufgrund der Zahlen der RIAS angepasst hat, mit Blick
auf Dunkelziffern und Probleme bei der Erfassung?

28. Wie viele Fälle politisch motivierter Kriminalität in der Bundesrepublik
Deutschland in den Jahren 2014 bis 2016 richteten sich gegen Israelis (bitte
nach Datum und Straftat aufschlüsseln)?

29. Wie viele dieser in Frage 28 aufgeschlüsselten Straftaten stuft die Bundesre-
gierung als antisemitisch motiviert ein?

30. Wie viele PMK-Straftaten richteten sich in den Jahren 2014 bis 2016
a) gegen Synagogen,
b) gegen jüdische Friedhöfe,
c) gegen Mahnmale an den Nationalsozialismus bzw. an die Shoa,

Drucksache 18/10834 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
d) gegen Menschen, die aufgrund der Einhaltung von Kleidervorschriften
tatsächlich oder vermeintlich für Jüdinnen oder Juden gehalten wurden,

e) gegen tatsächlich oder auch vermeintlich gehaltene jüdische oder israeli-
sche Einrichtungen,

und wie viele dieser Straftaten stuft die Bundesregierung als antisemitisch
motiviert ein (bitte nach a bis e sowie nach Jahren und den PMK-Phänomen-
bereichen „Rechts“, „Links“, „Ausländer“ bzw. „Sonstige“ aufschlüsseln)?

31. Wie viele dieser in Frage 30 aufgeschlüsselten Straftaten werden von der
Bundesregierung als antisemitisch motiviert eingestuft?

32. Nach welchen Kriterien misst die Bundesregierung antisemitische Gedan-
kenstrukturen und latenten Antisemitismus in der Bundesrepublik Deutsch-
land (bitte die Kriterien einzeln aufschlüsseln)?

33. Weshalb hält die Bundesregierung das in der Antwort zu Frage 32 genannte
Vorgehen und diese Kategorien für geeignet?

34. Wie hoch liegt nach Kenntnis der Bundesregierung die Aufklärungsrate an-
tisemitischer Straftaten (bitte nach Deliktsart und Phänomenbereich auf-
schlüsseln)?

35. Welche strafrechtlich relevanten Vorfälle in der Kategorie „Israel-Palästina-
Konflikt“ liegen der Bundregierung vor (bitte für die Jahre 2014 bis 2016
einzeln aufführen)?

36. Wie hoch ist die Schnittmenge der in Frage 35 genannten Zahlen mit Vorfäl-
len, die von der Bundesregierung als antisemitisch eingestuft werden?

37. Wie viele der in den Jahren 2014 bis 2016 erfassten antisemitischen Strafta-
ten wurden im Themenfeld „Hasskriminalität“, und wie viele im Oberthema
„Krisenherde/Bürgerkriege“ (Unterthema „Antiisraelisch“) einsortiert (bitte
nach Jahren aufschlüsseln)?

38. Welche Straftaten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren
2014 bis 2016 als antisemitisch eingestuft (bitte nach Datum, Ort, Straftat
und verhängter Strafe aufschlüsseln)?

Bekämpfung
39. Welche Konzepte zur spezifischen Bekämpfung des islamistisch geprägten

Antisemitismus in Deutschland liegen der Bundesregierung vor?
40. Welche Programme, Förderungen und Maßnahmen unterstützt die Bundes-

regierung finanziell, um antisemitische Hatespeech im Internet zu bekämp-
fen (bitte einzeln aufführen)?

Boykotte
41. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass von Mitgliedern und dem

Umfeld der Kampagne „Boycott, Divest, Sanctions“ (BDS) ein Klima der
Aggression ausgeht, wie es in der „Jüdischen Allgemeinen“ vom 7. März
2016 (www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/24853) beschrieben
wird?

42. Sind der Bundesregierung Verbindungen der BDS-Kampagne und dessen
Umfeld zur Terrororganisation PFLP bekannt?
Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus diesen Erkenntnissen?

43. Werden Mitglieder und/oder das Umfeld der BDS-Kampagne vom Ver-
fassungsschutz nach § 3 Absatz 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes
(BVerfSchG) beobachtet?

http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/24853
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/10834

Antisemitismus im rechten Spektrum
44. Was hatten nach Kenntnis der Bundesregierung die „Freien Kräfte Neu-

kölln“ mit den betroffenen Einrichtungen, deren Adressen sie am 9. Novem-
ber 2016 durch ein Bild auf Facebook auf dem sie jüdische oder für jüdisch
und/oder israelisch gehaltene Geschäfte, Kindergärten und Restaurants auf-
listeten, vor?
a) Hat die Veröffentlichung dieser Adressen aus Sicht der Bundesregierung

für eine veränderte Sicherheitslage bei den betroffenen Einrichtungen ge-
führt?

b) Falls nein, weshalb nicht?
c) Stehen nach Kenntnis der Bundesregierung hinter den „Freien Kräften

Neukölln“ Mitglieder der NPD Neukölln?
Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu den Hintergründen dieser
Gruppe?

45. Werden Aussagen des Mitglieds des Baden-Württembergischen Landtages
Wolfgang Gedeon (AfD) zu „talmudischen Ghetto-Juden [als] Feind des
christlichen Abendlandes“ und zum „Judaismus … [als] geistige[n] Feind
des Abendlandes“ als antisemitisch eingestuft (vgl. „Der grüne Kommunis-
mus und die Diktatur der Minderheiten: Eine Kritik des westlichen Zeitgeis-
tes“, Gedeon, Wolfgang. 2012. R. G. Fischer Verlag und unter dem Pseudo-
nym „W.G. Meister“ „Christlich-europäische Leitkultur. Die Herausforde-
rung Europas durch Säkularismus, Zionismus und Islam“, Meister, W. G.
2009. R. G. Fischer Verlag), insbesondere in Bezug auf die Antwort der Bun-
desregierung vom 3. März 2015 (Bundestagsdrucksache 18/4173)?

46. Hat die Bundesregierung antisemitische Tendenzen, Aussagen und/oder öf-
fentliche Äußerungen unter Mitgliedern bzw. Funktionären der AfD zur
Kenntnis genommen, und wenn ja, welche (bitte einzeln auflisten)?

Al-Quds-Marsch
47. Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung besonders im Hinblick auf

das im Juni 2016 erschienene Briefing des American-Jewish-Committee
Berlin (AJC) über „gewachsene Strukturen“ der Hizbollah in Deutschland
(http://ajcberlin.org/sites/default/files/downloads/ajcbriefinghisbollah.pdf)
die Organisationen Hamas und Hizbollah in Deutschland nicht vollständig
verboten?

48. Stellt der Al-Quds-Marsch aufgrund seiner Intention und der dort geäußer-
ten Aussagen (http://berliner-register.de/artikel/charlottenburg-wilmersdorf/
antisemitische-ausdrucksformen-auf-dem-al-quds-aufmarsch-berlin-%E2%
80%93) aus Sicht der Bundesregierung eine antisemitische Kundgebung dar?

49. Erfüllt das „Islamische Zentrum Hamburg e. V.“ (IZH) aufgrund personeller
Verbindungen (Bundestagsdrucksache 18/4173) zum antiisraelischen Al-
Quds-Marsch die Beobachtungsvoraussetzungen nach § 3 Absatz 1 BVerf-
SchG?

Schulbücher
50. Ist die Bundesregierung mit den Empfehlungen der Deutsch-Israelischen-

Schulbuchkommission an die die Kultusministerkonferenz herangetreten?

Wenn ja, wann, und mit welchem Ergebnis?
Wenn nein, warum nicht?

http://ajcberlin.org/sites/default/files/downloads/ajcbriefinghisbollah.pdf
http://berliner-register.de/artikel/charlottenburg-wilmersdorf/antisemitische-ausdrucksformen-auf-dem-al-quds-aufmarsch-berlin-%E2%80%93
http://berliner-register.de/artikel/charlottenburg-wilmersdorf/antisemitische-ausdrucksformen-auf-dem-al-quds-aufmarsch-berlin-%E2%80%93
http://berliner-register.de/artikel/charlottenburg-wilmersdorf/antisemitische-ausdrucksformen-auf-dem-al-quds-aufmarsch-berlin-%E2%80%93
Drucksache 18/10834 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

51. Welche Schlüsse werden nach Kenntnis der Bundesregierung in der Kultus-

ministerkonferenz aus den Befunden und Empfehlungen der Deutsch-Israe-
lischen Schulbuchkommission gezogen?

52. Welche durch die Kultusministerkonferenz beschlossenen Bildungspro-
gramme richten sich nach Kenntnis der Bundesregierung ausschließlich an
die Bekämpfung und Aufklärung zum Thema Antisemitismus (bitte einzeln
aufführen)?

Berlin, den 9. Januar 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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