BT-Drucksache 18/10124

Besteuerung von Grundstücks- und Wohnungsunternehmen

Vom 20. Oktober 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10124
18. Wahlperiode 20.10.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Lisa Paus, Christian Kühn (Tübingen), Dr. Gerhard Schick,
Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, Sven-Christian Kindler, Steffi Lemke,
Dr. Tobias Lindner, Beate Müller-Gemmeke, Corinna Rüffer, Markus Tressel
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Besteuerung von Grundstücks- und Wohnungsunternehmen

In der jüngeren Vergangenheit wurden diverse Maßnahmen zur Förderung des
Wohnungsbaus diskutiert. Insbesondere lag ein Gesetzentwurf zu einer steuerli-
chen Sonderabschreibung vor, der den Wohnungsbau in Gang bringen sollte. Im
Zuge der Beratungen wurde von angehörten Experten die Auffassung vertreten,
dass eine steuerliche Sonderabschreibung keine Wirkung hätte, bezahlbare Woh-
nungen zu errichten, sondern lediglich zu Mitnahmeeffekten geführt hätte. Au-
ßerdem wurden zum Teil Äußerungen laut, dass Wohnungsunternehmen aus ver-
schiedenen Gründen keine oder kaum Steuern zahlen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele vermögensverwaltende Wohnungsunternehmen in Deutschland

(bitte unterteilt in Gesellschaften, die die erweiterte Grundbesitzkürzung
nach § 9 Nummer 1 Satz 2 ff. des Gewerbesteuergesetzes – GewStG – in
Anspruch nehmen und die diese nicht in Anspruch nehmen) werden in der
Rechtsform
a) einer Kapitalgesellschaft,
b) einer Personengesellschaft mit ausschließlich juristischen Personen als

Gesellschafter,
c) eines Einzelunternehmens bzw. einer Personengesellschaft mit natürli-

chen Personen als Gesellschafter
betrieben?

2. Wie hoch ist der Anteil der in Frage 1 Buchstabe a, b und c genannten Grup-
pen am Immobilien- und Grundstücksbestand in Deutschland?

3. Wie hoch ist das Steueraufkommen der letzten fünf Jahre jeweils (unterteilt
nach Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer sowie Solidaritätszu-
schlag), das auf die in Frage 1 Buchstabe a, b und c genannten Gruppen ent-
fällt, und wie hoch ist das jeweilige Gesamtaufkommen aller vermögensver-
waltenden Wohnungsunternehmen (unterteilt nach Einkommen-, Körper-
schaft- und Gewerbesteuer sowie Solidaritätszuschlag)?

4. Wie viele Wohnungsunternehmen konnten die erweiterte Grundbesitzkür-
zung nach § 9 Nummer 1 Satz 2 ff. GewStG in den letzten fünf Jahren in
Anspruch nehmen und wie viele nicht?

Drucksache 18/10124 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Wie begründet es die Bundesregierung, dass Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung nach § 21 des Einkommensteuergesetzes – EStG – (erzielt z. B.
durch eine Einzelperson) in der Spitze einem höheren Steuersatz unterliegen
(ca. 47 Prozent; sog. Reichensteuersatz zzgl. Solidaritätszuschlag) als die
ausgeschütteten Gewinne einer im Sinne des § 9 Nummer 1 Satz 2 GewStG
vermögensverwaltenden Kapitalgesellschaft (insgesamt ca. 38 Prozent bei
Anwendung von Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Abgeltungs-
teuer)?

6. Welche Gründe sprechen dafür und welche dagegen, Wohnungsunterneh-
men in Abhängigkeit von der Rechtsform und Einkunftsart in unterschiedli-
cher Höhe zu besteuern (siehe Frage 4)?
Wie wird die erweiterte Grundbesitzkürzung begründet?

7. Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung zu dem Ergebnis, dass eine
geringere steuerliche Belastung auf Ebene der Kapitalgesellschaften (siehe
Frage 4) den bestehenden Thesaurierungsvorteil gegenüber anderen Rechts-
formen noch verstärkt, da der thesaurierte Gewinn allein der Körperschaft-
steuer zzgl. Solidaritätszuschlag unterliegt?

8. Welche Gründe sprechen dafür und welche dagegen, die erweiterte Grund-
besitzkürzung nach § 9 Nummer 1 Satz 2 ff. GewStG ersatzlos abzuschaffen
und eine etwaige Doppelbesteuerung (Grund- und Gewerbesteuer) allein
durch die einfache Grundbesitzkürzung nach § 9 Nummer 1 Satz 1 GewStG
zu vermeiden?

9. In welcher Höhe wäre mit einem Mehraufkommen zu rechnen, wenn die er-
weiterte Grundbesitzkürzung nach § 9 Nummer 1 Satz 2 ff. GewStG ersatz-
los abgeschafft würde, bzw. wie hoch ist das derzeitige Minderaufkommen
aufgrund der erweiterten Grundbesitzkürzung?

10. Welchen steuerlichen Vorteil hat es aus Sicht der Bundesregierung, Woh-
nungsbestände in Deutschland über zwischengeschaltete luxemburgische
Kapitalgesellschaften zu erwerben, so wie es in der Luxemburg-Leaks-
Affäre bekannt wurde (vgl. www.morgenpost.de/berlin/article139034228/
Sieben-Berliner-Firmen-sind-in-Steuerskandal-verwickelt.html und Fre-
derik Obermaier u. Bastian Obermayer: „Hörn se schon uff“ in: Süddeutsche
Zeitung vom 8. November 2014 S. 36)?
Welches „Steuersparmodell“ ist aus Sicht der Bundesregierung hier gemeint,
und wie funktioniert es?
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung diesbezüglich ergriffen bzw.
gedenkt sie zu ergreifen?

11. Liegen über die erweiterte Grundbesitzkürzung hinaus weitere steuerliche
Vorschriften vor, die sich insbesondere bzw. allein bei der Besteuerung von
Wohnungsunternehmen steuermindernd auswirken?
Wenn ja, wie werden diese begründet, und zu welchen Steuermindereinnah-
men führen diese?

12. Plant die Bundesregierung, entsprechend der Initiative aus Hessen, eine Re-
form der Grunderwerbsteuer, um im Vergleich zum Status quo eine weiter-
gehende Besteuerung von sogenannten share deals (Erwerb der Unterneh-
mensanteile anstatt des Grundstücks) zu erreichen (https://finanzen.hessen.
de/presse/pressemitteilung/finanzminister-dr-schaefer-stoesst-reform-der-
grunderwerbsteuer)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10124

13. Welche Möglichkeiten bestehen aus Sicht der Bundesregierung, um share

deals zukünftig generell der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen (steuerbar
und steuerpflichtig) bzw. weitergehender als bisher zu besteuern?
Welche weiteren Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, damit der Staat
zukünftig nicht mehr „bei fast jeder größeren Immobilientransaktion […]
in die Röhre“ guckt (https://finanzen.hessen.de/presse/pressemitteilung/
finanzminister-dr-schaefer-stoesst-reform-der-grunderwerbsteuer)?

Berlin, den 18. Oktober 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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